Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Unterschied in der Gestaltung. Wir haben gesagt, wir haben ein Defizit, und wir haben festgestellt, wir haben nicht 50 % Frauen in den Parlamenten. Wir haben festgestellt, wir haben keine Parität. Und um uns selber dahin zu bringen, haben wir eine feste Quote von jetzt auch 50 % in der paritätischen Satzung beschlossen. Das ist unsere Art, mit Defiziten umzugehen. Ihre Art, mit Defiziten umzugehen, ist, auf Besserung von alleine zu hoffen. Das ist wahrscheinlich sehr liberal.

Abschließend muss ich sagen: Bei 29 Frauen in 900 Vorständen der 200 größten Unternehmen wird es wahrscheinlich noch sehr lange dauern, bis sich Ihre Hoffnung der Selbstregulierung erfüllt. Aber vielleicht schaffen Sie das ja noch bis 2020. Ich würde allerdings darauf nicht wetten, Herr Kollege Kubicki. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, Kristin Alheit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Für die Landesregierung ist klar: Wir bekennen uns zu der Aufgabe, die tatsächliche Gleichberechtigung, also gleiche Lebenschancen für Männer und Frauen, herzustellen. Frauen machen mit einem Anteil von 51 % mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung aus. 44 % der Berufstätigen sind weiblich, und der Wunsch von Frauen, erwerbstätig zu sein, nimmt immer mehr zu.

In Führungspositionen dagegen sind sie massiv unterrepräsentiert, egal, welche Statistik man dafür heranzieht. Darüber besteht zumindest Einigkeit. Wenn also, meine Damen und Herren, in DAX-Unternehmen gerade einmal 4 % der Aufsichtsratsmandate von Frauen ausgeübt werden, dann ist das kein Naturgesetz und auch nicht Ausweis einer anders gelagerten Interessenlage von Frauen, sondern es zeigt, dass in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen nach wie vor Rekrutierungsmechanismen bestehen, die Frauen strukturell diskriminieren. Es trifft nicht zu, dass nur ein Bruchteil von Frauen in unserem Land bereit ist, herausgehobene Verantwortung zu übernehmen. Ich sage dem einen oder dem anderen, der einen anderen Eindruck hat, dass

das daran liegen könnte, dass er sich in einem Umfeld befindet, das für moderne, gebildete und vor allem gut ausgebildete Frauen besonders unattraktiv ist.

Eines, meine Damen und Herren, hat mich an der Debatte in den letzten Wochen sehr irritiert, nämlich das Gegeneinanderstellen von Interessen von vermeintlich wenigen in Aufsichtsräten einerseits und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie andererseits. Es war für mich schon sehr befremdlich, zu merken, dass die Debatte ein bisschen so geführt wurde, als ob die Überwindung des Problems ein Minderheitenthema wäre. Das ist es nicht.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es geht wirklich darum, ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, die Diskriminierungen hinnimmt oder nicht. Es stimmt schon: Nicht wenige Frauen entscheiden sich nicht zuletzt angesichts der Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gegen eine Karriere. Aber auch das ist wirklich ein Teil der strukturell diskriminierenden Bedingungen. Ich frage mich manchmal, wie es wäre, wenn die Männer die Kinder kriegen würden. Ich glaube, die Situation sähe definitiv anders aus.

(Beifall SPD)

Es stimmt, meine Damen und Herren: Früher war alles noch schlechter. Der demografische Wandel führt dazu, dass es auch auf der Ebene der Führungskräfte erforderlich ist, dass Frauen mehr teilhaben.

Vor diesem Hintergrund hat die rot-grüne Bundesregierung 2001 eine Vereinbarung mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft getroffen. Die Charakteristika dieser Vereinbarung waren Freiwilligkeit, Selbstverpflichtung und Wirkungslosigkeit. Ich bin mir mit Bundesministerin Schröder wirklich selten einig, aber das hat sie tatsächlich ganz pointiert letzte Woche richtig festgestellt. Nur die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden, nämlich wieder auf Unverbindlichkeit - diesmal unter dem Siegel „Flexi“ - zu setzen, die kann ich nicht nachvollziehen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es ist - das bestätigen Untersuchungen, und das ist auch hier gesagt worden - immer noch so, dass Rekrutierungsmechanismen bei Führungspositionen so greifen, dass sie sich an männlichen Lebenswelten orientieren. Die Positionen sind nach wie vor an Anforderungsstrukturen und -kulturen ge

(Dr. Kai Dolgner)

knüpft, die klassischerweise mit einem männlichen Rollenbild verbunden sind. Das ist mitnichten ein Sachzwang, wie sich ergibt, wenn man betrachtet, wie unsere skandinavischen Nachbarn das machen.

