Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

(Rasmus Andresen)

Bitte schön.

Herr Kollege, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Deutschland Steueroase sei, weil wir niedrige Erbschaftsteuersätze und keine Vermögensteuer hätten? Wenn ich das richtig verstanden habe, würden Sie mir freundlicherweise mitteilen, wie viele Menschen aus anderen Ländern nach Deutschland geflüchtet sind, um hier davon profitieren zu können?

(Christopher Vogt [FDP]: Depardieu ist drü- bergeflogen! - Weitere Zurufe)

Herr Kubicki, Zahlen haben Sie wahrscheinlich genauso wenig wie ich. Richtig ist aber, dass Deutschland im internationalen Vergleich einen erheblich niedrigeren Erbschaftsteuersatz hat und keine Vermögensteuer erhebt. Deswegen ist es für viele Menschen attraktiv, ihr Vermögen nach Deutschland zu transferieren, natürlich.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Kennen Sie überhaupt irgendeinen?)

- Ist das eine weitere Zwischenfrage, oder ist das ein Zwischenruf? Ich kann darauf nur eingehen, wenn Sie eine normale Frage stellen.

(Heiterkeit)

Reihen Sie sich endlich ein, hören Sie auf, Ablenkungsdebatten zu führen! Herr Kubicki, darin sind gerade Sie sehr stark, Sie machen das auf allen Kanälen. Man kann kaum den Fernseher einschalten, ohne nicht in irgendeine Talkshow zu geraten, in der Sie sozusagen gute Erklärungen für Steuerhinterziehung finden.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das brauchen wir nicht. Stimmen Sie unserem Antrag zu, und sorgen Sie dafür, dass auf Bundesebene die schwarz-gelbe Restlaufzeit dafür genutzt wird, dass da wirklich einmal etwas passiert! Schönen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich denke, Sie ar- beiten so viel, dass Sie gar keine Zeit fürs Fernsehen haben! - Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann arbeiten und fernsehen! - Weitere Zurufe)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie die Fernsehgewohnheiten untereinander ausgetauscht haben, können wir zur Debatte zurückkommen. Kollege Andresen, ich wundere mich übrigens, dass Sie Wolfgang Kubicki offensichtlich jeden Abend im Fernsehen gucken. So schlimm kann er dann ja für Sie nicht sein, wenn Sie ihn jeden Abend in Talkshows genießen.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Kriegsfilme! - Wei- tere Zurufe)

- Ich weiß nicht, ob Sie sich jetzt über die Kriegsfilmgewohnheiten von Herrn Kubicki unterhalten wollen oder ob Sie am Thema interessiert sind, Herr Kollege Dolgner.

Herr Kollege Andresen, ich frage mich, ob Sie das, was Sie hier zum Besten gegeben haben, wirklich ernst meinen. Meinen Sie es ernst, dass Bayern mit der laxen Finanzverwaltung bislang Standortpolitik betrieben hat? Dann frage ich Sie: Wer ist eigentlich Geberland, und wer ist Nehmerland? Sie haben Bayern und Schleswig-Holstein miteinander verglichen. Ich darf darauf hinweisen, dass Bayern im Länderfinanzausgleich Geberland ist und Schleswig-Holstein - wenn ich richtig informiert bin - immer noch Nehmerland.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Kollegen Andresen?

Ja, unter der Bedingung, dass er mich nicht fragt, ob ich die letzte Talkshow mit Wolfgang Kubicki gesehen habe.

(Christopher Vogt [FDP]: Hast du denn? - Zurufe)

Bitte schön.

Vielen Dank. - Herr Kollege, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass, wenn man im Bund-Länder-Vergleich die Ausstattung im Bereich der Steuerfahndung vergleicht, Schleswig-Holstein relativ gut davor ist und Bayern pro Kopf eine relativ schlechte Ausstattung hat und

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- wer stellt hier eigentlich gerade die Frage? dass sich mein Redebeitrag darauf bezog?

Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie versuchen, das zurechtzurücken, was sich in Ihrem Redebeitrag wie eine ziemliche Diffamierung anhörte.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die haben ein deutlich besseres Ergebnis als wir!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man ernsthaft diskutieren will, muss man doch zwei Fragen stellen: Wie erreichen wir eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung - zunächst einmal in unserer, bevor man sich mit anderen Ländern beschäftigt von Steuersystemen, und wie kommt man zu mehr Steuerehrlichkeit? Ich sage ganz deutlich: Steuererhöhungsphantasien und das Einfordern immer neuer Steuern erhöhen mit Sicherheit weder die Akzeptanz noch die Steuerehrlichkeit, Kollege Andresen.

