Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Auch eine Aufstockung der Garantie hat Nachteile. Die muss man deutlich ansprechen. Sie würde ein neues EU-Beihilferechtsverfahren auslösen. Sie vergrößert auch die Haftungsmasse, für die die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zumindest theoretisch aufkommen müssten.

Es kann auch der Moment kommen, in dem eine Erhöhung der Garantie mit mehr Risiken verbunden ist, als sie vermeintliche Lösungen schafft. Aber sie hat auch entscheidende Vorteile: Die Garantie der Länder stützt die Bank jetzt schon spürbar. Sie wirkt sich positiv auf das Rating der Bank aus und sichert ihr somit die Attraktivität für Anleger. Sie reduziert die notwendige Risikovorsorge um fast eine halbe Milliarde Euro, sodass das Konzernergebnis nicht noch weiter abfällt.

Es war definitiv ein Fehler der Bank, 2011 - das scheint inzwischen Konsens hier im Haus zu sein die Garantie vorschnell auf 7 Milliarden € abzusenken. Sie hat damit das Sicherheitsnetz, das die Län

der ihr bieten, freiwillig ausgedünnt. Um es wieder zu stärken, ist nun ein erneutes EU-Beihilfeverfahren notwendig. Das hätte uns erspart bleiben können.

Doch das Kind ist inzwischen in den Brunnen gefallen. Deshalb ist es gut, dass das Finanzministerium mit unserer Finanzministerin und dem Staatssekretär an der Spitze bereits jetzt die notwendigen Schritte einleitet, damit wir die Garantie, wenn nötig, rasch wieder aufstocken können. Denn anders als bei der Suche nach einem privaten Garantiegeber können wir als Politik bei der Garantieaufstockung das Schicksal selbst in die Hand nehmen.

Es ist eine der stärksten Optionen, um die drohende Unterschreitung der Eigenkapitalquote unterhalb des kritischen Werts von 9 % zu verhindern. Eine Erhöhung der Garantie bedeutet die Erhöhung der Eigenkapitalquote um wenige Prozentpunkte.

Doch anders, als in der Presse behauptet, ist noch keine Entscheidung gefallen. Wir brauchen eine bessere Grundlage, um dies endgültig entscheiden zu können. Auch deshalb habe ich in den zuständigen Gremien eingefordert, dass schriftlich alle Optionen gegeneinander abgewogen werden, bevor endgültige Entscheidungen fallen. Ich bin froh, dass das Finanzministerium uns dies zugesichert hat.

Wenn man hier steht und über die HSH redet, kann man nicht ganz umhin, auch über die Personalpolitik zu reden. Wenn ich über die Personalpolitik rede, geht es mir nicht unbedingt um die Spitze, sondern darum, dass es im Personalbereich in den letzten zwei Monaten insgesamt sehr unruhig geworden ist. Es gab beispielsweise Bereichsleiter, die gewechselt haben, darunter der PR-Leiter. Es gab den Wechsel von Paul Lerbinger zu Herrn von Oesterreich und so weiter. Es gibt eine ganze Reihe von Baustellen, die einen zumindest ein bisschen unruhiger schlafen lassen.

Ich möchte aber auch sagen, dass es einen Personalwechsel gibt - das sage ich nicht, weil ich das als Grüner muss, sondern weil ich das wirklich meine -, der für die Bank gut ist. Das ist der eben angesprochene Personalwechsel im Aufsichtsrat. Es ist auch aus grüner Sicht ausdrücklich zu begrüßen, dass mit Thomas Losse-Müller jemand in den Aufsichtsrat geht, der versteht, wie man mit Banken umzugehen hat, und der gleichzeitig politisch sensibilisiert ist.

In dem früheren Streit wurde auf der einen Seite bezweifelt, dass Politiker die notwendige Erfahrung und das notwendige Know-how haben, um in eine Bank zu gehen, und auf der einen Seite wurde ge

(Rasmus Andresen)

fordert, auf eine politische Kontrolle nicht zu verzichten. Mit der Person Thomas Losse-Müller und seiner Biografie sind genau diese beiden Aspekte hervorragend miteinander verbunden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir stehen bei der Gewährträgerhaftung vor der Situation, dass sie bis 2015 von 32 Milliarden € auf 3 Milliarden € abschmilzt. Vor diesem Hintergrund diskutieren wir auch die Lösung für die Bank.

(Wortmeldung Wolfgang Kubicki [FDP])

- Ich erwarte die Frage.

