Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Wer mit der Übernahme der Empfehlungen entsprechend der Sammeldrucksache 18/764 einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einstimmig so bestätigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit am Ende der heutigen Sitzung. Der Beginn der nächsten und 11. Tagung des Landtages ist am 29. Mai 2013 um 10 Uhr.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende und den Grünen eine erfolgreiche Beratung auf ihrem Bundesparteitag.

Ich schließe die Sitzung.

(Beifall)

Schluss: 13:42 Uhr

(Präsident Klaus Schlie)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenografischer Dienst

Anhang Reden zu Protokoll

Gerechte Finanzierung für Schleswig-Holsteins Krankenhäuser

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/741

Meine Damen und Herren! Die Krankenhausfinanzierung ist sicher kein Streitthema in diesem hohen Hause. Gleichwohl müssen wir hier jetzt endlich in die Pötte kommen. Wir Sozialdemokraten hier im Land waren uns mit vielen Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen schon lange einig, dass wir einen einheitlichen Basisfallwert benötigen, damit gleiche Leistung auch gleich bezahlt wird. Länderübergreifend ist davon auch unsere Bundestagsfraktion überzeugt und wir müssen Regionalegoismen überwinden.

Weiter ist es am gemeinsamen Bundesausschuss, dafür Sorge zu tragen, dass auch für Sicherstellungszuschläge künftig einheitliche Maßstäbe und Rechtssicherheit gelten. Hier wollen wir zukünftig den Blick stärker auf die Krankenhäuser lenken, die einen Zuschlag benötigen, weil sie sich eben nicht spezialisieren können und das DRG-System der dringend notwendigen Versorgung manchmal zuwider läuft.

Dort aber, wo die Mengensteigerung auf eine Überversorgung zurückzuführen ist, muss auch über Abschläge nachgedacht werden. Die Ausnahme kann hier nur Spitzenqualität und Nachhaltigkeit sein, nicht aber Quantität mit Drehtüreffekten.

Messbar ist Qualität dann, wenn der gemeinsame Bundesausschuss die vorhandenen DRG-Daten und die Daten aus den Qualitätsberichten der Krankenhäuser nutzt, um Qualitätsindikatoren zu entwickeln. Anreize sind besonders dann sinnvoll, wenn Qualität und Nachhaltigkeit mit Folgekostenersparnis nachweisbar sind. Auch hier sind neue Ideen gefragt.

Wir Sozialdemokraten haben uns mit großem Interesse ein Pilotprojekt der Techniker Krankenkasse angesehen, dem sich seit einiger Zeit die AOK und in diesem Jahr die BARMER GEK angeschlossen haben. Mit einem Zweitmeinungsverfahren für planbare Operationen durch zertifizierte, interdisziplinäre Zentren lassen sich nicht nur die Zahlen der

Operationen verringern, sondern auch mehr Nachhaltigkeit erzeugen.

Auch die Patientinnen und Patienten sollten zukünftig mehr Chancen auf ein waches Auge auf die Krankenhausleistung an ihnen bekommen. Verbindliche Patientenbriefe in allgemein verständlicher Sprache könnten Auskunft über die OP, die angewandte Methode und eventuell Komplikationen geben, wie es auch eine Patientenrechnung kann.

Bonusvereinbarungen mit Krankenhausärzten halten wir für falsch und kontraproduktiv, wenn sie vor allem die Steigerung der Anzahl von Operationen zum Ziel haben. Wenn zukünftig Krankenhäuser ihren Chefärzten kein Recht auf Privatabrechnung übertragen, könnten Vergütungszuschläge ein weiterer Weg sein. Wir könnten so das Prinzip der Zweiklassenmedizin weiter eindämmen; und das wollen wir.

Weitere Indikatoren wie ein Leistungsanspruch auf ein qualifiziertes Entlassungsmanagement, auf Personalstandards in der Pflege, auf verbindliche Eingangsscreenings, zumindest für Risikopatienten, auf multiresistente Keime sind es Wert, in den Fokus genommen zu werden. Das Ziel kann nur sein: mehr Klasse statt Masse. Letzteres können und wollen wir Sozialdemokraten uns nicht leisten.

