Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als Landtagsneuling, der die Debatten um die HSH Nordbank bisher eher aus der Ferne verfolgen konnte, habe ich mich ein bisschen über den Antrag der FDP gewundert. Sie können sicher sein, dass Transparenz unter SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW mehr denn je zur politischen Kultur unseres Landes gehört. Ende 2008 und Anfang 2009 gab es keine erkennbaren realistischen Alternativen zu der Kapitalerhöhung und den Garantien.
Eine sofortige Abwicklung der Bank hätte alle Arbeitsplätze gekostet, und das Land hätte sofort im Rahmen der alten Gewährträgerhaftung einstehen müssen. 2008 betrugen diese Verpflichtungen rund 64 Milliarden € und 2009 immerhin noch 56 Milliarden €.
Da Herr Kubicki aus der Vergangenheit mehr Erfahrung hat als ich, werde ich diese Frage nicht zulassen. Ich bitte dafür um Verständnis.
Wenn der Kollege Koch im Zusammenhang mit seiner Forderung nach Vorsorge im Haushalt ausführt: „Finanzminister Rainer Wiegard hat immer für ausreichende Sicherheitspuffer im Haushalt gesorgt“, bezieht er sich sicher nicht auf die von mir zuvor genannten Summen.
Allen hier im Haus war klar, dass man in diesem Umfang keine Vorsorge und keine Sicherheit einstellen kann. Eine mittelfristige Abwicklung der Bank hätte nach dem damaligen Stand der Informationen ebenso viel gekostet wie die Beibehaltung. Allerdings hätte es keine Chance gegeben, nach Abwicklung das eingesetzte Geld wieder herauszubekommen. Daher hat sich der Landtag - begleitet
durch drei Resolutionen mit Bedingungen für Kapitalerhöhung und Garantien - im Februar, März und April 2009 entschieden, gemeinsam mit dem zweiten Haupteigentümer, der Freien und Hansestadt Hamburg, 3 Milliarden € Kapitalerhöhung und 10 Milliarden € Garantien in die Bank zu geben. Niemand hat diesem Haus versprochen, dass danach alles gut wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, in Sachen HSH Nordbank die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist niemandem in diesem Haus leichtgefallen. Ich zitiere den damaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU, Dr. Johann Wadephul:
„Nach sorgfältigen Beratungen und intensiver Abwägung der Risiken und Folgen stehen wir als CDU-Fraktion zu unserer politischen Verantwortung für unser Land Schleswig-Holstein und stimmen dem vorgelegten Vertragswerk schweren Herzens zu.“
„Die SPD-Fraktion in diesem Parlament orientiert sich dabei an unserem Verständnis von Verantwortung, wie es Yehudi Menuhin formuliert hat: ‚Freiheit ist nicht die Freiheit zu tun, was man will, sie ist die Verantwortung, das zu tun, was man tun muss.’“
Ich gehe auf diese Punkte so ausführlich ein, weil ich nochmals die historischen Dimensionen dieser Entscheidung deutlich machen möchte, die von den Abgeordneten von CDU und SPD gegen die Stimmen der Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW getroffen wurden.
Wenn wir jetzt über den Antrag der FDP sprechen, mögliche Zahlungsverpflichtungen und Lösungsmöglichkeiten für niedrige Eigenkapitalquoten darzustellen, handelt es sich um weitaus niedrigere Summen als die damals im Raum stehenden, als die Hamburgische Bürgerschaft und der Landtag Schleswig-Holstein die Pakete für die Bank verabschiedet haben. Es ist jedoch beileibe kein Grund, die heute vorhandenen Risiken zu verharmlosen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich müssen Lösungen gefunden werden, falls und wenn die Szenarien eintreten, über die die FDP schreibt. Ich kann Ihnen aber ganz sicher sagen, dass diese Lösungen weitaus mehr von den Entscheidungen auf EU-Ebene abhängen werden als von jenen, die wir hier in Schleswig-Holstein überhaupt treffen dürften - vorausgesetzt, wir können das Kapital dafür aufbringen.
Auch ich meine, wir sollten dieses Thema im Fachausschuss vertiefen, im Finanzausschuss, mitunter in nicht öffentlicher Sitzung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut und richtig, dass wir hier eine Debatte zur HSH Nordbank führen, denn die Lage ist in der Tat beunruhigend, Herr Kollege Kubicki. In der letzten Legislaturperiode haben alle Fraktionen konstruktiv an der Aufarbeitung der Gründe der HSH-Nordbank-Krise mitgewirkt. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat deutlich gemacht, dass diese Krise eine Folge zahlreicher Fehlentscheidungen, mangelnder Aufsicht und Intransparenz war.