Herr Andresen erwartet eine Frage und lässt sie demnach auch zu. Damit hat der Kollege Kubicki das Wort.

Herr Kollege Andresen, da ich weiß, dass wir in vielen Fragen ganz nah beieinander liegen,

(Heiterkeit)

Sie schaden mir immer wieder.

- was die HSH-Nordbank und die weitere Entwicklung angeht, will ich Sie fragen: Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass im Moody’s-Report von Oktober zwei ganz verdächtige Sätze enthalten sind, die unter anderem beinhalten, dass die Bank mit zwei Notchs besser bewertet worden ist, weil kein Politiker im Aufsichtsrat sitzt?

- Das habe ich zur Kenntnis genommen. Aber die Ratingagenturen kannten zu diesem Zeitpunkt den Staatssekretär noch nicht.

(Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ansonsten ist Lob aus Ihrer Richtung gerade ein paar Monate vor der Bundestagswahl äußerst gefährlich. Wenn Sie mir nicht mit Absicht schaden wollen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie in Zukunft etwas defensiver wären.

(Heiterkeit)

Zurück zur Gewährträgerhaftung. Sie würde bis 2015 von 32 Milliarden € auf 3 Milliarden € abschmelzen. Vor diesem Hintergrund diskutieren wir über die Zukunftsfähigkeit und die Maßnahmen, die

in nächster Zeit anstehen könnten. Alles, was darüber hinausgeht, ist eine Diskussion, die wir irgendwann einmal führen müssen. Wir müssen über die Fragen diskutieren: Wie stellen wir uns das eigentlich vor? Was gibt es dann eigentlich auf dem Bankensektor? Wir haben gestern - am Rande in der Aktuellen Stunde - schon über die bedrohliche Lage der Sparkassen diskutiert. Das alles sind Debatten, die wir führen und zusammenführen müssen. Darum geht es zwar nicht jetzt, wird es aber in der Zukunft gehen.

Zurzeit ist es so, dass die Sicherung des Landesvermögens im Mittelpunkt steht und sich alles das, was wir in nächster Zeit an Maßnahmen treffen sollten oder müssen, daran ausrichtet. Ich habe großes Zutrauen zu der Landesregierung. Ich bin aber auch froh, dass wir es - zumindest bisher - in diesem Haus schaffen, in einem sachlichen Ton über die Zukunft der Bank zu diskutieren. Das geht stark in Richtung Opposition. Ohne eine konstruktive Opposition ist das nicht möglich. Es geht hier nämlich nicht um Parteiengeplänkel, sondern um die Zukunft der Bank, um die Zukunft von Landesinteressen. Da sind wir, auch wenn es einmal im Abstimmungsverhalten Unterschiede geben könnte, im Prinzip einig, dass das viel wichtiger ist als Parteiengeplänkel in Richtung Bundestagswahl. - Schönen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die Fraktion der PIRATEN erteile ich nun Herrn Abgeordneten Torge Schmidt.

Danke, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Frau Ministerin für ihren Bericht danken. Ich finde es sehr gut, dass wir diese Debatte auch einmal in der Öffentlichkeit führen, auch wenn wir sie nicht so detailgenau führen können wie im Unterausschuss. Die Gründe dafür sind schon genannt worden.

Ich finde es auch sehr gut, dass die Debatte bis zu diesem Zeitpunkt sehr sachlich geführt worden ist und nicht der Parteipolitik geopfert wurde.

Ich muss auch Folgendes sagen: Ich kann dem Kollegen Kubicki nur selten recht geben bei dem, was er sagt. Seine Rede war aber durchaus gut, und ich teile inhaltlich sehr viele Punkte seiner Rede.

(Rasmus Andresen)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Da bin ich er- staunt!)

- Ja, ich gebe das gern zu. Aber das muss man ja auch mal sagen.

Außerdem begrüße ich es, dass das Land Schleswig-Holstein seine Interessen direkt im Aufsichtsrat durch Herrn Staatssekretär Dr. Müller wieder wahrnehmen will. Ich hoffe, Sie wissen diese Vorschusslorbeeren zu schätzen und dass wir Ihr Rating nicht sofort wieder „heruntergraden“ müssen. Gerade der Dialog, den die Regierung ja immer so hochhält, ist im Falle der HSH Nordbank besonders wichtig; denn das gesamte Thema betrifft uns alle in diesem Land. Die damit verbundenen Probleme können wir nur gemeinsam lösen.

