Sollen Castoren an dezentrale Zwischenlager gehen, dann müssen das Bundesumweltministerium und das Bundesamt mit den Betreibergesellschaften alle technischen und alle genehmigungsrechtlichen Fragen klären: Die für die Zwischenlager erforderlichen Anträge sind zu initiieren und zu verhandeln. Die Kostenfragen der Unternehmen sind zu lösen. Viele Hausaufgaben warten also noch auf den Bund. Aber wir werden den Bund, wo immer es geht, begleiten, wenn diese Hausaufgaben erledigt sind. Die Genehmigungsbehörde das ist das Bundesamt für Strahlenschutz und nicht wir. Aber wir werden mit all dem, was auch unsere Atomaufsicht
an Expertise hat, insbesondere was hohe Standards angeht, darauf hinwirken, dass diese hohen Standards auch eingehalten werden.
Aber ein Datum steht für uns alle fest: 2015 muss unsere Gesellschaft eine Antwort geben. Dann kommen die 26 Castoren zurück. Noch einmal: Die Antwort, die wir bis dahin gegeben haben, kann nicht sein, dass wir es an den 13 Zwischenlagern 13-mal erreicht haben, dass die Menschen dort sagen: „Nein, hier nicht.“ Irgendwo hin werden wir den Müll als Gesellschaft bringen müssen. Ich werbe dafür, dass wir ehrlich sind, und ich werbe dafür, dass wir die Menschen ernst nehmen in ihren Ängsten, aber eben auch in der Fähigkeit, zu erkennen, dass wir es nun mal sind, die die Folgen dieses Irrweges zu tragen haben, den viele in diesem Saal vielleicht gar nicht für einen Irrweg gehalten haben. Schleswig-Holstein, meine Landesregierung, ist bereit, einen Beitrag zu diesem Teil des Atomausstiegs zu leisten.
Ich hoffe sehr, dass wir alle in der Lage sind, politische Rituale zu überwinden nach dem Motto: „Wir sind schon deswegen dagegen, weil ihr dafür seid.“ Lassen Sie uns zeigen, dass wir in einer solchen zentralen Frage politischer Gestaltung dieses Ritual überwinden.
Unsere Gesellschaft hat lange auf das von Hans Jonas postulierte Prinzip Verantwortung nicht richtig reagiert. Gegen den ökologischen Imperativ, den er 1979 einmal aufgestellt hat: „Tue nichts, dessen Wirkung so stark ist, dass es die Existenz von echtem Leben auf der Erde gefährdet“, haben wir als Gesellschaft lange verstoßen. Unsere Last ist es nun, dieses Prinzip wieder zur Wirkung zu bringen. Wir müssen ertragen, dass dazugehört, auch sagen zu müssen: Wir gehen mit diesem Müll um. Wir flüchten nicht vor unserer Verantwortung. Jede und jeder auch vor Ort, in dessen Geschichte die Atomkraftwerke zu einer besonderen Bedeutung auch in der persönlichen Sozialisierung geführt haben, haben meinen ganz großen Respekt, sich in diese Verantwortung zu begeben, weil es gefühlt das Gegenteil von dem ist, wofür man gekämpft hat, einen solchen Müll eben nicht vor Ort zu haben. Wer das trotzdem leisten kann, dessen Verantwortung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Ich bitte Sie herzlich, begleiten Sie uns auf diesem Weg, den die Bundesregierung so gehen will, wie wir ihn für richtig halten. Lassen Sie uns gemeinsam den Menschen erklären, dass die Politik, für
Herr Breyer, wenn wir das hier tun, dann bin ich sicher, dass sich auch andere aus dem Büschen bewegen müssen, weil sie sehen: Politik, die Verantwortung übernimmt, ist das, was die Menschen sehen wollen. Politik, die sich versteckt, ist einfach nur feige.
Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 8 Minuten überschritten. Diese Zeit steht nun auch allen anderen Fraktionen zur Verfügung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben heute nichts gesagt, was die Menschen in diesem Land nicht schon vor Wochen in der Zeitung haben lesen können. Wollen Sie den Menschen in Schleswig-Holstein mit Ihrer heutigen Botschaft wirklich ernsthaft sagen, dass Sie die entscheidenden Fragen bis zum heutigen Tag noch nicht mit dem Bund geklärt haben? Wollen Sie ernsthaft sagen, dass Sie mit dem Betreiber in Brunsbüttel bis heute nicht offiziell gesprochen haben? Und wollen Sie ernsthaft sagen, dass Sie überhaupt nicht wissen, welche technischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen und ob der Zeitplan dies zulässt?
Und das - neben viel Pathos - nennen Sie eine Regierungserklärung? Was haben Sie eigentlich in den letzten Wochen gemacht?
Es ist ein Armutszeugnis, dass Sie in Ihrer Regierungserklärung eben nicht an einer einzigen Stelle von eigener Verantwortung gesprochen haben. Sie schieben alle Verantwortung nach Berlin
und erklären sich nicht für zuständig. Herr Ministerpräsident, das war keine Regierungserklärung, das war eine Nichtzuständigkeitserklärung.
Die CDU in Schleswig-Holstein - das sage ich sehr deutlich - bekennt sich voll zur Energiewende. Sie unterstützt die gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern, einen gemeinsamen Masterplan für die Energiewende zu erarbeiten. Denn diese Energiewende - das wissen wir - kann nur gemeinsam von Bund und Ländern gelingen. Sie ist für SchleswigHolstein eine Jahrhundertchance. Genau deshalb hat die alte Landesregierung bereits 2010 ein zukunftsweisendes Energiekonzept beschlossen, das unser Land zu einem Vorreiter in diesem Bereich macht. Und diesen Weg wollen wir weitergehen.