Mit unserem Antrag wollen wir der Tatsache Rechnung tragen, dass es mehrere Unwuchten in der Krankenhausfinanzierung gibt, die wir im Rahmen einer Bundesratsinitiative in einem ersten Schritt in Angriff nehmen wollen.

Zum einen drücken die Haushaltsentwicklungen der Länder und jetzt auch die Schuldenbremse auf die Bereitschaft, deutlich mehr Geld in Krankenhäuser zu investieren, andererseits gibt es Fehlanreize, die unter anderem immer häufiger zu Monokulturen der stationären Gesundheitsversorgung führen. Spezialisierung lohnt sich zurzeit offensichtlich mehr als klassische Flächenversorgung. Allein die Zahl der Operationen an der Wirbelsäule hat sich seit 2005 mehr als verdoppelt. Oft überflüssig und unnütz, wie wir hören.

Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie spricht in diesem Zusammenhang von ökonomisch falschen Anreizen, die dazu führen, dass die Kliniken mit einer typischen Wirbelsäulen-Operation rund 12.000 € verdienen.

Für dieses Geld könnte der Patient nach Angaben ihres Generalsekretärs Professor Dr. Niethard vom Dezember 100 Jahre lang ohne Operation behandelt werden.

Ansätze besserer Finanzierung sehen wir auch in der Neustrukturierung der Einnahmen der GKV und dazu gehört zweifelsohne die Bürgerversicherung und nicht etwa Zusatzbeiträge und Kopfpauschalen, die besonders die schwachen und Kranken treffen.

Wir wollen bei der Versorgungsgestaltung in Schleswig-Holstein Kommunen, Patienten und die Pflege stärker ins Boot holen, dabei bleiben Kostenträger und Leistungserbringer in einer grundsätzlichen Verantwortung. Wir wollen Sektorengrenzen überwinden, Honorare bei gleicher Leistung angleichen, Lohndumping in der Pflege unterbinden und die Vernetzung von niedergelassenen Ärzten, Kliniken unter anderem Gesundheitsberufen sowie die integrierte Versorgung insgesamt vorantreiben.

Um es mit Willy Brandt zu sagen: Die Zukunft wird nicht gemeistert von denen, die am Vergangenen kleben.

Am Ende des Weges stehen starke solidarische Krankenkassen und leistungsfähige, breit aufgestellte Versorgungskrankenhäuser und Praxen. Unser Gesundheitssystem bleibt Spitze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Am Freitag kommender Woche wird die Landesregierung im Bundesrat einen Antrag für die Weiterentwicklung des Krankenhaus-Vergütungsrechts unterstützen. Eines beinhaltet dieser Antrag nicht: die Forderung nach einem bundeseinheitlichen Basisfallwert. Das ist so bedauerlich wie es wenig überrascht. Es bedeutet aber ganz sicher nicht, dass wir diese richtige Forderung damit aufgeben. Das werde ich in Berlin auch verdeutlichen. Gleichartige Leistungen müssen in allen Ländern gleich vergütet werden.

Dennoch besteht mit dem zur Abstimmung stehenden Antrag erstmals seit Langem die Aussicht auf eine Bundesratsmehrheit für eine weitreichende Verbesserung der Krankenhäuser hier im Land. Ich bin der Meinung, das ist im Sinne dessen, was wir als gemeinsames schleswig-holsteinisches Interesse seit Langem parteiübergreifend fordern, ein guter Schritt nach vorne.

Die wirtschaftliche Sicherung unserer Krankenhäuser bleibt auf der Tagesordnung, auch für diese Landesregierung. Das kann auch gar nicht anders sein. Die Krankenhäuser landauf, landab sind kaum noch in der Lage, die stetig steigenden Personal und Sachkosten durch entsprechende Erlössteigerungen aufzufangen; das gilt vor allem für unsere Krankenhäuser im Lande, obwohl sie zu den wirtschaftlichsten im Bundesvergleich gehören. Nach wie vor müssen unsere Krankenhäuser mit dem niedrigsten Landesbasisfallwert wirtschaften, auch im laufenden Jahr. Immerhin hat das geltende Krankenhausrecht eine Annäherung der zu Beginn der Einführung des DRG-Systems noch sehr weit auseinander liegenden Landesbasisfallwerte bewirkt.

