Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

Anhang Reden zu Protokoll

Gemeinsame Beratung

a) Wohnungsmangel der Studierenden erfordert sofortiges Handeln der Landesregierung Bau von Studierendenwohnraum vorantreiben

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/4852 (neu)

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/4982

b) Bericht zum Sachstand bei Sozialwohnungen

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/5335

c) Mietanstieg bremsen, bezahlbaren Wohnraum sichern

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/1049

Bericht und Beschlussempfehlung des Innenund Rechtsausschusses Drucksache 18/5330

d) Maßnahmen zum Bau von zusätzlichem Studierendenwohnraum

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/5290

Herr Präsident! Die Schlagzeilen der Landespresse über den drohenden oder sogar schon bestehenden Wohnungsmangel beschreiben eines der großen Versagen dieser Landesregierung in den letzten fünf Jahren. Es wird wie bei so vielen Themen geredet, es werden Dialoge geführt, aber es wird nicht gehandelt. Das ist aber die eigentliche Aufgabe der Regierung, nämlich die Probleme der Bürgerinnen und Bürger anzupacken und zu lösen und die Menschen nicht im Regen stehen zu lassen. Diese aktuelle Wohnungsnot hat einen Namen, Innenminister Studt, der in seiner Amtszeit wohl gar nicht gemerkt hat, dass dieses Thema zu seinem Aufgabengebiet gehört.

Besonders schlimm trifft es die Städte Kiel, Lübeck und Flensburg, die Standorte unserer Universitäten und einige unserer Fachhochschulen.

In Schleswig-Holstein sind nach aktuellen Presseberichten im Wintersemester 2016/17 insgesamt 60.211 Studierende an unseren Hochschulen eingeschrieben. 2014/15 hat die Regierung die Zahl der Studierenden mit 56.400 beziffert. Es waren also noch nie so viele Studierende an unseren Hochschulen eingeschrieben wie im Jahr 2016. Allein an der CAU war die Zahl um 4,9 % höher als im Wintersemester 2015/16. Wie die Antwort auf meine Kleine Anfrage zeigt, wurden von 4.000 Bewerbern um einen Studentenwohnheimplatz 1.000 aufgrund fehlender Kapazitäten abgewiesen. Diese wurden dann zusätzlich auf den freien Markt und in den freien Wettbewerb mit der sonstigen, wachsenden Bevölkerung um den knappen Wohnungsmarkt geschickt.

Gleichzeitig ist in den Medien zu lesen, dass die Mieten für die Studierenden zum Beispiel in Kiel in den letzten sechs Jahren um 16,5 % gestiegen sind. Dieses ist unzumutbar.

Und was tut die Regierung? Nichts! Zusätzlich zu den vorhandenen rund 3.200 Wohnheimplätzen wurden in den vier Jahren der Regierungszeit von Ministerpräsident Albig gerade einmal 69 neue Wohnheimplätze geschaffen. Das sind immerhin 18 pro Jahr - eine sehr tolle Leistung. Dieses, meine Damen und Herren, ist lächerlich. Nein, dieses ist ein Skandal! Und die Regierungsfraktionen begrüßen dieses fehlende Engagement. Der jetzt vorgelegte Bericht zeigt die ganze Tatenlosigkeit und die Hilflosigkeit der Regierung bei diesem Thema, obwohl wir immer auf den doppelten Abiturjahrgang hingewiesen haben.

Die bereits sehr schlechte Versorgungsquote von ursprünglich 7,2% im Jahr 2014, bei einem Bundesschnitt von rund 10,0 %, ist 2016 sogar noch weiter gesunken - auf mittlerweile 6,39 %.

So kann und so darf es nicht weitergehen. Deshalb hat die CDU vor mehreren Monaten den Antrag gestellt, dass die Regierung nunmehr endlich handeln soll, und zwar nicht nur mit einer kurzen Diskussion beim Hochschuldialog, sondern tatsächlich Handeln mit sichtbaren Ergebnissen. Wir halten den Bau von vorerst 1.000 Wohnheimplätzen in den nächsten Jahren an den Hochschulstandorten für erforderlich und dringend geboten. Damit wäre bei

dem weiteren zu erwarteten Wachstum an Studierenden die Bundesquote zwar immer noch nicht erreicht, aber es wäre eine Entspannung spürbar. Es wäre ein Anfang.

Aber das Bereitstellen von Finanzmitteln würden leider bei dieser Regierung auch nicht helfen, wenn gleichzeitig über 300 Millionen € aus den Sondervermögen für Investitionen unangetastet bereitliegen und nichts damit passiert. Sie schaffen es nicht - weder bei Bundes- noch bei Landesmaßnahmen.

Jetzt gibt es Ankündigungen der Regierung, dass in Kiel 150 Plätze vorbereitet werden. Na gut, aber auch mit den in Flensburg in Vorbereitung befindlichen 133 Plätzen ist dieses lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dadurch können nicht einmal die wachsenden Studierendenzahlen des nächsten Jahres aufgefangen werden. Und was diese Regierung als einziges kann, sind Ankündigungen jetzt kurz vor der Wahl, insbesondere für Dinge, bei denen sie vier Jahre nichts getan hat.