Eine Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen, die über einen Minderheitenstatus hinausgeht, bedeutet deshalb einen Bruch mit den derzeit bestehenden Unternehmenskulturen. Alle wissen: So etwas löst Abwehr aus und braucht auch Zeit. Es genügt aber nicht, sich in Geduld zu üben. Es bedarf endlich klarer Regelungen. Diskriminierung ist kein Zufall, und ich bin ausdrücklich der Auffassung: Auch die Überwindung dieser Diskriminierung darf kein Zufall sein.

Die Landesregierung wird sich daher weiterhin intensiv für eine verbindliche Frauenquote in Führungspositionen in der Wirtschaft einsetzen. - Danke schön.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Da Ausschussüberweisung nicht beantragt worden ist, gehe ich davon aus, dass wir in der Sache abstimmen. Das ist der Fall.

Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und fünf Abgeordnete der Fraktion der PIRATEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten von CDU, FDP und der Abgeordnete Dr. Breyer. - Damit ist der Antrag Drucksache 18/742 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und fünf Abgeordneten der Fraktion der PIRATEN gegen die Stimmen von CDU, FDP und der Stimme des Abgeordneten Dr. Breyer angenommen worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 18, 25 und 56 auf.

Gemeinsame Beratung

a) HSH Nordbank AG - Erhöhung des Garantievolumens

Antrag der Landesregierung Drucksache 18/654

b) Kein Wertpapierankauf durch den hsh finanzfonds!

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/726 (neu) - 2. Fassung

c) Unterrichtung des Schleswig-Holsteinischen Landtags über die aktuelle Lage der HSH Nordbank AG

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/655

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ein Vorschlag zur Worterteilung: erstens die Landesregierung mit ihrem Antrag zu a) und dem Bericht zu c), dann zweitens die FDPFraktion zum Antrag zu b) und dann die Fraktionen nach ihrer Stärke. - Wir werden so verfahren. Ein Hinweis zu den Redezeiten: Nach Vereinbarung im Ältestenrat haben CDU- und SPD-Fraktion sowie die Landesregierung 10 Minuten,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Die FDP auch!)

die anderen Fraktionen haben jeweils 5 Minuten Redezeit.

- Dann ist das hier falsch mitgeteilt worden, dann werden wir so verfahren. Dann haben die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und die Landesregierung 10 Minuten Redezeit und die anderen Fraktionen jeweils 5 Minuten. - Ich erteile zunächst der Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer sich mit der HSH Nordbank beschäftigt, muss vor allem eines wissen: Die Bank gehört zum Großteil den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein. Das bedeutet, dass jedes Papier und jeder Frachter, die die Bank in ihren Büchern hat, Vermögen - aber auch Risiko - der Bürgerinnen und Bürger ist.

Macht die Bank Verluste, sind es unsere eigenen Verluste. Macht sie Gewinne, verbessert sich auch das Vermögen des Landes. Gelingt es der Bank, ihr neues Geschäftsmodell erfolgreich umzusetzen und die Risiken aus dem Altgeschäft abzubauen, dann sinkt auch das Risiko, dass die Ländergarantie in Anspruch genommen wird. Gelingt es ihr nicht, drohen erhebliche Verluste. Bei jedem Beschluss, der die Bank betrifft, kennt die Landesregierung

(Ministerin Kristin Alheit)

deshalb nur einen Maßstab: Das ist die Schonung unseres Landesvermögens.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt PIRATEN)

Deshalb haben wir uns gemeinsam mit Hamburg für eine Wiedererhöhung der Garantie auf 10 Milliarden € ausgesprochen und dieses auch gegenüber den Ratingagenturen dokumentiert. Die Folge war, dass das Rating für die Bank bisher weitgehend stabil geblieben ist - eine wichtige Grundlage für die Bank.

