Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke dem Innenminister für seinen Bericht. Seine abschließenden Bemerkungen, dass der Bericht ehrlich und damit auch besonders anständig sei, setze ich als Selbstverständlichkeit voraus. Wenn uns der Minister hier auf Antrag berichtet, muss das ehrlich sein. Ansonsten können wir mit solchen Berichten wenig anfangen. Ich teile aber die Auffassung, dass dieser Bericht nicht für irgendeine Art von Polemik oder Klamauk geeignet ist. Dazu ist das Thema viel zu ernst. Dazu sind die Fragen, die gestellt worden sind, zu ernst.
Ich werde auf Ihren Bericht mit einer Ausnahme komplett sachlich eingehen. Es gibt ein Thema, das eben schon angesprochen worden ist. Das ist das Thema Überstunden. Das ist die Art und Weise, wie respektlos mit den Beamtinnen und Beamten umgegangen wird. Ansonsten will ich mich den sachlichen Problemen widmen.
Wen wollen wir bei der Polizei haben? - Das ist das wichtige Thema, das die Attraktivität berührt. Wir brauchen nicht den durchschnittlichen Bewerber. Wir brauchen jemanden mit sehr guter Schulbildung. Wir brauchen jemanden mit einem ganz klar gefestigten Demokratieverständnis. Wir brauchen Menschen mit starker Sozialkompetenz und extremer Teamfähigkeit, überdurchschnittlicher Stressresistenz und einer überdurchschnittlichen körperlichen Belastbarkeit, um die Nacheile zu Fuß genauso leisten zu können wie die ständigen Belastungen durch den Wechseldienst. Kurzum, wir brauchen Bewerberinnen und Bewerber, die gewiss zur gesellschaftlichen Elite zu zählen sind. Das muss so auf den Punkt gebracht werden, wenn wir wissen wollen, wie attraktiv die Polizei eigentlich sein soll.
Genau da entsteht das Problem. Wenn wir als Arbeitgeber in wenigen Jahren in Konkurrenz mit der freien Wirtschaft treten, wird es eben so sein, dass
Es gibt Dinge - die hat Herr Kubicki eben angesprochen -, die in Zusammenarbeit mit der Polizei nichts kosten. Das ist die hohe Attraktivität des Berufes durch ihn selbst. Jemand, der sich entscheidet, Polizist zu werden, möchte morgens in seinen Streifenwagen einsteigen und einen Tag mit ungewissen Dingen erleben. Er möchte nicht an einen 7-16:30-Uhr-Job machen, in dem er ganz selten wichtige Entscheidungen treffen kann. Der Polizeibeamte muss das regelmäßig tun, und er will das auch.
Verbunden mit einer lebenslangen Beschäftigungsgarantie reichte das bisher auch, um Bewerber zu bekommen. Aber das ist künftig, wie der Arbeitsmarkt zeigen wird, eben nicht mehr möglich.
Sie sprechen in Ihrem ehrlichen Bericht die Lebensund Arbeitsbedingungen in Eutin an. Da geht es zum Beispiel darum, dass Dreimannzimmer bewohnt werden und die Duschen im Keller sind. Damit können Sie niemanden mehr als Bewerber hinter dem Ofen hervorlocken. Das haben Sie erkannt. Sie gehen das Thema an.
Sie sprachen es selbst an: Die Einsatzhalle und die anderen Einsatzbedingungen werden optimiert. Sie haben es erkannt. Sie gehen es an. Wir werden das begleiten. Zurzeit muss man feststellen, dass diejenigen, die ein vierzehntägiges Praktikum bei der Polizei absolvieren und Eutin kennenlernen, wohl eher abgeschreckt als angezogen werden.
Das von Ihnen angesprochene Konzept der Landespolizei zusammen mit der Fachhochschule verfolgt die richtigen Ansätze. Es ist in der Sache bedingt, dass das Konzept nicht fertig sein kann. Die Fragestellungen, die im Bericht erkennbar waren, reichen bei Weitem nicht aus. Es gibt weitere Fragen, die aufzuarbeiten sind. Die wichtigste Frage ist meiner Meinung nach: Wie kann man den Polizeiberuf im Unterschied zu anderen Berufen positiv darstellen, um denjenigen, der drei Klimmzüge machen und lesen und schreiben kann, dazu zu bewegen, nicht zum Finanzamt, sondern zur Polizei zu gehen?
