Protokoll der Sitzung vom 25.01.2017

„Künftig können auch Frachter der sogenannten Postpanamax-Klasse mit bis zu 14.000 Containern den Kanal befahren. Bisher wurden nur Schiffe mit maximal 4.400 Containern auf der Wasserstraße durch den Regenwald geschleust.“

Merken Sie sich diese Zahlen!

Zwei Tage vor der Übernahme der Schiffskredite vermeldete das „Hamburger Abendblatt“ am 28. Juni 2016: „Hapag-Lloyd: Fusion mit arabischer Reederei perfekt.“ Der Fusionspartner betreibe bereits Schiffe mit einer Kapazität von 18.800 Containern, weitere Großfrachter seien bestellt.

Für all diejenigen von Ihnen, die diese Artikel damals nicht gelesen haben, hatte ich denjenigen aus der „Welt“ bereits hier im Landtag schon einmal zitiert, nämlich in der Sitzung am 20. Juli 2016, also zu genau dem Zeitpunkt, zu dem die Landesregierung die Abgeordneten endlich darüber informiert hatte, welche Schiffe von der HSH Nordbank tatsächlich angekauft worden waren.

(Wolfgang Kubicki)

Es waren nämlich überwiegend kleine Containerschiffe mit weniger als 4.400 TEU und mit einem damaligen Durchschnittsalter von mehr als neun Jahren. Diese Informationen hatte die Landesregierung dem Landtag so lange vorenthalten, bis der Kauf am 30. Juni 2016 vollzogen worden war. SPD, Grüne und SSW hatten dennoch bereits im Dezember 2015 ihre Zustimmung erteilt, ohne zum damaligen Zeitpunkt auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, um welche Kredite es sich handeln und wie diese bewertet würden. Was für ein unverantwortliches Handeln!

(Beifall CDU)

Die Rechnung für den Steuerzahler folgte auf dem Fuße. Nur drei Monate später nahm die ländereigene hsh portfoliomanagement AöR Abschreibungen in Höhe von 341 Millionen € auf den Kaufpreis vor. Das ist ein Verlust von mehr als 100 Millionen € pro Monat.

Während es in dem zitierten Artikel aus der „Welt“ noch darum ging, dass Containerschiffe nicht mehr nach üblichen 22 Jahren, sondern bereits nach 14 Jahren Nutzungsdauer verschrottet wurden, war im November 2016 in den Medien zu lesen, dass die Hamburger Rickmers-Gruppe den 4.250-TEUFrachter „India Rickmers“ nach nur sieben Jahren Nutzungsdauer in die Verschrottung schickte. Zum Vergleich: Die von den Ländern übernommenen Schiffe gleicher Größe weisen mittlerweile ein Alter von mehr als zehn Jahren auf.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich all diese öffentlich zugänglichen Informationen vor Augen führt, dann kann man doch wirklich nur fassungslos den Kopf darüber schütteln, wie leichtfertig die Entscheidungen getroffen wurden. Wie konnten die beauftragten Gutachter für zwei Drittel der zu übernehmenden Schiffe eine Fortführungsperspektive bescheinigen und davon ausgehen, dass diese Schiffe in den kommenden anderthalb Jahrzehnten Gewinne erwirtschaften würden? Und wie konnte sich eine Landesregierung derartig naiv auf ein solches Gutachten verlassen, nachdem sich zuvor schon alle übrigen Prognosen bei der HSH Nordbank als falsch herausgestellt hatten?

Nun ist man hinterher immer schlauer als vorher. Die Finanzministerin verteidigt ihre Fehlentscheidung ja auch damit, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe.

Im vorliegenden Fall kann ich für meine Fraktion aber mit Fug und Recht sagen, dass wir auf genau

diese Gefahren schon vor der Übernahme der Schiffskredite hingewiesen hatten. Immer wieder haben wir davor gewarnt, dass die zu übernehmenden Schiffe nur noch Schrottwert haben werden und deshalb ein zusätzlicher Milliardenverlust auf die Länder zukommt, und zwar über die 10 Milliarden € Ländergarantie hinaus.

