Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie und bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen, damit wir die Tagung wie geplant fortsetzen können.
Ich teile Ihnen zunächst mit, dass weiterhin die Kolleginnen und Kollegen Barbara Ostmeier, Hauke Göttsch und Christian Magnussen als erkrankt gemeldet sind. Sie sind allesamt von der CDUFraktion. - Wir alle wünschen ihnen von dieser Stelle gute Besserung!
Weiterhin teile ich mit, dass wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene Ministerin Alheit und Minister Habeck ab 15 Uhr und ebenfalls ab 15 Uhr Minister Studt beurlaubt sind. Der Herr Abgeordnete Kumbartzky hat nach § 47 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung mitgeteilt, dass er ab 16 Uhr an der Teilnahme der heutigen Sitzung verhindert ist.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Debatte einsteigen, bitte ich Sie, gemeinsam mit mir Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Schafflund auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen Euch allen hier im Kieler Landeshaus!
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/2330 (neu)
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Thomas Rother von der SPDFraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den gestrigen Höhenflügen sage ich: Guten Morgen und willkommen im parlamentarischen Alltag. - In dieser Landtagssitzung
fordern SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW: Die Provinzial muss öffentlich bleiben. Aufgabe eines öffentlichen Versicherers ist die Erfüllung des öffentlichen Auftrags, der auch im öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Sparkassen- und Giroverband vereinbart ist. Die Provinzial ist zum “gemeinen Nutzen“, wie es so schön heißt, tätig, und die Erzielung von Gewinn ist nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebs.
Dieser Vertrag, den der Landtag vor rund 20 Jahren beraten hat und der 1995 in Kraft getreten ist, wurde 2005 erneuert. Bereits 1995 ging es darum, im veränderten liberaleren europäischen Wettbewerb zu bestehen, den Finanzplatz Kiel zu stärken und die Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein zu sichern. Gleichzeitig hat der Landtag mit dem Gesetz über öffentlich-rechtliche Versicherungsanstalten in Schleswig-Holstein die Weichen für eine Beteiligung weiterer öffentlich-rechtlicher Träger gestellt und Möglichkeiten für die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit Zustimmungsvorbehalt des Landtags geschaffen.
Zehn Jahre später, 2005, hat der Landtag zugestimmt, den 1995 geschlossenen Vertrag anzupassen. Dies geschah „im Interesse einer zukunftsfähigen Fortentwicklung der Provinzialversicherungsgesellschaften und der nachhaltigen Sicherung der Arbeitsplätze sowie des Gewerbesteueraufkommens“; so hieß es in dem dazugehörigen Antrag damals. Die Beteiligungsstruktur wurde geändert: 75,1 % der Eigentumsanteile mussten nicht mehr allein in der Sparkassenorganisation verbleiben, sondern insgesamt in öffentlicher Hand. Für den Landtag war seinerzeit von großer Bedeutung, dass das Zustimmungserfordernis zur Teilveräußerung der Aktien und zu Vertragsveränderungen ausdrücklich beibehalten wurde.
Anders ist das übrigens in der Freien und Hansestadt Hamburg. Bis 1994 war die Hamburger Feuerkasse der alleinige Pflichtversicherer für Hamburgs Gebäude. Sie wurde verkauft und gehört heute zur Provinzial Holding. Die Stadt Hamburg ist nicht mehr an der Versicherung beteiligt. Anders als in Schleswig-Holstein gibt es auch keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der die Rechte der Stadt beziehungsweise des Landes bei Aktienverkäufen sichert. Hamburg hat das schon einige Male bedauern müssen. Genau deswegen hat die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg vor Kurzem ihren Senat „ersucht, sich im Rahmen des politischen Dialogs mit den Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen für
eine weiterhin öffentlich getragene Provinzial auszusprechen“. Dieser Beschluss fiel im August 2014 mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und Linken gegen die Stimmen der FDP in der Hamburger Bürgerschaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal gibt es eine große Gemeinsamkeit. Ich danke herzlich für den Antrag, den CDU und FDP - ich betone: auch die FDP - hier eingebracht haben. Dazu werde ich gleich noch etwas sagen, denn er ergänzt das, glaube ich, in guter Weise, was wir hier vorgelegt haben.
