Wir haben im Koalitionsvertrag hinbekommen, dass wir uns trotz durchaus vorhandener Unterschiede zwischen den drei Parteien, die die Koalition bilden, nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt haben, sondern auf gemeinsame, entscheidende Projekte, die unser Land voranbringen, auf eine gemeinsame Idee, was wir unter wirklich gerechter Bildung verstehen, die kein Kind und keinen Jugendlichen in diesem Land zurücklässt, auf eine gemeinsame Definition, was wirklich gute Arbeit ist, von der die Menschen leben können, auf ein Verständnis, wo die Herausforderungen bei der konsequenten Energiewende liegen, die wir zu bewältigen haben, oder auch was solide öffentliche Finanzen auf allen Ebenen bedeuten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen, dass Gerechtigkeit wieder Maßstab und Kompass unserer Politik wird. Wir wollen, dass nicht Eigennutz, nicht Lobbyinteressen, nicht Vorfahrt für die Mächtigen und Starken, sondern Parteinahme für die Schwachen die Politik auszeichnen. Es ist eben kein Mut - ich habe Ihnen das von dieser Stelle schon häufiger gesagt; weil Sie so viel von der früheren CDU-geführten Landesregierung gesprochen haben, will ich das noch einmal sagen -, bei den Schwächsten zu kürzen. Das ist nicht mutig, das ist falsch.
Mut ist, sich mit den starken Interessen anzulegen, und Mut ist es, auf die Dinge hinzuweisen und die Realität zu beschreiben, wie sie ist, und nicht einfach papierene Bekenntnisse abzugeben. Ich finde, der Ministerpräsident hat das an manchen Stellen sehr deutlich gesagt, auch mit der Zurückhaltung, die man zu Beginn haben muss, wenn man weiß, dass viele Schwierigkeiten auf dem Weg vor uns liegen, dass da viele Steine aus dem Weg zu räumen sind, Politik mit Verstand und Augenmaß, aber auch mit Leidenschaft für das Ziel, das Leben der Menschen besser zu machen. Denn das ist und bleibt Sinn und Zweck unserer Politik in diesem Haus.
Wir haben uns nicht in unwesentlichen Dingen geeinigt, und wir haben uns auch nicht auf Nebenschauplätze verzogen, sondern wir haben uns auf die wichtigsten Projekte für unser Land verständigt. Der Herr Ministerpräsident hat die Schwerpunkte benannt, und ich will ein paar davon aufführen.
Unser erstes und wichtigstes Ziel und die zentrale Frage, weil sie über Lebenschancen entscheidet, ist, die Bildung in unserem Land zu verbessern. Bildung entscheidet über Lebenschancen. Wir sind stolz darauf, dass wir es schaffen werden, die Hälfte der Mittel, die aus demografischen Gründen hätte eingespart werden können, der Bildung zugute kommen zu lassen. Das hatten wir mit der Union 2009 schon einmal vereinbart. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sind von dem Weg abgewichen, nicht wir. Es ist gut, dass wir das tun. Das ist gut für die jungen Menschen in Schleswig-Holstein und für das ganze Land.
Wir sind für längeres gemeinsames Lernen, weil es falsch ist, die jungen Kinder auszusortieren und ihnen zu sagen, was sie alles nicht können, und weil es richtig ist, sie mitzunehmen und nach besten Möglichkeiten und Fähigkeiten zu fördern.
Wir sind für mehr Integration und Inklusion, weil es falsch ist, Kinder, die eine Behinderung haben, zurückzulassen. Sie gehören von Anfang an dazu. Wir sind für einen besseren und verlässlicheren Unterricht. Es sind die wichtigsten Investitionen, die wir überhaupt tätigen können, wenn wir im Bildungsbereich all dies tun.
Wer weiß, das Bildung über Lebenschancen entscheidet, der kann nicht mit einem einzigen Schüler zufrieden sein, der die Schule ohne Abschluss verlässt, der kann nicht zulassen, dass wir nach wie vor so viele Talente vergeuden, und der weiß auch, dass es richtig ist, in frühkindliche Bildung zu investieren, statt diese unsinnige und reaktionäre Fernhalteprämie zu finanzieren.
