Vollzeitstelle 25,5 Stunden geben. Hier ist noch alles eindeutig. Doch es gibt Lehrkräfte, die für jede Unterrichtsstunde eine Stunde Vorbereitungszeit benötigen, andere deutlich weniger, andere deutlich mehr. Einige führen viele Elterngespräche, andere führen kaum welche. Korrekturen von Klassenarbeiten in einer 5. Klasse sind ganz anders zu bewerten als die Korrekturen in einer Oberstufe.
Hat man aber in einer 5. Klasse 31 Schülerinnen und Schüler und in der Oberstufe 16 Schülerinnen und Schüler, dann wendet sich das Blatt schon wieder.
„Keine ruhige Minute ist seit dem mehr für mich drin“ - diese Textzeile eines Liedes von Reinhard Mey beschreibt den Tagesablauf von Lehrkräften beim Betreten des Schulgeländes bis zum Verlassen des Schulhofes am Ende des Schultages vortrefflich.
Die Erkenntnis, dass Lehrkräfte belastet sind, hilft nicht weiter, denn das weiß wirklich jeder. Zusätzliche Arbeitszeit wird auf alle Fälle auf die Schulen zukommen, wenn diese ausgefallene Elterngespräche, Tagesausflüge oder Pausenzeiten erheben müssten. Dies wird nun wirklich nirgends erhoben.
Gerade läuft das neue Unterrichtserfassungssystem PUSH an, und noch nicht einmal vor Ende der Testphase will die FDP ein paar neue Erhebungskriterien ergänzen. Die FDP holt mit diesem Antrag die scheinbar ganz große Keule aus der Schublade und will unterbeschäftigten Bildungsforschern Projektmittel dafür zur Verfügung stellen, etwas herauszufinden, was Bildungsforscher in anderen Bundesländern schon x-mal untersucht haben. Denn es wird doch niemand erwarten, dass sich das Problem der unterschiedlichen Belastung in den verschiedenen Unterrichtsfächern in Schleswig-Holstein zum Beispiel von dem des Bundeslandes NordrheinWestfalen unterscheidet, wo dieses bereits erhoben worden ist.
Es dürfte auch keine besonderen Überraschungen bergen, dass nicht 100 % der zusätzlichen Aufgaben umgesetzt werden können, wenn wir alle wissen, dass zurzeit in Schleswig-Holstein eine vierstellige Versorgungslücke bei den Lehrerstellen besteht. Wir bemühen uns darum, diese Lücke bis zum Ende der Legislaturperiode gegenüber 2012 zu halbieren, aber wir erheben nicht den Anspruch, sie bis dahin restlos geschlossen zu haben.
cen investiert, statt sie direkt für die Verbesserung der Unterrichtsversorgung einzusetzen. Sie werden doch nicht annehmen, dass die infrage kommenden Wissenschaftler eine solche Untersuchung im Ehrenamt durchführen! Mit sechsstelligen Honorarund Overheadkosten müssen wir doch auf jeden Fall rechnen, und das nur, um etwas herauszufinden, was wir vorher auch schon wussten. Wo bleibt denn da die Wirtschaftlichkeitsberechnung nach der Landeshaushaltsordnung?
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Seit wann interessiert Sie die Landeshaushalts- ordnung? Hat Ihnen gestern jemand davon erzählt?)
Wir lehnen daher den Antrag der FDP, den wir im Bildungsausschuss abgelehnt haben, ab. Auch den Änderungsantrag der FDP lehnen wir trotz der Korrekturen, die Frau Klahn eingebracht hat, die sich aus dem Gespräch ergeben haben, ab, und stimmen für die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses. - Vielen Dank.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Martin Habersaat [SPD]: Er ist besser geworden! - Anita Klahn [FDP]: Dann hättet Ihr zustimmen können!)
Vielen Dank. - Für die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Kollegin Anke Erdmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP hat ein Erkenntnisinteresse. Wer kann dagegen sein? Eigentlich bin ich nicht dagegen. In diesem Fall aber schon. Ich begründe auch, warum. Erstens sind mir die Zielrichtung und das Erkenntnisinteresse erst gestern im Offenen Kanal schemenhaft deutlich geworden. Im Ausschuss war das nicht zu erkennen. Zweitens glaube ich, dass wir die Handlungsmöglichkeiten, die man bräuchte, um aus den Informationen etwas zu machen, gar nicht haben. Ich gehe kurz darauf ein.
Was wollen Sie eigentlich genau wissen, Frau Klahn? Wir wissen, dass eine Erhebung der Lehrerarbeitszeiten schwierig ist. Ich glaube nicht, dass wir grundsätzlich neue Erkenntnisse zu den schon vorhandenen Studien bekommen. In Nordrhein-Westfalen gab es einmal eine Erfassung unter Gymnasiallehrern. Dort hat man festgestellt, dass
die durchschnittliche Jahresarbeitszeit massiv geschwankt hat, individuell von 930 Stunden pro Jahr bis hin zu 2.560 Stunden, also eine große Spannbreite. Ich sagen Ihnen: Wir haben kein Erkenntnisinteresse, sondern wir haben ein Ressourcenproblem. Da helfen auch Studien nicht. Das ist für mich eher eine Form, eine Handlung zu simulieren. Das ist für mich eher ein Placebo.
