Protokoll der Sitzung vom 18.06.2013

Es ist nichts Neues, dass Lehrkräfte für eine längere Zeit ausfallen, sei es aufgrund von Unfall, aufgrund von schwerer Krankheit, aufgrund von Mutterschaftsurlaub oder Elternzeit. In manchen Fällen ist die Dauer des Vertretungsfalls klar abzusehen, besonders wenn es sich um Mutterschaft oder Elternzeit handelt. Bei Krankheitsfällen ist die Unsicherheit über die Dauer bis zur Genesung und damit der Befristung des Arbeitsvertrages deutlich größer.

Es gibt viele Fälle, in denen Lehrkräfte, zum Beispiel Lehrerinnen, ihre Elternzeit so auslaufen lassen, dass sie sich pünktlich zum Schuljahresende wieder zurückmelden, um so die Sommerferien für die Vorbereitung auf den Unterricht - häufig an einer neuen Schule - nutzen zu können. Die Chance, wieder regulär zu verdienen und den eigenen Verdienst schnellstmöglich zu optimieren, ist aus Arbeitnehmersicht zudem völlig nachvollziehbar.

Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass, wenn der Vertretungsfall ausgelaufen ist, nicht zwei Lehrkräfte auf ein- und derselben Stelle bezahlt werden können. Wollten wir das zum durchgängigen Prinzip machen, müssten wir wohl mit Herzinfarkten beim Landesrechnungshof rechnen.

Wenn Sie fordern, dass die Schulen keine befristeten Arbeitsverträge ausschreiben sollen, die mit dem Ferienbeginn enden, frage ich Sie: Was ist denn die Alternative? Ist es wirklich besser, wenn überhaupt keine befristeten Verträge mehr angeboten werden? Das würde nicht nur eine erhebliche Versorgungslücke an den Schulen reißen, sondern wäre ganz gewiss auch nicht im Interesse der Schulen, die auf solche befristeten Arbeitsverträge angewiesen sind. Oder sehen Sie die Alternative darin, den Vertretungsfonds ganz aufzulösen, um so diese Stellen gegenzufinanzieren?

Ich gebe Ihnen recht, dass es nicht sein kann, dass eine Vertretungsstelle vor den Sommerferien an einer Schule mit dem Hinweis endet: Wir sehen uns in sechs Wochen genau an dieser Schule wieder.

(Beifall SPD und Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

Das Ministerium wird diesen Sachverhalt sicherlich zahlenmäßig gleich aufklären. Doch wenn diese jungen Lehrkräfte überhaupt keine Vertretungsver

träge angeboten bekämen, würden sie erst recht keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben.

Gerade deswegen, weil die Ursache für die Vertretungen, aber auch die Lebenssituation der Betroffenen so unterschiedlich ist, gibt es keine Pauschallösungen, die mit ihren Interessen und zugleich mit der Lage des Landeshaushaltes vereinbar wären.

Einige Fälle sind zurzeit in der Presse gelandet, zu einigen weiteren haben viele von uns Briefe und EMails erhalten. Aber nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz kann es keine Lösungen geben, die sich an bestimmten abgrenzbaren Einzelfällen festmachen. Oberstes Ziel muss es sein, gute Kräfte und gesuchte Fächerkombinationen im Land zu halten und in der Gesamtheit möglichst allen Beschäftigten eine unbefristete Stelle zu geben.

Auch bei der Festlegung bestimmter Kriterien für eine obligatorische Weiterbeschäftigung könnte es gut sein, dass einige der publik gemachten Fälle gerade nicht unter diese Kriterien fallen. Das Ministerium hat in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Franzen erklärt, dass es im Rahmen seiner strategischen Personalplanung den vorhandenen Stellenpool für unbefristete Beschäftigungen nutzen und die Zahl der Befristungen systematisch verringern will. Das unterstützen wir.

Wir schlagen vor, die Anträge der FDP-Fraktion und der CDU-Fraktion gemeinsam mit unserem Antrag dem Bildungsausschuss zu überweisen, da sie alle das Ziel verfolgen - die Kollegin Franzen hat es gesagt -, die Zahl der befristet beschäftigten Lehrkräfte deutlich zu senken.