Verehrter Herr Callsen, Sie können das nicht wissen, Sie waren damals noch nicht hier: Ich habe 1990 für Günther Jansen gearbeitet, da kam der Bildungsauftrag ins erste Kita-Gesetz dieses Landes
Es ist schade, dass der Kita-Bereich im Bildungsministerium von Dr. Klug so schlecht behandelt worden ist. Das war stiefmütterlich. Wir wissen, dass das ein Teil von Bildung ist. Wir werden das jetzt im Sozialministerium haben, aber das wird nicht als Teil betrachtet, der nur Sozialpolitik ist, sondern das ist sehr wohl die erste Bildungseinrichtung - das wissen wir -, und da wird besser zusammengearbeitet werden als in Ihrer Regierung.
Qualität spielt eine große Rolle, und Ausbau spielt eine große Rolle. Wir wissen auch, dass wir die Erzieherinnen, denen wir die Zukunft unserer Kinder anvertrauen, in Zukunft werden besser bezahlen müssen. Es wird eine Weile dauern, bis wir das hinbekommen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im schulischen Bereich muss es aufhören mit den Sackgassen, es muss aufhören, dass man Schulen schikaniert. Wir wollen gute Gymnasien, gute Gemeinschaftsschulen, gute Berufliche Schulen, die Wege, die die Kinder und Jugendlichen zum höchstmöglichen Abschluss führen, auch im ländlichen Raum. Das erwarten die Menschen von uns. Man erlebt übrigens gerade in Regionen, wo es leider konservative Mehrheiten gibt, dass sie von der neuen Regierung mehr erwarten, als sie von Ihnen in der Vergangenheit bekommen haben.
Der Dialog steht im Vordergrund. Deswegen haben wir auch Kompromisse gemacht. Es geht nicht darum, recht zu behalten, sondern es geht darum, dass wir Schule für diejenigen machen, für die sie da ist, nämlich für die Kinder und Jugendlichen, dass wir mit den Lehrkräften gut umgehen, die eine schwere Aufgabe zu leisten haben und unsere Anerkennung und Unterstützung verdienen, dass wir die Eltern und die Planung kommunaler Schulträger ernst nehmen und aufhören mit all dem, was Sie im schulischen Bereich angerichtet haben und was wir wirklich verändern müssen.
Die Zweigliedrigkeit ist übrigens auch der bundesweite Weg, der überall gegangen wird. Wir sind also auch anschlussfähig mit dem, was wir tun. Deswegen ist die Bildungspolitik sicherlich mit das schwierigste Feld, aber auch das wichtigste. Wir wissen, es ist ein Kraftakt, den wir vor uns haben, über viele, viele Jahre, und es gilt immer noch: Es gibt nur eines, was teurer ist als Bildung, und das ist keine Bildung. Daran werden wir uns orientieren.
Im Hochschulbereich ist es wahr: Die Hochschulen sind unterfinanziert. Wir wissen das. Wir würden gern schneller helfen als nur durch die Tarifsteigerungen, die wir ausgleichen, und das W-Urteil, das wir ausgleichen müssen.
Wir wissen, auch in der Hochschulplanung ist noch sehr viel mehr Luft, jedoch nicht dadurch, dass man - wie Sie - Standorte bedroht, sondern indem man die Stärken stärkt und über Zusammenarbeit redet. Luft ist dadurch da, dass man das Gute an den Orten fördert, und zwar nicht nur aus dem Grund, weil die Medizin teurer ist. In diesen Bereich hineinzuhauen, obwohl wir hier bundesweit Spitzenklasse sind, ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Das werden wir nicht tun. Wir werden mit den Betroffenen reden. Wir wissen: Wenn wir das ausgleichen wollen, was uns im Augenblick noch an Mitteln fehlt, dann müssen wir tatsächlich am Ende eines jeden Jahres, in dem wir sparsam gewirtschaftet haben, schauen, damit wir einen Teil der Haushaltskonsolidierungen auch in Zukunftsinvestitionen im Hochschulbereich stecken können, denn das ist die Zukunft des Wohlstandes unseres Landes. Hier müssen wir anschlussfähig bleiben. Wir müssen dies auch nach Norden hin in der Zusammenarbeit mit den dänischen Nachbarn und nach Süden hin bei der Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Hamburg bleiben.