Eine kleine Nachfrage. Sie sagen, Sie hätten kein Interesse am Erkenntnisgewinn. Teilen Sie meine Auffassung, dass Erkenntnisgewinn durchaus sinnvoll ist, um tatsächlich zu wissen, über welche Ressourcen wir sprechen? Es gibt doch immer wieder die Diskussion, ob die berechneten Zahlen wirklich stimmen, ob das ausreichend ist et cetera. Wir haben in Schleswig-Holstein ein völlig neues Schulgesetz mit völlig neuen Anforderungen, die Sie nicht auf alte Studien aus anderen Bundesländern übertragen können. Würden Sie unter diesem Aspekt nicht doch sagen, dass wir einen Bedarf an Erkenntnissen haben?
- Sehr geehrte Frau Klahn, ich habe immer einen Bedarf an Erkenntnisgewinn. Ich habe aber in diesem Fall gesagt: Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Ressourcenproblem. Das ist klar. Wir haben gerade vor einer Stunde darüber geredet, dass wir gucken müssen, dass wir Ressourcen für Inklusion in die Schulen bringen. Wir haben nicht den Eindruck, dass das alles zum Nulltarif geht. Da sind wir weiter als noch vor einigen Jahren. Wir wissen, dass das geschehen muss. Deswegen glaube ich, dass Sie eigentlich nur vorgeben, handeln zu können. Wir können es nicht.
Ich sage Ihnen auch, welches die Handlungsmöglichkeiten auf der Ressourcenebene wären. Eine Möglichkeit wäre, die Zahl der Pflichtstunden zu senken. Das wollen natürlich die Lehrkräfte, ist aber das Gegenteil dessen, was nicht nur Ihre Regierung gemacht hat, sondern bei dem wir auch bleiben. Wir können dies nicht absenken. Das ist
das Ende der Fahnenstange. Sie wissen auch, warum wir da bleiben. Mein Kollege Vogel hat es ausgeführt. Wir haben einfach keine Hundertprozentversorgung an den Schulen.
Eine zweite Möglichkeit wäre, die Aufgaben massiv zu reduzieren. Inklusive Bildung steht hier gar nicht zur Debatte. Das hat damals neben anderen Punkten schon Schwarz-Gelb in das Gesetz hineingeschrieben. Ich glaube nicht, dass wir hier ein Erkenntnisproblem haben. Man könnte andere Punkte im Bereich der Vereinfachung machen.
Der letzte Punkt: Sie sagen, wenn die beiden Möglichkeiten, die Zahl der Pflichtstunden zu senken und Aufgaben massiv zu senken, aus Ressourcengründen ausfallen, sollten wir das Hamburger Arbeitszeitmodell angucken. Dann sage ich aber auch: Butter bei die Fische! Sagen Sie doch, was Sie wollen. Von mir aus können wir gern einmal jemand aus Hamburg in den Ausschuss einladen und uns berichten lassen. Das halte ich für einen guten Punkt.
Da muss man aber auch einmal aus dem Busch kommen und sagen, was man eigentlich will. Da wird die GEW nicht an Ihrer Seite stehen und sagen: Toll, Frau Klahn, dass Sie das Hamburger Arbeitszeitmodell interessiert.
Ich glaube, man kann die Belastungsspitzen von Lehrkräften ohne eine Megastudie angehen. Mein Wunsch ist sehr bescheiden. Ich glaube, den teilen viele. Aber schon dafür haben wir keine Kohle.
Schulleitungen haben Poolstunden, um den Lehrkräften an ihrer Schule teilweise Ermäßigungen zu geben. Das ist aber nur ein ganz kleiner Pool. Könnte man diesen Pool deutlich erhöhen, könnte jede Schule - das würde zur autonomen Schule passen - selber entscheiden, an welchen Stellen eine Extraentlastung notwendig ist. Das wäre klasse. Dann käme man ohne Studie klar. Solange wir aber keine Hundertprozentversorgung an den Schulen haben, ist das ein frommer Wunsch.
