Nun ist seit dieser Woche vermeintlich alles anders. Erst hatte die SPD nur Pech, dann kam auch noch Peer dazu. Aber jetzt liefert ja Uli Hoeneß der SPD eine Steilvorlage, die es im Wahlkampf ordentlich auszuschlachten gilt.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das wird nicht lange dauern! - Zuruf SPD: Jetzt mal zur Sa- che! - Weitere Zurufe)
- Frau Kollegin, mit der Ablehnung des Steuerabkommens mit der Schweiz hat die SPD allerdings selbst dafür gesorgt, dass zum Jahreswechsel Steuernachforderungen im dreistelligen Millionenbereich verjährt und damit unwiederbringlich für den Staatshaushalt verloren gegangen sind.
Auch Uli Hoeneß wird in diesem Jahr weniger Steuern nachzahlen müssen, als es mit dem Steuerabkommen der Fall gewesen wäre; denn für eine
ganze Jahresrate der hinterzogenen Steuern ist seit dem 31. Dezember 2012 endgültig die Zahlungsfrist abgelaufen.
Auch von den 94 Selbstanzeigen, die in den ersten drei Monaten dieses Jahres in Schleswig-Holstein eingegangen sind, dürfen wir uns über eins nicht hinwegtäuschen lassen: Mit dem Ankauf von Steuer-CDs wird nie die Gesamtheit aller Steuerhinterzieher erfasst, sondern immer nur eine willkürliche Zahl von Einzelfällen. Und selbst die entgehen einer Verurteilung, wenn sie rechtzeitig von der strafbefreienden Selbstanzeige Gebrauch machen. Sigmar Gabriel und Ralf Stegner haben vermutlich unter der Decke gehangen, als sich Peer Steinbrück in dieser Woche ausdrücklich für den Erhalt dieses Instruments der strafbefreienden Selbstanzeige eingesetzt hat.
Wer sich nicht auf den Zufall von Steuer-CDs und Selbstanzeigen verlassen will, kommt im Verhältnis zwischen souveränen Staaten um den Abschluss bilateraler Steuerabkommen nicht herum. Mit der Blockade des Steuerabkommens mit der Schweiz haben SPD und Grüne bislang Wahlkampftaktik vor das Allgemeinwohl gestellt.
Wenn Sie jetzt mit dem vorliegenden Antrag Prämissen für den Fall einer Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der Schweiz formulieren, dann macht das deutlich, dass es am Ende ohne Steuerabkommen mit der Schweiz nicht gehen wird. Mit der Kavallerie ist da halt wenig auszurichten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein paar Worte zu dem Vorschlag verlieren, im Rahmen des Länderfinanzausgleichs stärkere Anreize zur Einnahmeverbesserung zu schaffen. Diese Forderung ist grundsätzlich richtig. Mit dem Länderfinanzausgleich wird die unterschiedliche Finanzkraft der Bundesländer so stark aneinander angeglichen, dass im Extremfall weder für Geber- noch für Nehmerländer ein Vorteil darin besteht, aus eigener Kraft zusätzliche Steuereinnahmen zu erzielen.
Wer dieses Dilemma allerdings beseitigen will, der muss sich dann folgerichtig auch zu stärkeren Unterschieden bei der Finanzausstattung der Länder
und damit zum Wettbewerbsföderalismus bekennen. Das wäre mir allerdings bei SPD, Grünen und SSW vollkommen neu, denn Gleichheit ist doch ansonsten für Sie das Gebot erster Stunde. So kommt es, dass an dieser Stelle in Ihrem Antrag nur ein Problem benannt wird, ohne dafür eine Lösung anzubieten. Wie dieses Beispiel zeigt, ist dieser Antrag längst noch nicht abstimmungsreif, Frau Kollegin. Es bedarf weiterer Beratungen in den Ausschüssen. Nur die Inhalte eines SPD-Papiers hier in einen Landtagsantrag hineinzuschreiben, das ist noch keine Leistung.
Ich beantrage deshalb Überweisung der beiden vorliegenden Anträge, sowohl des Antrags der Regierungsfraktionen als auch des Änderungsantrags der FDP-Fraktion, in den Finanzausschuss zur weiteren Beratung. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Abgeordneten Rasmus Andresen das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Koch, so transparent sind wir, die Entstehungsgeschichte des Antrags ist eine gänzlich andere, als Sie vermuten.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat und schadet dem Allgemeinwohl mit 100 Milliarden € jährlich.
Es gibt sicherlich keinen besseren Zeitpunkt, um über den Kampf gegen Steuerhinterziehung zu reden, als diesen Monat, in dem Steueroasen und ihre Profiteure weltweit enttarnt wurden. Über den Fall Hoeneß muss man da noch nicht einmal sprechen.