Das ist ein Kraftakt, aber Bildung rechnet sich. Hannelore Kraft und die Regierung in NordrheinWestfalen haben es gerade deutlich gesagt, und dies ist vom Wähler auch bestätigt worden: Es ist richtig, wenn man in Kinderbetreuung und Bildung investiert. Dadurch hat man in späterer Zeit entsprechend geringere Sozialkosten, die dadurch entstehen, dass Menschen von der Bahn kommen, nicht gefördert werden und sich nicht mitgenommen fühlen und am Ende ihr Leben lang Sozialtransfers brauchen. Diesen Teufelskreis wollen wir durchbrechen, und diesen Teufelskreis werden wir durchbrechen.
Liebe Wara Wende, Sie haben dieses Ressort in Zukunft zu führen. Das ist mit eine der schwierigsten Aufgaben in der Landesregierung. Sie werden bei dieser Aufgabe in vollem Unfang unsere Unterstützung haben. Wir wünschen Ihnen den Erfolg, den Sie verdienen. Sie bringen eine Menge an Kompetenz ein, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen in dem neuen Amt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen die Kommunen stärken. Das ist die Basis unserer Demokratie. Hier erleben die Menschen vor Ort, was es bedeutet, wenn Schwimmbäder geschlossen werden, wenn Jugendeinrichtungen geschlossen werden und wenn wir den Menschen sagen: Hier funktioniert Demokratie überhaupt nicht. Demokratie machen wir dann, wenn wir beschließen, Rettungspakete für große Banken zu schnüren. Hier muss wieder Handlungsfähigkeit hergestellt werden, und zwar nicht nur um zu verwalten, sondern um selbst und eigenverantwortlich zu gestalten.
Dazu gehört auch, die Verwaltung zu optimieren und ein besseres und effektiveres Zusammenspiel der verschiedenen Ebenen zu ermöglichen. Dazu gehören auch die Minimierung von Kontrollen sowie die Einführung von möglichst abschließenden Verfahren. Ja, das zentrale Versprechen, das Torsten Albig im Wahlkampf abgegeben hat, nämlich dass wir den Kommunen bei ihren Aufgaben helfen wollen und dass wir das, was wir aus dem kommunalen Finanzausgleich herausgenommen haben, zurückgeben werden, werden wir halten. Wir werden Wege finden. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die nur einen Geldbeutel haben, halten von diesem Kampf verschiedener von ihnen selbst finanzierter Ebenen untereinander überhaupt nichts. Sie wollen eine gute Politik. Sie wollen nicht, dass sich die Ebenen untereinander um die Ressourcen streiten. Das ist der Sachverhalt.
Bei der Frage des Rechtsanspruchs ist es doch völlig schnurz, ob wir darüber reden, wenn wir den Kommunen nicht auch die Möglichkeiten in die Hand geben, die Betreuung der unter Dreijährigen zu gewährleisten. Die Eltern gehen vor Gericht und klagen dieses Recht ein. Sie fragen nicht danach, wer zuständig ist. Sie interessieren sich nicht für die Zuständigkeit, sondern sie wollen, dass die Zustände geändert werden. Das ist das, was die Eltern von den Kommunen erwarten. Deshalb werden wir den Kommunen in den Schritten, die Torsten Albig be
schrieben hat und für die er die volle Unterstützung dieser Koalition hat, dabei helfen, diese Kinderbetreuung zu realisieren.
