Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

haben die Situation in den letzten Jahren verschlimmert, statt sie zu verbessern.

(Zuruf PIRATEN: Unglaublich!)

Ich komme zum Thema Bürgerbeteiligung in den Kommunen. Natürlich haben wir die Bürgerbeteiligung erleichtert, auch wenn Sie nur einen Teil der Forderungen der Volksinitiative umgesetzt haben. Gefordert und nicht umgesetzt wurde zum Beispiel, dass die Bürger auch über Abgaben mitbestimmen dürfen. Gerade bei den Themen Straßenausbaubeiträge und Pferdesteuer wäre es doch gut, wenn Bürgerentscheide über kommunale Abgaben zulässig wären. Warum lehnen Sie denn ab, was wir seit Jahren fordern?

(Beifall PIRATEN)

Zum Thema Windenergie: Ausgerechnet hier, beim Landesplanungsgesetz, haben die Kommunen nach Ihren Vorstellungen keinerlei Mitspracherecht.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Der Gemeindewille zählt nichts bei der Windenergieplanung. Die Gemeinden können Ihre Fehler korrigieren, ob sie dafür sind oder dagegen, spielt aber keine Rolle. Die Kommunen, die dafür sind, müssen trotzdem Anlagen abbauen, und bei denjenigen, die dagegen sind, sollen Anlagen hingebaut werden. Das ist ein Wahnsinn und eine Bankrotterklärung.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Zum Thema Schulen: Da hören sich die Antworten gut an. Es gibt aber noch immer Schulen, bei denen die Realität anders aussieht, wo zum Beispiel die Fenster nicht mehr geöffnet werden können, weil sie sonst abfallen. Die Situation ist in der Realität leider oft ganz anders.

Andere Bereiche sind gar nicht von Ihnen abgefragt worden: die Themen Informationszugang in den Kommunen, Inklusion oder auch eine Kommunalreform, wie SSW oder Grüne sie fordern. Wir PIRATEN können nur sagen: Wir sprechen uns gegen jede Zwangsfusion von Gemeinden aus, weil Demokratie in erster Linie vor Ort in den Kommunen stattfindet. Es ist der falsche Weg, eine Zwangsfusion zu betreiben.

Im Übrigen schließe ich mich der Forderung meiner Vorredner an, dass wir diese Antworten mit den Kommunen erörtern und erläutern sollten. Deswegen mache ich auch einen konkreten Vorschlag: Ich beantrage, dass diese Antwort dem Innen- und Rechtsausschuss überwiesen wird und dass wir

uns in diesem Ausschuss noch einmal zusammensetzen und eine mündliche Anhörung mit den kommunalen Vertretern durchführen, um uns über diese Antwort zu unterhalten. Das sollte uns das Thema wert sein. - Danke schön.

(Beifall PIRATEN - Zuruf SPD: Witzig! - Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Man muss auch mal loslassen kön- nen! - Heiterkeit)

Für die Abgeordneten des SSW hat jetzt der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es genossen, als der Kollege Dolgner eben 10 Minuten ausgiebig zu diesem Thema geredet hat. Er hat darüber geredet, dass die Kitas mehr Geld bekommen haben, dass der Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich zurückgenommen worden ist, dass wir eine Flüchtlingskrise hatten, in der wir die Kommunen in ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten wirklich vorbildlich unterstützt haben und auch inhaltlich super zusammengearbeitet haben. Wir haben für die Kitas Sanierungsmittel bereitgestellt. Wir haben eine gerechte FAG-Reform gemacht.

(Zuruf: Gerecht?)

Da ist echt viel passiert. Land und Kommunen in diesem Land geht es gut. Das liegt gerade an uns an der Küstenkoalition.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bis dahin war es in der Tat ein weiter Weg. Viele Jahre waren von Überschuldung und Reformbedarf geprägt. Nun wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Es geht voran im Land. Die Finanzierung der Kommunen wurde durch das neue Finanzausgleichsgesetz grundlegend auf stabile und zukunftsfeste Säulen gestellt. Mehr als zwei Jahre intensive parlamentarische Beratungen - übrigens auch mit den Betroffenen zusammen - liegen hinter uns.

