Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

(Vereinzelter Beifall SPD - Christopher Vogt [FDP]: Das haben wir aber anders verstan- den!)

- Herr Stegner, die Frage ist aber natürlich, wie man es sagt. Ich habe Ihnen auch keinen Vorwurf daraus gemacht, dass Sie sich so massiv für die Oberstufe in Bordesholm eingesetzt haben. Insofern fand ich das wirklich ein bisschen unglücklich, Herr Stegner. Ich werde es im Protokoll aber gern nachlesen.

Im Übrigen bin ich ein Befürworter der Energiewende und finde es gut, dass Schleswig-Holstein ein Stromexporteur ist. Ich finde es aber nicht gut, dass Schleswig-Holstein jetzt zum Atommüllimportland werden soll.

An dieser Stelle möchte ich noch einige Worte zu Ihnen sagen, Herr Ministerpräsident. Sie haben in Ihrer Rede ein Wort sehr häufig benutzt, exakt 20 mal, aber nicht das Wort „stark“, sondern das Wort „Verantwortung“. Wenn Sie das Wort „Verantwortung“ schon so sehr vor sich hertragen, muss ich Sie wirklich einmal fragen, Herr Albig: Finden Sie es verantwortungsvoll, dass die Bewohner Schleswig-Holsteins von dem wirklich unnötigen Vorstoß ihres Umweltministers aus der Presse erfahren? Finden Sie das verantwortungsvoll?

(Beifall FDP)

Finden Sie es verantwortungsvoll, dass der Bürgermeister der Stadt Brunsbüttel und die Politik nur über die Medien informiert werden? Ist das verantwortungsvoll? Wie soll sich die Region überhaupt eine Meinung bilden, ohne über genaue Hintergrundinformationen zu verfügen?

Sie haben bis heute nicht mit dem Betreiber des Zwischenlagers gesprochen. Auch wenn der Umweltminister sicherlich ein gestörtes Verhältnis zu dem Betreiber hat, so hätten Sie das durchaus tun können, Herr Albig.

(Beifall FDP - Zuruf Ministerpräsident Tor- sten Albig)

- Das ist doch kein dummes Zeug, Herr Albig.

Bei dieser Thematik sind noch so viele Fragen offen. Ich finde, das hätte man auch im Umweltausschuss besprechen müssen. Frau Beer musste extra beantragen, dass Sie kommen, Herr Minister. Die Sitzung am 10. April 2013 war eine reguläre Sitzung. Insofern hätten Sie von sich aus diesen Tagesordnungspunkt anmelden müssen. Das ist meine Meinung dazu.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Die Kommunikation ließ also wirklich zu wünschen übrig. Ich freue mich, dass die Koalitionsfraktionen in ihren Antrag hineingeschrieben haben:

„Die Bevölkerung ist frühzeitig und umfassend über die jeweiligen Sachstände zu informieren und an den Verfahren zu beteiligen.“

Ich finde es gut, dass Sie damit Ihrem Minister die klare Weisung geben, dass alles transparenter gestaltet werden muss. Es gibt nämlich bis heute viele offene Punkte.

Bis heute ist ungeklärt, ob der Betreiber überhaupt einen Antrag stellen wird. Bis heute ist ungeklärt, ob das Zwischenlager genehmigt werden wird. Bis heute ist ungeklärt, wie viele Castoren überhaupt Platz finden werden. Bis heute ist ungeklärt, wer die Kosten für die Einlagerung, die Polizeieinsätze und den wirklich teuren Umbau des Zwischenlagers tragen soll.

Es gibt ein genehmigtes Zwischenlager. Herr Kollege Kubicki und andere haben das bereits ausgeführt. Ich frage mich, was eigentlich passiert, wenn all die Bedingungen, die Sie formuliert haben, nicht eingehalten werden. Wohin kommen die Castoren dann? Die Castoren kommen dann wohl nach Gorleben, weil es dort ein genehmigtes Zwischenlager gibt.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen:

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Altlasten!)

Es sind rein politische Gründe, weshalb wir dieses Thema heute diskutieren.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ja, Herr Stegner.

(Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Sie müssen nicht auf die Zurufe reagieren. Halten Sie einfach Ihre Rede.

Vielen Dank für diesen Rat, Herr Präsident. Ich werde ihn befolgen.

Ganz ehrlich: Zu dieser Debatte ist es doch nur deshalb gekommen, weil es einen Kompromiss darüber gibt, dass es ein Endlagersuchgesetz geben muss.

(Oliver Kumbartzky)

Natürlich muss es ein Endlagersuchgesetz geben. Niedersachsen hat seine Zustimmung allerdings daran geknüpft, dass Gorleben als Zwischenlager ausscheidet. Hierfür gibt es aber weder ein sachliches noch ein rechtliches Argument. Das ist eine rein politische Entscheidung.

