Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Ausschussvorsitzender! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wer zu Beginn der Legislaturperiode noch die leise Hoffnung hatte, dass die Küstenkoalition keine Agrarpolitik zulasten der konventionellen Landwirtschaft betreiben würde, dem müssen spätestens mit dem Antrag zum Knickschutz die Augen geöffnet worden sein. Auch dem allerletzten Zweifler dürfte, nachdem er den Antrag, den wir heute beraten, gelesen hat, klar geworden sein, dass die Grünen beziehungsweise die gesamte Koalition in der Umwelt- und Agrarpolitik wirklich eine ganz knallharte Linie fahren.
Meine Damen und Herren, im Jahr 2011 hat der Landtag eine ausführliche Anhörung zur Gemeinsamen Agrarpolitik der EU durchgeführt. Das Ergebnis dieser Anhörung war eindeutig. Ein weiterer Schritt in Richtung Greening und noch höhere Anforderungen würden die landwirtschaftlichen Betriebe in Schleswig-Holstein massiv belasten. Auch auf der Grünen Woche waren das Thema Knickschutz und das Thema Greening allgegenwärtig. Falls Sie es nicht mitbekommen haben - wir waren mit dem Ausschuss dort -, kann ich Ihnen raten, noch einmal hinzufahren. Viele Wege führen zur Grünen Woche.
Die Grüne Woche dauert noch bis Sonntag. Insofern wäre das eine Maßnahme. Aber eine andere Idee ist: Stimmen Sie einfach unserem Antrag zu!
sich für eine wirklich vernünftige und der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft dienende Agrarpolitik auszusprechen.
Meine Damen und Herren, das am Mittwoch in der Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung in Brüssel hauchdünn befürwortete Greening in der ersten Säule ist ein Bürokratiemonster. Es kommt zu Mehraufwand für die Landwirte und natürlich auch für die Verwaltung.
Wir dürfen auch die Tatsache nicht vergessen, dass die Bedingungen in der Landwirtschaft Europas völlig unterschiedlich sind, und zwar sowohl aufgrund natürlicher als auch aufgrund klimatischer Gegebenheiten. Hier nun mit einheitlichen Regelungen alles abdecken zu wollen, ist wenig dienlich. Die Umsetzung einer verstärkt ökologisch ausgerichteten Agrarpolitik sollte mehr regional angepasst werden, also durch zentrale Maßgaben aus Brüssel.
Meine Damen und Herren, es wird Sie jetzt nicht überraschen, dass wir das Konzept der ökologischen Vorrangflächen natürlich ablehnen. Der Verlust weiterer Produktionsflächen hat fatale Folgen. Sie scheinen auszublenden, dass angesichts der Herausforderungen der weltweiten Nahrungsmittelversorgung und der zahlreichen Flächenkonkurrenten eben nicht auf weitere Flächen verzichtet werden kann.
Bis heute hofft der Umweltminister darauf, dass sich seine grandiose neue Knickregelung mit der Regelung der ökologischen Vorrangfläche teilweise dadurch schönrechnen lässt, dass man diese Flächen einfach einrechnet. Doch Flächenstilllegung heißt eben doch Flächenstilllegung.
Wir lehnen es ab, durch die Hintertür eine Prämie für Flächenstilllegungen einzuführen. Nicht nur mit Stilllegungen lassen sich die globalen Herausforderungen der Nahrungsmittelversorgung und der Bereitstellung agrarischer Rohstoffe bewältigen. Es bedarf vielmehr einer nachhaltigen Intensivierung und einer effizienten Produktionssteigerung.
Effektiver für die Biodiversität, als pauschal mit einem gewissen Prozentsatz landwirtschaftliche Flächen nicht mehr zu nutzen, sind gezielte Agrarumweltmaßnahmen und die Förderung von Hotspots. Außerdem sind unserer Meinung nach Steuergelder effizient für Biodiversität und Naturschutz einzusetzen.
Ich möchte die restliche Zeit aber kurz dazu nutzen, um noch etwas zur zweiten Säule zu sagen. Die zweite Säule muss weiterhin eine aktive Politikgestaltung für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum ermöglichen. Ich begrüße an dieser Stelle ausdrücklich die Initiative der EU-Abgeordneten Britta Reimers. Ihr ist es am Mittwoch gelungen, die Kofinanzierung von Programmen für ländliche Entwicklung für private Geldgeber zu öffnen. In Regionen, denen es finanziell nicht so gut geht, können nun Public Private Partnerships auch im Agrarbereich eingegangen werden.