Meine Damen und Herren, Anfang April 2013 sind weitere Entscheidungen gefallen. Die Landesregierung empfiehlt dem Parlament, die Wiederaufstockung der Garantie ohne die Beteiligung eines privaten Investors zu machen, und sie empfiehlt keine Änderung des Staatsvertrags zur Erweiterung des Auftrags für unsere Länderanstalt finfo. Ich möchte beide Entscheidungen begründen.

Zunächst zum Ankauf von Wertpapieren durch die finfo: Der Verkauf risikobehafteter Wertpapiere ist eine grundsätzliche Option, mit der die HSH in Krisensituationen für Entlastung sorgen kann.

In einer derartigen Situation gibt es zwei Möglichkeiten, die aber beide zulasten des Landes gehen: Entweder werden die Wertpapiere an Dritte verkauft, und der Verlust wird in der finfo gegen die Ländergarantie abgerechnet, oder die Anstalt kauft die Papiere selbst - mit der Chance einer Wertaufholung, aber auch mit dem Risiko weiterer Wertverluste.

Klar ist: Ein Ankauf müsste rechtlich eingehend geprüft werden und wäre überhaupt nur zu verantworten, wenn die von der Anstalt angekauften Papiere ein erhebliches Wertaufholungspotenzial haben, wenn also deutlich erkennbar ist, dass ein Verkauf an Dritte unwirtschaftlicher wäre. Ein Verkauf risikobehafteter Wertpapiere zur Stärkung der Kernkapitalquote ist gegenwärtig nicht erforderlich. Wir haben uns gegen eine Empfehlung zur Änderung des Staatsvertrags entschieden, und Sie werden das heute mit Ihrem Antrag auch dokumentieren.

Nun zur Beteiligung eines privaten Investors an der Wiederaufstockung der Garantie. Eine derartige Beteiligung kann unter zwei Voraussetzungen sinnvoll sein: erstens, wenn dadurch ein EU-Beihilfeverfahren sicher vermieden wird - ein Verfahren, das für die Bank mit großen Herausforderungen verbunden ist -, und zweitens, wenn sich das Angebot des Investors im Rahmen der marktüblichen Konditionen bewegt, also maximal im Rahmen der

Gebühren, die von der Bank für die Sunrise-Garantie bezahlt werden. Ich sage „maximal“, weil das Risiko einer Inanspruchnahme der Drittverlustgarantie - also der letzten 3 Milliarden € von den 10 Milliarden € - deutlich geringer ist als das Risiko einer Inanspruchnahme der Zweitverlustgarantie.

In den vergangenen Monaten fanden intensive Verhandlungen hierüber statt. Eine Einigung über die Konditionen konnte dabei nicht erzielt werden. Die Landesregierungen haben sich deshalb gegen die Beteiligung eines Privatinvestors entschieden. Wir sind davon überzeugt, dass dies die schonendste Lösung für unser Landesvermögen ist.

Die von uns empfohlene Wiederaufstockung der Garantie bedarf der Genehmigung durch die Europäische Kommission. Wir haben uns mit der EU darauf verständigt, dass die Länder zunächst eine vorläufige Genehmigung anstreben werden, die voraussichtlich bis Ende Juni 2013 vorliegen wird.

Anschließen wird sich ein Hauptverfahren, in dem die Bank die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells unter Beweis stellen muss und welches sich voraussichtlich bis ins Jahr 2014 ziehen wird. Damit hat die Bank Zeit, sich weiter zu stabilisieren und ihr neues Geschäftsmodell zu verfestigen.

Noch weitere Entscheidungen sind gefallen. So hat sich bereits bestätigt, dass wir mit Herrn Dr. Mirow als neuem Aufsichtsratsvorsitzenden eine sehr gute Wahl getroffen haben. Er ist fachlich wie politisch erfahren und versiert. Schon in den ersten Wochen hat sich gezeigt, welches feine Gespür er für notwendige Entscheidungen hat, wie sehr er die Verantwortung und die Interessenlage der Anteilseigner respektiert und dass uns seine Kenntnisse auf europäischer Ebene in dem anstehenden Beihilfeverfahren mit der EU helfen werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])