Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Wir wollen die Evaluation der unabhängigen Kommission abwarten. Der Antrag der FDP ist aus unserer Sicht inhaltsleer, weil er nichts sagt, was wir nicht ohnehin schon beschlossen haben. Er spielt mit der falschen Annahme, dass die öffentlichrechtlichen Anstalten das höhere Beitragsaufkommen bekommen.

Wir wollen nach der Evaluation - jetzt komme ich zum letzten Satz - entscheiden, wie so verfahren werden kann, dass wir Verwerfungen und Ungerechtigkeiten im Beitragssystem ausgleichen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Eichstädt, es ist immer wieder schön, wenn man sozusagen seinen eigenen Vorurteilen hinterherläuft, einen Popanz aufbaut, um daran etwas zu erklären.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Aber sei es drum. Ich möchte mit den beiden neuen Anträgen der Piratenfraktion und der regierungstragenden Fraktionen beginnen. Ich empfehle wirklich, die Anträge im Ausschuss sorgfältig zu beraten, Herr Kollege Eichstädt, um dort eine breitere Diskussion über den gesamten öffentlichen Rundfunk anzustoßen und einige weitere Punkte zu berücksichtigen und zu beachten.

Beispielsweise schlagen Sie in beiden Anträgen vor, dass es eine konsequente Weiterentwicklung des Angebotes für hör- und sehbeeinträchtigte Menschen geben soll - Stichwort: Untertitelung und Audiodeskription - sowie eine Bestimmung aufgenommen werden soll, die eine angemessene Berücksichtigung von Fernseh- und Radiobeiträgen in dänischer und in friesischer Sprache vorschreibt. In diesem Rahmen könnte man beispielsweise auch über die Frage diskutieren, ob man die vorgeschlagenen Änderungen nicht mit dem Modell des Zweitonkanals kombiniert. Dann könnte beispielsweise die höchst erfolgreiche dänische Politserie „Borgen“ auch im Originalton und mit entsprechender Untertitelung verfolgt werden. Das wäre nicht nur eine Erweiterung der Sprachenvielfalt, sondern würde auch noch der Erfüllung des bildungspolitischen Auftrages gerecht.

(Beifall FDP)

Man könnte also beides bereits heute bewerkstelligen, ohne dass man neue Regelungen schaffen müsste.

Und weiter: Warum überdenken Sie in diesem Zuge nicht grundsätzlich, wie bereits vorgeschlagen, die in § 11 d des Staatsvertrages bestehende Begrenzung der Ausstrahlung der Sendungen im Internet auf sieben Tage?

Für die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind zwei Punkte von entscheidender Bedeutung: die Programmgestaltung und die Mittelver

(Peter Eichstädt)

wendung. Beide Punkte werden jedoch in Ihren Anträgen nur am Rande gestreift.

Bei der Programmgestaltung zeigt sich, dass sich viele öffentlich-rechtliche Sendungen zu sehr an der Quote orientieren und zu wenig an dem gesetzlichen Auftrag, der vorsieht, dass Angebote der Bildung, der Information, der Beratung und der Unterhaltung zu dienen haben. Herr Kollege Eichstädt, ich weiß das auch aus eigener Erfahrung, weil gelegentlich auch bei Sendungen, bei denen ich aufgetreten bin, gefragt wird, warum sie durchgeführt werden. Die Erklärung war: Das muss man machen, um die Quote zu erreichen. Auch öffentlich-rechtliche Sender werden daran gemessen, ob ihre Beiträge gesehen werden.

Dieser Auftrag wird nicht ausgefüllt, wenn man feststellen muss, dass Dokumentationen und Reportagen von höchster Brisanz und bester Qualität ins späte Nachtprogramm gelegt werden, während mittelmäßige Fernsehunterhaltung zum Teil das Vorabendprogramm dominiert.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Eichstädt?

Selbstverständlich. Da der Kollege im öffentlichrechtlichen Rundfunk zu Hause ist, gern.

Herr Eichstädt.

Ich warte immer auf die Bemerkung und die Kritik, was die Qualität und die Quote angeht. Dabei teile ich durchaus Ihre Auffassung, dass viele Entscheidungen zu sehr quotenorientiert sind. Ich würde mir durchaus andere Kriterien wünschen. Stimmen Sie mir nicht auch zu, Herr Kollege Kubicki, dass es durchaus auch zu vernünftigen Zeiten in den öffentlichrechtlichen Angeboten Beiträge gibt, die von hoher Qualität sind und die sich nicht an einer Quote orientieren? Ich glaube, Sie sind etwas zu sehr ARD- und ZDF-orientiert vielleicht, weil Sie in den Sendungen mitwirken. Ein Sender wie ARTE, der auch zu den öffentlich-rechtlichen Sendern gehört, erfreut sich mit höchster Qualität einer Quote von 0,9 %. Ich frage mich immer, warum die

Menschen, die die Qualität und die Quote kritisieren, nicht diese Sendungen sehen.

