Vielen Dank, Frau Klahn. - Nachdem Sie eben die Stellungnahme von Städtetag und Landkreistag angesprochen haben, wissen Sie, dass es darum geht, neben dem Landesgesetz auch ein Bundesgesetz zu ändern, nämlich das SGB. Dafür haben wir in diesem Hause aber keine Möglichkeiten. Wie stellen Sie sich vor, dass wir das SGB ändern, anstatt damit anzufangen, unsere eigenen Hausaufgaben zu machen, nämlich das Kindertagesstättengesetz, das wir hier ändern können, zu ändern?
(Wolfgang Baasch [SPD]: Doch. - Ich ver- weise noch einmal auf die Stellungnahme! Da steht das so drin!)
- In der Stellungnahme steht, dass wir die Hausaufgaben hätten machen und dafür sorgen sollen, durch Zusammenführen der bestehenden Gesetze weniger Doppelprüfungen zu haben et cetera. Das
ist nicht gemacht worden. Auch Ihre Kollegin Frau Erdmann hat hier ausgeführt, dass es in der letzten Legislaturperiode sehr schwer gewesen ist, alle kommunalen Verbände zusammenzubekommen. Sie wissen ganz genau, dass das einzig und allein der Grund gewesen ist, aus dem wir die Vereinheitlichung der Sozialstaffel nicht hinbekommen haben.
Ja, den lassen wir einmal außen vor, genau. Ich gestatte die Zwischenfrage, wenn die Frau Abgeordnete schon selbst darauf kommt. Bitte schön!
Frau Kollegin Klahn, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sagen, der Kompromiss zur Sozialstaffel, der in der letzten Legislatur verhandelt wurde, entspreche Ihren Vorstellungen von einer fairen Kita-Gebührenordnung?
Das kann ich Ihnen an dieser Stelle so nicht beantworten. Sie wissen selber, dass ich an den Detailverhandlungen nicht teilgenommen habe.
- Ich kenne das Ergebnis, ich kenne die Klagen. Es ist gesagt worden: Wir haben keine Verständigung gefunden. Das war das große Problem. An der Stelle war nichts mehr möglich. Sie wissen selber, wie kurz die Legislaturperiode war.
Es ist nur eine kurze Anmerkung. Wenn das so ein gut ausgehandelter Kompromiss gewesen ist - Frau Franzen hat darauf hingewiesen -, dann wundere ich mich, dass der im Ausschuss nicht von Ihrer Seite vorgelegt worden ist. Das wäre für die durchaus ein gangbarer Weg gewesen. Die Verteilungswirkung dieser Regelung ist nicht in unser aller Sinne gewesen. Deswegen ist das keine tragbare Grundlage.
- Ich möchte Ihnen darauf gern entgegnen, dass es deswegen nicht zum Abschluss gekommen ist, weil es keine endgültige Verständigung gegeben hat. Wollen Sie das nicht wahrhaben, oder woran liegt es, dass man das immer wiederholen muss?
Meine Damen und Herren, ich möchte gern fortfahren. - Die grundsätzliche Kritik, dass durch die Festlegung dieser Grenze unterhalb des soziokulturellen Existenzminimums Familien im SGB-II-Bezug oder mit geringen Einkünften unangemessen belastet werden, ist berechtigt und nachvollziehbar. Aber welche praktische Relevanz hat diese Gesetzesänderung überhaupt?
Der Landesrechnungshof fragt zu Recht, welche Kreise und kreisfreien Städte überhaupt noch die Grenze von 85 % anwenden. Sie haben vorhin selber ausgeführt, dass es nach Ihrem Kenntnisstand wahrscheinlich nur noch zwei Kreise sind. Das hätte man im Vorfeld klar prüfen können. Man hätte dann auch feststellen können, dass alle Eltern bereits jetzt das Anrecht auf Kostenübernahme nach bundesgesetzlicher Regelung entsprechend § 90 SGB VIII in Verbindung mit §§ 82 bis 85, 87, 88 sowie 92 a SGB XII haben, sofern sie unter dem Regelsatz liegen.
Zusätzlich kritisieren die kommunalen Landesverbände, dass mit dieser Gesetzesänderung keine Verfahrensvereinfachung erreicht wird, sondern die Kommunen weiterhin beide Ansprüche nach dem Günstigkeitsprinzip parallel prüfen müssen. Für die Anspruchsberechtigten ändert sich also nichts. Im Übrigen erfolgt die Vereinheitlichung der Sozialstaffelung durch die Gesetzesänderung nicht, auch wenn der Kollege Dr. Tietze das im Ausschuss damals behauptet hat.
