Protokoll der Sitzung vom 22.11.2013

- Entschuldigung, dann muss ich die Abstimmung wiederholen. Das war an der Stelle unklar, da gingen nämlich die Hände rauf und runter. Entschuldigung.

Ich wiederhole die Abstimmung. Wer diesem Antrag der regierungstragenden Fraktionen zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Da schauen wir ins Rund und stellen fest: Die FDPFraktion, ein PIRAT und die Abgeordneten des SSW, die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion der SPD sind mit der FDP gemeinsam für diesen Antrag.

Jetzt kommen wir zur Gegenprobe. - Das sind fünf PIRATEN. Enthaltungen? - Die CDU-Fraktion enthält sich. Das ist ein klares Votum für das Protokoll. Herzlichen Dank dafür.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, dem Tagesordnungspunkt 47:

Verordnung zur Änderung der LebensmittelKennzeichnungsverordnung - Endlich mehr Sicherheit für Verbraucher

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/807 (neu)

(Ministerin Kristin Alheit)

Mehr Klarheit bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln mit tierischen Bestandteilen schaffen!

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/961

Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses Drucksache 18/1294

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, Herrn Abgeordneten Hauke Göttsch, das Wort.

Herr Präsident! Ich verweise auf die Vorlage.

Vielen Dank für den umfassenden Bericht, Herr Berichterstatter.

Wir kommen dann zur Aussprache. Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Uli König.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt Menschen, die aus religiösen Gründen auf bestimmte tierische Lebensmittel verzichten, und es gibt auch Menschen, die sich aus Mitgefühl mit den Tieren dazu entschließen, vegetarisch oder vegan zu leben. Dann gibt es diejenigen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, weil sie etwas gegen den Hunger in der Welt, gegen den Klimawandel oder gegen die Erosion fruchtbarer Böden tun wollen. Und schließlich gibt es solche Menschen, die sich einfach vor der Vorstellung ekeln, Schweineborsten in ihrem Brot zu haben, und gern wissen wollen, ob sie in ihrem Brot Schweineborsten haben oder nicht.

Ganz gleich aus welchem Grund sich ein Mensch dazu entschließt, auf tierische Produkte zu verzichten, als Politiker sehe ich es als meine Pflicht an, es jedem Menschen so einfach wie möglich zu machen zu wissen, wovon er sich ernährt. Deshalb haben meine Fraktion und ich den von Foodwatch ausgearbeiteten Gesetzentwurf hier eingebracht. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, der eine kla

re Kennzeichnung für Produkte vorsieht, die tierische Bestandteile enthalten. Konkurrierend dazu haben die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag vorgelegt, der sich auf den ersten Blick gar nicht so anders liest als das, was wir fordern - allerdings nur auf den ersten Blick. Während wir die Kennzeichnung über den Bundesrat erreichen wollen, ziehen die Koalitionsfraktionen es vor, diese Änderung über die EU zu erwirken.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das macht auch Sinn!)

An dieser Stelle möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass Ende 2014 eine neue Lebensmittelverordnung der EU in Kraft treten wird, die eine freiwillige Lebensmittelkennzeichnung für tierische Bestandteile vorsieht. Eine freiwillige Kennzeichnung reicht mir aber nicht.

(Beifall PIRATEN)

Ich kann mir kaum vorstellen, dass die EU-Kommission und das EU-Parlament noch einmal zusammentreten werden, um die Verordnung 1169/2011 auf unseren Wunsch hin neu zu verhandeln.

(Beifall PIRATEN)

Wir müssten also, ehe die aktuelle Verordnung in Kraft tritt, bereits einen neuen Anlauf starten. Deshalb glaube ich nicht, dass mit einer Änderung über die EU vor 2020 zu rechnen ist.

Es ist nicht so, dass ich eine EU-weite Regelung falsch finde, aber ich möchte endlich zu Potte kommen. Es gibt Menschen, die darauf warten. Außerdem gibt eine EU-Verordnung nur einen Mindeststandard vor, den man natürlich unterschreiten darf.

(Beifall PIRATEN)

Wir dürfen aber auch darüber hinausgehen. Und genau das fordern wir mit unserem Antrag.

Wenn wir es wirklich wollen, dann können wir eine verbindliche Kennzeichnung auch jetzt umsetzen. Genau das wollen wir PIRATEN hier und heute auf den Weg gebracht sehen.