Es ist kein Geheimnis, dass solche Veränderungen sich anfangs meist mühsam gestalten. Wer zukunftsfähig bleiben will, muss sich jedoch von Zeit zu Zeit diesen Veränderungen stellen. „Von Zeit zu Zeit“ ist da fast schon ein Witz, denn das Gesetz stammte aus den 70er-Jahren. Es war richtig, dass wir es überarbeitet haben. Leute, das Ding war bald

(Dr. Patrick Breyer)

50 Jahre alt. Da musste man einmal herangehen und die Strukturen neu machen, denn in den letzten 50 Jahren hat sich da doch ein bisschen was verändert.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fakt ist: Die Zuwendungen des Landes an die Kommunen sind von rund 1,2 Milliarden € auf ungefähr 1,7 Milliarden € gestiegen. Wir werden wahrscheinlich in naher Zukunft die 2-Milliarden-€-Grenze knacken. Die finanzielle Situation der Kommunen war selten so auskömmlich wie jetzt. In der kommunalen Finanzausgleichsmasse wurden auch - und das vergisst man gern - zusätzliche Mittel für Straßenbau, Kitas, Schulsozialarbeiter, Hortessen und für die Förderung von Frauenhäusern vereinbart.

Das Land hat den Kommunen deutlich unter die Arme gegriffen. Wenn es um das Thema Flüchtlinge und Asylbewerber geht: Das Land ist hier nicht nur in Vorleistung gegangen, sondern bietet gerade bei den Sprachkursen zudem mehr an, als vom Gesetz vorgeschrieben ist.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Integration darf in der Tat nicht zulasten der Kommunen gehen. Genau das passiert in unserem Land auch nicht. Unser Land hat dafür besonders in den Jahren 2015 und 2016 gesorgt.

Zudem sei bemerkt, dass das Land seit dem Jahr 2012 besonders finanzschwache Kommunen mit 15 Millionen € für die Dauer der Laufzeit des kommunalen Konsolidierungshilfegesetzes unterstützt. Auch lässt sich durchaus feststellen, dass derzeit auch auf kommunaler Ebene erhöhte Steuereinnahmen zu verzeichnen sind,

(Zuruf Volker Dornquast [CDU])

etwa aus der Grunderwerbsteuer, an denen die Kommunen anteilig beteiligt werden. So viel zur positiven finanziellen Ausgleichslage, obwohl man davon wirklich noch mehr berichten könnte.

Aber es nicht alles Gold, was glänzt. Mangelnder Baugrund für das Eigenheim der jungen Familien, Verödung der Innenstädte, Ausbluten des ländlichen Raumes, und auf dem Land gibt es dann zu den Wahlen oftmals nur noch Einheitslisten - Zukunftsfähigkeit sieht nach unserer Auffassung anders aus.

(Beifall Flemming Meyer [SSW] - Zurufe CDU: Was?)

Die Unzufriedenheit und Probleme der kommunalen Ebene sind oftmals nicht per se finanzieller Natur, sondern die Gründe für die Situation sind in der Struktur begründet. Kleinteilige Gemeinden sind auch gleich kleinteilige Handlungsmöglichkeiten.

(Zuruf Volker Dornquast [CDU])

Dabei sind die derzeitigen Herausforderungen eben nicht kleinteilig. Energiewende, Breitbandausbau, Bildung, Kultur, Sport, Brandschutz, Verkehr und Gesundheitsversorgung - all dies gilt es, in diesem kleinen Handlungsspielraum zu bewältigen. Das ist eine echte Herkulesaufgabe für alle Beteiligten. Das Ehrenamt stößt hier zunehmend an seine Grenzen. Aus diesen Gründen braucht Schleswig-Holstein nicht nur eine Strukturdebatte, sondern vor allem auch eine Strukturreform. Davon sind wir als SSW überzeugt.

(Beifall SSW - Zuruf Volker Dornquast [CDU])

Das Ziel sind deshalb größere selbstständige und selbstverantwortlich arbeitende Kommunen, in denen die politische Gemeinde und die Verwaltungseinheit identisch sind. Damit würde die Zahl der Kommunen schlussendlich von circa 1.100 auf 170 Kommunen sinken. Schleswig-Holstein braucht zukunftsfähige Strukturen. Schleswig-Holstein braucht auch in Zukunft Lebensqualität, gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Ehrenamt.

(Zuruf Volker Dornquast [CDU])

Dazu wollen wir in der 19. Wahlperiode einen aktiven Beitrag leisten. Lassen Sie uns nicht länger wertvolle Zeit verstreichen lassen. Wir brauchen größere Kommunen, um handlungsfähig zu bleiben.

(Volker Dornquast [CDU]: Quatsch! - Hauke Göttsch [CDU]: Quatsch!)

- Davor kann keiner die Augen verschließen, auch nicht der Kollege Dornquast.

(Beifall SSW)

Nach diesem Werbeblock ein kurzer Schlusssatz: Finanziell sind die Kommunen hervorragend aufgestellt, und das auch und gerade wegen der FAGReform. Es gibt eine enge Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen, und zwar insbesondere, weil wir als Küstenkoalition genau diese Zusammenarbeit wieder angestrebt haben, nachdem sie einst vollständig zusammengebrochen war unter der alten Regierung. Wir werden genau da weitermachen, wo wir jetzt auch sind. - Vielen Dank.

(Lars Harms)

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen außer dem Dreiminutenbeitrag, zu dem jetzt der Herr Abgeordnete Karsten Jasper das Wort erhält, nicht vor.

(Petra Nicolaisen [CDU]: Erklär noch einmal den Eingriff in das FAG!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einen Punkt zurückkommen, der sowohl von der Kollegin Nicolaisen angesprochen wurde als auch von Patrick Breyer, und zwar aus folgendem Grund: Wir haben über die Zusammenarbeit mit Kommunen geredet. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Dr. Heiner Garg und ich immer wieder auf den 100 Millionen € umfassenden kommunalen Investitionsförderfonds hingewiesen haben und darauf, etwas für die Krankenhäuser zu tun. Wir haben einen riesigen Investitionsstau bei den Krankenhäusern, aktuell 500 Millionen €. Wenn man die 500 Millionen € vom UKSH noch hinzunimmt, sind es 1 Milliarde €. Ich habe damals nicht gefordert, die gesamten 100 Millionen € für die Krankenhäuser zur Verfügung zu stellen, um ihnen zu helfen, aber man hätte eine große Summe davon nehmen können. Wir haben dicke über 100 Millionen € fertig geplante Projekte bei Krankenhäusern, bei denen man nur darauf wartet, diese umsetzen zu können, um die Krankenhäuser zu sanieren. Das wäre eine gute Geschichte gewesen, wenn man den kommunalen Anteil entweder, wie wir es gefordert hatten, gestundet hätte oder einen Schritt weiter - wie die FDP es gefordert hat - den kommunalen Anteil bei der Kofinanzierung komplett hätte wegfallen lassen. Diesen Punkt wollte ich noch einmal anmerken.

Aber ich bin auch hergekommen, weil ich mich bei Ihnen bedanken möchte, weil ich zum letzten Mal in diesem Landtag rede. Ich möchte mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion und den Mitarbeitern für die Unterstützung seit 2005 bedanken.

(Beifall)

Ich bedanke mich bei allen anderen Fraktionen, die sehr kollegial mit mir zusammengearbeitet haben, meistens auch sehr freundlich, wenn ich einmal von den Zwischenrufen des Kollegen Baasch, meines Lieblingskollegen von der SPD, absehe.