chen, unter dem Sie standen. Sie haben davon gesprochen, dass Ihnen das eine Lehre gewesen sei. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
„Sie müssen sich das so vorstellen: Es gab wochenlanges Trommelfeuer in den Medien, jeden Tag bekam ich etwas auf die Mütze, es hörte überhaupt nicht mehr auf. … War ja alles Quatsch, eine Falschmeldung, das kam aber erst später heraus. In diesem Augenblick wurde diese Bombardierung meiner Psyche zu viel.“
Zu dem Interview insgesamt ließe sich viel sagen. Aber Ihre Worte, diese Worte in dem Interview sind damals nicht einfach an mir vorbeigegangen. Ich habe sie ernst genommen. Ich hoffe heute, Herr Kubicki, dass ich sie zu Recht ernst genommen habe.
Meine Damen und Herren, wir bedienen Rituale, erwartbare Szenarien, die bei den Betroffenen schlimmen Schaden anrichten können und ein schlechtes Bild von Politik zementieren. Ich wünsche mir, dass ich in der Lage sein werde, mich zukünftig, falls wir wieder einmal in der Opposition sein sollten, gegen diese Rituale und unwürdigen Mechanismen zu stemmen. Ich bin mir nicht sicher. Ich weiß, wie stark Sie sind. Als Konsequenz will ich bei den Grünen aber dafür werben, vorsichtiger mit Vorverurteilungen zu sein.
Meine Damen und Herren, seien wir doch einmal ehrlich. Diese ganze Inszenierung - Herr Stegner hat darauf hingewiesen -, dieser Popanz, den Sie hier aufbauen, dient nur einem Zweck: Sie wollen eine andere Bildungspolitik. Es geht Ihnen gar nicht um die Ministerin, sondern um ihre Politik, die Bildungspolitik dieser Koalition. Diese Regierung hat seit ihrem Antritt bildungspolitisch mehr erreicht als sich Ihre schwarz-gelbe Combo je hätte vorstellen können.
Die Koalition hat im Bereich der Vorschulen, der Schulen und der Hochschulen große Erfolge erzielt. Wir arbeiten für ein besseres, gerechteres, offeneres Bildungssystem. Ihnen geht es um eine Bildungspolitik, die schlechter, ungerechter und unfreier ist. In der kommenden Woche sehen wir uns hier im Landtag wieder. In der kommenden Woche geht es dann hoffentlich endlich wieder um die Zukunft dieses Landes und nicht um Personal, Moral und
Skandal. Das erwarten die Menschen von uns als Regierung, aber auch von Ihnen, der Opposition. Wir haben noch viel vor. Lassen Sie uns endlich zur inhaltlichen Arbeit zurückkehren. Wir zumindest bleiben am Ball. Wir diskutieren, wir ringen und streiten mit Ihnen um Inhalte, als Koalition gern auch mit der Opposition, aber auch immer im Austausch mit den Menschen.
In der Politik geht es um Lösungen, nicht um Schlagzeilen. Ich freue mich deshalb auf die kommende Woche. - Vielen Dank.
Für die Fraktion der FDP hat der Fraktionsvorsitzende, der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Landtagssitzung vom 14. Mai 2014 hat der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein in diesem Hohen Haus bemerkenswerte Sätze von sich gegeben. Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll:
„Sie versuchen, eine Ministerin, eine Regierung, gegen deren politische Ziele und Inhalte Sie nichts vorzutragen haben, in ihrer Integrität anzugreifen, indem Sie ihr Vorwürfe machen, die nachgerade absurd sind, meine Damen und Herren. Dieses weise ich für meine Regierung auf das Schärfste, ja auf das Allerschärfste, zurück.“
Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich betonen, dass es mitnichten darum geht, eine Person in ihrer Integrität zu beschädigen, sondern einen Sachverhalt aufzuklären und vor allen Dingen eine Auseinandersetzung darüber zu führen, wie mit diesem Sachverhalt umzugehen ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ureigene parlamentarische Aufgabe.
Mit noch so emotional unterlegten Angriffen werden Sie, Herr Ministerpräsident, uns von dieser Aufgabe nicht abhalten.
rechtlich zu beurteilen, sondern um Ihren Umgang und den der Koalitionsfraktionen mit der Tatsache zu beleuchten, dass die Staatsanwaltschaft Kiel ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Bestechung und Bestechlichkeit sowie des Betruges eröffnet und richterliche Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt hat.
Es ist ja nicht der Normalfall, dass Ministerien, Staatskanzleien oder die Privatwohnungen von Ministern durchsucht und eine Vielzahl von Unterlagen beschlagnahmt werden. Herr Kollege Dr. Stegner, die Tatsache, dass es die Menschen berührt, belegen Sie damit, dass Sie den Mitgliedern der SPD einen Brief haben schreiben müssen. Es beschäftigt die Menschen, also muss es auch uns beschäftigen. Wo denn sonst, wenn nicht hier im Parlament?