Frau Ministerin Alheit, da wird Ihnen auch ein kleines Richtfest kurz vor der Wahl nicht mehr helfen, Ihre Versäumnisse über viereinhalb Jahre zu vertuschen.

Noch einmal zurück zu den hohlen Ankündigungen dieser Regierung. Im Wohnungsbau will das Land Neubau-Limits für Gemeinden lockern, heißt es jetzt in der Presse. Nanu, woher kenne ich diese Forderung? Ach ja, das war der Antrag der CDU, den die Regierungskoalitionäre noch vor einigen Wochen abgelehnt hatte. Das ist ja wie bei der Polizeiausstattung und vielen anderen Dingen. Die Umsetzung von Oppositionsanträgen zeigt, dass wir besser regieren können als die jetzigen Koalitionäre.

Herr Präsident! Als meine Töchter vom Land in die Stadt zogen, haben sie die gleichen Erfahrungen gemacht wie unzählige andere junge Leute, die flügge werden. Bei Wohnungsbesichtigungen in Kiel gab es einen großen Andrang. Der Geldbeutel ist schmal, die Mieten steigen, die Standards sind niedrig und die Nachfrage ist größer als das Angebot.

Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum in den Städten und am Hamburger Rand. Gleichzeitig beobachten wir zunehmenden Leerstand auf dem Land. Der Wohnraum in Studierendenheimen steht ja nicht im luftleeren Raum. Die Knappheit dort korrespondiert mit der Knappheit des Umfeldes. Wir müssen mehr Wohnungen bauen. Wir wollen

Wohnraum dort schaffen, wo er wirklich gebraucht wird. Da hilft nur eins: Bauen, Bauen, Bauen. Mietpreisbremse und andere Restriktionen sind immer nur die zweitbeste Lösung. Schleswig-Holsteins Einwohnerzahl wächst und lässt eine Abkehr von diesen Instrumenten auf absehbare Zeit nicht zu, solange Sanierung und Bauen der Bedarfsentwicklung hinterherhinken.

Die Wohngeldreform 2016 brachte einen Anstieg von einem Drittel mehr, davon konnten über 20.000 Haushalte profitieren. Es bedarf vieler verschiedener Instrumente und Kooperationen zwischen Land, Kommunen und Wohnungsbauträgern, um ausgeglichene Märkte zu erreichen.

Die Koalition hat mit 760 Millionen € Fördergeldern das größte Wohnungsbau-programm seit dem Krieg aufgelegt. Aufgrund der günstigen Haushaltsentwicklung des Landes konnten wir im März noch ein zusätzliches Programm mit 34 Millionen € einführen. Die Wohnungsmarktprognose weist einen Bedarf von 154.000 Wohnungen bis 2030 aus. Dieses müssen wir auf die Regionen ausrichten, in denen Wohnraum knapp ist.

Diese sind Kiel, Lübeck, Flensburg und Mittelstädte im Hamburger Rand. Die Baugenehmigungen für fast 16.000 Wohneinheiten des Jahres 2016 übersteigen die des Vorjahres um nahezu 30 %. Das bedeutet 70 % mehr Mietwohnungen. Das sind beeindruckende, gute Zahlen und dennoch reichen sie nicht.

Wir wollen zusätzliche Maßnahmen ergreifen mit Planungshilfen für Kommunen und einem zusätzlichen Angebot an günstigem Bauland dort, wo Landesliegenschaften vorhanden sind. Wir wollen auch Wohnungsbaugenossenschaften unterstützen.

Wohnungsbau bedeutet immer auch Flächenverbrauch und Eingriff in Landschaft und Natur. In diesem Zielkonflikt wollen wir auch mit Nachverdichtung und Dachgeschossausbau mehr Wohnraum flächenschonend schaffen.

Wer baut, verbraucht Fläche. Der Flächenverbrauch wurde nach wie vor wenig gebremst. Siedlung, Verkehr, Gewerbe, Energie, Freizeit verlangen Fläche und drücken auf Landwirtschaft und Natur. Fläche ist nicht vermehrbar.

Unser Credo „Erhalt vor Neubau“ gilt daher nicht nur für Straßen, sondern auch für Wohnraum. Gerade für ältere Menschen sollten Programme gebündelt werden, wie zum Beispiel barrierefreies Wohnen, wärmetechnische Sanierung und Vorbeugung gegen Einbruchskriminalität. Wir haben schon viel

(Volker Dornquast)

getan, um dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Und wir werden nicht nachlassen! Vielen Dank an das Sozialministerium für den Bericht zum Studierendenwohnraum!