Wir haben heute und in den letzten Tagen viel über eine mögliche Anhebung der Garantiesumme auf das Ursprungsniveau von 10 Milliarden € gehört. Uns PIRATEN beschäftigen aber noch einige Fragen zur Erhöhung der Garantie. Ich kann nicht verstehen, dass sich Herr Stegner in den letzten Tagen schon so festgelegt hat, dass diese Erhöhung kommen wird. Aber vielleicht hat er auch einige Informationen mehr als ich. Ich dagegen habe leider noch sehr viele offene Fragen.

Wenn wir die Garantie auf die ursprüngliche Höhe von 10 Milliarden € erhöhen, dann ist es nicht auszuschließen, dass es zu einem erneuten Beihilfeverfahren der EU kommt. Eine der Fragen, die bei uns noch offen ist, ist die Frage, welche Konsequenzen ein erneutes Beihilfeverfahren für die Bank haben wird. Gerade deswegen müssen wir uns fragen, was danach kommt, und wir müssen uns damit auseinandersetzen.

Verengen wir unseren Blickwinkel auf die harte Kernkapitalquote - das ist ja derzeit das größte Problem der Bank -, dann trägt eine Garantieerhöhung natürlich zur Verbesserung der Risikogewichtung der Aktiva bei, aber wir verlieren die langfristige Perspektive aus den Augen.

Wenn wir eine Lehre aus den letzten Jahren ziehen können, dann die, dass eine kurzfristige Betrachtung nicht sinnvoll ist. Mittel- bis langfristig werden von der HSH weit mehr Indikatoren einzuhalten sein, die sich aus der Umsetzung von Basel III ergeben. Lassen Sie mich hier nur einige Punkte exemplarisch nennen.

Die Liquidity Coverage Ratio zum Beispiel ist eine Vorgabe zum Halten von liquiden Papieren. Banken müssen auf ihrer Aktiva-Seite in Zukunft nicht mehr Papiere halten, die sie schnell und ohne Wert

verlust liquidieren können. Da frage ich mich: Ist die HSH Nordbank darauf schon vorbereitet?

Net Stable Funding Ratio ist eine weitere Vorgabe für das Verhältnis von langfristigen Aktiva zu kurzfristigen Passiva. Wenn ich langfristige Kredite vergebe, muss ich dafür sorgen, dass ich auch diese langfristig absichere. Hier stellt sich die Frage: Tut die Bank dies beim Neugeschäft?

Kommen wir nun zur Leverage Ratio. Das ist eigentlich die entscheidende Lehre, die wir aus der Finanzkrise gezogen haben. Was haben wir damals gelernt? Wir müssen uns auf die Prozyklizität der Märkte einstellen. Wir merken es gerade sehr schmerzhaft bei der HSH Nordbank mit dem Schifffahrtsportfolio, was das bedeutet. Die Branche ist in der Krise, die Banken leiden, zumindest ein Großteil der Banken, darunter sehr, dass das zu gut bewertete Portfolio sie vor der Krise zu einem zu niedrigen Kapitalpuffer verführte und es nun nicht gelingt, diesen aufgrund der sinkenden Bewertung anzupassen. Hier greift nun die Leverage Ratio ein; denn sie beschränkt den maximalen Verschuldungsgrad der Banken. Dieser Indikator ist deshalb sehr wichtig, weil er unabhängig von Ratings definiert und so die Prozyklizität bekämpft.

Die harte Kernkapitalquote oder eine Garantieerhöhung sind dafür nicht geeignet. Langfristig werden wir entweder weiterhin die Bilanzsumme der HSH Nordbank reduzieren oder ihren Anteil an Eigenkapital stärken müssen.

Es gibt darüber hinaus noch sehr viele offene Fragen, zum Beispiel die Frage nach dem „Weißen Ritter“. Wir diskutieren hier darüber, ob jemand in die Bank investieren will. Bei diesen vielen offenen Fragen, die wir haben, werden Sie auch diese noch beantworten müssen. Natürlich steht es weit offen, ob wir dafür überhaupt jemanden finden. Allein darauf können wir uns nicht verlassen.

Die Antworten auf alle diese Fragen können wir nur gemeinsam finden, und zwar fraktionsübergreifend. Ich hoffe weiterhin auf eine konstruktive Mitarbeit im Unterausschuss und bin mir sicher, dass wir dort gemeinsam eine Lösung der Probleme finden werden.

(Beifall PIRATEN)

Das Wort für den SSW hat der Herr Kollege Lars Harms.

(Torge Schmidt)