Nein. - Dass damit natürlich auch die Frage der Verantwortung für ein sicheres Endlager verbunden ist, ist für die CDU Schleswig-Holsteins die logische Konsequenz und selbstverständlich. Deswegen, Herr Umweltminister, haben wir uns sehr darüber gewundert, wie Sie mit Ihrer grundsätzlichen Einverständniserklärung Ende März 2013, Brunsbüttel vorzuschlagen, vorgegangen sind. Sie machen den zweiten Schritt vor dem ersten. Bevor es nämlich eine faire Lastenverteilung geben kann, muss doch klar sein, ob das im Land überhaupt geht und unter welchen Voraussetzungen.
Wo ist denn das große Wort vom Dialog geblieben, wenn Sie sich weder bei Ihrer Koalition noch beim Betreiber in Brunsbüttel, bei Vattenfall, rückversichern, ob es überhaupt möglich ist, in Brunsbüttel weitere Castoren einzulagern, ohne dabei die eigentliche Hauptaufgabe, den Reaktorblock dort zurückzubauen, zu behindern oder gar zu verhindern? Von einer Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort in einer solch brisanten Entscheidung wage ich schon gar nicht zu reden.
Sie haben es zu verantworten, dass die Menschen in Dithmarschen und Steinburg zur Verhandlungsmasse Ihrer Koalition im Bund und in den Ländern geworden sind. Denn es gehört auch zur Wahrheit, dass es die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen war, die einen Stopp für die Zwischenlagerung in Gorleben wollte. Aber ich sage Ihnen: Die Menschen in Schleswig-Holstein sind nicht dazu da, die Wahlversprechen von SPD und Grünen in Niedersachsen einzulösen.
Dass das so ist, Herr Dr. Stegner, zeigt das Beispiel, Herr Albig, Ihres Ministerpräsidentenkollegen Weil in Niedersachsen, der letzte Woche kurzerhand Niedersachsen zur „castorenfreien Zone“ erklärt und in seiner Regierungserklärung betont hat, dass das Zwischenlager am KKW Unterweser auf keinen Fall infrage kommt. Grohnde und Lingen seien vorsorglich gleich mit ausgeschlossen, weil das den Menschen in Niedersachsen nicht zuzumuten sei. Mit einer solchen Haltung soll der Castoren-Kelch zukünftig an Niedersachsen vorbeigehen.
- Können Sie sich einmal ein bisschen beruhigen? Sie müssen nicht immer laut werden, wenn Ihnen die Argumente nicht passen.
Frau Piel hat in der vergangenen Woche im Landtag in Hannover erklärt, das ergebnisoffene Suchverfahren könne nur beginnen, wenn Gorleben nicht mehr Teil einer vergleichenden Suche sei. Darüber wundert man sich schon sehr, wenn man auf diesen Konsens, den Sie heute hochgehalten haben, abhebt. Frau Piel bedankt sich außerdem ausdrücklich bei ihren schleswig-holsteinischen grünen Freunden.
Meine Damen und Herren, die CDU SchleswigHolstein unterstützt den von Bundesumweltminister Altmaier gefundenen Einigungsprozess für das Standortauswahlgesetz. Wir danken ihm sehr herzlich für diesen Lösungsweg.
Eines ist aber auch klar: Damit ist Gorleben nicht auf Dauer ausgeschlossen; denn auch der Salzstock in Gorleben ist weiter ein potenzieller Standort für
ein Endlager. Bis zum heutigen Tag gibt es keinerlei relevante technische Gründe, die dafür sprechen, dass Gorleben nicht irgendwann einmal auch Endlager werden könnte.
Der Grund für den Zwischenlagerstopp ist schlicht und ergreifend ein politischer. Wir dokumentieren damit, dass es uns mit der Suche nach einem Endlager auf der sogenannten weißen Karte ernst ist.
Ich sage: Ja, wir tragen Verantwortung. Es müssen aber klare Voraussetzungen erfüllt sein. Wir werden uns einer ergebnisoffenen Endlagersuche nicht verschließen.
So sehr wir auch hoffen, dass Bundestag und Bundesrat im Juli tatsächlich mit breiter Mehrheit ein solches Standortauswahlgesetz beschließen, bleiben Fragen offen. Für die CDU sind Standortzwischenlager für abgebrannte Brennelemente Teil des Entsorgungskonzepts für Kernkraftwerke in Deutschland.
Im Jahr 2000 haben sich die Energieversorger gegenüber der rot-grünen Bundesregierung dazu verpflichtet. In der gleichen Vereinbarung hat sich die Bundesregierung verpflichtet, rechtzeitig ein Endlager zur Verfügung zu stellen. Da zum jetzigen Zeitpunkt gegen Gorleben aber einzig und allein politische Gründe sprechen, werden aufgrund des Verursacherprinzips Probleme auf den Steuerzahler zukommen.
Deshalb erwarten wir von der Landesregierung, dass es erstens in Brunsbüttel nicht zu einer Zwischenlagerung von hochradioaktiven Abfällen aus Sellafield oder Le Hague kommt, ohne dass es eine erneute und umfassende Sicherheitsprüfung gegeben hat.
Es ist doch in höchstem Maße unverständlich, dass es die Grünen waren, die vor zwei Jahren im Landtag vor Erdbeben, Sturmfluten, Deichbrüchen, Schiffshavarien und vielem anderen in Brunsbüttel warnten und heute Brunsbüttel als Gorleben-Zwischenlager vorschlagen.
Meine Damen und Herren, wir erwarten zweitens von der Landesregierung, dass sie dies alles prüft unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere in den Kreisen Dithmarschen und Steinburg.