Vielen Dank. - Bevor wir in der Redeliste weiter fortfahren, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam Gäste der Fraktionen anlässlich des Girls’ Day im Schleswig-Holsteinischen Landtag zu begrüßen. - Seid uns herzlich willkommen hier und habt noch einen schönen Tag!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind uns hier wohl einig, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist und dass Steuergerechtigkeit wichtig für die Akzeptanz unseres Steuersystems bei der Bevölkerung ist. Schwierig wird es jedoch bei den einzelnen Punkten, die die Koalition fordert.
Sie möchten einen bundesweit einheitlichen Steuervollzug. Sie wissen alle, dass Sie hierfür auf hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen sind. Schon jetzt haben wir ein gravierendes Problem beim Nachwuchs im Steuervollzug. Das wird Ihnen sicherlich bekannt sein. Ich glaube, die aktuellen Tarifübernahmedebatten sind hier nicht hilfreich.
Sie fordern eine Reform des Länderfinanzausgleichs, um einen - wie Sie ihn nennen - laxen Steuervollzug zur Standortpolitik zu verhindern.
Nach meiner Kenntnis gibt es drei Bundesländer, die gegenwärtig keine rote oder grüne Regierungsbeteiligung besitzen: Bayern, Hessen und Sachsen. Welchem dieser Länder - unter anderem zwei Geberländer - werfen Sie konkret eine zu lasche Vorgehensweise vor? In den Bundesländern mit eigener Regierungsbeteiligung werden Sie diese wohl kaum haben, oder?
Machen wir uns nichts vor: Auch Schleswig-Holstein hat dieses Instrument in der Vergangenheit vielleicht genutzt.
Gerade in diesem Kontext ist der Antrag der FDP konkreter, indem er fordert, dass der Länderfinanzausgleich so geändert wird, dass das Ergebnis der Steuerfahndung bei der Berechnung der Ausgleichsgrundlage nicht berücksichtigt wird.
Wenn ich mir die Worte von Frau Ministerin Heinold in der Pressekonferenz vom 12. März dieses Jahres zu den Haushaltseckwerten für 2014 in Erinnerung rufe, so scheint die Landesregierung gerade deswegen die Grunderwerbssteuer erhöhen zu wollen, weil sie keine negativen Auswirkungen auf die Berechnung des Länderfinanzausgleichs hat und die zusätzlichen Einnahmen im Landeshaushalt verbleiben. Gerade in diesem Bereich findet doch im Gegenteil ein Überbietungswettbewerb um höhere Steuersätze zwischen den Bundesländern statt.
Die Beschränkung der Geschäftstätigkeiten von Banken auf EU-Ebene, die gegen Steuergesetze verstoßen oder Beihilfe zu Steuerhinterziehung leisten, klingt zunächst plausibel. Aber ich frage mich ernsthaft: Wessen Steuergesetze meinen Sie? Meinen Sie vielleicht die von Zypern? Nein, ich bin mir sicher, Sie meinen die deutsche Steuergesetze. Seit wann sind die deutschen Steuergesetze für Europa verbindlich? Möchten Sie souveränen Staaten im innen- und außereuropäischen Ausland das Rechtsverständnis und die Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland auferlegen?
Sie sollten sich ausnahmsweise ein Beispiel an dem Änderungsantrag der FDP nehmen. Er setzt entgegen Ihrer Indoktrination auf bilaterale Gespräche und internationale Standards.
Natürlich fehlt in Ihrem Antrag der Verweis auf den Ankauf von Steuer-CDs nicht. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat, in dem sich jeder an das Gesetz halten muss - auch staatliche Organe. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.
Sie fordern aktiv zu Straftaten im In- und Ausland auf. Sie fördern den Handel mit illegal gewonnenen Daten. Sieht so etwa Ihr Personalabbaupfad für die Steuerfahndung aus?
An dieser Stelle möchte ich mir einen kurzen Verweis auf Nordrhein-Westfalen gestatten. Dort wird der Ankauf von Steuer-CDs bereits mit großer Selbstverständlichkeit praktiziert. Man spricht dort sogar von einem Erwerbsvorgang, als wäre dies ein Produkt, das man im Supermarkt kaufen könnte.
Vielleicht sollten wir ein paar Fakten einfließen lassen. Eine Kleine Anfrage unserer PIRATEN aus NRW hat gezeigt, dass sich der Ankauf von SteuerCDs gerade nicht rechtfertigen lässt. Von bereits 903 abgeschlossenen Verfahren, die im Zuge eines Ankaufs in die Wege geleitet wurden, wurde in 709 Fällen mangels Tatnachweis das Verfahren eingestellt.