Offshore-Leaks zeigt: Steuerhinterziehung ist keine harmlose Sünde Einzelner. Sie stützt sich auf ein globales Netzwerk aus Schattenfinanzplätzen, Banken, und Dienstleistern. Sie ist ein kriminelles System mit dem Ziel, ein Verfassungsprinzip auszuhebeln: Eigentum verpflichtet. Es ist höchste Zeit, dieses System auszuhebeln.
Dafür kämpfen wir schon lange. Die Koalitionsfraktionen haben diesen Antrag vor Offshore-Leaks und vor dem Fall Hoeneß zur letzten Plenartagung im März eingereicht, denn das Thema ist bei uns Dauerbrenner. Andere flammen erst unter öffentlichem Druck für das Thema auf und vollbringen dabei erstaunliche Wendungen. Noch vor einem Jahr präsentierte uns Bundesfinanzminister Schäuble ein Anonymitätsabkommen mit der Schweiz, das dem kriminellen Teil der Oberschicht goldene Brücken baute. Dieses Geldwäscheabkommen ist an der rot-grünen Ländermehrheit gescheitert, und das ist gut so.
Das Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz ist die Grundlage dafür, dass sich im Kampf gegen Steuerhinterziehung selbst Österreich und Luxemburg bewegt haben. Heute scheint sich sogar Finanzminister Schäuble für ein europäisches Abkommen gleich dem US-amerikanischen FATCA einzusetzen. Plötzlich ist Konsens, wofür vor wenigen Jahren vor allem Attac und Grüne gestritten haben.
Um Steuerhinterziehung wirksam zu bekämpfen, müssen wir auf verschiedenen Ebenen entschlossen handeln. Das fängt mit dem Steuervollzug in Deutschland an. Die Steuergewerkschaft mahnt es immer wieder an: Ob ich in Bayern oder in NRW Steuern zahle, macht einen großen Unterschied. Die Personalausstattung und Prüfintensität sind sehr verschieden. Vor allem Bayern hat mit laxem Steuervollzug schamlos Standortpolitik betrieben, auf Kosten der ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und auf Kosten derjenigen Länder, die wie Schleswig-Holstein durch regelmäßigen Steuervollzug solidarisch für das Steueraufkommen der gesamten Republik sorgen.
Wir brauchen eine Bundessteuerverwaltung, um den unsolidarischen Standortwettbewerb in Sachen Steuervollzug zu beenden.
Auf EU-Ebene muss der automatische Informationsaustausch auf alle Einkommensarten ausgeweitet werden, und Abkommen mit Drittländern dürfen ausschließlich auf dem automatischen Informationsaustausch beruhen. Ich begrüße es, dass das
Licht der Vernunft anscheinend nun auch den Schattenfinanzplatz Luxemburg erreicht hat. Der Druck wirkt.
Wir werden ganz genau auf das Kleingedruckte schauen und die Bundesregierung nicht aus der Pflicht nehmen, wenn populistische Ankündigungen zu konkreter Politik werden müssen. Beim Kampf gegen die kriminellen Machenschaften der Banken muss die Bundesregierung endlich aktiv werden. Offshore-Leaks zeigt wieder einmal mehr: Auch deutsche Banken beteiligen sich als Zwischenhändler an Finanzschiebereien. Hier kann nicht länger von Einzelfällen gesprochen werden. Das muss Konsequenzen haben. In den USA müssen Banken, die beim automatischen Informationsaustausch nicht kooperieren, saftige Strafen zahlen.
Auch in der EU brauchen wir Sanktionsmittel gegen Banken, die Beihilfe zum Steuerbetrug leisten. Wenn Steuerbetrug System hat, reicht es nicht, gegen einzelne Mitarbeiter vorzugehen, dem ganzen Institut müssen Folgen drohen.
Aber auch Deutschland ist Steueroase. Durch unsere niedrige Erbschaft- und fehlende Vermögenbesteuerung sind wir de facto Steueroase. Wer andere Staaten kritisiert und da Konsequenzen fordert, muss zunächst zu Hause aufräumen.
Wir haben als Land ein starkes Interesse daran, dass die genannten Maßnahmen und einige weitere, die gerade in der Diskussion sind, im Interesse unseres Allgemeinwohls im Land, in Berlin, in Brüssel und darüber hinaus endlich angepackt werden.
Als Grüne sind wir die Lippenbekenntnisse der CDU und die Blockadehaltung der FDP auf Bundesebene leid. Wir machen Druck auf allen Ebenen und unterstützen aktuelle Kampagnen wie zum Beispiel die von Campact, die gegen Steuerhinterziehung gerade online petitieren.