Zudem kann im Bildungsausschuss das Ministerium im neuen Schuljahr über den Stand der Dinge berichten. Denn in der Antwort auf die Kleine Anfrage konnten noch keine genauen Zahlen über die Befristungen von Zeitverträgen genannt werden, weil das Ausschreibungs- und Einstellungsverfahren für das neue Schuljahr noch nicht abgeschlossen ist.

Ich gehe davon aus, dass sich die Zahl der schwierigen Fälle bis dahin durch Anschlussverträge entscheidend verringert haben wird. Hier sollte ein Höchstmaß an Flexibilität genutzt werden. Das würde es auch leichter machen, finanziell umsetzbare Lösungswege zugunsten der Betroffenen zu suchen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Kai Vogel)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Abgeordneten Anke Erdmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Befristete Arbeitsverträge an Schulen sind blöd. So einfach ist das.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, PIRATEN und SSW)

Es ist hart für motivierte Lehrerinnen und Lehrer, nicht zu wissen, an welcher Schule man nach den Ferien eingesetzt wird - ob an ihrer eigenen Schule oder an einer anderen Schule. Aber vielleicht wird man sogar in die Arbeitslosigkeit entlassen.

„Hire and fire“ - das ist keine Option für die Landespolitik. So ist die Realität auch nicht. Das ist deutlich geworden.

Einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner sind schon darauf eingegangen: Warum werden dann überhaupt Zeitverträge für Lehrkräfte abgeschlossen? Wir wissen, dass es bestimmte Fälle gibt: Elternzeit, Sabbatjahr, schwere Krankheiten. Wir alle sprechen zum Beispiel über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; das ist einer der entscheidenden Punkte.

Gerade bei jungen Lehrkräften ist es wünschenswert, dass sie in die Elternzeit gehen. Das ist genau die Kehrseite der Medaille, über die wir heute reden. Wenn eine Person aus der Elternzeit zu den Sommerferien zurückkommt, hat diese Lehrkraft logischerweise Vorrang vor den anderen.

Es ist dann schwer, wenn sich Zeitvertrag an Zeitvertrag zu diesen unsäglichen Kettenverträgen reiht. Das ist klar.

Worüber wir heute reden, sind die Kettenverträge, die vor den Sommerferien aufhören und teilweise nach den Sommerferien wieder aufgenommen werden. Bundesweit waren im letzten Sommer von dieser Praxis 5.400 Menschen betroffen; das wurde von der Bundesagentur für Arbeit gemeldet.

Was heißt so etwas für die Lehrkräfte? Darüber haben wir schon gesprochen. Man muss sich sechs Wochen in den Sommerferien durchschlagen. Es wird ganz oft als Schikane empfunden. Man hat eine gute Arbeit gemacht, wird dann aber über die Sommerferien entlassen. Das betrifft insbesondere junge Lehrkräfte, die noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Zu den finanziellen Ein

bußen kommt - das ist besonders hart - die zermürbende Unsicherheit. Die Zielrichtung des FDP-Antrags finden wir richtig.

(Anita Klahn [FDP]: Dann können Sie dem Antrag ja zustimmen!)

Aber Sie fordern, es zu unterbinden. Das finde ich Sie haben es vorhin selbst gesagt, Frau Klahn - unrealistisch. Sie sprechen in Ihrem Antrag von Unredlichkeit. Das ist für uns natürlich überhaupt nicht zustimmungsfähig und nicht so konstruktiv, wie wir uns das vorstellen. Wenn Sie sich hier nur hinstellen und sagen „Das ist ein sozialer Misstand, das prangere ich an“, kann man Sie auch gleich Anita Schippels nennen. Das möchte ich nicht so gern.

(Zuruf)

- Herr Schippels war jemand von den LINKEN.

(Zuruf: Den haben wir noch gut in Erinne- rung!)

- Ihn haben wir noch gut in Erinnerung. Genau.