Von 903 Fällen wurde in nur elf Fällen eine Geldstraße verhängt. Die meisten Verdächtigen blieben somit bisher straffrei. Wo sehen Sie hier eine Verhältnismäßigkeit zum Ankauf illegaler Daten?
Nun seien Sie ehrlich: Es geht doch eigentlich nur um die Abschreckung und darum, dass sich die Leute selbst anzeigen und nach Selbstanzeige Amnestie genießen. Man hat dieser Tage gerade bei Herrn Hoeneß gesehen, wie gut das klappt. Glauben Sie, das ist gerecht? Schafft das mehr Akzeptanz? Ist das überhaupt noch ein rechtsstaatliches Verfahren?
Es ist erstaunlich, wie schnell betriebswirtschaftliche Argumente die Grundsätze unseres Rechtsstaates aushebeln.
Ich kann Ihren Antrag in Bezug auf die Schweiz nachvollziehen, jedoch möchte ich an dieser Stelle klar darauf hinweisen, dass die Schweiz nicht zur Europäischen Union gehört. Eine EU-weite Lösung, wie sie in ihrem Antrag gefordert wird, können Sie bereits durch die EU-Zinsrichtlinie erreichen, wenn diese in allen Mitgliedstaaten möglichst schnell umgesetzt würde.
Vielleicht meinen Sie eine geografisch europaweite Lösung. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, erfolgt die Auskunftserteilung von Österreich nach Deutschland grundsätzlich nicht. Hierbei besteht in erster Linie Handlungsbedarf.
Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass der Antrag der FDP deutlich sachlicher ist und stärker der Position der PIRATEN entspricht. Wir haben noch einige offene Fragen, die wir gern im Rahmen der Ausschussberatung klären würden. Eine Frage wird sein, wie der Austausch von Daten nach der OECD-Richtlinie mit unserer Vorstellung von Datenschutz kompatibel ist. Aber ich bin mir sicher: Wir finden sicherlich darauf eine Antwort. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Steuern sind nicht zum Hinterziehen da, sondern Steuern bilden das Fundament unseres heutigen Rechtsstaats. Wer Steuern hinterzieht, schadet dem Staat und unserer Gesellschaft. Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die verfolgt werden muss.
Um Steuerflüchtlinge abzufangen, müssen wir die Gesetzeslage sowie die Praxis anpassen und ausweiten. Nicht nur Schleswig-Holstein, sondern auch die gesamte Republik braucht eine bundesweite Steuerfahndung. Alles andere ist nicht sinnvoll. Damit ein einheitliches Vorgehen möglich ist, muss eine bundesweite Steuerfahndungsbehörde etabliert werden.
Um Steuerhinterziehung zu bekämpfen, brauchen wir ein separates Instrument, das die entsprechenden Fachkräfte zusammenfasst. Diese Fachkräfte sind natürlich besonders wichtig, weil es sich um eine ständig weiterzuentwickelnde Materie handelt. Wir müssen den Steuerflüchtigen mit Schnelligkeit und Know-how entgegenwirken. Solange eine einheitliche Steuerfahndung nicht in Sicht ist, müssen wir zumindest Anreize dafür schaffen, dass die Länder verstärkt Steuerfahnder einstellen können. Steuerfahndung ist nur sinnvoll, wenn sich alle gleichermaßen beteiligen. Deshalb müssen jetzt alle Bundesländer an einem Strang ziehen. Dafür sollte sich die Landesregierung einsetzen.
Mehr noch: Das Steuergerechtigkeitssystem sollte auch auf die EU-Ebene sowie auf Drittstaaten wie die Schweiz ausgeweitet werden. Der Fall Hoeneß zeigt überdeutlich, wie verheerend das angestrebte Steuerbefreiungsabkommen mit der Schweiz gewesen wäre, meine Damen und Herren.
Um eine umfassende Steuerfahndung möglich zu machen, brauchen wir ein europaweites Abkommen, das eine pauschale Informationsweitergabe regelt. Zur Informationsweitergabe gehört auch die Möglichkeit des Ankaufs und der Ausweitung von Steuerdaten, den sogenannten Steuersünder-CDs. Diese Daten können dem Fiskus sehr viel Kapital einbringen.
Dass diese Methode eine gute Option darstellt, bestätigt die erhöhte Anzahl von Selbstanzeigen. Seit 2010 sind 824 Selbstanzeigen in Schleswig-Holstein eingegangen, von denen bereits mehr als die Hälfte ausgewertet wurden. Die Steuereinnahmen, die das Land dadurch erzielt, belaufen sich auf eine dreistellige Millionenhöhe.