Besondere Menschen haben besondere Ansprüche. Ich hatte das angesprochen. Das Monetäre allein wird einen Polizisten nicht bewegen, zu uns zu kommen. Es ist auch das Berufsbild. Damit kommen wir zu dem, was Sie auch angesprochen haben, das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit. Es ist bei Weitem nicht so, dass die Polizei in Schleswig
Holstein schlecht angesehen ist. Sie haben es angeführt. Die Polizei ist sehr gut angesehen. Was nicht gut angesehen ist, sind fehlgeleitete Einsätze wie der in Hamburg am 21. Dezember 2013. Ich weiß aus erster Hand, dass nicht die Polizisten vor Ort die Dinge zum Eskalieren gebracht haben. Es waren tatsächlich, wie Kollege Peters anführte, Leute, die Straftaten unter dem Deckmantel der Politik begangen haben, und eine völlig überhitzte Atmosphäre, geleitet durch die Polizeiführung vor Ort. Die Polizisten vor Ort haben sich teilweise verheizt gefühlt. Das kann so nicht sein.
Die fünfminütige Redezeit, die ich habe, macht es unmöglich, auf alle Probleme einzugehen, insbesondere auf die Sachprobleme. Sie hatten es im Sommer schon angesprochen, als wir hier getagt haben. Das Thema Cybercrime ist ein wichtiges Thema. Es ist kein neues Feld, es ist ein ergänzendes Feld der Straftaten. Die Polizisten, die jetzt schon mit PCs arbeiten, beklagen, dass sie nicht frei ins Internet können - manchmal bedingt dadurch, dass es sinnvoll ist, dass sie das nicht können. Internetrecherchen sind schlecht möglich.
Sie haben keine richtige Vorstellung davon, was eine forensisch taugliche PC-Kraft kostet. Das ist extrem viel Geld, das man dafür in die Hand nehmen muss. Auch da lassen Sie nicht erkennen, wie viel Geld Sie in die Hand nehmen wollen. Von daher wird das Thema Cybercrime hier mit Sicherheit noch eine Weile unbetreut bleiben.
Wir müssen jetzt die Weichen für eine attraktive Landespolizei stellen. Wir haben gar nicht mehr viel Zeit dafür. Dazu brauchen wir Geld, Kreativität und echte Anstrengung.
Damit komme ich zu dem einzigen Punkt, der mich in Ihrem Bericht wirklich gestört hat: Überstunden entstehen nicht in der Fläche nach dem Gießkannenprinzip, wie Sie statistisch zu belegen versuchen. Überstunden entstehen dort, wo Polizisten besonders gefordert sind. Die entstehen nicht im Büro, die entstehen nicht im Verkehrsunfalldienst, sie entstehen für die Einsatzkräfte vor Ort in Hamburg. Sie entstehen für die Einsätze des SEK, sie entstehen durch TK-Überwachungen. Durch solche Dinge entstehen Überstunden. Und die Kollegen, die diese Überstunden leisten, sind auch diejenigen, die regelmäßig Überstunden leisten.
Ich glaube nicht, dass sie es gerade als besonders respektvoll und anerkennend empfinden, wie Sie nach dem Seitenbacher-Müsli-Prinzip diese Überstunden berücksichtigen. Die Firma Seitenbacher wurde dafür kritisiert, dass der Zuckeranteil in ihrem Müsli zu hoch sei, nämlich 30 g auf 100 g. Daraufhin sagte Seitenbacher: Das stimmt ja gar nicht. Man isst doch immer nur 50 g Müsli und tut immer Milch drauf, und schon hat man einen Zuckeranteil von 10 %. Ungefähr dieses Denken liegt dem zugrunde, was Sie hier mit der Statistik belegt haben. So kann man mit den Leuten nicht umgehen. Das ist nicht korrekt.
Was mir gefallen hat, waren Ihre Ausführungen, dass Sie die Zulagen für den Dienst zu ungünstigen Zeiten und auch andere Erschwerniszulagen heben wollen. Ich kann Ihnen sagen, dass die Zulagen insbesondere für SEK-Kräfte im Bundesvergleich nicht auf dem Top-Level sind. Da kann man deutlich nachbessern. Gerade SEK-Kräfte bekommen beim Bund wesentlich mehr Geld als bei uns. Das ist attraktiver für sie, sie sind beweglich. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass wir Polizisten teuer ausbilden und sie nach Hamburg oder zur Bundespolizei gehen, weil sie leichter befördert werden, schneller vorankommen, besser bezahlt werden und vielleicht auch noch mehr anerkannt werden.
