Protokoll der Sitzung vom 19.02.2014

Der Ministerpräsident spricht immer wieder von Bürokratieabbau, während seine Fachminister und die Koalitionsfraktionen immer mehr Bürokratie in diesem Land schaffen. Eigentümer spielen dabei keine Rolle. Sie können sich nicht einmal positiv auch das sage ich ernsthaft - in die Unterschutzstellung ihres Gebäudes einbringen, weil sie von der Denkmalschutzbehörde zukünftig gar nicht mehr angehört werden. Den Eigentümern bleibt am Ende nur noch der Weg vor Gericht. Was für ein Obrigkeitsdenken dieser Regierung!

(Beifall CDU)

Wirtschaftliche Interessen der Eigentümer spielen künftig kaum noch eine Rolle. Bauliche Veränderungen sind nur noch dann möglich, wenn ihnen Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen. Bei dieser weit gefassten Formulierung gibt es am Ende immer Gründe dagegen. Dass die wirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks durch den Denkmalschutz neuerdings auch noch ins Grundbuch eingetragen und das Eigentum damit eingeschränkt werden soll, ist allerdings der Gipfel. Diese entschädigungslose Einschränkung greift tief in Eigentumsrechte ein, sie vermindert den Wert von Grundstücken mit allen negativen Folgen für Wiederverkauf und Kreditlinien.

Ihr Denkmalschutzgesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, wird zur Entwicklungsbremse für den gesamten ländlichen Raum. Es behindert die zukunftsgerichtete Umnutzung alter Häuser und Höfe in den Dörfern, es erschwert den Handwerkern, sich zu erweitern und auf neue Herausforderungen zu reagieren und sich für die Zukunft vorzubereiten.

Mit dem Verbandsklagerecht können zukünftig jeder Bebauungsplan - jeder Bebauungsplan! -, jede Satzung für Gewerbegebiete und jede Abrundungssatzung in den Dörfern beklagt und damit verhindert werden. Das bedeutet Stillstand im ländlichen Raum.

(Beifall CDU)

Allerdings sind diese Pläne von Kulturministerin Spoorendonk für die Energiewende weit schlimmer als das, was Sigmar Gabriel in Berlin mit seiner sogenannten Deckelung plant. Warum?

(Wolfgang Kubicki)

Erstens muss mit der Heraufstufung einfacher Denkmale jede Windeignungsfläche neu bewertet werden, obwohl dies schon 2012 in einem umfangreichen Verfahren erledigt wurde. Selbst Kleinwindanlagen, die der Innenminister jetzt erleichtern will, werden durch diese Gesetzesnovelle erschwert.

Zweitens wird der Umgebungsschutz deutlich ausgeweitet - nicht nur von wesentlichen Sichtachsen -, sondern auf die gesamte Umgebung eines Denkmals.

Drittens kann mit der Verbandsklage jedes Windeignungsgebiet wieder zu Fall gebracht werden, selbst dann, wenn vorher der Denkmalschutz als Träger öffentlicher Belange zugestimmt und dem Verfahren seinen Segen gegeben hat.

Investoren und Betreibern von Windparks wird hiermit jede Planungssicherheit entzogen. Ich kann nur sagen, wenn dieses Denkmalschutzgesetz in Kraft tritt, ist die Erfolgsgeschichte der Energiewende für Schleswig-Holstein ausgebremst. Man kann es auch ganz einfach ausdrücken: Frau Spoorendonk hat Herrn Habeck über den Tisch gezogen.

(Lachen SPD)

Ich kann den Energiewendeminister nur dringend bitten, sich das Gesetz in allen seinen Auswirkungen auf die Energiewende in Schleswig-Holstein anzusehen.

Haben Sie endlich einmal Vertrauen in die Menschen in diesem Land, verhindern Sie neue Bürokratie, schaffen Sie Perspektiven für den ländlichen Raum und Perspektiven für die Energiewende in Schleswig-Holstein! - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Beate Raudies.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Aktuelle Stunde zum Denkmalschutz, allein darüber ließe sich schon beliebig philosophieren. Herr Kubicki, Sie haben gesagt, Sie wollten keine Panik betreiben. Wozu dann aber diese Aktuelle Stunde? Wird es in diesem Haus jetzt schon Usus, dass wir über Referentenentwürfe diskutieren? Ich bin ja erst seit knapp zwei Jahren im Parlament. Aber ich dachte, wir würden hier über Gesetzentwürfe disku

tieren und nicht über das, was im Ministerium zunächst auf Arbeitsebene entsteht.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Thema haben wir morgen wieder. Die parlamentarische Unterrichtung liegt seit Wochen vor.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Das Einzige, was in der letzten Woche neu war, waren drei Presseartikel mit schönen Fotos, unter anderem von Herrn Arp.

(Beifall CDU und FDP)

- Ja, bitte. Aber ob das tatsächlich der Anlass für eine Aktuelle Stunde ist? Mein lieber Herr Gesangsverein!