(Beifall FDP und CDU)

Ich halte diese politische Entscheidung für nicht richtig. Außerdem ist schon einmal die Resolution angesprochen worden, die der Kreistag beschlossen hat. Heute Abend tagt die Brunsbütteler Ratsversammlung, die auch eine Resolution verabschieden wird. Ich habe diese gerade aus Versehen an meinem Platz liegengelassen, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass ich jetzt schon an der Reihe bin. Diese Resolution sagt aber ganz klar, dass jede Region den Atommüll übernimmt, den sie selbst verursacht hat. Das wird in der Debatte immer vergessen. Das möchte ich noch einmal klarstellen.

Es wird immer gesagt, Brunsbüttel und Brokdorf müssten auch Lasten übernehmen. Das tun sie doch. Es gibt doch seit dem Jahr 2005 Zwischenlager, in die dieser Müll eingelagert werden soll. Das können Sie nicht einfach verschweigen.

Dann gibt es in der Diskussion immer mal wieder Stimmen, die sagen: Ja, Brunsbüttel. Herr Habeck hat im NDR-Fernsehen gesagt: Brunsbüttel ist als Standort doch eh versaut, weil da ein Kernkraftwerk ist. - Solche Aussagen, Herr Habeck, als Teil einer Regierung zu treffen, finde ich wirklich unter aller Sau.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Jetzt habe ich die Resolution bekommen. Vielen Dank. Dort steht ganz klar der Satz drin:

„Nach der Planfeststellung kann nur der aus dem Kernkraftwerk Brunsbüttel stammende radioaktive Müll im Zwischenlager am Kernkraftwerk Brunsbüttel eingelagert werden. Die Einlagerung von Atommüll aus anderen kerntechnischen Anlagen ist nicht zulässig. Die Planfeststellung ist bindend und darf nicht in einem neuen Verfahren erweitert werden.“

Das ist ganz klar die Meinung der Brunsbütteler Ratsversammlung, um das auch einmal wiederzugeben.

Gerade bei einem so hochsensiblen Thema - die Grünen wissen ja, wie sensibel das Thema ist; das haben Sie gestern auch gesehen - frage ich mich wirklich: Warum ist dann nicht mit der Region ge

sprochen worden? Warum wollen Sie jetzt im Eilverfahren diesen Antrag durchdrücken?

(Beifall FDP und CDU)

Das hätte ich von Ihnen wirklich nicht erwartet.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Abgeordneter, ich mache es kurz mit einem geschäftsleitenden Kommentar und belasse es dabei: „Unter aller Sau“ bei der Kommentierung des Verhaltens eines Regierungsmitglieds ist nicht parlamentarisch.

Wir kommen zur nächsten Wortmeldung. Da die Fraktionen die möglichen Redezeiten nicht in Anspruch nehmen wollen, bleiben jetzt mehrere Dreiminutenbeiträge. - Den ersten Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Bernd Voß angemeldet.

(Zuruf Bernd Voß [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

- Sie wollen die volle Redezeit in Anspruch nehmen? Sie hatten vorhin einen Dreiminutenbeitrag angemeldet. Sie möchten jetzt die volle Redezeit haben. Dann kann ich Ihnen schon einmal ankündigen: Sie haben 13 Minuten. - Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Jetzt kommt der castorpolitische Sprecher der Grünen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es muss nicht immer wiederholt werden, und es ist in weiten Bereichen der Bevölkerung ein Selbstverständnis, dass es eine nationale Verpflichtung gibt, eine nationale Aufgabe ist, den Atommüll, die Reste der Atompolitik, zu entsorgen, soweit man überhaupt diesen Begriff nennen darf.

Ich sage zugleich auch: Bei der Region, die hier immer wieder genannt wird, haben wir es mit einer Region zu tun, die ziemlich belastet ist durch alles, was in Schleswig-Holstein problematisch ist: Atomkraftwerke, die Chemieindustrie mit problematischen Produktionen, sehr viel problematischer Schiffsverkehr hinsichtlich der Abgase direkt vor der Tür, Sondermüllverbrennung - um nur ein paar Punkte zu nennen. Daher eben diese intensive Debatte.

Ich muss zugleich an dieser Stelle feststellen, dass ich es sehr problematisch finde, wie in vielen Bei

(Oliver Kumbartzky)

trägen heute immer wieder eine Vorfestlegung auf diesen Standort Brunsbüttel getroffen wurde. Ich denke, gerade der Antrag der Koalition macht sehr deutlich, dass hier geprüft wird, welche Möglichkeiten überhaupt bestehen, wo man hingehen kann.

(Beifall SSW)