Das Ministerium versucht schon jetzt, die Verträge so zu gestalten, dass die Betroffenen immerhin über die Ferien hinweg ein Einkommen erhalten. Das - das wird für die FDP vielleicht auch interessant sein - ist der Großteil der Verträge. Ich glaube, 70 % der Verträge enden zum 31. Juli. Damit stehen wir, das muss man auch einmal sagen, im bundesweiten Vergleich gar nicht schlecht da. „Nicht schlecht“ ist noch nicht gut. Aber die GEW hat uns bescheinigt, dass andere Bundesländer eine ganz andere Praxis haben, um wirklich in den sechs Wochen Gehalt zu sparen. Das ist hier nicht so. Auch Minister Klug hat einen kleinen Beitrag dazu geleistet, dass es hier einen Schritt voranging. Es aber einfach so zu gestalten, wie Sie sich das vorstellen, scheint mir nicht möglich zu sein.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Machen Sie es einfach besser! - Weitere Zurufe)

- Sie sind schon ein bisschen in Kieler-WocheStimmung, habe ich den Eindruck. Das ist eigentlich schade, weil das Thema zu ernst ist.

Wir möchten also - das geht in die ähnliche Richtung wie der CDU-Vortrag -, dass das Ministerium selbst prüft, was zu machen ist, und dass wir darüber in der Ausschusssitzung im August sprechen. Das haben wir mit der Überweisung gewährleistet. Auf dieser Grundlage wollen wir beraten, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt.

Schauen wir noch einmal auf den letzten Sommer und auf Schleswig-Holstein. Wir haben im Ministerium nachgefragt: 75 Menschen, die vor den Sommerferien ihren letzten Schultag hatten, sind nach den Ferien wieder eingestellt worden, 42 davon an derselben Stelle. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass vorher oft nicht absehbar ist, ob es diesen Vertretungsfall an der Schule nach den Ferien weiterhin gibt. Mir ist die Zahl wie wahrscheinlich allen hier im Raum immer noch zu hoch. Wir müssen schauen, wie wir da vorankommen. Ich freue mich auf konstruktive Ausschussberatungen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Fraktion der PIRATEN erteile ich das Wort dem Abgeordneten Sven Krumbeck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag fordert die Landesregierung auf, die Praxis zu unterbinden, Lehrkräften befristete Arbeitsverträge anzubieten, die mit dem Ferienbeginn enden.“

So der Antrag der FDP-Fraktion. Ja, kann ich da nur sagen. Somit haben wir auch schon geklärt, wie die PIRATEN zu dem Antrag stehen.

(Beifall PIRATEN - Lars Harms [SSW]: Ja- Sager! - Heiterkeit)

In der Regel tue ich mich schwer damit, populistische Anträge zu unterstützen. Natürlich ist es populistisch, wenn eine ehemalige Regierungsfraktion ausgerechnet diejenige, die das Bildungsressort besetzte - heute mit einem Antrag kommt, der sich um etwas kümmert, was seit Jahren bekannt ist.

(Beifall PIRATEN, SPD und SSW)

Wie in anderen Bundesländern auch wird es in diesen Sommerferien Entlassungen geben. Der Umstand, dass gerade junge Lehrerinnen und Lehrer unter diesen Arbeitsverträgen besonders leiden, wenn sie aus dem befristeten Arbeitsverhältnis in das ALG II fallen, ist dabei besonders verwerflich. Dabei ist es mir wumpe, welche Farbe die Regierung hatte, die diese Praxis eingeführt hat.

(Heiterkeit - Zuruf: Donnerwetter!)

Junge Lehrer werden zum Warten verdonnert. Sie warten im besten Fall auf eine gleichwertige Neueinstellung oder bekommen - auch solche Fälle gab es in der Vergangenheit - einen schlechten Vertrag. Es gab auch einen Zehnstundenvertrag an der alten Schule. Das ließ die Lehrer erneut unter das berüchtigte Hartz-IV-Niveau fallen. Aus der Hartz-IV-Falle in die Aufstockerfalle - nein, das wollen wir unseren Lehrern, wo immer es geht, nicht zumuten.

(Beifall PIRATEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Darum ist es mir an dieser Stelle völlig wumpe, wie die Möglichkeiten zur Reduzierung der befristeten Beschäftigung aussehen oder welches Volumen sie besitzen. Mir ist auch egal, wie populistisch dieser Antrag ist. Wichtig ist mir, dass heute von diesem Landtag das Signal ausgeht, dass wir geschlossen die gängige Praxis verurteilen und abschaffen wollen.