Das Thema Dienst zu ungünstigen Zeiten ist ein altes gewerkschaftliches Thema. Damit wir einmal eine Hausnummer nennen: Vor neun Jahren hat die GdP gefordert, dass für die Sonntags- und Nachtarbeit 5 € die Stunde zu zahlen seien. Ich frage mich, wer heute mit einem qualifizierten Beruf am Sonntag für 5 € die Stunde, die teilweise noch steuerpflichtig sind, noch arbeiten geht. Fragen Sie einmal. Das wird künftig noch weniger sein. Da wird schon richtiges Geld in die Hand genommen werden müssen. Mich freut, dass Sie das Thema erkennen und angehen wollen, und ich freue mich genauso wie die anderen Kollegen auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. - Danke schön.
Vielen Dank. - Für die Abgeordneten-Kollegen des SSW hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier im Hause haben wir schon viel zur Attraktivität der Landespolizei gehört. Nun liegt uns auch der Bericht vor. Vielen Dank dafür an Minister Breitner und sein Team. Aus dem Bericht wird deutlich, dass die Landespolizei einen attraktiven Beruf darstellt, der weiterhin einen guten Ruf bei uns im Land genießt. Außerdem wird deutlich, dass die Landespolizei bemüht ist, an den wichtigsten Stellschrauben zu drehen, um den Betrieb auf Vordermann zu bringen, wie etwa beim Ausbildungsprogramm, beim Marketingpaket, das genannt wurde, beim Know-how, bei der Ausstattung rund um die digitale Welt, sowie dabei, eine Landespolizei zu schaffen, die auch die Vielfalt in Schleswig-Holstein widerspiegelt.
Der SSW im Landtag begrüßt insbesondere die lokale Vernetzungsstrategie, die sogenannte kommunale Kriminalpolitik, die wir alle aus unseren Regionen kennen. Dabei sollte es nicht nur um die politischen Vorgaben gehen, sondern vielmehr auch um die Verknüpfung mit der Praxis. Je weiter und stabiler das Netzwerk ist, desto mehr Kriminalität kann letztendlich auch dadurch aufgefangen werden. Dies ist ein langfristiges Projekt, welches Weitsicht und Durchhaltevermögen von allen Beteiligten erfordert. Dort wo wir einen Beitrag leisten können, werden wir diesen Ansatz natürlich auch unterstützen. Über weitere Ausführungen zu diesem Projekt im Ausschuss bin ich jedenfalls schon jetzt gespannt.
Ein weiterer Ansatz, den wir als SSW sehr begrüßen, ist der zum Schwerpunkt Cyber-Kriminalität. Statistiken belegen, dass die Anzahl der einfachen Diebstähle zurückgeht. Jedoch steigen die Fälle im Bereich von Cybercrime. Mittlerweile bleibt - glaube ich - kein Bekanntenkreis von Hackerzugriffen auf EC- oder Kreditkarten verschont. Seit gestern wissen wir ja, dass ungefähr ein Viertel der Bundesrepublik gerade mit diesem Thema in Kontakt gekommen ist.
Vor diesem Hintergrund beginnt die Spurensuche der Polizei mehr denn je im Netz. Gerade im Bereich der Internetkriminalität müssen wir in Schleswig-Holstein an Schlagkraft gewinnen. Denn schließlich muss unsere Landespolizei im Bereich von Internetkriminalität immer einen Schritt voraus sein. In dem Moment, wenn wir meinen zu wissen, wie der Kreditkartenbetrug vor sich geht, sind die Straftäter wahrscheinlich schon ganz woanders, und wir müssen wieder hinterherhecheln. Im digitalen Bereich wird es immer irgendwo eine Einstiegsluke
geben. Wenn die nicht einmal NSA vor deutschem Recht haltmacht, dann werden es all die anderen erst recht nicht tun.
Zu meinen, man könne sich völlig gegen Cybercrime schützen, ist - gelinde gesagt - ist ein sehr hochgestecktes Ziel, ein Ziel, welches nicht immer erreicht werden kann; denn Internet- und Wirtschaftskriminalität haben mit den herkömmlichen Straftaten meistens nicht mehr viel gemeinsam. Solche Diebstähle sind auf den ersten Blick gar nicht sichtbar. Tatspuren sind nur schwer zu erkennen, das Verhältnis zwischen Täter und Opfer unterscheidet sich erheblich von anderen Straftaten.