Auch Sie haben den Eindruck erweckt, als habe man das Thema Steuerhinterziehung gerade jetzt entdeckt und wolle jetzt anfangen, Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Zur weiteren Bekämpfung von Steuerhinterziehung und der ungewünschten Steuergestaltung sind bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen getroffen worden, die längst in Gang gesetzt wurden.

Die Anpassung und Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie ist dabei eine sehr wichtige und geeignete Maßnahme gewesen. Sie soll künftig auch für andere Einkünfte wie beispielsweise Dividenden gelten.

Auch sollte es inzwischen eine Selbstverständlichkeit sein, dass zumindest die OECD-Standards bei bilateralen Abkommen eingehalten und umgesetzt werden - auch das im Übrigen ein ständiger Prozess. Es wird deutlich, dass rund 90 Doppelbesteuerungsabkommen in der aktuellen Legislaturperiode neu abgeschlossen oder an den neuesten OECD

Standard angepasst werden. Weitere 70 Abkommen befinden sich gerade in der Verhandlung. Dabei muss selbstverständlich gelten: Doppelbesteuerungsabkommen heißt Vermeidung einer doppelten Besteuerung und nicht Minderbesteuerung.

Auch bei der Bankenregulierung haben wir bereits Möglichkeiten. Sie sind zu evaluieren. Möglicherweise müssen sie angepasst werden. Bereits heute greift die BaFin als Bankenaufsicht ein, wenn beispielsweise die Geschäftsleiter einer Bank wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung verurteilt wurden. Ebenfalls muss die Bank Maßnahmen ergreifen, um die Beihilfe zu Steuerhinterziehung verhindern.

Nur zur Erinnerung, Herr Andresen: Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist strafbar und damit nicht irgendwie ein Bagatelldelikt, wie Sie versucht haben, uns das weiszumachen.

Frau Kollegin Raudies, wir sind uns in der Sache zwar nicht an jeder Stelle einig, aber Sie haben Ihren Antrag sehr sachlich begründet. Ich will Ihnen sagen, worin die Differenz zwischen Ihrer Fraktion und unserer Fraktion beim Ankauf von Steuer-CDs liegt. Wir haben unsere Position sehr deutlich gemacht. Ich bleibe dabei, dass sich der Staat nicht am Ankauf von gestohlenen Daten beteiligen darf.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Wenn Sie ernsthaft der Meinung sind, hier heilige der Zweck jedes Mittel, dann sagen Sie, dass Geschäfte mit Kriminellen rechtens sind. Darum handelt es sich. Es sind Kriminelle, die Daten gestohlen haben. Wir bleiben bei der Auffassung, dass der Zweck eben nicht alle Mittel heiligt. Deswegen haben wir das in unserem Alternativvorschlag ausdrücklich aufgenommen.

(Beifall FDP und PIRATEN - Zuruf)

- Herr Kollege Stegner, ich weiß, dass Sie das anders sehen. Ich bitte aber auch Sie, gerade bei solchen Debatten zu unterlassen, so zu tun, als ob jemand, der in der Sache eine andere Auffassung als Sie hat, Ihnen immer moralisch unterlegen sei. Ich glaube nicht, dass unsere Position eine moralisch unterlegene Position ist, nur weil Sie sagen: Hier darf der Staat auf einmal selbst zum Hehler werden und mit geklauten Daten Geschäfte machen.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Ich sehe das dezidiert anders. Ich finde Ihre Haltung -

(Zuruf)

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

- In der Sache mögen Sie eine andere Auffassung haben. Aber diese moralische Überheblichkeit, Herr Dr. Stegner, ist unerträglich. Ich glaube, sie hilft in der Sache keinesfalls weiter. Sie stößt allenfalls ab.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Selbstverständlich schließe ich mich dem Antrag auf Ausschussüberweisung an. Ich bin gespannt, wie die -

Herr Kollege, ich bitte Sie, Ihren letzten Satz zu formulieren.

Sie merken, ich bin in meinem letzten Satz: Ich bin gespannt, wie erklärt werden soll, dass mit gestohlenen Daten Geschäfte gemacht werden sollen. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und PIRATEN)