Wir werden an den kommunalen Finanzausgleich herangehen müssen, weil es hier viele Unwuchten gibt. Wir werden das aber anders machen, als es die Vorgängerregierung gemacht hat. Wir wollen den zentralen Orten und den Städten helfen, die andere Aufgaben haben, aber wir werden dies nicht durch eine Politik gegen den ländlichen Raum tun, denn Stadt und Land müssen zusammenarbeiten, wenn dies funktionieren soll. Das haben Sie nicht verstanden. Das werden wir miteinander ändern.
Die demografische Entwicklung verlangt in diesem Flächenland eine Menge von uns. In manchen ostdeutschen Bundesländern kann man sich angucken, was wir zu tun haben. Wir haben schon im eigenen Land Unwuchten. Andreas Breitner war ein guter Bürgermeister der Stadt Rendsburg. Er weiß, dass ein anderer Umgang mit den Kommunen nötig ist. Als Kommunalminister hat er unsere volle Unterstützung dabei, das zu realisieren. Lieber Andreas Breitner, wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Das wir eine gute Zusammenarbeit werden.
Verehrter Herr Kollege Callsen, das Lob für das kommunale Ehrenamt ist gut. Sie sollten allerdings nicht so tun, als sei dies hier im Lande ein Gegensatz. Ich weiß, dass Kommunalwahlen sind. Das kommunale Ehrenamt schätzen wir alle hier im Hause. Ich glaube, das können wir sagen. Das ist aber kein Gegensatz zur Verwaltungsreform. Diesen haben Sie aufgemacht, und das ist falsch, denn die Identität des kommunalen Ehrenamtes liegt nicht darin, ineffiziente Verwaltungen zu haben, sondern kommunal selbstständig handeln zu können und nicht - wie es von Ihnen gemacht wurde durch Gesetze von diesem Handeln abgehalten zu werden.
Genauso künstlich war der Gegensatz, den Sie in der Innenpolitik aufgemacht haben. Unser neuer Innenminister ist viel zu klug, als dass er sich auf diese Leimroute locken ließe, die Sie ausgelegt haben. Wir wissen sehr genau, dass unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte Hunderttausende von Über
stunden und schwere Arbeit leisten. Sie haben die Unterstützung dieses Hauses. Sie haben die Unterstützung dieser Koalition, und das werden sie in unserer praktischen Politik auch feststellen.
Drittens. Wir werden den sozialen Zusammenhalt wiederherstellen. Wir kürzen keine notwendigen Strukturen kaputt. Zuschüsse zu Frauenhäusern und das Blindengeld sind für uns keine Almosen, sondern notwendige Mittel, um möglichst vielen in Schleswig-Holstein ein eigenständiges Leben zu ermöglichen. Sie haben vorhin über die Schokoherzen gespottet. Nicht wir haben davon gesprochen, dass Fürsorge auch erdrücken könnte. Wir haben eine andere Form von Sozialpolitik im Sinn, sehr verehrter Herr Kollege Callsen.
Diese Form ist ganz anders. Sie ist nicht karitativ, sondern in Form eines Rechts von Menschen, die dieses Recht in Anspruch nehmen können, die nicht geduldet werden, sondern die gefördert werden. Die Kosten für Beratungsstellen sind übrigens geringer als die Kosten der Folgen, die durch das Kaputtsparen angerichtet werden. Das erleben Sie überall im Land. Sie sind noch stolz darauf, dass die größten Demonstrationen vor dem Landeshaus während der Zeit Ihrer Verantwortung stattgefunden haben. Das ist kein Grund zum Stolz, sondern das ist ein Grund zur Scham, weil manches falsch gewesen ist.
Wir haben alle Menschen im Auge. Wir wollen niemanden ausgrenzen, wir wollen niemanden zurücklassen. Wir müssen uns um Schulabschlüsse kümmern, wir müssen uns um Berufsübergänge und um Ausbildung kümmern. Wir wollen uns übrigens auch um Gleichstellung kümmern. Schauen Sie einmal auf die Regierungsbank. Die Hälfte der Ressorts wird von Frauen geführt, die andere Hälfte von Männern. Auch das ist ein Unterschied zur Vorgängerregierung. Gleichstellung zeigt sich auch an diesem Punkt.