(Heiterkeit SPD)

Jetzt fangen Sie natürlich wieder an, die alten Platten zu spielen: Bürokratieabbau, Schwächung des ländlichen Raums. Ich glaube, die meisten Denkmale in diesem Land stehen in der Stadt Lübeck, diese gehört nun nicht zum ländlichen Raum. Dies nur, um das wieder ins richtige Licht zu rücken.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zurufe CDU und FDP)

Ich möchte darum bitten, meiner Rede genauso aufmerksam zuzuhören, wie ich das bei den anderen Rednern getan habe. - Vielen Dank.

Dann kommt wieder die Platte von den wirtschaftlichen Interessen und dem Denkmalschutz, die einander widersprechen. Ich habe beim Googeln eine wunderbare Internetseite gefunden - Herr Kubicki, extra für Sie -: Denkmalschutzabschreibung ist die attraktivste Möglichkeit, um Steuern zu sparen. Hallo! Denn es gibt steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für vermietete und für eigengenutzte Denkmale. Gerade was die Eigennutzung angeht, ist das ein Punkt, der im Steuerrecht so ansonsten nirgends mehr vorkommt.

Ich finde es sehr bedenklich, dass Sie diesen Einzelfall nehmen, um Kritik am Denkmalschutzgesetz zu äußern. Ich möchte Sie gern daran erinnern, dass die Unterschutzstellung, über die wir hier heute reden, nach dem gültigen Denkmalschutzgesetz stattfindet, das die CDU/FDP-Mehrheit in diesem Landtag Anfang 2012 verabschiedet hat.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist es!)

(Johannes Callsen)

Am Denkmalbegriff und am Eintragungsverfahren haben Sie in der Novelle rein gar nichts geändert. Das passiert noch so wie in den 50er-Jahren. Deswegen haben wir auch ein Vollzugsdefizit, was die Eintragung von Denkmalen angeht. Genau deshalb wird der Denkmalschutz immer erst in letzter Minute tätig. Und das führt zu Frust, zu Ärger, zu Unsicherheit auf beiden Seiten. Das ist Murks, und das wird unsere Novelle hoffentlich beseitigen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Kubicki, ich bin ganz sicher, dass sich die von Ihnen thematisierte Übergangsregelung im Gesetzentwurf wiederfinden wird. Deshalb wird ein Anhörungsverfahren durchgeführt, damit das Ministerium Vorschläge und Anregungen einarbeiten kann.

Noch einmal kurz zu den Einzelfällen: Wie gesagt, der denkmalschutzrechtliche Vorbehalt gilt schon lange. Dieser ist bereits im ersten Regionalplan zu finden. Das hat also nichts mit irgendeiner Änderung zu tun. Die Nacherfassung der einfachen Kulturdenkmäler, über die hier fabuliert wurde, hat mit diesem Fall gar nichts zu tun; denn diese hat noch nicht begonnen.

Spaßig finde ich auch den Hinweis auf 16.000 einfache Kulturdenkmäler. Ich habe mir ein kleines Rechenexempel hierzu erlaubt. Laut Zensus 2011 finden sich in Schleswig-Holstein rund 811.000 Gebäude mit Wohnraum. Angaben zu gewerblich genutzten Gebäuden habe ich leider nicht gefunden. Diese sind beim Zensus nicht erhoben worden. Selbst dann, wenn die von Herrn Callsen in den Raum gestellten 16.000 einfachen Kulturdenkmäler alle als erhaltens- und schützenswert eingestuft werden, wovon niemand ausgeht, sind das weniger als 2 % der Gebäude in diesem Land. Dann von einem Freilichtmuseum zu reden, das finde ich schon sehr mutig, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Besonders erfreut hat mich die Rolle von Herrn Callsen als Vorkämpfer der Energiewende.

(Lachen SPD)

Vielleicht sollten Sie einmal bei Ihrem Kollegen Seehofer in München vorstellig werden.

(Johannes Callsen [CDU]: Sie sollten sich um Ihre Hausaufgaben hier im Land küm- mern!)

Im Referentenentwurf heißt es hierzu:

„Bei Vorhaben, deren energiewirtschaftliche Notwendigkeit und deren vordringlicher Bedarf gesetzlich festgelegt sind, ist die Genehmigung zu erteilen.“

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Damit definiert der Referentenentwurf eindeutig die Energiewende und den Klimaschutz als öffentliche Belange, die künftig bei der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zu prüfen sind. Damit sind wir deutlich weiter als mit dem jetzigen Gesetz.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Johannes Callsen [CDU])

Deswegen appelliere ich an die Opposition: Lassen Sie die denkmalgeschützte Kirche im Dorf. Die Aktuelle Stunde kann und darf parlamentarische Beratungen über den Regierungsentwurf nicht vorwegnehmen und nicht ersetzen. Diese Debatte führen wir gern, wenn die Regierung einen Entwurf vorgelegt hat. Ich freue mich auf diese Debatte. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Marlies Fritzen.