Der Basisfallwert unseres Landes ist in den letzten Jahren derjenige aller Landesbasisfallwerte, der am stärksten gestiegen ist. Im kommenden Jahr werden wir zumindest die Garantie haben, dass der Abstand unseres Landesbasisfallwertes nicht mehr als 1,5% zu dem dann geltenden Mittelwert der Bundesbasisfallwerte betragen wird. Dann ist die untere Grenze des bundesgesetzlich festgelegten Korridors erreicht. Das kann nur ein Zwischenziel darstellen. Wir werden den bundeseinheitlichen Basisfallwert für alle beim Bund weiterhin einfordern. In diesem Zusammenhang werden wir auch das vom BMG in Auftrag gegebene Gutachten zu den Gründen der unterschiedlichen Höhe der Landesbasisfallwerte gründlich und kritisch prüfen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen einfordern. Es wäre schön, wenn Minister Bahr das angekündigte Gutachten denn tatsächlich einmal veröffentlichen würde.

Verbesserungen sind dringend geboten. Das sogenannte Sofortprogramm der Bundesregierung zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den Krankenhäusern hat leider viel von einer Mogelpackung: grosse Verpackung, aber wenig drin. So kommt mit dem größten Brocken von 750 Millionen € - dem Versorgungszuschlag - ja kein neues Geld ins System. Es werden lediglich von der Bundesregierung diktierte Einsparungen zurück genommen. Und die Mittel werden dann noch mit der Gießkanne umverteilt. Zudem kann zum jetztigen Zeitpunkt noch niemand sagen, wie viel Geld tatsächlich hier im Lande ankommt. Nur eines ist sicher: Es kommt neuer bürokratischer Aufwand hinzu.

Maßgebliche Entwicklungen wie zum Beispiel die Sicherstellung der Versorgung auf dem Lande werden dabei überhaupt nicht berücksichtigt - ebenso wenig die auskömmliche Finanzierung der Behand

lung von besonders schwer erkrankten Menschen, die sogenannten Extremkostenfälle. Deshalb weisen die Länder in ihrem Entschließungsantrag ausdrücklich darauf hin, dass der bestehende Kostendruck in den Kliniken mittlerweile nicht mehr zu Effizienzsteigerung und besserer Organisation führt. Wir erleben Arbeitsverdichtung und Verschlechterung im Ablauf des Krankenhausbetriebs. Insbesondere betrifft dies die Pflege.

Der Antrag nimmt auch einen weiteren - insbesondere auch für Schleswig-Holstein - wichtigen Sachverhalt auf. Das ist die Berücksichtigung von Sicherstellungszuschlägen im Rahmen der Ermittlung des landesweiten Basisfallwertes. Sie wissen, dass wir im Lande - aus nachvollziehbaren Gründen die meisten Sicherstellungszuschläge im Bundesvergleich aufweisen. Uns geht es daher darum, dass die im geltenden Recht noch verankerte Anrechnungsfähigkeit der Zuschläge auf den landesweiten Basisfallwert künftig gesetzlich beseitigt wird.

„Gerechte Finanzierung für SH Krankenhäuser“, das ist das Anliegen, von dem die Landesregierung sich leiten lässt und für das ich in der kommenden Woche in Berlin eine Lanze brechen werden. Seien Sie versichert, es wird nicht das letzte Mal sein.

