Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

- Ein bisschen mehr Inhalt und ein bisschen mehr Substanz, wir sind hier nicht im Karnevalsklübchen.

(Zurufe - Glocke Präsident)

Die maroden Straßen und Brücken gefährden zunehmend den Erfolg unserer Gesellschaft und damit die Zukunftsfähigkeit unseres Landes SchleswigHolstein. Der Bericht, den Sie herausgegeben haben, besagt, 80 % aller Landesstraßen entsprächen in Schleswig-Holstein nicht den Anforderungen 80 %! - für Tragfähigkeit und Frostschutz. 2013 haben Sie die Landesstraße 205 schließen müssen.

(Zuruf Olaf Schulze [SPD])

Auch daran können wir uns erinnern. Immer wieder wird damit gedroht, dass so etwas woanders auch vorkommen kann. 32 % aller Landesstraßen in Schleswig-Holstein mit 1.160 km sind dringend sanierungsbedürftig, ebenfalls 23 % aller Radwege.

Sie haben darauf hingewiesen: Die Bodewig-Kommission hat errechnet, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre allein in Schleswig-Holstein 900 Millionen € notwendig sind, um die Landesstraßen in einen guten Zustand zu bringen - 900 Millionen €! Ich kann Ihnen sagen - das ist ganz einfach -, das entspricht 90 Millionen € pro Jahr. Das ist die Situation, vor der wir stehen. Wir brauchen jetzt Signale. Es hilft nichts, wenn Sie sagen, Sie haben ein

(Christopher Vogt)

Sondervermögen für vier Jahre in Höhe von 24 Millionen € - auf vier Jahre! Das ist bei Weitem nicht das, was erforderlich ist.

Wir als Oppositionsfraktion haben Ihnen immer wieder angeboten, mit Ihnen gemeinsam eine Große Koalition für Verkehrsinfrastruktur zu machen. Sie haben das immer wieder abgelehnt.

(Beifall CDU)

Sie haben morgen, wenn wir über den Nachtragshaushalt diskutieren, die Gelegenheit zu beweisen, wie Ernst es Ihnen mit Ihren eigenen Worten ist. Sie reden beim Unternehmensverband und auch heute Mittag im Hotel Atlantic beim Bauhauptgewerbe und weisen auf die Notwendigkeit hin. Dann müssen Sie auch die Notwendigkeit sehen, die regierungstragenden Fraktionen davon zu überzeugen,

(Beifall CDU)

dass das, was Sie hier und außerhalb sagen, auch geschieht. Ansonsten ist das unglaubwürdig.

(Beifall CDU und Christopher Vogt [FDP])

Sie weisen darauf hin, dass der Straßenzustand immer schlechter wird. Wir erhalten ja mit den Investitionen, die wir heute haben, nicht einmal den Status quo. Es hilft gar nicht - das ist so ein Hobby von Ihnen -, in Berlin ständig zu sagen, Sie bräuchten mehr Geld. Erst einmal brauchen Sie von den Koalitionsfraktionen mehr Geld, um Ihre Aufgabe hier zu erfüllen.

(Beifall CDU und FDP)

Gleichzeitig tragen Sie die Verantwortung dafür, dass die GVFG-Mittel gekürzt wurden zum Ausbau von Straßen, für das Straßensystem, für den Ausbau der Infrastruktur.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende.

Selbstverständlich, Herr Präsident. - Dafür sind Sie mit verantwortlich. Das Kabinett, dem Sie angehören, hat dies mit beschlossen. Sie können es ändern. Bringen Sie die GVFG-Mittel mindestens auf den alten Stand zurück, und fangen Sie endlich mit neuen Verkehrsprojekten an. Das ist das Signal, das der Mittelstand, das die Wirtschaft, braucht. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU - Klaus Schlie [CDU]: Große Rede!)

Für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Kai Vogel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über den Landesstraßenzustandsbericht - ein Wort, das wahrlich nicht besser ist als unsere Straßen.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Tatsächlich haben die Landesstraßen in SchleswigHolstein erschütternde Mängel aufzuweisen: Risse, Schlaglöcher, abbrechender Fahrbahnrand, Wurzelaufbrüche bei Radwegen, veraltete Entwässerungssysteme - kurz: Unsere Landesstraßen sind ziemlich kaputt.

Insgesamt gibt es rund 3.670 Straßenkilometer in der Baulast des Landes. Viele von diesen sind in schlechtem Zustand. Der wesentliche Grund für den Zustand der Landesstraßen ist, dass wir als Landtag zu wenig Geld für die Instandhaltung zur Verfügung stellen, und das schon sehr lange und quer durch alle Parlamentsmehrheiten. Völlig klar, dass dadurch - langfristig gesehen - die Kosten nicht sinken, sondern steigen müssen.

Einer der Gründe für den schnellen Verschleiß der Straßen zeigt der Bericht auf: Unsere Landesstraßen sind mit rund 6 m nicht breit genug, um Begegnungen zweier Lkw oder zweier Busse oder zwischen Bus und Lkw schadlos zu überstehen. Bei den Planungen der Straßen konnte kaum jemand die verkehrliche Entwicklung einzelner Straßen vorhersehen. Wer aber täglich auf frische Waren setzt und wenn regenerative Energien gewünscht werden, muss die Infrastruktur danach ausgerichtet werden. Da müssen wir uns in der Tat etwas überlegen.