Klar ist: Es müssen echte Experten ins Team geholt werden. Was die Landespolizei an dieser Stelle braucht, sind Quereinsteiger. Das Ausbildungsangebot ist, wie im Bericht dargestellt, ein sehr umfassendes und auch praxisnah ausgerichtetes. Jedoch kann ein Praktikum in der Privatwirtschaft einfach nicht mit den Berufserfahrungen eines ITManagers in einem Kreditinstitut mithalten. Eine weitere Stellschraube ist in meinen Augen deshalb die sogenannte Sonderlaufbahn. Ob ein qualifizierter Quereinsteiger an dem Einschlagen einer Sonderlaufbahn interessiert ist, lässt sich schwer sagen. Einen Versuch ist es wert, aber die Gehaltsstrukturen sind natürlich nicht so attraktiv wie andernorts. Diese Quereinsteiger müssten im Prinzip abgeworben werden, denn obwohl die Polizei einen guten Ruf genießt, werden diese Kräfte wahrscheinlich nicht von ganz allein kommen. Dass man dann daran arbeiten muss, diese Spezialisten auch noch in den eigenen Reihen zu halten, macht es nicht eben leichter. Auch dieser Aspekt gehört zum Gesamtkonzept Quereinstieg dazu.
Letztendlich können wir als SSW nur feststellen, dass in dem vorgelegten Bericht ein vernünftiger Weg gezeichnet wird, um die Attraktivität der Landespolizei nach innen wie nach außen weiterhin aufrechtzuerhalten.
Welche Maßnahmen dabei Priorität haben sollen und vor allen Dingen, wie wir sie umsetzen, gerade was diese Sonderlaufbahn angeht, werden wir im Ausschuss ganz in Ruhe beraten. - Vielen Dank.
Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist mehrfach beantragt worden, den Bericht Drucksache 18/1432 dem Innen- und Rechtsaus
schuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen.
Bericht der Landesregierung zur aktuellen Situation und zur weiteren Entwicklung des Digitalfunks in Schleswig-Holstein
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin mit dem Thema Digitalfunk immer transparent umgegangen und werde dies auch in Zukunft tun. Das ist eine Selbstverständlichkeit, Herr Abgeordneter Dudda. Alle öffentlich geäußerten Kritikpunkte habe ich in unserem Bericht selbst offen dargelegt. Daher möchte ich aufgrund der aktuellen Diskussion und Berichterstattung rund um die Einführung des Digitalfunks in Schleswig-Holstein die Gelegenheit nutzen oder vielleicht auch nur den Versuch unternehmen, ein differenzierteres Bild zu zeichnen.
Dass bei der Einführung des Digitalfunks, dem größten IT-Infrastrukturprojekt in Deutschland, technische Probleme auftreten können, ist keine Überraschung. Das liegt in der technischen Natur der Sache. Trotzdem können wir feststellen, dass mit Ausnahme einer Basisstation in List auf Sylt das Netz wie ursprünglich geplant steht. Seit Dezember 2013 befindet sich die Landespolizei im operativen Probebetrieb. Er dient, wie sein Name sagt, der Erprobung, um Funkversorgungsdefizite und weitere technische Probleme zu erkennen und zu beseitigen. Wir testen auf Teufel komm raus, bis alles funktioniert. Wir testen eben auch bei Regen, bei Starkregen, im Orkan und Sturm, und wir testen auch in den letzten Winkeln des Landes. Die Bewertung, ob es in einer Probephase opportun ist, uns das Ergebnis des Probierens und Testens vorzuhalten, überlasse ich Ihnen.
Mit dem Stand von heute sind weder ich noch die Landespolizei mit der derzeitigen Situation zufrieden. Es gibt noch viel zu viele größere, aber auch kleinere Unzulänglichkeiten. Für die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Probleme wurden entsprechende Mittel eingeplant. Es handelt sich dabei also nicht um Mehrausgaben. Alles erfolgt auf Grundlage des Doppelhaushaltes 2009/ 2010 und der Planungen der Folgejahre. Von einem Millionengrab kann also überhaupt keine Rede sein. Wir befinden uns im Finanzplan.
Entscheidend ist - das ist wichtig -, dass alle Probleme abgestellt sind, wenn Ende dieses Jahres der Echtbetrieb beginnen soll. In unserem Bericht sind die Probleme identifiziert. An deren Lösung wird mit Hochdruck gearbeitet. Dabei gilt: Technische Probleme müssen auch technisch gelöst werden. Ein Ministerwort von mir oder in vorigen Zeiten von meinen Vorgängern, selbst ein Landtagsbeschluss, helfen da nicht weiter. Weder ich noch meine damit befassten Vorgänger haben oder hatten einen Knopf im Büro, auf den wir drücken können, und dann wird alles besser. Die Probleme mit dem Digitalfunk eignen sich nicht für Schuldzuweisungen zwischen Regierung und Opposition. Natürlich sehen Sie das anders. Das ist auch okay, nützt der Sache nur nicht.