Ich komme zum Schluss und biete Ihnen erneut an: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Das ist der bessere und der vernünftigere Weg. Landwirte, die bereits zahlreiche Umweltauflagen erfüllen müssen, müssen auch alle weiteren Programme, umweltschonend zu produzieren, selber wählen können. Eine Einschränkung der unternehmerischen Freiheit von Landwirten ist mit uns nicht zu machen.
Ich werde mich gleich dem Thema Greening anders nähern, als meine Vorredner das getan haben. Ich will aber auch kurz Bezug nehmen auf unsere Delegationsreise zur Grünen Woche und das aus meiner Sicht sehr informative Gespräche mit dem Bauernverband und mit der Landwirtschaftskammer. Ich persönlich bin zu dem Schluss gekommen, dass ein permanentes Bashing des Bauernverbands völlig kontraproduktiv ist. Wir müssen den Dialog führen, und ich glaube, dass man auf diesem Wege auch zu vernünftigen gemeinsamen Positionen kommen kann.
Es gibt wohl keinen Wirtschaftsbereich, der so eng mit der Umwelt verbunden ist wie die Landwirtschaft. Deshalb ist auch kein Unternehmer so abhängig von den Launen der Natur wie der Landwirt an sich. Die Dürreperiode in den USA im letzten
Naturschutz als Teil landwirtschaftlicher Verantwortung bedeutet daher auch, lebenswichtige Ressourcen zu sichern. Es bedeutet, den Bodenerosionen entgegenzutreten, die Gewässer reinzuhalten und Nützlinge nicht an den Rand ihrer Existenz zu drängen. Denn auch die Bestäubung unserer Nutzpflanzen - daran möchte ich erinnern - geschieht nicht von allein. Es gibt viele kleine Helferlein, die diese Arbeit für uns übernehmen.
Die Vorstellung, dass uns die Natur ihre Dienstleistungen kostenlos zur Verfügung stellt, ist allerdings falsch. Richtig ist: Die Natur verlangt kein Geld, um zu funktionieren. Deshalb lässt sich etwa das Bienensterben, über das wir diskutiert haben, mit Geld allein nicht aufhalten. Um das Bienensterben aufzuhalten, müssen wir genau verstehen, wo unser eigenes Handeln zerstörerisch wirkt, und wir müssen unser Verhalten dementsprechend verändern.
Was uns aber tatsächlich Geld kostet, das ist die Umsetzung der Maßnahmen, die wir zum Schutz der Natur ergreifen müssen. Wenn wir uns aber ansehen, wer in den letzten Jahren aus dem Topf der Agrarsubventionen gefördert wurde, dann muss ich feststellen, dass dies mit unseren Grundsätzen unvereinbar ist.
Wer von uns ist denn etwa in der Lage zu erklären, dass Lufthansa, RWE, Coca Cola und sogar der Waffenkonzern Rheinmetall aus der europäischen Agrarförderung Mittel erhalten haben? So etwas versteht niemand, der Bürger und der Steuerzahler erst recht nicht.
So gesehen war die 2009 eingeführte namentliche Veröffentlichung der Leistungsempfänger ein notwendiges Zeichen der Transparenz, aber auch ein Zeichen, dass aufgrund der Transparenz die Praxis in der Politik geändert werden muss.
Wir PIRATEN haben solche Ziele, und eines unserer Ziele besteht darin, Agrarsubventionen an Gegenleistungen in den Bereichen Klima-, Natur- sowie Tier- und Artenschutz zu knüpfen.
Ich muss aber auch die Einschränkung nachschieben - ganz aktuell; denn das war auch Thema auf der Grünen Woche und wird es im April im Entscheidungsprozess sein -, dass Monsanto von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Garantien in Höhe von 40 Millionen € für die
Vermarktung von Saatgut und Herbiziden in Osteuropa erhalten soll. Das können wir nicht akzeptieren. Wir werden uns dagegen wenden; denn das zerstört unseren Ansatz.
Wir unterstützen den Koalitionsantrag, den wir für Schleswig-Holstein und insgesamt für Europa umsetzen wollen.