Aber auch bei der Ländergarantie gingen die Landesregierung und ihre Berater von der Prognose aus, dass diese trotz der Wiederaufstockung von 7 Milliarden auf 10 Milliarden € unter keinen Umständen mit mehr als 7 Milliarden € jemals in Anspruch genommen werden würde.

Auch das ist eine Einschätzung, deren Halbwertszeit noch nicht einmal ein Jahr betragen hat. HSHVorstandschef Ermisch räumte schon Anfang Dezember 2016 ein, dass die gesamte Summe von 10 Milliarden € in Anspruch genommen werde. In der vergangenen Woche teilte Finanzvorstand Gatzke in der Sitzung des Finanzausschusses mit, dass dieses sogar schon im Laufe des Jahres 2017 geschehen werde.

In der Finanzplanung von Monika Heinold dagegen ist erst ab dem Jahr 2019 eine zusätzliche Zinsbelastung von gerade mal 20 Millionen € eingeplant, die sich dann bis zum Jahre 2022 auf 60 Millionen € erhöhen wird. Alles Makulatur!

16 Milliarden € an zusätzlichen Belastungen schlagen für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein stattdessen zu Buche. Da läuft keine Schuldenuhr mehr rückwärts, sondern da geht der Schuldenstand abrupt nach oben in einem Tempo, wie wir es noch nie zuvor gesehen haben.

16 Milliarden € an zusätzlichen Belastungen für beide Bundesländer bedeuten für Hamburg und Schleswig-Holstein jeweils rund 8 Milliarden € und damit 1 Milliarde bis 3 Milliarden € mehr, als eine Abwicklung der Bank Ende 2015/Anfang 2016 gekostet hätte.

Die Entscheidung der Landesregierung und der Landtagsmehrheit Ende 2015 war eben nicht die günstigste Lösung für unser Land, sondern Sie haben die teuerste Lösung gewählt, meine Damen und Herren.

16 Milliarden €, diese Zahl hatten wir von unserer Seite schon früher genannt; denn sie lässt sich leicht herleiten: Zu einer Inanspruchnahme der Garantien in Höhe von 10 Milliarden € kommt der Verlust aus den übernommenen Schiffskrediten von rund 2,5 Milliarden €, außerdem die knapp 1 Milliarde € an Verbindlichkeiten der hsh finanzfonds

(Tobias Koch)

AöR aus der Kapitalerhöhung des Jahres 2009. Schließlich könnte bei Abwicklung der Bank noch die Inanspruchnahme der verbliebenen Gewährträgerhaftung von knapp 2,5 Milliarden € zum Tragen kommen.

Dennoch hat die Landesregierung eine solche Größenordnung bisher immer bestritten, bis sich jetzt überraschenderweise der Ministerpräsident selbst diese Zahlen zu eigen machte. Sollte Herr Albig entgegen der geltenden Gesetzeslage aber tatsächlich mit finanziellen Hilfen von Bund oder EU gerechnet haben, so hat er diese vage Hoffnung spätestens mit seinem Zeitungsinterview zunichte gemacht. Oder glaubt etwa irgendjemand ernsthaft, dass die potenziellen Geldgeber dazu bereit wären, wenn sie davon aus der Presse erfahren?

Die Lehre aus der Finanzmarktkrise lautete außerdem: Nie wieder sollten Steuerzahler für die Rettung von Banken zur Kasse gebeten werden. Während sich Finanzminister Schäuble derzeit darum bemüht, dass genau diese neu geschaffenen Regeln in Italien nicht gleich beim allerersten Anlass über den Haufen geworfen werden, fällt ihm der Ministerpräsident mit seiner Forderung nach Steuergeld zur Bankenrettung in den Rücken.

