Vor dem Hintergrund dieses Zielkonflikts müssen wir sicher einmal in Ruhe im Ausschuss beraten, ob ein Streikrecht zielführend ist oder doch eher nicht. Allerdings verhehle ich nicht, dass wir das Streikrecht für Beamte immer noch eher kritisch sehen; das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Ich glaube, wir müssen wirklich sehr vorsichtig damit umgehen. Ein Zweiklassenstreikrecht gibt es nicht. Wir reden, wenn wir über ein Streikrecht reden, über ein Streikrecht für alle Beamte. Dann muss man sich alle Funktionen des Staates anschauen und die Fra
ge stellen, ob wir wirklich bereit sind, das Risiko einzugehen, dass bestimmte staatliche Funktionen dann nicht mehr aufrechterhalten werden können. Das sehen wir immer noch sehr kritisch.
Ich gebe bekannt, dass sich der Herr Abgeordnete Dr. Ekkehard Klug krankgemeldet hat. Wir wünschen ihm gute Besserung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem vorliegenden Gesetzentwurf wird vorgeschlagen, den Beamtinnen und Beamten in unserem Land ein Streikrecht zu gewähren. Dies wollen die Antragsteller mit einem einzelnen, etwas bürokratisch anmutenden Satz in unserem Landesbeamtengesetz bewerkstelligen. Bei allem Respekt für dieses Haus: Für eine derart tiefgreifende Veränderung in der Art und Weise, wie wir unseren öffentlichen Dienst organisieren, wird ein rechtstechnischer Trick nach dem Motto „findet nur Anwendung, wenn …“ in einem Landesgesetz nicht ausreichen. Nach herrschender juristischer Meinung müssen wir hierfür entweder das Grundgesetz ändern, oder das Bundesverfassungsgericht muss seine bisherige Rechtsprechung zu Artikel 33 GG aufgeben. Dies hat nicht nur das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in seinem Urteil zu mangelndem Streikrecht der Beamten deutlich gemacht. Mittlerweile haben dies auch die Oberverwaltungsgerichte Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens herausgearbeitet. Wollten wir uns also jetzt mit dieser Frage befassen, so müssten wir ganz andere Wege beschreiten.
Ich halte es für besser, diese Frage zu diskutieren, wenn sie politisch zur Entscheidung ansteht. Sie mit dem Streit über die Erhöhung der Besoldung zu verbinden, halte ich für unangebracht. Ob wir damit den Beamtinnen und Beamten wirklich einen Gefallen tun, bezweifle ich auch.
Vernünftig wäre es gewesen, zumindest die seit Januar dieses Jahres anstehende Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abzuwarten. Dann hätten wir jedenfalls Klarheit, welche Rechtsnormen auf welcher Ebene zu ändern wären. Dann wäre auch der richtige Zeitpunkt, sich zu fragen: Gegen wen würden Beamtinnen und Beamten eigentlich streiken?
Über die grundlegenden Arbeitsbedingungen der Beamtinnen und Beamten und vor allem über die Besoldung entscheidet in Deutschland allein der Gesetzgeber. Ein Streik zur Erzwingung einer parlamentarischen Entscheidung ist ein politischer Streik. Ein politischer Streik ist nach ganz überwiegender Auffassung unzulässig.
Wollen wir wirklich, dass die Beschäftigten der staatlichen Verwaltung die Vertreter eines Volkes in die Knie zwingen können, um eine bessere Bezahlung zu erhalten? Nach Artikel 11 unserer Landesverfassung vertreten die Abgeordneten das ganze Volk. Bei der Ausübung ihres Amtes sind sie nur ihrem Gewissen unterworfen. So sehr sich manche Beamtinnen und Beamte vielleicht ein Streikrecht wünschen, diese Frage führt uns sehr schnell zu den Grundfesten unserer Demokratie.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Nicolaisen?
Ich stelle Ihre Kompetenz beim Streikrecht nicht in Abrede. Aber mir ist bekannt, dass seit dem 1. April das Streikrecht in der Staatskanzlei angesiedelt ist. Warum sprechen Sie heute zu dem Thema und nicht der Ministerpräsident?
Das liegt an der Abwesenheit des Ministerpräsidenten, der sich entschuldigen lässt und mich gebeten hat, für ihn zu sprechen.