Ich beantrage für die FDP-Fraktion zur Klärung der offenen Fragen entsprechend § 26 unserer Geschäftsordnung eine erneute Überweisung des Gesetzentwurfs in den Sozialausschuss. Falls die Überweisung abgelehnt wird, wird sich meine Fraktion bei der Abstimmung enthalten, da wir zwar die grundlegende Problematik anerkennen, es aber für unverantwortlich halten, dieses Gesetz ohne jegliche Kostenfolgeabschätzung und ohne Klärung der Frage der Konnexität zu verabschieden. Auch die Frage einer möglichen bürokratischen Entlastung hätte geklärt werden müssen.
Wie bei der geplanten Reform der Lehrerausbildung, der Schaffung von neuen Oberstufen oder beim Vergabegesetz interessieren Sie sich nicht für die Folgen Ihrer Politik und die Kosten, die für das Land entstehen, solange Ihr vermeintlicher moralischer Anspruch nur stimmt.
Ich wünsche mir, dass wir diese Art der gedankenlosen Politik endlich hinter uns lassen können. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das von der Regierungskoalition verfolgte Ziel ist richtig. Der Satz 7 in § 25 Abs. 3 im Kindertagesstättengesetz muss weg. Das ist gar keine Frage. Besser, als es die Bürgerbeauftragte in ihrer Stellungsnahme für den Sozialausschuss gesagt hat, hat es niemand anderes gesagt:
„Die mit der Regelung eingeführte Absenkung der Belastungsgrenze für Kindergartenbeiträge unter das soziokulturelle Existenz
minimum der Sozialhilfe halte ich weiterhin für bedenklich. Vor dem Hintergrund der auch durch die Steigerung der Lebenshaltungskosten zunehmenden Belastungen insbesondere von Familien mit minderjährigen Kindern und der akuter werdenden Problematik der Kinderarmut ist diese besondere Heranziehung finanziell ohnehin schwacher Familien nicht hinnehmbar.“
Die Bürgerbeauftragte hat recht, und sie kritisiert wie der Kollege Baasch es gesagt hat - die 85-%Regelung seit 2006.
Man hätte schon lange etwas tun können und auch etwas tun sollen. Die Regierungskoalition will das in Ordnung bringen. Nur zu gern würde ich diesem Vorhaben auch zustimmen. Denn es ist völlig richtig. Darüber brauchen wir gar nicht lange zu reden. Um es aber mit den Worten eines ehemaligen Autotesters vom NDR zu sagen, die letzte Frage, wie immer am Schluss: Was kostet der Spaß?
Im Sozialausschuss sprach die Staatssekretärin Frau Langner von - wörtlich - „überschaubaren Kosten“, ohne dies auch nur ansatzweise zu benennen. Meine Nachfrage dazu konnte oder wollte Frau Langner nicht beantworten. Deshalb hat auch der Landesrechnungshof mit seiner Stellungnahme völlig recht. Er sagt, die Entwurfsbegründung enthält keine Information darüber, wie viele Kreise oder kreisfreie Städte die durch § 25 Abs. 3 Satz 7 mögliche Berücksichtigung von 85 % der Regelsätze nach § 28 SGB II anwenden.
Dementsprechend liegen keine Angaben über sich aus der Gesetzesänderung ergebende Mehrbelastungen der Kommunen und deren Ausgleich gemäß Artikel 49 Abs. 2 der Landesverfassung in Verbindung mit dem Konnexitätsausführungsgesetz vor. Die eventuellen Konnexitätsansprüche müssten auf die tatsächlich entstehenden Mehrbelastungen der Kommunen begrenzt werden. Jetzt kommt der dicke Satz: Der Landesrechnungshof empfiehlt, vor der Gesetzesänderung die möglichen Mehrbelastungen zu ermitteln und deren Finanzierung sicherzustellen.
Die sich aus der geplanten Gesetzesänderung zwingend ergebenden Folgekosten für den Landeshaushalt sind unklar. Das Wort „überschaubar“ der Staatssekretärin Langner ändert daran gar nichts. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, so, wie Sie diese an sich wirklich gute Idee
Der Eindruck, den Sie vermitteln, ist der einer sozialen Füllhornpolitik, die sich einen Teufel um die Kosten schert. Nein, ich bin nicht kleinkariert, weil ich das aus Kostengründen ablehne. In sozialen Fragen bin ich genauso verantwortungsbewusst wie alle hier im Haus. Sozialpolitik muss aber aus nachvollziehbaren Gründen besonders nachhaltig sein. Sie muss finanziell auf soliden Beinen stehen.
Wer ohnehin kaum genug hat, um über die Runden zu kommen, muss sich auf das wenige verlassen können. Herangehensweisen wie die Ihrige gefährden dies. Denn ein Bundesland wie Schleswig-Holstein, das Haushaltsnotstandsland ist, wie unsere Finanzministerin nicht müde wird zu erzählen, wenn es um die Übernahme von Tarifabschlüssen geht, kann Lücken nicht so einfach stopfen. Da muss an anderer Stelle verzichtet werden. Antworten bleiben Sie hier schuldig.