(Beifall PIRATEN)

Da Sie genau wissen, wie zahnlos Ihre Forderung nach einer zeitnahen EU-Regelung ist, haben Sie in Ihren Antrag auch noch hineingeschrieben, die Möglichkeit der Verankerung in nationales Recht „prüfen“ zu wollen. Sie wollen das prüfen! Prüfen ist eine ganz starke Formulierung, genauso stark wie freiwillig.

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

(Beifall PIRATEN - Angelika Beer [PIRA- TEN]: Also gar nicht!)

Ich mache das jetzt echt nicht gern, aber ich muss Sie hier schon wieder fragen: Können Sie nicht, oder wollen Sie nicht?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Beides! - Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, inzwischen habe ich ein bisschen parlamentarische Erfahrung. Ich weiß mittlerweile, was es bedeutet, wenn Sie „prüfen“ schreiben. Prüfen ist eine diplomatische Formulierung für: Wir denken einmal darüber nach, und wir legen das so lange in die Schublade.

(Beifall PIRATEN)

Wenn diese Koalition wirklich ein Interesse daran hätte, wenn die Grünen ihren Veggie-Day wirklich ernst nehmen würden, dann würden Sie unseren Gesetzentwurf mit in den Bundesrat nehmen und sagen: Hey, hierüber wollen wir reden, das wollen wir!

(Beifall PIRATEN)

Das werden Sie aber nicht tun, Sie prüfen ja noch. Nach drei Ausschusssitzungen wollen Sie immer noch prüfen. Wissen Sie was: Wenn Sie unbedingt prüfen wollen, dann prüfen Sie doch einmal realistischerweise Ihre Idee mit der EU, ob das in annehmbarer Zeit durchsetzbar ist. Das glaube ich nämlich nicht.

(Beifall PIRATEN)

Sie schieben das hier so lange auf die lange Bank, bis der Antrag dem Ende der Legislaturperiode anheimfällt. Nein, meine Damen und Herren, Ihr Vorhaben ist schlicht ungenügend. Erzählen Sie uns nicht lange, dass Sie damals erst übermorgen starten konnten, starten Sie endlich jetzt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Heiner Rickers das Wort.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dornquast, wir brauchen nicht zuzustimmen, und es freut mich, dass wir eine klare Li

nie dazu haben, auch wenn sie erst in der Erörterung und im Diskussionsprozess zu erarbeiten war.

Herr König, ich gebe Ihnen recht: Auch wir wollen natürlich keine Schweineborsten im Brot - wenn ich das richtig verstanden habe.

(Beifall PIRATEN - Uli König [PIRATEN]: Da sind wir uns ja einig!)

Das ist in Ordnung. Wir wissen auch, dass Ende 2014 - das haben wir im Umwelt- und Agrarausschuss zur Kenntnis genommen - diese neue Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung in Kraft treten soll. Insofern drängt die Zeit, wenn Sie bereit sind, etwas zu ändern. Wir haben uns im Ausschuss auch darüber verständigt, dass wir uns noch Sachverstand dazuholen sollten und dann eine Art Kurzanhörung zu diesem Thema durchgeführt. Dadurch haben wir auch Erkenntnisse hinzugewonnen.

Wir werden vor diesem Hintergrund beide Anträge ablehnen. Ich möchte Ihnen auch erklären, warum. Es ist schon ein Problem, wenn zum Beispiel Klärstoffe, Speisegelatine tierischen Ursprungs, in Lebensmitteln verwendet werden, aber nicht als Zutat langfristig in diesem Lebensmittel verbleiben, sondern zum Teil nur in der Verarbeitungskette zum sogenannten Aufklären, als Klärstoffe, verwendet werden und später wieder abgetrennt und dann nicht als Zutat ausgewiesen werden müssen. Das ist ein Problem, weil Veganer und Vegetarier natürlich erwarten, dass in dem ganzen Prozess der Verarbeitung nie irgendetwas tierischen Ursprungs verwendet wurde oder auch nur kurzfristig in diesem Lebensmittel enthalten war. Insofern besteht zu Recht ein Informationsbedürfnis. Das gibt es.

Sie kennen die sogenannte V-Kennzeichnung: vegetarisch. Das ist alles freiwillig vom Lebensmitteleinzelhandel eingeführt worden und bisher ein sehr guter Weg gewesen. Mir ist auch klar, dass die Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren wollen, damit ein Problem haben, weil sie relativ viel Arbeit aufwenden müssen, um dieses V-Label tatsächlich auch zu finden. Oder sie finden Lebensmittel, die dieses V-Label nicht tragen, und sind dann verunsichert sind.

Wenn dann dieser tierische Zusatzstoff keine Zutat ist, muss er nicht ausgewiesen werden. Insofern haben die Menschen dort Probleme.