Aus der Privatisierungs- und Deregulierungswelle haben wir gelernt, und es wurden Konsequenzen gezogen. Eine Übernahme der Provinzial durch die Allianz, wie sie vor zwei Jahren in Rede stand, konnte abgewendet werden. Arbeitsplätze und Steuereinnahmen hier im Norden wurden gesichert.
Wir wollen mit dem klaren Bekenntnis zu einer Versicherung in öffentlicher Trägerschaft für die Bürgerinnen und Bürger ein Stück Daseinsvorsorge gewährleisten, das nicht vordergründig am Gewinn orientiert ist. Der wesentliche Vorteil liegt auf der Hand: Nur in öffentlichem Besitz kann ein Versicherer natürlich insolvenz- und krisensicher bleiben.
Die Interessen der beteiligten Länder in Bezug auf ihre regionale Verantwortung, Verankerung und Identität der heute bestehenden Versicherer müssen gewahrt bleiben. Arbeitsplätze sind heute wie damals natürlich ein ganz wichtiger und bestimmender Faktor.
Wir stehen zu diesen Zielen: Wir wollen einen starken öffentlichen Versicherer, dem Daseinsvorsorge und öffentliche Interessen wichtiger als Gewinnmaximierung sind.
Um eine dauerhafte Erfüllung und Sicherstellung des öffentlichen Auftrags zu gewährleisten, halten wir einen länderübergreifenden Zusammenschluss öffentlicher Versicherer in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft für richtig. Zwingen können wir natürlich niemanden - in Nordrhein-Westfalen gab es sozusagen Ungereimtheiten -, politisch auffordern natürlich schon.
Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, der seinen Sinn, den manche vielleicht nicht auf den ersten Blick erkannt haben, aus eben
Dem Änderungsantrag von CDU und FDP, „Provinzial muss öffentlich bleiben“, Drucksache 18/ 2370, können wir gern zustimmen. Denn ich glaube, dass er auf ein wenig technische, aber sehr sinnvolle Weise unseren Antrag ergänzt.
Wenn wir dann eine große Gemeinsamkeit sogar bis zur FDP haben, ist das eine sehr gute Botschaft nicht nur an die Beschäftigten und die Versicherten der Provinzial, sondern auch für unsere Landesregierung, dass sie dort handeln kann. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Provinzial muss öffentlich bleiben. Sie muss weiterhin öffentlich getragen werden. Der öffentliche Auftrag, der laut anderen Regierungsfraktionen im öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Land sowie dem Sparkassen- und Giroverband verankert ist, muss erfüllt werden. - Was für wohlklingende Formulierungen! Die Realität sieht leider anders aus. Deswegen ist dieser Antrag leider nicht viel mehr als weiße Salbe, um Gewerkschaften und Arbeitnehmern etwas vorzugaukeln.
Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, Sie haben bei der Diskussion um das Sparkassengesetz von CDU und FDP die Möglichkeit einer 24,9-prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hamburger Sparkasse als „Privatisierung“ gegeißelt. Ich sage Ihnen: Wenn man zu Recht von einer Privatisierung sprechen kann, dann bei dem, was SPD und Grüne mit der Provinzial gemacht haben.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung beziehungsweise -frage des Herrn Abgeordneten Rasmus Andresen?
Ich bin zwar noch ganz am Anfang meiner Ausführung, aber wenn der Kollege Andresen möchte, dann sehr gern.
Weil wir im Finanzausschuss ein so gutes Verhältnis zueinander haben, möchte ich Sie darauf hinweisen, Herr Kollege, dass der Kollege Rother gerade angekündigt hat, dass wir sehr gut damit leben können, uns Ihren Antrag zu eigen zu machen und zu übernehmen, damit wir hier ein geschlossenes und starkes Signal für die Provinzial abgeben, das darüber hinaus auch stark ist. Würden Sie dann bitte vor dem Hintergrund auch zur Kenntnis nehmen, dass Ihr Redeskript nicht mehr ganz aktuell ist und Sie es vielleicht noch einmal anpassen sollten?
müssen wir noch lange nicht Ihrem Antrag zustimmen. Wir beantragen die alternative Abstimmung von beiden Anträgen.
Schauen wir uns die Entwicklungsgeschichte der Provinzial noch einmal an. Ganz am Anfang war das Land nur Träger der Provinzial. Wirtschaftliche Eigentümer der Provinzial waren hingegen die Versicherungsnehmer selbst im Sinne eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Sie wurden als erstes von der SPD ausgebootet.