Protokoll der Sitzung vom 19.06.2014

Wir werden diesen Gesetzentwurf selbstverständlich, wie das Usus bei uns ist, im Ausschuss diskutieren. Ich sage Ihnen aber schon gleich: Wir sehen für uns relativ wenig Spielräume, hier zu einer Einigung zu kommen. Mit uns wird eine Schwächung der Befugnisse der Polizei, die die Sicherheit unserer Bürger gewährleistet, nicht zu machen sein.

(Astrid Damerow)

(Vereinzelter Beifall CDU)

Herr Kubicki, das ist nicht Quatsch. Wenn Sie sich einmal im Grenzraum umschauen, auch das hat der Kollege Dr. Breyer erwähnt, und sich dort einmal mit der Polizei unterhalten, wie viele DrogendealerSchleuserbanden dort aufgegriffen werden, unter anderem durch das Mittel -

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Dazu sind sie nicht da!)

- Ich weiß das. Sie haben doch aber eben den mangelnden Erfolg angemahnt.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Gemessen an dem Ziel der Maßnahme! - Zuruf Hans- Jörn Arp [CDU])

- Ja, natürlich. Dann kommen wir doch einmal zur Prävention. Ich habe noch 9 Sekunden, 8, 7.

(Heiterkeit)

Wie wollen Sie denn tatsächlich nachweisen, dass Prävention wirkt. Sie wissen doch selbst genau, wenn Sie das abfragen, dass das extrem schwierig wird. Tun Sie mir bitte einen Gefallen, bevor wir das im Ausschuss diskutieren: Gehen Sie zur PD Ratzeburg, unterhalten Sie sich dort mit den Polizisten, wie sie in welcher Art und Weise ihre Rechte in diesem Gefahrengebiet umsetzen. Ich denke, Sie werden eine Menge lernen. Vielleicht tut das auch der Herr Kollege Kubicki, der mich jetzt gleich abwatscht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und Christopher Vogt [FDP])

Abwatschen ist natürlich vollkommen unparlamentarisch, und wir sind ja hier keine Gefahrenzone.

(Zurufe CDU: Oh!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Simone Lange das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren nicht nur hier auf den Zuschauerrängen, sondern auch zu Hause. Ich weiß, dass jetzt auch viele zuschauen.

(Zurufe)

- Wenn das schon Aufregung auslöst, dann bin ich ja einmal gespannt.

Die PIRATEN machen ihrem Namen heute wieder alle Ehre. Sie haben sich ein Ziel auserkoren, die Flagge der Freiheit gehisst und nun: „Auf sie mit Gebrüll“,

(Beifall PIRATEN)

in der Hoffnung, wieder einmal einen Schatz gefunden zu haben. Ausgelöst durch die Diskussion nehme ich einmal an, gesagt haben sie es noch nicht - der Gefahrengebiete in unserem Nachbarbundesland Hamburg haben sie das auch in Schleswig-Holstein thematisiert. Ich sage aber auch: Hamburg ist nicht Schleswig-Holstein.

(Zuruf Uli König [PIRATEN])

Sie begründen Ihren Antrag auf Streichung eines ganzen Instruments für die Landespolizei damit, dass Sie sagen, es darf keine anlasslosen Jedermannkontrollen in Schleswig-Holstein geben.

(Beifall PIRATEN)

Ich kann Sie beruhigen: Es gibt keine anlasslosen Jedermannkontrollen.

(Beifall Lars Harms [SSW] - Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Oh doch!)

Die Maßnahme der Einrichtung von Gefahrengebieten erfolgt in engen Grenzen, um Bürgerrechte auf der einen und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite zu bewahren. Es reichen dabei eben auch keine umstrittenen Behauptungen aus, um zig Tausende von Bürgerinnen und Bürgern unter Generalverdacht zu stellen. Gefahrengebiete sind ein Instrument der Gefahrenabwehr für unsere Landespolizei, nämlich immer dann, wenn es um Straftaten von erheblicher Bedeutung mit Schadenspotenzial für höchste Rechtsgüter geht.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Nur dann dürfen in einem bestimmten geografischen Raum Anhalte- und Sichtkontrollen durchgeführt werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Für fünf Jahre!)

Die Einrichtung solcher Gefahrengebiete ist durch die Polizei schriftlich zu begründen, und sie muss eine auf Tatsachen gestützte Prognose darstellen können.