Diese Überlegung kann ganz sicher nicht so aussehen, dass wir flächendeckend unsere gut 3.600 km Landesstraßen um durchschnittlich 2 m verbreitern und damit weitere 7,2 Millionen m2 Landesfläche versiegeln - dem Fußballfieber geschuldet sind das fast 700 Fußballfelder zusätzlicher Asphalt, vom Geld ganz zu schweigen.

Es trifft zu, dass die Instandhaltung der Landesstraßen nicht die erste Priorität der Landesregierung ist. Nein, sie wird auch in Zukunft nicht die erste

(Hans-Jörn Arp)

Priorität unserer Politik für Schleswig-Holstein sein. Das ist nämlich, wie Sie wissen, für unsere Koalition die Bildung. Wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die volkswirtschaftlichen Kosten mangelnder Straßenpflege beklagen - das trifft mit Sicherheit zu -, muss ich Ihnen sagen: Mangelnde Bildung ist allerdings auch teuer.

(Johannes Callsen [CDU]: Sie haben heute Morgen - -! Herzlichen Glückwunsch!)

Wo auch immer man die Nachhaltigkeit vernachlässigt, gibt es hohe Folgekosten. Da kann man dann versuchen, Beton gegen Bildung aufzuwiegen. Sinnvoll finde ich das allerdings nicht, Herr Callsen, denn wir alle hier wissen genau, dass wir beides brauchen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Nicht Entweder- oder, sondern Sowohl-als-auch! - Johannes Callsen [CDU]: Sie dürfen es dann nicht ver- sprechen!)

Sie haben es eben mit Ihrer Bemerkung gesagt, Herr Callsen.

In dieser schwierigen Situation müssen wir versuchen, vernünftige Lösungen für die Straßen zu finden, und wir müssen versuchen, unsere Vorstellungen von Mobilität mit der Realität in Übereinstimmung zu bringen. Dabei ist der Bericht, den Minister Meyer heute vorgestellt hat, eine große Hilfe. Dort steht:

„Ein gut ausgebautes, leistungsfähiges und verkehrssicheres Straßennetz ist Grundlage für die Mobilität von Menschen und Grundvoraussetzung für wettbewerbsfähige Standortbedingungen für Industrie und Handel.“

Es folgt eine beeindruckende Schilderung des Zustands der Straßen, und anschließend wird gerechnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben die Berechnungen gelesen. Inklusive des neuen Sondervermögens, das wir eingerichtet haben, stehen rund 25 Millionen € jährlich zur Verfügung. Diese Mittel müssen vernünftig eingesetzt werden. Daher hat der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Kriterien für die Reihenfolge von Sanierung und Ausbau entwickelt. Damit können wir nun Ranglisten für die Sanierung festlegen. In der Debatte um das Sondervermögen Straßenbau, die wir hier und im Ausschuss führen, hat das Ministerium deutlich gemacht, dass wir sachliche Entscheidungsgrundlagen brauchen. Das bedeutet aber auch, dass man dann die Entscheidungen auch gemeinsam vertreten soll

te. Und es bedeutet, dass wir solche Ranglisten schon längst hätten haben sollen.

Fakt ist, dass keine Regierung, auch keine mit einem CDU-geführten Verkehrsressort, die Investitionslücke bei den Landesstraßen hat schließen können. Auch die 25 Millionen € - weit mehr als in jedem der letzten zwölf Jahre - reichen dafür nicht aus. Es ist nun an der Zeit, zusätzlich über weitere Finanzierungsmöglichkeiten für die Landesstraßen nachzudenken. Der Vorstoß von Minister Meyer, die Länder an der geplanten Maut zu beteiligen, kann ein geeigneter Vorschlag sein. So sehe ich das zumindest, Herr Vogt, anstatt es von vornherein hier despektierlich abzutun.

Ich schlage vor, den Bericht im Ausschuss detaillierter zu erörtern. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, bevor wir in der Rednerliste fortfahren, begrüßen Sie bitte mit mir Schülerinnen und Schüler des Elsensee-Gymnasiums Quickborn, Mitglieder des Seniorenbeirats aus Stockelsdorf und des CDUOrtsverbandes in Bornhöved. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Abgeordnete Dr. Andreas Tietze das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Meyer, vielen Dank für den Bericht. Wer den Bericht liest, stellt in der Tat fest: Wir haben kein Erkenntnisdefizit. Dass der Zustand unserer Landesstraßen nicht gut ist, ist uns nicht erst seit heute bekannt. Wir haben in diesem Haus schon mehrfach darüber geredet.

Tatsächlich leben wir vom Werteverzehr unserer Infrastruktur. Nur ein Sechstel der Brücken ist in einem Zustand, der mittelfristig keine Instandsetzung erfordert. Bei einem Drittel steht das aber kurzfristig bereits bevor. Wir haben viele Brücken.

Bei einem Drittel der Straßen müssen baulich verkehrsbeschränkende Maßnahmen geprüft werden. Der Bürger hat irgendwie das Gefühl: In Schleswig-Holstein kommt es ganz dicke; nicht nur

(Kai Vogel)

auf der Straße, sondern auch auf der Bahn; überall, wo man hinschaut, läuft es nicht rund. Das ist eine Tatsache.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist Ergebnis der grünen Politik!)