Ich gestehe Ihnen zu, dass die Unschuldsvermutung ein hohes Gut ist, das ich schon von Berufs wegen als Strafverteidiger mit jeder Faser meines Körpers verteidige. Dies darf jedoch kein Freibrief sein, politische oder sonst öffentliche Diskussionen über diesen Vorgang als Schmutzkampagnen zu denunzieren.
Frau Ministerin Wende darf nicht vorverurteilt werden. Aber sie darf auch nicht vorher freigesprochen werden, wie Sie es getan haben. Bereits am Anfang staatsanwaltlicher Ermittlungen erklären Sie, nach Ihrer Aktenkenntnis - und niemand kenne die Akten genauer als Sie - sei an dem Vorwurf nichts dran, Frau Wende habe sich strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen.
Dies erklären Sie nicht als Torsten Albig, sondern als Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, also als der oberste Dienstherr des Landes, und Sie erklären damit gleichzeitig, auch wenn Sie das möglicherweise nicht wollen, die Staatsanwaltschaft verfolge eine Unschuldige und verschwende vor allen Dingen unsinnigerweise Steuermittel, was schon ein beachtlicher Vorwurf in Richtung der Staatsanwaltschaft ist.
Auch der Kollege Dr. Stegner, dessen strafrechtliche Kompetenz sicher tiefgreifend ist, erklärt bereits jetzt, es werde sich herausstellen, dass an den Vorwürfen nichts dran sei.
Was sollen Staatsanwaltschaften davon halten, wenn ihnen am Beginn ihrer Ermittlungen vom obersten Dienstherrn des Landes Schleswig-Holstein und dem mächtigen Fraktionsvorsitzenden der
stärksten regierungstragenden Fraktion bereits öffentlich erklärt wird, was das Ergebnis ihrer Ermittlungen sein wird oder vielleicht sein soll?
Zum Anlass selbst: In der bereits erwähnten Plenartagung vom 14. Mai 2014 hat der Ministerpräsident ausgeführt - ich zitiere -:
„Als ich die Frau Präsidentin gefragt habe, ob sie bereit sei, in meiner Regierung mitzuarbeiten, da war das Erste, was sie mir im Mai 2012 gesagt hat: ‚Sehr gerne, dafür muss ich aber prüfen, ob ich ein Rückkehrrecht habe.‘“
Nun mag man Verständnis dafür aufbringen, dass die erste Reaktion auf ein solches Angebot nicht ist: „Ja, ich freue mich, im Dienste des Landes Schleswig-Holstein an einer fortschrittlichen Bildungspolitik mitzuwirken“, sondern: „Was wird aus mir?“ Aber doch ist es dieser verräterische erste Satz von Frau Wende, der die nachfolgenden Fehlentwicklungen auslöste, die jetzt von der Staatsanwaltschaft unter strafrechtlichen Gesichtspunkten gewürdigt werden.
Frau Professor Wende hatte kein Rückkehrrecht an die Universität Flensburg, und das muss ihr auch klar geworden sein. Hätte es ein gesetzliches Rückkehrrecht gegeben, es hätte der Vereinbarung mit der Hochschule in Flensburg überhaupt nicht bedurft, die ihr ja erst eine Rückkehroption eröffnen sollte. Hiervon spricht die Hochschulleitung der Universität Flensburg im Brief vom 16. Mai 2014 an die Mitarbeiter. Von der „Rückkehroption“ und auch in der Veröffentlichung vom 30. Mai 2012 zum gemeinsamen Beschluss des Präsidiums und des Senatsvorsitzenden der Universität heißt es ausdrücklich:
„Damit Frau Professor Dr. Waltraud ‚Wara‘ Wende sich durch die Übernahme des Ministeramtes nicht schlechterstellt, als dies bei einem Verbleib im Amt der Präsidentin der Universität Flensburg der Fall gewesen wäre, erklärt die Universität Flensburg ihre verbindliche Bereitschaft, Frau Professor Dr. Waltraud ‚Wara‘ Wende nach einem Ausscheiden aus dem Ministeramt … mit einer W3-Professur … auszustatten.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle erinnere ich daran, dass unser Landeshochschulgesetz eine gesetzliche Regelung der Berufung von Professorinnen und Professoren auf Lehrstühle ent
hält, die eine Befugnis zur freihändigen Vergabe durch die Universitätsleitung jedenfalls nicht ohne Weiteres hergibt. Schon aus diesem Grund dürfte der Beschluss der Universität Flensburg rechtswidrig gewesen sein. Frau Professor Wende wollte sich einen Vorteil verschaffen, der ihr gesetzlich nicht zustand, und die Universität Flensburg hat einen Vorteil gewährt, wobei sie ihre rechtlichen Befugnisse bei Weitem überschritten hat.