Herr Kollege Eichstädt, wie Sie bedaure ich, dass die Sendungen, an denen ich mitwirke, meistens zu Nachtzeiten stattfinden

(Beifall FDP)

und trotzdem noch mit hoher Quote gesehen werden. Unabhängig davon habe ich auch ein gewisses Grundverständnis dafür, dass sich öffentlich-rechtliche Sender auch am Zuschauerinteresse orientieren müssen. Sie sollen ja kein Programm auflegen, das nur von einer Minderheit gesehen werden kann.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Andererseits verwahre ich mich dagegen, dass immer erklärt wird, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seien deshalb so notwendig, weil sie sich gerade nicht an der Quote orientierten, sondern zu allen Tageszeiten Qualität ablieferten. Das machen im Übrigen private Senderanstalten in gleicher Weise. Auch SAT.1 und RTL bieten beispielsweise durchaus Dokumentationen und Sendungen mit hohem Informationswert an, die auch gesehen werden, ohne dass sich die Sender auf den Standpunkt stellen, dies sei ihrem Bildungsauftrag oder ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag geschuldet.

Wir sollten die Diskussion ein bisschen entkrampfen. Man sollte auf öffentlich-rechtlicher Seite auch aufhören, immer mit dem hohen moralischen Anspruch zu argumentieren, die besondere Notwendigkeit bestehe darin, dass sie zu allen Tageszeiten angemessene Programme anbieten müssten. Herr Kollege Eichstädt, wir wissen - machen wir uns nichts vor -: Die Vorabendsendungen und Quizshows, die gelegentlich ablaufen, nicht nur über den Tag, sondern auch im Vorabendprogramm, würden unser beider Vorstellungen von einem öffentlichrechtlichen Bildungsauftrag nicht entsprechen. Da bin ich mir ganz sicher.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Eichstädt?

Selbstverständlich.

Bitte schön.

(Wolfgang Kubicki)

Herr Kubicki, würden Sie mir nicht auch zustimmen, dass Toleranz auch beinhalten sollte, dass Angebote akzeptiert werden, die vielleicht anderen Menschen ausdrücklich gefallen und uns beiden vielleicht nicht?

Das akzeptiere ich nicht nur, das halte ich für selbstverständlich. Aber noch einmal: Der Bildungsauftrag ist ein anderer, als Massenwünsche zu erfüllen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das nicht nur eine Frage des Budgets ist, beweist beispielsweise gerade der TV-Sender ARTE, der mit einem vergleichsweise kleinen Budget ein innovatives, einfallsreiches und originelles Programm zusammenstellt. Er beweist, dass es auch anders geht. Deutschland leistet sich das teuerste öffentlichrechtliche Rundfunksystem der Welt. Das Ergebnis ist eine undurchschaubare Quantität von 22 Fernseh- und 67 Radiokanälen.

Deshalb müssen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk folgende Forderungen erfüllt sein:

Erstens. Sparsamer Mitteleinsatz über alle Bereiche. Das heißt auch, dass es keine Quersubventionierung und ungerechten Dumpingwettbewerb durch eigene Produktionsfirmen geben darf.

Zweitens. Konzentration auf die wesentlichen Aufgaben, die in § 11 des Rundfunkstaatsvertrages festgehalten sind.

Drittens. Die Sendungen müssen in aller Breite höchsten Qualitätsansprüchen genügen.

Viertens. Wir brauchen transparente Haushalte mit einer konkreten Aufschlüsselung der Mittelverwendung. „Open ARD ZDF“ hat dazu ja eine gute Diskussionsgrundlage entworfen.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Fünftens. Wir brauchen ein vollumfängliches Prüfungs- und Veröffentlichungsrecht der Rechnungshöfe.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Dr. Patrick Breyer [PI- RATEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss von der Mittelverwendung noch zur Mittelherkunft kommen. In der Änderung des letzten Rundfunkstaatsvertrages haben die Rundfunkanstalten den Beitragszahlern zugesagt, dass die

Beitragsumstellung auf keinen Fall zu Mehreinnahmen führen wird. Wir haben damals einstimmig beschlossen, dass etwaige Mehreinnahmen vollständig an die Beitragszahler zurückgegeben werden sollen.

Meine Fraktion ist für Vorschläge offen, wie das konkret geschehen kann: Allgemeine Beitragssenkung - Sie haben darauf hingewiesen -, Ausweitung der Ausnahmen - auch darauf haben Sie hingewiesen -, die von der finanziellen Größenordnung relativ klein sind, oder Ausnahmen für bestimmte Gruppen.

Wir schlagen deshalb vor, dass in einem ersten Schritt die Regelungen zu den gewerblichen Fahrzeugen gestrichen werden. Es ist schlicht nicht zu begründen, warum ein Unternehmen mit vielen Fahrzeugen mehr zahlen muss als ein Unternehmen mit ebenso vielen Mitarbeitern, aber weniger Fahrzeugen. Eine nachvollziehbare Begründung habe ich bisher nicht vernommen.

Deshalb: Zeigen Sie ein klares Signal, stimmen Sie dem FDP-Antrag zu! Aber da wir davon ausgehen, Herr Kollege Eichstädt, dass die Anträge im Ausschuss noch einmal beraten werden sollen - was ich für sehr vernünftig halte -, bin ich auch damit einverstanden, dass unser Antrag in den Ausschuss überwiesen wird. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Axel Bernstein.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die inzwischen ja recht umfangreich gewordene Antragslage einmal anschaut, erkennt man, dass auch hier das Thema Transparenz als eines der ganz großen Schlagworte der Zeit über allem schwebt. Das Parlament hat natürlich transparent zu sein - bis vielleicht auf die Anschrift von Abgeordneten. Die Regierung muss transparent sein. Sie soll alles können, aber nichts wissen. Und natürlich müssen die Medien transparent sein. Das ist im Grundsatz ja auch richtig.