(Christopher Vogt [FDP]: Das machen Sie sehr gut! - Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)
- Danke. - Am Ende möchte ich noch einige Worte zu der vorgeschlagenen Aufteilung der Beamtenschaft in hoheitliche und nichthoheitliche Beamtinnen und Beamte sagen. Ist diese Aufteilung wirklich hilfreich? Sollten wir unsere Beamtenschaft wirklich so aufteilen? Sind wir wirklich der Meinung, dass wir uns eine streikende Lehrerin leisten können, eine streikende Polizistin hingegen nicht? Vielleicht zeigt sich hierin auch etwas vom gewandelten Verständnis der zentralen Bedeutung guter Bildung.
Vor uns liegen schwierige Zeiten der Verwaltungsmodernisierung und des Personalabbaus. Wir werden zugleich die Herausforderungen des demografischen Wandels zu bewältigen haben. Die Beamtinnen und Beamten brauchen jetzt keine Diskussion, die ihren Status grundsätzlich infrage stellt. Wir brauchen vielmehr Modernisierung und Weiterentwicklung.
Das deutsche Beamtentum ist aber - so viel haben wir alle zum Beispiel durch die Finanzkrisen gelernt - ein Erfolgmodell. Wir sollten die Grundpfeiler, auf denen es beruht, nicht ohne Not einreißen. Vielen Dank.
Beantragt wurde, den Gesetzentwurf Drucksache 18/731 an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so abstimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist die Überweisung einstimmig beschlossen.
a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes und des Landesverfassungsschutzgesetzes Anpassung des manuellen Abrufs der Bestandsdaten nach dem Telekommunikationsgesetz an die verfassungsrechtlichen Vorgaben
b) Passwörter und Anonymität im Internet schützen, dem Gesetz zur Bestandsdatenauskunft im Bundesrat nicht zustimmen
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/730 (neu)
Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile zunächst für die Fraktion der PIRATEN Herrn Dr. Breyer das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss eine Warnung aussprechen: Wenn Sie im Internet ein anonymes Blog einrichten, auf dem Sie Ihre politische Meinung schreiben - vielleicht auch zu kontroversen Themen -, könnte es sein, dass Sie sich dem gesamten Arsenal des Gesetzes über die Bestandsdatenauskunft aussetzen. Denn Sie begehen eine Ordnungswidrigkeit, wenn Sie kein Impressum einrichten.
Was bedeutet das? Die zuständige Verwaltungsbehörde kann Sie über Ihre IP-Adresse als Verfasser des Blogs identifizieren. Übrigens kann sie so auch die Leser Ihrer Artikel ermitteln. Das ist keine Theorie, sondern das Bundeskriminalamt hat zum Beispiel in der Vergangenheit Personen identifiziert, die sich auffällig für die militante Gruppe interessiert haben. Interessanterweise waren das vor allem Journalisten.
Wenn man mit der IP-Adresse nicht weiterkommt, kann es sein, dass man die E-Mail-Adresse, mit der Sie sich für das Blog registriert haben, nimmt und Ihr Passwort zu Ihrem E-Mail-Konto abfragt, um Sie zu identifizieren. Denn auch im Gesetz zur Bestandsdatenauskunft ist geregelt, Passwörter zu Ih
Einige schlaue Köpfe haben im Internet gesagt, die Passwörter würden sowieso verschlüsselt abgespeichert. Da bestehe keine Gefahr; sie könnten gar nicht herausgegeben werden.
Einige schlaue Aktivisten der Gruppe Anonymous haben gesagt: Da machen wir doch einmal die Probe aufs Exempel und schauen uns an, wie gut Passwörter im Internet verschlüsselt werden und zwar bei den Experten für Datenschutz, bei der FDP.
dass es nicht nur unter eklatanten Sicherheitsmängeln litt, sondern dass die Passwörter auch so laienhaft verschlüsselt waren, dass man innerhalb kürzester Zeit selbst Administratorpasswörter mit vollen Zugangsrechten entschlüsseln konnte. Es wurden so sichere Passwörter wie zum Beispiel Pupi verwendet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie die Passwörter zu Ihren E-Mail-Konten und Ihrer Identität im Internet schützen wollen, verlassen Sie sich nicht auf die technische Kompetenz der Anbieter und erst recht nicht auf die technische Kompetenz der FDP.