In allen gesetzlichen Bestimmungen des Landes, sei es für Abgeordnete oder Minister oder Wahlbeamte, ist geregelt, dass nach einem Ausscheiden aus dem Amt ein Rückkehrrecht in das ehemalige Dienstverhältnis besteht. Dies gilt aber nur für Beschäftigte im öffentlichen Dienst des Landes Schleswig-Holstein, das gilt nicht für Manager, nicht für Banker und nicht für Selbstständige im privaten Bereich. Das gilt auch nicht für Professoren aus Rio, Hongkong, Tokio oder Groningen. Das gilt auch nicht - das möchte ich noch einmal sagen für andere. Das ist so offensichtlich, dass ich mich frage, warum hierüber überhaupt ein Streit entbrennen konnte.
Und nun kommen wir zum zweiten Akt. Der Kanzler der Universität Flensburg verspürt rechtliche Bedenken, möchte ein Rechtsgutachten einholen. Sinnvollerweise hätte er auch die Hochschulabteilung des Ministeriums einschalten können - was er unverständlicherweise unterlässt.
Dem Präsidium der Universität Flensburg erklärt Frau Professor Wende, sie habe sich Rechtsrat von einem der renommiertesten deutschen Hochschullehrer in dieser Frage, Herrn Professor Löwer aus Bonn, eingeholt, der ihr bestätigt habe, dass ein entsprechendes Rückkehrrecht vereinbart werden könne.
Das unter dem 18. Mai 2012 erstellte Kurzgutachten wird nicht übermittelt, und der Kanzler lässt sich vor einigen Wochen öffentlich mit der Bemerkung vernehmen: Hätte er das Gutachten gelesen, wäre die Beschlussfassung jedenfalls so nicht getroffen worden.
Herr Ministerpräsident, was wäre eigentlich gewesen, wenn Frau Präsidentin Wende nach Ablauf ihrer Amtszeit nicht erneut gewählt worden wäre? Hätte sie dann so mit schlanker Hand eine Professur in Flensburg oder anderswo erhalten? Ist Ihnen nicht bewusst, dass unabhängig von strafrechtlichen Verantwortlichkeiten mit der Bagatellisierung dieses Vorgangs ein Fass aufgemacht wird, das wir an keiner anderen Stelle wieder schließen können?
Spätestens die Lektüre des schriftlichen Gutachtens von Herrn Professor Löwer vom 18. Mai 2012 hat doch Frau Professor Wende klarmachen müssen sie ist doch kein Dummerchen -, dass sie kein Rückkehrrecht besitzt und dass sie jedenfalls Professor Löwer weder gegenüber der Uni Flensburg noch gegenüber dem Präsidenten dafür ins Feld führen darf, ihr Verhalten sei nicht nur legitim, sondern auch legal.
„Frau Wende war sogar - das war nicht ihre Aufgabe - so klug und vorsichtig, sich, bevor sie mir 2012 gesagt hat, sie stehe zur Verfügung, rechtlichen Rat einzuholen. Sie hat einen der renommiertesten Hochschulwissenschaftler Deutschlands gefragt, ob die Aussage ihres Hochschulpräsidiums - an der sie nicht mitgewirkt hat - zutreffend sei. Herr Professor Löwer aus Bonn hat ihr bestätigt, dem sei so. Mehr kann jemand, der … nicht Jurist ist, nicht tun.“
„Die Rechtsauffassung des MBW und die Rechtsauffassung nach einer kursorischen Prüfung der Personalabteilung meiner Staatskanzlei decken sich nicht mit der von Professor Löwer.“
Und ich kann Ihnen sagen: Herr Ministerpräsident, dies war und ist falsch. Die Rechtsauffassung des MBW und die Rechtsauffassung der Personalabteilung Ihrer Staatskanzlei decken sich sowohl mit den Rechtsausführungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages als auch mit der Auffassung von Professor Löwer. Denn der ist - wie er öffentlich bereits erklärt hat - von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er fühlte sich sogar getäuscht. Denn bereits im Einleitungssatz seiner Stellungnahme vom 18. Mai 2012 schreibt Professor Löwer - und ich zitiere -:
„Ich gehe davon aus, dass Sie - entsprechend gewissermaßen gemeindeutschem Hochschulrecht - in dem Wahlamt der Präsidentin Beamtin auf Zeit sind und dass Ihnen Ihre Universität eine Stelle vorhält, auf die Sie zurückgreifen können, wenn Sie - aus welchen Gründen auch immer - Ihr Wahlamt verlieren.“