Wirtschaftlich betrachtet ist es nicht nur unfair, es besteht auch nach unserem europäischen Menschenbild diametral ein Gegensatz, wenn eine solche Politik weiter betrieben wird. Deswegen werden wir den Antrag der CDU und der FDP ablehnen. Wo finden sich denn darin die Ziele der Aufklärung und des Humanismus wieder? Oder anders gefragt: Können wir unsere Ideale wirklich glaubhaft vertreten, solange unser eigentliches Handeln in krassem Widerspruch dazu steht? Es ist höchste Zeit, dieser unfairen, gemeinsamen und aus menschlicher Sicht - das dürfen wir bei diesem Thema ja nicht vergessen - verächtlichen Marktverzerrung ein Ende zu machen. Das ist unser Ziel, und das wollen wir durchsetzen.
Weil ich zum Schluss kommen muss, sage ich nur noch dies: Wenn wir den Landwirten neue Aufgaben geben wollen und müssen, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, dann müssen wir dafür sorgen, dass diejenigen, die diese Ziele mit verfolgen - und das sind die Landwirte -, auch davon profitieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über europäische Landwirtschaftspolitik reden, dann reden wir über den größten EU-Haushaltsposten, und wir reden über Steuergelder. Über Jahrzehnte hinweg wurden die Mittel überwiegend für Direktzahlungen oder für Produktionsprämien genutzt. Diese Art der Subventionierungspolitik hat die europäische Landwirtschaft in ein Abhängigkeitsverhältnis geführt, aus dem sie heute nur schwer wieder herauskommt.
Subventionsstrukturen nicht von heute auf morgen umkehren. Es ist ein langwieriger Prozess und schwieriger Prozess für die Landwirtschaft. Die Herausforderungen, vor denen die Politik heute steht, sind das Austarieren des Zumutbaren. Aber wir kommen nicht umhin, eine Entkoppelung fortzusetzen.
Heute gelten andere Kriterien, und andere Fakten spielen eine Rolle, wenn wir über europäische Agrarpolitik sprechen. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn es um die Gestaltung der Förderperiode nach 2013 geht. Auf jeden Fall haben sich die Vorzeichen geändert. Gesellschaftliche Belange müssen stärker in den Fokus der Förderpolitik gerückt werden. Dies soll heißen, auch die Landwirtschaft muss sich den neuen Herausforderungen wie Klimawandel, Umweltschutz, Biodiversität und Wassermanagement stellen.
Als größter Flächenbewirtschafter trägt die Landwirtschaft hierbei auch Verantwortung. Aus diesen Gründen müssen Maßnahmen für Umweltschutz noch stärker in den Fokus der Förderpolitik gerückt werden. Mit dem Greening, der Einführung zusätzlicher Umweltmaßnahmen, will die EU dies nun erreichen, und die dafür benötigten Mittel werden zusätzlich aus der ersten Säule finanziert. Wer die Anforderungen nicht erfüllt, bekommt keine Umweltprämie.
Wenn politisch gewollt ist, dass gesellschaftliche Aspekte bei der Umgestaltung der EU-Agrarförderpolitik stärker berücksichtigt werden müssen, dann gehören neben den Umweltkriterien ganz klar auch soziale Kriterien dazu. Das soll heißen: Die Direktzahlungen dürfen sich künftig nicht mehr nur an der Betriebsgröße orientieren, sondern müssen auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung - je nach Betriebsgröße - bei den Direktzahlungen berücksichtigen. Auch dieser Aspekt gehört nach Auffassung des SSW dazu, wenn es um eine Neuausrichtung der Förderkriterien geht. Zudem würde es die Betriebe stärken, die einen hohen Personalaufwand haben. Die Neuausrichtung der Agrarförderung betrifft primär die erste Säule.
Das darf aber nicht dazu führen, dass es eine Umschichtung der Mittel von der zweiten Säule in die erste Säule zur Finanzierung der Greening-Maßnahmen gibt. Damit wäre uns nicht geholfen. Der SSW hat immer wieder die Bedeutung der zweiten Säule hervorgehoben. Schleswig-Holstein ist ein Flächenland, und wenn wir den ländlichen Raum weiterentwickeln und die Lebensqualität dort verbessern wollen, dann darf es keine Umschichtung geben.