Protokoll der Sitzung vom 19.02.2014

Knapp, knapp. Herr Kubicki, sind Sie der Meinung, dass man ernsthaft gewählt werden kann, wenn man die nötige persönliche Reife nicht hat, zum Beispiel zum Landrat oder Ähnliches?

Wenn Sie mich jetzt so fragen, möchte ich jetzt sagen: Ich könnte mir das bei Ihnen schon vorstellen, unabhängig vom Alter.

(Uli König [PIRATEN]: Aber Sie haben das gerade am Alter festgemacht!)

Es hat wirklich einen wesentlichen Grund, dass Sie mit 18 Jahren, wenn Sie zum Bürgermeister oder Landrat gewählt würden, Verantwortung übernehmen, von der ich nicht weiß, ob Sie im Einzelfall immer überblicken, ob Sie der Verantwortung gerecht werden können. Da Sie dankenswerterweise in der Altersklasse zwischen 18 und 21 einen Anspruch haben, als Heranwachsender beurteilt zu werden, macht es für mich auch wirklich Sinn, daran festzuhalten und zu sagen: Wenn ich das im strafrechtlichen Bereich akzeptiere, dann muss ich das bei der Frage der Wählbarkeit von Bürgermeistern und Landräten auch.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter Kubicki, erlauben Sie eine weitere Frage oder Anmerkung des Herrn Abgeordneten König?

Mein Präsident, selbstverständlich.

Sie haben mir jetzt gerade die Reife abgesprochen, so ein Amt auszuüben. Wie wollen Sie das dann mit dem Alter machen? Das ist doch eine rein zufällig gewählte Zahl, ob das jetzt 18 oder 21 ist? Das können wir doch auch auswürfeln. Wollen wir nicht irgendwie sagen: Ab 42 oder 23 Jahren? Das sind auch schöne Zahlen!

(Wolfgang Kubicki)

- Ja in der Tat. Es gibt auch andere rechtliche Regelungen, wo man das an einem bestimmten Alter festmacht, beispielsweise darf als Bundespräsident nicht kandidieren, wer jünger als 40 Jahre ist.

(Zuruf - Hans-Jörn Arp [CDU]: Seit zehn Jahren warten wir darauf, dass der reifer wird!)

Selbstverständlich - das steht auch bei uns im Landesverfassungsgerichtsgesetz - darf auch niemand Verfassungsrichter werden, der jünger als 40 Jahre ist.

(Uli König [PIRATEN]: Das ist Altersdiskri- minierung!)

- Nein, das ist die statistisch verifizierte Annahme, dass im Erwachsenenalter die Lebensreife, das heißt die Erfahrung aufgrund eigenen Lebens, zunimmt. Das sollte normalerweise so sein. Es gibt das können Sie an mir sehen - gelegentlich auch Ausnahmen.

(Zuruf)

Aber unabhängig von dieser Frage sollten wir tatsächlich beachten, dass Menschen zwischen 18 und 21 Jahren strafrechtlich immer noch als Heranwachsende geführt werden. Wir sollten uns in der Tat bei der Frage der Wählbarkeit - jedenfalls ist das meine persönliche Auffassung und die meiner Fraktion - an der Grenze für Erwachsene orientieren. Die liegt erst bei 21 Jahren.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Hört auf den Alters- präsidenten! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das sollten Sie gelegentlich tun!)

- Herr Kollege Dr. Stegner, auch Sie werden logischerweise, dagegen können Sie gar nichts tun, älter und damit, wie ich hoffe, auch reifer.

(Zuruf - Hans-Jörn Arp [CDU]: Seit zehn Jahren warten wir darauf, dass der reifer wird! - Weitere Zurufe)

- Ich habe nicht „weiser” gesagt, ich habe „reifer” gesagt.

Das Alter wird sicherlich bei den Wählerinnen und Wählern auch Einfluss auf die Wahlentscheidung haben. Sie werden das Alter des jeweiligen Kandidaten für sich selbst bewerten können und es als Kriterium für die Wahlentscheidung verwenden. Lassen wir doch auch beim Alter die Wähler entscheiden.

Ich darf darauf hinweisen: Der ehemalige Bundeskanzler Konrad Adenauer war bei Amtsantritt 73 Jahre alt, und er trat erst mit 87 Jahren von sei

nem Amt als Bundeskanzler zurück. Als Bürgermeister von Kiel, Herr Kollege Ministerpräsident Albig, hätte er nicht gewählt werden können. Auch Ministerin Anke Spoorendonk oder ich selbst könnten nicht Bürgermeister werden, Minister - Ministerpräsident wahrscheinlich auch nicht -, Bundeskanzler oder Bundespräsident dürften wir jedenfalls theoretisch schon werden.

(Zuruf Ministerpräsident Torsten Albig - Vereinzelter Beifall SPD - Heiterkeit)

Ich bin sicher, wir werden im Ausschuss zu dieser Frage noch eine hitzige Diskussion führen. Wir sollten uns an den Regelungen anderer Bundesländer orientieren und nicht als restriktivstes Land deutschlandweit in diesem Feld bestehen bleiben. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD, Beifall Wolf- gang Dudda [PIRATEN] und Lars Harms [SSW])

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Petra Nicolaisen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf enthält zwei Ansätze, die wir getrennt voneinander betrachten sollten.

