Protokoll der Sitzung vom 20.03.2014

Herr Dr. Stegner, bitte.

Liebe Frau Kollegin Franzen!

(Zurufe CDU: Oh!)

Täusche ich mich in meiner Erinnerung, oder hat die CDU, als sie hier mit der FDP gemeinsam regiert hat, vereinbart, den entsprechend der Einigung aus der Zeit der Großen Koalition gefassten Beschluss, nämlich die Hälfte der durch den Schülerrückgang wegfallenden Stellen im System zu lassen, durch einen Beschluss zu ersetzen, der da heißt: „Alle Stellen werden gestrichen, die durch den Rückgang der Schülerzahlen rückgängig gemacht werden sollten.“? Ist das die Beschlusslage der CDU/FDP-Koalition gewesen, ja oder nein?

(Anita Klahn [FDP]: Nein!)

Das ist zum Teil die Beschlusslage gewesen; es war in der Tat so. Aber ich habe auf das abgehoben, was Sie tatsächlich gemacht haben.

(Beifall CDU und FDP - Anita Klahn [FDP]: Genau!)

Sie haben tatsächlich in diesem und im letzten Schuljahr 100 Planstellen mehr gestrichen, als es der alte Abbaupfad vorgesehen hat. Das ist Tatsache.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf SPD: Das ist falsch!)

Jetzt möchte ich gern mit meiner Rede fortfahren.

Entschuldigung, Frau Kollegin.

Ich habe gesagt, ich möchte gerne mit meiner Rede fortfahren.

Das hatte ich vermutet, konnte es aber nicht genau verstehen, weil der Applaus so stark war. Deswegen machen Sie gerne weiter, ja.

(Beifall CDU und FDP)

Leute, dies tut gut. Also machen wir weiter.

Die Abschaffung der eigenständigen Gymnasiallehrerausbildung ist ein weiteres Zeichen dafür, wie die Landesregierung und die Koalition zu dieser tragenden Säule unseres Bildungssystems stehen. Sie selber werden nicht müde zu betonen, dass Sie die Lehrkräfte für die Schulen im Land ausbilden wollen, die wir haben. An dieser Stelle sind Sie sogar ehrlich. Wer keine Gymnasien mehr haben will, der braucht dafür auch keine Lehrkräfte auszubilden.

(Beifall CDU und FDP)

Auch die Festlegung der Gymnasien auf den achtjährigen Bildungsgang trägt nicht zur Stärkung dieser Schulart bei.

Sollten jetzt alle Kinder die Möglichkeit haben, an den Gymnasien beschult zu werden, werden es insbesondere die Kinder, die den gesetzlich von Ihnen nicht veränderten Anforderungen nicht gerecht werden können, an den Gymnasien richtig schwer haben. Die Gymnasien haben nicht die Ressourcen, um ihnen gerecht zu werden, und müssen diese Kinder unter den erschwerten Bedingungen von G 8 beschulen. Wissen Sie eigentlich, was das für die Kinder vor Ort bedeuten kann, wenn sie in einer Schule sind, die nicht für sie ausgestattet ist? Ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich darüber im Klaren sind. Deswegen brauchen wir die Wahlfreiheit für G 8 und G 9.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

Meine Damen und Herren, Sie bürden den Gymnasien neue Aufgaben auf. Sie schränken die Profilvielfalt an den Oberstufen durch neue Oberstufen ein. Sie entziehen den Gymnasien überproportional Lehrkräfte. Und jetzt kommen Sie mir nicht mit dem Schülerrückgang. Sie haben die Aufgaben erweitert und bleiben die Ressourcen dafür schuldig.

Die Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD ist da klar und deutlich. Sie spricht sich für die Gemeinschaftsschule aus und bezeichnet die Zweigliedrigkeit als Übergangssystem. Hier im Land macht man das allerdings ein bisschen anders. Man spricht von

starken Gymnasien und schwächt sie, wo man nur kann.

(Beifall CDU und FDP)

Seien Sie doch bitte einmal ehrlich und verkaufen Sie die Menschen nicht für dumm. Die Abschaffung der Gymnasien ist für Sie doch längst beschlossene Sache.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf SPD: Das ist reine Suggestion!)

- Das ist keine Suggestion.

(Zuruf SPD: Ach, das stammt doch aus den Sechzigern!)

- Nein, das ist auch nicht aus den Sechzigern, sondern das kommt woanders her.

(Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, ich zitiere:

„Der Weg zur Gemeinschaftsschule:“

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Herr Vogt, vielleicht hören auch Sie mir zu; das ist interessant. - Ich wiederhole:

„Der Weg zur Gemeinschaftsschule: Im Rahmen einer umfassenden Novelle des Schulgesetzes … und der einschlägigen Verordnungen werden die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen für alle Schulen für den schrittweisen Umbau der Schulstruktur festgelegt. … Die Schulabschlüsse werden schulartunabhängig neu gestaltet. …

Die Schulartempfehlung entfällt.“

Ich zitiere weiter:

„Der Einstieg in die ungeteilte Schule nach skandinavischem Vorbild wird ab 2006 auf den Weg gebracht. Dazu muss die Landesregierung einen konkreten Plan vorlegen, der aufzeigt, wie und wann die ungeteilte Schule in Schleswig-Holstein eingeführt wird. Dieser Plan muss alle Schritte umfassen und die Grundlagen dafür schaffen, dass der Landtag spätestens im Jahr 2006 den Einstieg in die ungeteilte Schule beschließen kann.“

Das sind Zitate aus Ihrem Koalitionsvertrag und der Tolerierungsvereinbarung 2005 hier in diesem Land.

(Zurufe SPD)

Meine Damen und Herren, wir können dem Kollegen, der damals mit seiner Stimmenthaltung dafür

gesorgt hat, dass diese Politik nicht umgesetzt werden konnte, heute noch dankbar sein.

(Beifall CDU und FDP)

Heute setzen Sie das um. Allerdings verschweigen Sie diesmal das Ziel.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD] - Volker Dornquast [CDU]: Damals waren die noch ehrlich! - Lachen FDP)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die CDU steht zu einem differenzierten Schulwesen, in dem alle Schularten ihre Daseinsberechtigung und ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag haben und auch ein entsprechendes Recht auf Ausstattung und Respekt für ihre Arbeit.

Respekt und Wertschätzung sollten wir auch den Menschen zollen, die sich jeden Tag der Aufgabe stellen, unseren Kindern im Bildungssystem Bildung und Wissen zu vermitteln. Über die Ausgestaltung von Schule kann man sich in der Tat trefflich streiten. Aber wie Sie, Herr Dr. Stegner, mit dem Philologen Verband umgegangen sind, ist zum Fremdschämen.

(Zurufe SPD: Oh! - Beifall CDU, FDP und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Nur weil Ihnen die berechtigte Kritik dieses Verbandes nicht passt, ihn in die Nazi-Ecke zu stellen, ist unter der Würde dieses Hauses und insbesondere unter der Würde eines Fraktionsvorsitzenden.

(Zurufe SPD: Oh!)

Ihr Verhalten empfinde ich als zutiefst ehrverletzend, und das müssen Sie sich als Meinungsäußerung hier von diesem Rednerpult aus auch gefallen lassen.