Im vergangenen Jahr hat es in ganz Schleswig-Holstein - und das zu Ihrer Behauptung, dass das Land ja quasi ein ganzes Gefahrengebiet sei - vier Gefahrengebiete gegeben, jeweils zeitlich befristet, näm

(Astrid Damerow)

lich in Neumünster, Bad Segeberg, Itzehoe und Ratzeburg.

(Zuruf: Quadratkilometer Fläche, nicht An- zahl!)

Ich will neben den Zahlen, Daten und Fakten noch auf etwas anderes eingehen. Was ich in Ihrer Politik vermisse, ist, einen Faden zu haben, wie Sie eigentlich Innen- und Sicherheitspolitik sehen.

(Zuruf Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Bei der Fraktion der FDP weiß ich das. Insofern überrascht mich am Ende auch ihre Position dazu nicht.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Bei Ihnen vermisse ich das. Denn auf der einen Seite prangern Sie immer wieder Instrumente der Landespolizei an und wollen sie abschaffen. Ich erinnere nur daran, dass wir Ihrer Auffassung nach keine Videoüberwachung brauchen.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Heute geht es um Gefahrengebiete. Immer dann, wenn die Polizei zum Eingreifen Instrumente an der Hand hat, möchten Sie auf der einen Seite diese Instrumente verbieten. Auf der anderen Seite wollen Sie aber, dass wir am liebsten Personal aufstocken, weil wir mehr Polizeibeamte brauchen, um die Sicherheit in unserem Land zu gewährleisten. Nur brauche ich keine Polizeibeamten, die kein Instrument in der Hand haben. Das funktioniert nicht.

Für die SPD-Landtagsfraktion betone ich: Gute Innen- und Sicherheitspolitik in Schleswig-Holstein zeigt sich in einer guten Sicherheitsstrategie, die unseres Erachtens darauf ausgerichtet ist, Straftaten zu verhindern, also präventiv zu wirken und entsprechende Eingriffsinstrumente zur Verfügung zu stellen

Frau Kollegin, gestatten Sie eine -

- Ich möchte meinen Satz zu Ende führen -, um den Schutz der Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen und so gering wie möglich in den Schutzbereich hineinzuwirken. Denn es gibt ein Grundrecht auf Freiheit. Das ist gar keine Frage. Wie sieht es denn aber mit Freiheitsbedürfnissen und mit Sicherheitsbedürfnissen aus. Diese beiden stehen sich

gegenüber. Mit dem LVwG haben wir unserer Landespolizei ein gutes und ausgewogenes Instrument an die Hand gegeben, das in sich abgestuft ist und in dem die verschiedenen Instrumente aufeinander abgestimmt sind. Wenn Sie aus diesem Instrumentenkasten ein Instrument herausnehmen, müssen sie uns auch erklären, wie dann das ganze Konzert überhaupt noch funktionieren soll. - Ich bedanke mich und verzichte auf die Zwischenfrage.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Burkhard Peters das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist kein Geheimnis, dass wir Grünen den verdachtsunabhängigen polizeilichen Maßnahmen, wie sie seit 2007 in §§ 180 und 181 Landesverwaltungsgesetz niedergelegt sind, schon immer sehr kritisch gegenübergestanden haben.

Diese Maßnahmen sind unter dem Begriff der sogenannten Schleierfahndung bekannt geworden. Die Bezeichnung hat ihren Ursprung in einem Satz des ehemaligen CDU-Bundesinnenministers Manfred Kanther, der mit Fug und Recht als innenpolitischer Hardliner bezeichnet werden darf. Kanther sagte schon 1994: Es muss ein Sicherheitsschleier über das Land gelegt werden.

In Schleswig-Holstein kam es erst 2007 durch die Große Koalition zur Einführung. Seitdem ist es der Polizei erlaubt - das wurde schon dargelegt -, sowohl im öffentlichen Verkehrsraum zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung, in den sogenannten Gefahrengebieten, als auch im Grenzgebiet, Personen kurzzeitig anzuhalten und mitgeführte Fahrzeuge einschließlich deren Kofferräume und Ladeflächen in Augenschein zu nehmen. Fällt dabei etwas Verdächtiges auf, können weitere Maßnahmen eingeleitet werden, also zum Beispiel Identitätsfeststellung, Festnahme, Einleitung einer Abschiebung.