Der erste Ansatz ist der, dass das Mindestalter - es wurde eben gesagt - für die Wählbarkeit zum Bürgermeister oder Landrat von 27 auf 21 Jahre abgesenkt werden soll. Ob dieser Ansatz sinnvoll ist, ist eine Frage, die nicht so ganz einfach zu beantworten ist. Die Altersgrenze von 27 Jahren orientierte sich ursprünglich an den Regelungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit. Diese Regelung - das hat Herr Kubicki schon gesagt - wurde bereits gestrichen.

Sieht man sich das in Schleswig-Holstein geltende Mindestalter an, stellt man fest, dass dieses über den Mindestaltergrenzen der anderen Bundesländer liegt. Allerdings kann man die Altersgrenze nur im Zusammenhang mit den Anforderungen des Amtes betrachten. Bürgermeister und Landräte nehmen in den jeweiligen Kommunen eine herausragende Position ein: Einerseits sind sie Chefs der jeweiligen Kommunalverwaltung, und andererseits sind sie auch zentrale Figuren im politischen Gefüge. Für die Bewältigung dieser Anforderungen ist jeweils

(Wolfgang Kubicki)

eine gewisse Lebenserfahrung vonnöten. Hierbei geht es nicht nur um das Fachliche.

Aus diesem Grund halte ich auch den Vergleich mit der Mindestaltersregelung für die Beamtenernennung nicht für einschlägig. Der Bürgermeister oder Landrat steht von jetzt auf gleich an der Spitze. Normale Beamte hingegen sind in ihrer jeweiligen Laufbahn eingebunden. Ihre Laufbahn folgt ihrer persönlichen Entwicklung. Wir können aber auch über die Frage der Mindestaltersgrenze reden. Wir können diskutieren, ob 27 oder 21 Jahre die geeignete Grenze ist. Vielleicht auch irgendetwas dazwischen.

Hierbei sollten wir auch die Frage der Verhältnismäßigkeit solcher Einschränkungen in den Blick nehmen. Ich will mich hier nicht von vornherein festlegen. Daher sehe ich den Ausschussberatungen mit Interesse entgegen.

Der zweite Ansatz ist die Aufhebung der Höchstaltersgrenze. Hier habe ich eine etwas kritischere Haltung als in Bezug auf das Mindestalter. Nach dem Landesbeamtengesetz bildet für Beamtinnen und Beamte das 67. Lebensjahr die Altersgrenze. Für kommunale Wahlbeamte liegt diese heute schon bei 68 Jahren. Für die Erstwahl liegt die Grenze bei 62 Jahren. Altersgrenzen für kommunale Wahlbeamte waren schon mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Das Bundesverfassungsgericht hat im August 2013 noch einmal bestätigt, dass solche Altersgrenzen verfassungsrechtlich unbedenklich sind.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki?

Frau Kollegin Nicolaisen, wir werden ja noch im Ausschuss diskutieren, aber würden Sie mir freundlicherweise jetzt schon mitteilen, ob ihre Bedenken durchgreifend sind, wenn Sie feststellen, dass beispielsweise in Bayern das Mindestalter bei 18 Jahren und das Höchstalter der ersten Wahlentscheidung, also nicht der Fortsetzung, bei 67 Jahren liegt?

(Zuruf Dr. Dolgner)

- Sie hält die Altersbegrenzung bei 62 Jahren für durchgreifend und richtig. Es gibt kein

anderes Land, welches eine so restriktive Regelung hat. Deshalb steht die Frage im Raum, ob sie denn glaubt, dass die anderen Länder, die sich anders entschieden haben, offensichtlich weniger-

Sie müssen es der Abgeordneten erklären, nicht den anderen.

(Volker Dornquast [CDU]: Das könnt ihr doch im Ausschuss diskutieren!)

- Ok, das machen wir im Ausschuss.

Ich habe Ihnen ja angeboten, im Ausschuss noch einmal darüber zu reden. In Bezug auf die Abschaffung der Altersgrenze habe ich eine etwas kritischere Haltung. In der Tat hat Bayern das niedrigste Einstiegsalter für Landräte.

(Zuruf: Und Ausstieg!)

Herr Kubicki, richtig ist, dass die Menschen immer älter werden. Das ist eine erfreuliche Entwicklung.

(Heiterkeit)

Es mag Ihnen entgegenkommen, das entsprechend in das Verfahren einzubringen. Richtig ist auch, dass immer mehr Menschen bis ins hohe Alter leistungsfähig sind. Das ist auch eine gute Nachricht. Der Gesetzgeber ist daher berechtigt und - meiner Meinung nach - auch gehalten, den Grundsatz der Ämterstabilität in seine Entscheidung mit einzubeziehen.

Unsere bisherigen Regelungen stellen eine ausgewogene Lösung dar. Ich bin jedoch gesprächsbereit. Im Rahmen der Ausschussbefassung haben wir einige Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Dies sollten wir mit der gebotenen Intensität auch tun. Ich habe deutlich gemacht, dass ich eine gewisse Skepsis habe, aber ich betone, den Diskussionen offen entgegenzutreten. Ich freue mich auf konstruktive Ausschussberatungen. - Vielen Dank.