(Beifall CDU)

Nun sind wir von Herrn Albig ja mittlerweile einiges an überraschenden Äußerungen gewohnt. Meistens schadet er sich damit selbst oder seiner Partei. Das Thema HSH Nordbank verbietet sich in der Tat für derartige unbedachten und leichtfertigen Äußerungen. Das gilt erst recht für einen Ministerpräsidenten.

(Beifall CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wie geht es jetzt weiter? Uns liegt der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Staatsvertrags mit Hamburg vor, um die Kreditermächtigung für die hsh portfoliomanagement AöR von 6,2 Milliarden auf 4,9 Milliarden € abzusenken. Diese überhöhte Kreditermächtigung, die ohne jeglichen Grund weit über den zu zahlenden Kaufpreis für die zu übernehmenden Schiffe hinausging, haben wir von Anfang an scharf kritisiert und damals auch deren Reduzierung beantragt. Die jetzige Änderung geht somit zumindest in die richtige Richtung.

Angesichts des bislang gezahlten Kaufpreises von 2,4 Milliarden € geht sie aber nicht weit genug. Eine weitere Tranche notleidender Kredite im Volumen von 1,2 Milliarden € könnte für die Länder noch hinzukommen, da es der HSH Nordbank bis

lang nicht gelungen ist, hierfür private Käufer am Markt zu finden. Sollten die Länder auch für diese zweite Tranche tatsächlich einen Kaufpreis von 50 % des Kreditvolumens akzeptieren, was ich nicht hoffen will - aber sollte das der Fall sein -, kämen zu den bereits gezahlten 2,4 Milliarden € noch einmal 600 Millionen € hinzu. Insgesamt würde die hsh portfoliomanagement AöR somit einen Kreditrahmen von 3 Milliarden € benötigen. Es stellt sich somit die Frage: Weshalb die Kreditermächtigung dennoch auf 4,9 Milliarden € festlegen?

Nun, meine Damen und Herren, im Unterschied zu Immobilien verursachen Schiffe auch dann Kosten, wenn sie nicht in Betrieb sind: Es fallen Liegegebühren im Hafen an, ein Minimum am Personal ist an Bord zu unterhalten, und die Schiffe müssen regelmäßig einer Schiffsklassifikation unterzogen werden, also einer Untersuchung des baulichen Zustands. All das kostet viel Geld, welches bei den bisherigen Eigentümern längst nicht mehr vorhanden ist. Deshalb soll die hsh portfoliomanagement AöR nach dem Willen der Landesregierung neue Betriebsmittelkredite für beschäftigungslos auf Reede liegende Schiffe zur Verfügung stellen. Mit diesen neuen Krediten soll die Hoffnung am Leben erhalten werden, dass die Charterraten eines schönen Tages doch wieder steigen mögen, dass die von Hamburg und Schleswig-Holstein finanzierten Schiffe dann doch wieder eine Beschäftigung finden und dass sie damit doch mehr als nur den Schrottwert haben.

Das bedeutet aber auch, dass noch mehr gutes Geld den bereits eingetretenen Verlusten hinterhergeworfen werden soll, und das mit ungewissem Ausgang. Meine Damen und Herren, das ist Spekulation auf allerhöchstem Niveau zulasten der Steuerzahler, die auch für diese zusätzlichen Kredite am Ende werden geradestehen müssen.

(Beate Raudies [SPD]: Alternativen?)