Wir fördern neben klassischen Studierendenwohnheimen auch innovative Wohnkonzepte. Zum Beispiel gibt es durch das Projekt „Wohnen für Hilfe“ Wohnpartnerschaften zwischen älteren Menschen und Studierenden. Baugemeinschaften und gemeinwohlorientierte Projekte, die oft auch Mobilität und Energieversorgung umfassen, müssen zukünftig noch besser unterstützt werden.

Zur Förderung von bezahlbarem und studentischem Wohnraum gibt es auch finanzielle Hilfe. Für Wohnheimträger gibt es zinsgünstige Baudarlehen von der Investitionsbank. Im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung für die Kommunen stellt das Land in den Jahren 2015 bis 2018 insgesamt 316 Millionen € zur Verfügung und ab 2016 wurde der Betrag sogar mehr als verdoppelt. Zudem wurde auch die Umwandlung von Gewerbe- und Büroräumen in die Förderung aufgenommen.

An runden Tischen wird jeweils der regionale Bedarf unter die Lupe genommen. Die Kooperation von der Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR (GMSH) und örtlichen Bauträgern wird weiter gestärkt. Der Landesentwicklungsplan und die Regionalpläne sollen die rechtliche Grundlage bleiben. Einen planlosen Wildwuchs, wie die CDU ihn fordert, lehnen wir ab.

Ein Fokus liegt bei internationalen Studierenden und Menschen mit Migrationshintergrund, denn sie werden oft mit besonders hohen Hürden bei der Wohnungssuche konfrontiert. Im Haushalt haben wir für Neubauprojekte, Sanierungen und den Bau von Integrationshäusern für Studierende und Geflüchtete 3 Millionen € verankert. Sehr positive Erfahrungen konnten bereits gemacht werden, als in der Notunterkunft für Geflüchtete in der ehemaligen Marinefachschule Kiel auch Studierende eingezogen sind.

Nicht nur Studierende haben es schwer auf dem Wohnungsmarkt. Es werden auch mehr barrierefreier Wohnraum und generell Sozialwohnungen benötigt. Viele Sozialwohnungen unterliegen nicht mehr der Mietpreisbindung. Die entstandene Lücke muss geschlossen werden.

Die Mietpreisbremse ist ein Instrument, um besonders schnell ansteigende Miete in bestimmen Stadtvierteln oder am Hamburger Rand abzufedern. Doch in diesen Gegenden muss es auch neuen be

zahlbaren Wohnraum geben, um das Grundproblem zu entschärfen.

Der Abbau von Energiestandards bei Neubauten oder die Absenkung der Grunderwerbssteuer, wie die FDP es fordert, sind Maßnahmen, die zulasten der Menschen gehen. Besonders arme Menschen sind auf Energieeinsparungen und öffentliche Infrastrukturleistungen angewiesen, die auch aus der Grunderwerbssteuer finanziert werden. Den Kommunen würden bei Wiederabsenkung dieser Steuer 25 Millionen € in der Kasse fehlen.

Wie ernst und pragmatisch der soziale Wohnungsbau angegangen wird, zeigt sich auch mit der haushaltsgesetzlichen Ermächtigung zum Verkauf des Grundstücks an der Kronsforder Landstraße in Lübeck. Dort ist ein Anteil von Sozialwohnungen von 30 % verankert. So sehen konstruktive Lösungen aus!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vier Tagesordnungspunkte sind hier zusammengefasst worden, von denen jeder es verdient hätte, einzeln im Plenum behandelt zu werden. Neben dem täglichen Essen ist das Dach über dem Kopf eines der Grundbedürfnisse der Menschen nicht nur in unserem Bundesland. Aber dieses Grundbedürfnis kann der Bürger sich häufig selbst nicht befriedigen. Wohnraum ist in der breiten Masse zu teuer in Schleswig-Holstein.

Platz ist angeblich in der kleinsten Hütte. Man muss nur erstmal eine Hütte finden, die den Anforderungen genügt und die vor allem bezahlbar ist. In Schleswig-Holstein sind viele Menschen händeringend auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Das Land ist ein von vielem Menschen bewohntes Flächenland, ein Tourismusland mit Feriengästen, ein Land mit Hochschulstandorten und Studenten und leider auch mit Arbeitsuchenden und Hartz-IVEmpfängern. Alle brauchen eine Wohnung und alle wollen eine nach ihren Verhältnissen bezahlbare Wohnung. Tatsächlich fehlt es im Land aber an bezahlbaren Wohnungen.

Vertreter der studentischen Vertretungen und die Wohnungslosenhilfe sind alarmiert und schlagen Alarm, weil immer mehr Menschen keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden. Studenten, Geringverdiener und Empfänger von Transferleistungen stehen vor dem Problem, dass sie auf dem Wohnungsmarkt einfach keine günstigen Wohnungen finden. Dieses Problem gibt es nicht erst seit heute.

(Bernd Voß)

Es ist über viele Jahre entstanden, ohne dass die Politik wirksam gegengesteuert hätte.

Die vorliegenden Zahlen belegen das Versagen der Landesregierung bei der Bewältigung dieser Wohnungskrise: