Protokoll der Sitzung vom 25.01.2013

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat die Frau Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Eine Bemerkung vorweg: Ich freue mich darüber, dass dieser Antrag in den Europaausschuss und auch in den Kulturausschuss verwiesen wird, gibt mir das doch die Gelegenheit, etwas mehr über die europapolitischen Schwerpunkte der Landesregierung auch im Hinblick auf die deutsch-dänische Zusammenarbeit auszuführen und auch noch einmal zu sagen, was eigentlich Inhalt der seit 1. Januar 2013 geltenden Kulturvereinbarung der Region Schleswig/Sønderjylland ist.

(Jette Waldinger-Thiering)

Diese Kulturvereinbarung ist etwas Besonderes. Sie kommt aus der Region und wird auch von der Region getragen. Das ist, denke ich, eigentlich das Entscheidende. Es ist die erste internationale Kulturvereinbarung überhaupt. Das hat schon Modellcharakter.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu dem vorliegenden Antrag ein paar Bemerkungen. Einiges ist schon über die Vorgeschichte dieses Europäischen Kulturerbe-Siegels gesagt worden. Das lasse ich jetzt erst einmal weg. Ich füge hinzu, dass der EU-Beschluss jetzt vorsieht, dass die Mitgliedstaaten alle zwei Jahre bis zu zwei Stätten in die Vorauswahl aufnehmen können, von denen maximal eine Stätte pro Mitgliedstaat ausgewählt wird. Staaten, die bereits an dem zwischenstaatlichen Verfahren teilgenommen haben, können dabei im Jahre 2013 bis zu vier Stätten in die Vorauswahl aufnehmen. Im Jahr 2012 wurden dafür die genauen Regularien und Verfahrensabläufe entwickelt. Dazu kann ich natürlich auch noch einiges im Ausschuss erläutern.

Die Kulturministerkonferenz - der Herr Abgeordnete Klug sprach das schon an - hat all dies Mitte Dezember 2012 zustimmend zur Kenntnis genommen und die Länder aufgefordert, ihre Vorschläge bis zum 30. April an das Sekretariat zu melden. Da aber sämtliche Stätten eines Netzwerkes alle Voraussetzungen des EU-Beschlusses erfüllen müssen, wurde darauf verzichtet, zwei Netzwerke - sie sind schon genannt worden: Stätten des Eisernen Vorhangs und Stätten der Reformation - jetzt wieder in die nationale Vorauswahl aufzunehmen.

Nach Meldung der Ländervorschläge soll jetzt ein Expertengremium diese beurteilen und der KMK einen Beschlussvorschlag vorlegen. So ist das Verfahren auf deutscher Seite festgelegt. In SchleswigHolstein wurden die kommunalen Landesverbände, die oberen Denkmalschutzbehörden und der Denkmalrat bis zum 1. April 2013 um Vorschläge gebeten.

Der EU-Beschluss sieht außerordentlich strenge Kriterien als Voraussetzung für die Zuerkennung des Europäischen Kulturerbe-Siegels vor. So müssen die Stätten nicht nur - ich zitiere

„… einen symbolischen europäischen Wert aufweisen und eine bedeutende Rolle in der Geschichte und Kultur Europas und/oder beim Aufbau der Union gespielt haben“.

Vielmehr muss es sich auch um ein fristgebunden abzuschließendes Projekt handeln. Außerdem muss ein Arbeitsprogramm mit genau festgelegten Elementen vorgelegt werden. Es reicht daher nicht aus, dass es sich um eine Region handelt, die auf europäischer Ebene als bedeutend erachtet wird. Voraussetzung für eine Bewerbung ist zudem wenigstens, dass ein federführender Ansprechpartner benannt ist, der für die Umsetzung des Projekts und des Arbeitsprogramms zuständig ist.

Bei der vorgeschlagenen Region käme noch hinzu, dass die verschiedenen genannten Teilnehmer, Stätten und Einrichtungen in Schleswig-Holstein und Süddänemark entsprechend koordiniert werden müssen. Es wäre überdies zu prüfen, ob es sich bei der Region - das ist schon angesprochen worden um eine Stätte oder Kulturlandschaft handelt oder ob nicht vielmehr eine länderübergreifende Stätte vorliegt, die dann zusätzlich auch die Voraussetzungen gemäß Artikel 12 erfüllen muss. In diesem Artikel ist unter anderem enthalten, dass dann auch eine der teilnehmenden Stätten als Koordinator fungieren muss, der als einzige Kontaktstelle für die Kommission dient.

Jede teilnehmende Stätte müsste diese Kriterien gleichermaßen vollständig erfüllen. Alle zuständigen nationalen Behörden müssten frühzeitig eingebunden werden, und der anmeldende Mitgliedstaat würde eine länderübergreifende Stätte im Namen aller Mitgliedstaaten in seine Vorauswahl aufnehmen, sobald deren Einwilligung vorliegt.

Allein dieses wenige, das ich gerade genannt habe, macht aus meiner Sicht und aus Sicht der Landesregierung deutlich, dass ein erheblicher zeitlicher Vorlauf notwendig sein wird. Der jetzt von der CDU-Fraktion gemachte Vorschlag erscheint daher in der vorliegenden Form nicht umsetzbar.

Sollte sich eine der dort genannten Stätten um das Europäische Kultursiegel-Erbe bewerben wollen, werden wir dies natürlich gerne im Rahmen unserer Möglichkeiten - wie es so schön heißt - unterstützen. Ich denke aber, es ist vorerst sozusagen als erster Schritt gut, dass wir uns im Europaausschuss und im Kulturausschuss etwas ausführlicher mit dem gesamten Rahmen und den Möglichkeiten beschäftigen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Ministerin Anke Spoorendonk)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Der Antrag Drucksache 18/433 soll federführend in den Europaausschuss und mitberatend in den Bildungsausschuss überwiesen werden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das in die beiden Ausschüsse überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Greening-Maßnahmen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ökologisch vernünftig und sozial gerecht durchsetzen

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/438

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 18/471

Für die SPD-Fraktion spricht zum ersten Mal im Schleswig-Holsteinischen Landtag Frau Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber.

(Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! In der Landwirtschaftspolitik hat Brüssel das letzte Wort. Die Gemeinsame Agrarpolitik ist der am stärksten vergemeinschaftete Politikbereich der EU. Eine gegenüber der Bevölkerung in Europa vermittelbare Agrarpolitik bedarf eines grundlegenden Systemwechsels. Nur eine umwelt-, klima- und verbrauchergerechte Landwirtschaft kann weiterhin durch öffentliche Mittel unterstützt werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir wollen und wir brauchen eine ökologische und sozial gerechte Neuausrichtung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik. Das Herzstück ist die Ökologisierung der Direktzahlungen, das Greening. Auch auf unseren Nutzflächen werden ökologische Grenzen überschritten. Optisch wahrnehmbar sind die Veränderungen in der Landwirtschaft. Nach Verlusten prägender Landschaftselemente wie Knicks und Kleingewässer sowie Dauergrünland verarmt nun auch die Fruchtfolge auf dem Acker.

Das bedingt den weiterhin fortschreitenden Rückgang der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten in der Agrarlandschaft. Selbst ehemalige Allerweltsarten, wie die Feldlerche oder der Kibitz, sind mancherorts selten geworden.

Der Erhalt der Kulturlandschaft und der Biodiversität wie auch der Klimaschutz dürfen deshalb bei der Agrarreform nicht hinten anstehen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Eine ökologische und sozial gerechte Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik wird den Zuspruch der Bürgerinnen und Bürger erlangen, denn das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel aus nachhaltiger Landwirtschaft wächst.

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, die von der Kommission vorgeschlagene Ökologisierung der Direktzahlungen muss umgesetzt werden.

(Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das bedeutet, 30 % der Direktzahlungen sollen unmittelbar daran gebunden werden, dass landwirtschaftliche Betriebe auf den Nutzflächen Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz beachten beziehungsweise durchführen. Betriebe, die diese Maßnahmen nicht erfüllen, sollen höhere Kürzungen als die genannten unmittelbaren 30 % hinnehmen müssen.

Zu den Greening-Maßnahmen stellt der Landfrauenverband Schleswig-Holstein in seinem Informationspapier von Dezember 2012 fest:

„Für Schleswig-Holstein kann nach ersten Einschätzungen die Aussage getroffen werden, dass bereits Betriebe Teile der Anforderungen des Greenings erfüllen.“

Also bedeutet die Reform auch, die landwirtschaftlichen Betriebe, die bereits heute verantwortungsvoll mit dem ihnen anvertrauten Land umgehen, zu stärken.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Landwirte, die Strukturelemente wie Knicks und Kleingewässer erhalten haben, die zum Schutz der Böden nachhaltig wirtschaften, werden in ihrem Tun bestätigt. Die landwirtschaftlichen Betriebe, die sich für einen anderen Weg entschieden haben, bekommen mit der Reform den Anreiz, im Sinne der Ökologisierung umzusteuern. Kein Betrieb wird

gehindert, die Direktzahlungen nicht in Anspruch zu nehmen.

Es ist völlig unverständlich, dass die Bundesregierung angesichts der genannten Herausforderungen weiterhin gegen die Einführung der Ökologisierung kämpft und damit einen Systemwechsel bei der GAP gefährdet.

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, lassen Sie mich noch einen weiteren wichtigen Aspekt ansprechen. Es darf nicht zu einer Umschichtung der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums zugunsten der Direktzahlungen kommen. Landwirtschaft und ländlicher Raum bilden auch in Schleswig-Holstein ein enges Beziehungsgeflecht. Daher muss eine starke integrierte Agrar- und Strukturpolitik die Zukunft der ländlichen Räume sichern. Intakte lebendige ländliche Räume sind die Voraussetzung für die Verhinderung von Abwanderung und die Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung der Landwirtschaft. Dabei haben die Gestaltung des demografischen Wandels, die Bildung, die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und der Klimaschutz eine hohe Priorität.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir wollen auch zukünftig eine starke und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft in SchleswigHolstein. Sie wird unsere Kulturlandschaft mit ihrer Artenvielfalt erhalten, natürliche Lebensgrundlagen schützen und zur nachhaltigen Entwicklung der ländlichen Räume beitragen.

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, auch wenn sich der Agrarausschuss in Brüssel gestern mehrheitlich gegen das von der Kommission vorgeschlagene Konzept ausgesprochen hat, ist das noch nicht das Ende der Reform. Der Umwelt- und der Entwicklungsausschuss waren da durchaus anderer Meinung. Die Abstimmung im Plenum erfolgt voraussichtlich im März 2013.

Wir sollten jetzt alle Möglichkeiten nutzen und weiterhin offensiv für die ökologisch vernünftige und sozial gerechte Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik eintreten. Wir dürfen diese Reform nicht aufs Spiel setzen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt PIRATEN)

Daher lehnen wir den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP ab.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])