Ich halte eine solche Vorgehensweise für unverantwortlich. Die Schiffe haben nur noch Schrottwert. Dieser bitteren Tatsache müssen wir leider ins Auge sehen, Frau Kollegin. Deshalb gilt auch an dieser Stelle: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wir werden deshalb einer überhöhten Kreditermächtigung von 4,9 Milliarden € nicht zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

(Tobias Koch)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Thomas Rother das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich, das Thema HSH Nordbank bewegt die Öffentlichkeit zu Recht. Während man sich in diesem Hause gerne und lange um geringe Beträge streitet, geht es bei den Folgen aus den Fehlern in und um die HSH Nordbank um Summen, die locker das Volumen eines Jahreshaushalts erreichen können. Das ist, glaube ich, nicht zu bestreiten. Es ist allerdings auch so, dass bis auf die PIRATEN alle hier heute vertretenen Parteien seit der Gründung der Bank - mal kürzer, mal länger mit der Regierungsverantwortung in SchleswigHolstein betraut waren beziehungsweise sind. Von allen diesen Regierungsmitgliedern und Parlamentariern sind seither Entscheidungen getroffen worden, die gut und sinnvoll erschienen, es aber tatsächlich nicht immer waren. Daher kann sich auch niemand aus der Verantwortung stehlen, sondern alle sollten zu ihrer Verantwortung stehen und zu der bestmöglichen Lösung für diese Situation beitragen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Da ich, meine Damen und Herren, niemandem den bösen Willen unterstelle, auf dem Umweg über die HSH Nordbank dem Land bewusst Schaden zufügen zu wollen, haben alle Beteiligten auf der Grundlage ihres derzeitigen oder zum Zeitpunkt der Entscheidung vorhanden gewesenen Erkenntnisstandes versucht, das Beste für das Land zu erreichen. Das betrifft natürlich auch, Herr Kubicki, die Reduzierung der Garantiesumme, die die Bank in Bezug auf die Gebührenzahlung entlasten und damit zur Gesundung des Unternehmens beitragen sollte.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Das stimmt. Tatsächliche Folge war, dass damit eine existenziell erforderliche Eigenkapitalquote zerstört wurde. So sind die Bank und das Land in das aktuelle Dilemma geraten. Auch hier ist diese Wette verloren worden. Auch zu dieser Entscheidung sollten die damals Verantwortlichen stehen.

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, Herr Kubicki, dass mit dem für den Gesellschafter Schleswig-Holstein zuständigen Minister, Herrn de Jager damals, nicht zumindest über den Restrukturie

rungsplan, der ja auch genannt worden ist, oder über die Reduzierung - immerhin ging es um 3 Milliarden € - gesprochen worden ist und dass das nicht im Kabinett erörtert worden ist. Wenn Bedenken hätten bestehen sollen, dann bei Herrn de Jager. Das ist nicht nur eine Frage der Information, sondern es ist natürlich eine Frage des Eigentümers, des Gesellschafters, weil die Bank ja auch tatsächlich jemandem gehört. Es gibt auch dort Mittel, beispielsweise eine Hauptversammlung, um auf die Bank entsprechend einzuwirken. Das hätte man machen können. Aber auch wenn es tatsächlich nicht so gewesen ist, also nicht berichtet wurde, ist die Frage des Verständnisses, was die Aufsicht des Eigentümers angeht, sehr wichtig. Das wird durch Akteneinsicht noch zu klären sein.

(Beifall Bernd Heinemann [SPD])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Kubicki?

Herr Kubicki!

Herr Kollege Rother, Sie wissen - so hoffe ich jedenfalls -, dass im ersten Beihilfebescheid der Europäischen Kommission auf der Grundlage der Anmeldungen der Regierungen von Schleswig-Holstein und Hamburg beziehungsweise der Bundesrepublik Deutschland ein Restrukturierungsplan enthalten war, der eine Absenkung der Garantie vorgesehen hatte. Das wissen Sie?

Das Zweite ist: Ich wäre Ihnen, da Sie ja auch die Umstände kennen, dankbar für eine Erklärung, auf welcher Grundlage denn der Eigentümer Schleswig-Holstein die HSH Nordbank rechtlich überhaupt daran hätte hindern sollen und können, die 3-Milliarden-€-Garantie zurückzugeben, wobei ich Sie daran erinnern will, dass es eine Aktiengesellschaft ist und dass die Verausgabung