Gemeinsame Beratung

a) Fachkräftebedarf aufgrund des Krippenausbaus

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/745

b) Soziale Ungleichheiten und Bildungsbenachteiligungen durch Angebote der frühkindlichen Bildung und Betreuung für alle Kinder ausgleichen

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/693

c) Vereinbarung zur Finanzierung des Krippenausbaus

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/695

Meine Damen und Herren! Die Kita-Vereinbarung ist eine politische Meisterleistung. Sie trägt entscheidend zum notwendigen, erfolgreichen Ausbau der Kindertagesbetreuung vor Ort bei. Die Landesregierung hat beizeiten in einer bundesweiten Arbeitsgruppe Handlungsempfehlungen zur Deckung des Fachkräftebedarfs erarbeitet und setzt diese nun aktiv im Land um und mit der notwendigen sozialpolitischen Sensibilität wird der Zugang zu frühkindlicher Bildung vorangetrieben, um soziale Ungleichheit zu bekämpfen.

Eines ist jedoch klar: Engagierte Arbeit ist erforderlich: von der Landesregierung, von den öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe, von der Kommunalpolitik. Nicht zu vergessen die Eltern! Das Motto: Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung für alle ist nur als Gemeinschaftsleistung zu erreichen. Dieses Verständnis der Landesregierung bekräftigen wir mit allem Nachdruck. Und sagen an dieser Stelle: Danke schön!

Der 14. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung kommt bei seiner Analyse der Lebenssituation von Kindern zu einem beachtenswerten Befund, so banal wie radikal: Kindheit und Jugend spielen sich heute an anderen Orten und in anderen Settings ab. Die Kindheit des 21. Jahrhunderts ist keine reine „Familienkindheit“ oder „Straßenkindheit“ mehr, wie sie in Westdeutschland vor wenigen Jahrzehnten üblich war. Das Aufwachsen vollzieht sich mehr denn je von Anfang an als eine „organisierte und betreute Kindheit“. Die pädagogische Planung und Gestaltung der Lebenswelt der nachwachsenden Generation gehört zur Normalität und zu den neuen Selbstverständlichkeiten des Aufwachsens am Beginn des 21. Jahrhunderts.

Kein Zweifel, nach wie vor liegt das Recht und die Pflicht der Erziehung bei den Eltern, aber längst ist eine neue Verantwortungsgemeinschaft zwischen Eltern, Zivilgesellschaft und Staat entstanden. Die Forderung nach mehr öffentlicher Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern ist Realität geworden.

Eltern stellen zunehmend Ansprüche an Vorhandensein und Qualität einer breiten Infrastruktur. Und umgekehrt erwartet der moderne Wohlfahrtsstaat von Eltern, ihre Kinder optimal zu fördern. Diese Haltung geht deutlich über die Bereitstellung von Erziehungs- und Betreuungsarbeit hinaus. Die Entwicklung einer breiten Palette an frühen Hilfen ist symptomatisch für diese Entwicklung.

Der 14. Kinder- und Jugendbericht, der von Experten verschiedener politischer Couleur geschrieben ist, unterstellt der Politik ein gestiegenes Interesse an einem gelingenden Aufwachsen von Kindern, weil diese für den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Deutschland gebraucht würden. Das ist nicht falsch. Ich möchte hier aber für meine Fraktion betonen, dass es für uns um eine übergeordnete Frage von Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Entwicklung einer humanen Gesellschaft geht. „Kein Kind zurück lassen“, darin sehen wir unsere politische Gestaltungsaufgabe. Deshalb lassen Sie mich noch einmal auf den Antrag zum Ausgleich sozialer Ungleichheiten zurückkommen.

„Es geht um mehr als um die Anzahl der Kita-Plätze“, bilanziert das Deutsche Jugendinstitut und stellt fest, dass der Ausbau der öffentlichen Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren nicht automatisch frühe soziale Ungleichheiten beseitigt. Der bereits zitierte Kinder- und Jugendbericht stellt fest, dass im U3-Bereich insbesondere Kinder erwerbstätiger Eltern und Kinder von weniger gebildeten Eltern unterrepräsentiert sind. Ein niedriges Einkommen geht auch mit einer geringen oder keiner Erwerbstätigkeit von Müttern einher. Lebt die Mutter in armutsgefährdeten Verhältnissen oder hat sie einen niedrigen Bildungsabschluss, besteht eine verstärkte Tendenz zur ausschließlich familienbezogenen Erziehung.