Die Termine für meine Kreisbereisung sind gemacht. Ich freue mich auf konstruktive Gespräche. Gestern habe ich mit dem Geschäftsführer des Landkreistages und dem Vorsitzenden, Landrat Sager, gesprochen. Bei allem Rollenverständnis - ich würde es als Vertreter des Landkreistages im Moment nicht anders machen - für die Interessen eines Verbandes: Wir setzen uns jetzt erst einmal zusammen und diskutieren über das Gutachten. Auf der Basis des Gutachtens und der Gespräche mit den Kreisen und natürlich auch den Gemeinden und den Städten werden wir Ende September 2013 im Kabinett über den Gesetzentwurf befinden. Erst auf dieser Grundlage sind dann verlässliche Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen möglich.
Meine Damen und Herren, entscheidend ist am Ende: Erstmals nach 40 Jahren wird in Schleswig-Holstein die Höhe der Teilschlüsselmassen nach den Aufgaben rechnerisch ermittelt sein. Wir werden einen aufgabenorientierten Finanzausgleich haben. Die Kriterien werden wieder transparent, und die Verteilung wird sachgerecht vorgenommen. Ich bin davon überzeugt: Von einem neuen Finanzausgleichsgesetz in Schleswig-Holstein, von einem besseren kommunalen Finanzausgleich werden alle profitieren, und das heißt für mich Stadt und Land. - Vielen Dank.
Die Landesregierung hat die Redezeit um 3 Minuten überzogen. Sie bekommen jetzt alle 8 Minuten Redezeit. Zunächst bekommt diese Redezeit die Frau Abgeordnete Petra Nicolaisen von der CDUFraktion. - Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn meiner Rede mit einer Pressemitteilung der Kollegin Strehlau vom 5. August 2013 beginnen:
Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird. Genau diese bestellte Musik hat der Gutachter gespielt.
(Serpil Midyatli [SPD]: Haben Sie nicht zu- gehört? - Martin Habersaat [SPD]: Die Rede wurde schon vorher geschrieben!)
So darf man sich eigentlich nicht wundern, dass das Gutachten nicht mehr ist als eine Bauanleitung, eine Bauanleitung für ein Schleswig-Holstein nach Koalitionsideologie, für ein Schleswig-Holstein mit einem schwachen ländlichen Raum. Das nämlich war der Auftrag, den der Gutachter zu erfüllen hatte.
Meine Damen und Herren, das Perfide an den vorliegenden Vorschlägen ist, die Keule für den ländlichen Raum kommt durch die Hintertür, durch die finanzielle Austrocknung der Kreise, durch einen brutalen Eingriff an dieser Stelle wird der ländliche Raum geschwächt.
Gleichzeitig wird ein Keil in die Partnerschaft zwischen Kreise und kreisangehörige Gemeinden getrieben. Die kommunale Familie wird gegeneinander ausgespielt.
Die Umschichtung in den Teilmassen, die das Gutachten vorschlägt, wird zwangsweise zu einem führen: Die Kreise werden sich das Geld, das die Koalition ihnen wegnimmt, bei den Gemeinden über eine Kreisumlage wiederholen. Sie werden es sich nämlich wiederholen müssen, damit sie ihren Aufgaben überhaupt gerecht werden können.
Damit bleibt auch von den vermeintlichen Wohltaten durch die Vergrößerung der Teilmasse für gemeindliche Aufgabe bei den Gemeinden nichts übrig. Genau das ist im Koalitionsvertrag so festgeschrieben, genau das ist ihr Ziel.
Die Aussage des Pressesprechers des Innenministeriums im „Hamburger Abendblatt“ am 7. August 2013 ist eindeutig: Dann würden wir als Reaktion die Mittel aus dem Finanzausgleich weiter reduzieren.
Meine Damen und Herren von der Koalition, diese Aussage entlarvt Sie. Sie entlarvt Sie gleich in doppelter Hinsicht. Erstens scheinen Sie von der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nicht viel zu halten. Zweitens macht sie deutlich, wofür die Herren Stegner und Breitner die Kreise halten: vielleicht für eine ländliche Folkloreeinrichtung.
Die Kreise haben wichtige Ergänzungs- und Ausgleichsfunktionen in der Fläche, und die Kreise sorgen ebenfalls für gleichwertige Lebensverhältnisse im Land Schleswig-Holstein.
Sie nehmen Aufgaben wahr, die Städte und Gemeinden in der Fläche nicht selbst erfüllen können. Blutleere Kreise führen in der Konsequenz zu einem blutleeren ländlichen Raum.
Der Innenminister redet ständig davon, es gehe um eine Verteilung der Finanzmittel nach den Aufgaben. Zitat:
„Wir werden erstmals einen kommunalen Finanzausgleich bekommen, der sich an den tatsächlichen Aufgaben orientiert.“
Wer das Gutachten liest, stellt jedoch fest: Verteilungsmaßstab sind hier nicht die Aufgaben, sondern der Zuschussbedarf. Wer sich arm macht, wird belohnt, wer spart, wird bestraft.
Das nennt die Koalition dann Gerechtigkeit. Schon heute erhalten die kreisfreien Städte pro Einwohner durchschnittlich 316 € Kreisschlüsselzuweisung, die Kreise bekommen 122 €. Diese Zuweisungen dienen zur Finanzierung der staatlichen Aufgabenlast. Die ist bei Kreisen und kreisfreien Städten identisch.
Meine Kritikpunkte zusammengefasst: Das Gutachten beschränkt sich auf die Verteilung der zur Verfügung stehenden Landesmittel. Es trifft keine Feststellung zur Bemessung der Finanzausgleichsmasse im Hinblick auf die Aufgaben, es enthält keinen Hinweis auf eine ausreichende Mindestfinanzierung.
Die kommunalen Landesverbände dürfen sich an dieser Stelle nicht auseinanderdividieren lassen. Eine funktionierende Selbstverwaltung braucht eine gleichwertige Finanzausstattung und eine Diskussion darüber, welche weiteren Aufgaben die Kreise, Städte und Gemeinden übernehmen. Es darf nicht zu einem Verschiebebahnhof innerhalb der Partner kommen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich fordere Sie auf: Wenn es zu einer finanziellen Verschiebung innerhalb der kommunalen Partner kommen sollte, dann geben Sie mehr Geld in den Kommunalfinanzausgleich.
(Beifall CDU - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ich dachte, wir sollten stärker sparen! - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt auf die Liste, Herr Koch! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist die Koch-Liste!)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, noch haben Sie die Möglichkeit, Ihren Irrweg zu verlassen, noch können Sie ein Gesetz vorlegen, das den Verhältnissen im Land gerecht wird, und noch können Sie sich von Vernunft leiten lassen statt von Ideologie.
(Beifall CDU - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Statt von Ihnen! - Wortmeldung Dr. Patrick Brey- er [PIRATEN])
Nutzen Sie die Chance! Hören Sie auf mit Klientelpolitik, machen Sie endlich Politik für alle Menschen in unserem Land!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Nicolaisen, ich muss echt einmal tief Luft holen, um das zu verdauen, was Sie hier abgelassen haben - ganz ehrlich!