Sie haben mich leider auch jetzt nicht überzeugt. Was Sie wollen, ist klarer geworden. Ich würde mich freuen, wenn wir die Hamburger einmal in den Ausschuss einladen. Ihren Antrag werden wir ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, seit wie vielen Jahrzehnten die Lehrerinnen und Lehrer die stetig wachsenden Aufgaben reklamieren, die sie in den Schulen zu bewältigen haben, neue Aufgaben, die im großen Maße von der Politik vorgegeben werden. Bildungspolitisch nimmt man das immer zur Kenntnis. Eine neuerliche Auseinandersetzung damit wird es aber nach der letzten Bildungsausschusssitzung nicht geben, weil die Mehrheit Zweifel hat. Zu viel Aufwand, zu teuer, das waren Argumente dagegen. Abenteuerlicher wurde der Kollege Herr Vogel, als er anführte, dass Nachdenken über Schule beim Blumengießen systematisch schwer erfassbar sei. Das war nicht nur an den Haaren herbeigeholt,
sondern es geht vor allem am Thema vorbei. Es geht doch nicht nur um die Frage der Unterrichtsverpflichtung, der Frage der der Vor- und Nachbereitung. Es geht auch um die Aufgaben, die wir den Lehrern zusätzlich zumuten,
wenn wir zum Beispiel - wohl überlegt - die Erstellung von Entwicklungsberichten einfordern. Es geht auch zunehmend um Erkenntnisse darüber, was die Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich leisten, was nur mittelbar mit ihren pädagogischen Aufgaben zu tun hat. Ich nenne hier zum Beispiel die Systemadministration. Fragen Sie einmal in großen Berufsbildungszentren nach, welche Arbeit die Kollegen in diesem Bereich dort leisten. Ich habe dazu einen guten Eindruck in einem großen BBZ gewonnen und eine Kleine Anfrage dazu gestellt. Leider sind Admins keine Lehrer. Darum weiß die Regierung auch nichts darüber. Und es interessiert sie auch nicht. Das mag strukturpolitisch stimmen, bildungspolitisch hält diese Vogelstraußpolitik aber nicht durch. In dem von mir besuchten BBZ gibt es keinen einzigen Systemadministrator. Den mimt dort ein Lehrer nebenbei - Autodidakt. Die Mehrheit im Bildungsausschuss findet, dass eine Untersuchung des neuesten Stands an dieser Stelle entbehrlich sei. Ich kann darüber nur staunen.
vor allem die Zeitfrage insgesamt als ein Problem. Konferenzen, steigender Abstimmungsbedarf mit Kollegen, Prüfungen, Vergleichsarbeiten und fehlende Pausen erzeugen Stress und treiben Lehrkräfte zunehmend ins Burnout. Gleichzeitig steigt der Stresspegel zusammen mit dem Krankheitsstand. Ein schlimmer Kreislauf, ein negativer Faktor bedingt den nächsten.
Darüber hinaus steigen auch die pädagogischen Aufgaben: Immer mehr Beratung, individuelle Betreuung, soziale Begleitung oder gesamtgesellschaftliche Fragen müssen von den Lehrern geleistet werden. Der Lehrer ist schon lange nicht mehr nur der Unterrichtende, er ist gleichzeitig auch Begleitender, Erziehender und Ratgeber für Schüler.
Die Fragen, die sich praktisch nahtlos an eine Arbeitszeiterhebung hätten anschließen können, wären gewesen: Welches Personal, welche Fachkräfte, welche multifunktionellen Teams braucht Schule heute? Wer bezahlt das, und wie kann das nachhaltig finanziell geregelt werden, wenn es um das System Personal in Schule geht? Es geht beim System Schule tatsächlich um mehr als nur Schulassistenten.
Ich hätte dieses Thema gern verfolgt. Die Kollegin Klahn und ich werden an diesem Thema dranbleiben, vielleicht einmal eine Promotion zu dem Thema an der Uni anstoßen. Ich denke, da geht noch etwas, trotz der Mehrheit im Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lehrer-Bashing gehört zu jedem Kabarett-Einsteigerkurs. Jeder noch so dröge Kabarettist hat die Lacher auf seiner Seite, wenn er auf die angeblich so faulen Lehrer eindrischt. Lehrer werden als Halbtagsjobber, die mitten am Tag den Rasen mähen, verhöhnt. Dazu hätten sie noch Monate voller Freizeit, von denen normal Sterbliche nur träumen könnten. Der Lehrer hat vormittags recht und nachmittags frei. - Alle lachen, und so setzt sich das blöde Vorurteil in den Köpfen fest.
Wenn man mit eigenen Erfahrung oder unabhängigen Statistiken dagegenhält, erntet man schnell ein Schulterzucken, denn so genau wissen will es dann doch niemand. Stattdessen pflegt man gern seine Vorurteile. Das ist übrigens andersherum nicht anders. Auch die Weltuntergangsmetaphern der Lehrerverbände sind nicht immer besonders hilfreich, wenn es um die Arbeitszeiten von Lehrerinnen und Lehrern geht. Die pauschale Überstundenvermutung ist eben genauso falsch wie das Zerrbild des faulen Lehrers aus dem Kabarett.
Dementsprechend wäre es folgerichtig, einmal genau zu erfassen, wie viele Stunden Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich arbeiten. Tatsächlich liegen aber bereits Erfahrungen mit der Arbeitszeiterfassung vor; die sind aber wenig ermutigend. Vor 15 Jahren beauftragte die Landesregierung Nordrhein-Westfalen eine Unternehmensberatung mit der Erfassung der Arbeitszeiten. Die Lehrerinnen und Lehrer erfassten dabei über einen festgelegten Zeitraum jedes Gespräch und jede Korrektur mittels einer Zeiterfassung.