Ja, auch schon die erste rot-grüne Landesregierung - Demut steht uns in dieser Debatte allen gut zu Gesicht - hat dazu beigetragen, indem sie viel zu hohe Gewährträgerhaftung für die HSH Nordbank übernommen hat.
Dass diese Haftung dann aber überhaupt zum Tragen kommen würde, lag aber vor allem am Missmanagement innerhalb der Bank und an der katastrophalen Überwachung, die die folgenden Landesregierungen im Aufsichtsrat ausübten. Nur so konnte die HSH immer riskantere Kreditersatzgeschäfte eingehen, die dann mit Ausbruch der globalen Finanzkrise zu massiven Verlusten geführt haben.
Um die Bank heute zu bewerten, gibt es drei entscheidende Kriterien: zum einen die Eigenkapitalquote, zum anderen die Ziehungswahrscheinlichkeit für die Garantie der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein und schließlich die sogennannten Risk Weighted Assets. Wie sieht es also im Einzelnen aus? - Die Kernkapitalquote ist dramatisch auf 10 % gesunken, die Ziehungswahrscheinlichkeit liegt inzwischen bei über 41 %. Spätestens seit den letzten Gutachten der Ratingagenturen Fitch Ratings und Moody’s - andere Kollegen sind darauf
Durch Auflagen der Europäischen Union musste sich die HSH in den letzten Jahren immer weiter auf ihr Kerngeschäft, die marode Schifffahrt, konzentrieren. Die Lage auf dem Schifffahrtsmarkt ist alles andere als einfach. Ein gegenüber dem USDollar schwacher Euro verschärft die Lage zusätzlich.
Nun aber konkret zum Antrag der FDP-Fraktion! Wir sind gern bereit, Ihren Antrag beziehungsweise die dort formulierten offenen Fragen im Ausschuss zu behandeln. Ich nehme es als Entgegenkommen, dass Sie das selbst beantragt haben und hier nicht Abstimmung in der Sache wollen. Wir glauben, dass es schwer darstellbar wäre, den Antrag heute zu beschließen, so richtig die Fragen, die darin aufgegriffen werden, auch sind.
Die Landeshaushaltsordnung beispielsweise schreibt fest, dass Risiken nur abgebildet werden können, wenn sie sicher eintreffen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der sogenannten Etatreife, und die ist bei der HSH Nordbank nicht erreicht. Man weiß eben nicht genau - ich habe gerade geschildert, wie unsere Fraktion die Lage der Bank einschätzt -, wie die Lage in sechs, neun oder zwölf Monaten ist. Man kann nicht genau sagen, welche Maßnahmen wann zu welcher Zeit ergriffen werden müssen.
Lieber Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, dass man dann vielleicht einmal über die Landeshaushaltsordnung nachdenken muss, wenn die keine Möglichkeit einer Risikovorsorge in einem solchen Fall vorsieht?
Das ist eine andere Debatte. Wir können im Rahmen der Haushaltsdebatte gern über solche Fragen diskutieren. Wie wir uns entscheiden werden, wird man sehen. Diese Debatte im Rahmen der Haushaltsberatungen zu führen, damit habe ich kein Problem.
Es geht um die Frage, wie wir mit der Bank umgehen und ob wir es schaffen, einen gemeinsamen Weg zu beschreiten, der sehr wichtig ist. Oder wird die HSH Nordbank, wie es in der Vergangenheit manchmal der Fall war, für politische Muskelspiele von unterschiedlichen Fraktionen missbraucht?
Herr Koch, das geht vor allem an Ihre Adresse. Ich glaube, dass das der falsche Weg ist. Ich sage da: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Ich finde es schon auffällig, dass sich das Verhalten von einigen im Saal gegenüber der Bank sehr stark danach richtet, ob man Regierungsverantwortung trägt oder in der Opposition ist. Ich finde es absolut richtig, hier Debatten über die Bank zu führen, aber man muss immer genau gucken, wie und ob man durch plumpe Attacken gegenüber der Landesregierung der Bank hilft oder an der Sache interessiert ist. Das wage ich einmal zu bezweifeln.
- Ich habe gerade eben Fehler in der Regierungszeit eingestanden. Wir haben als Grüne gerade in den Oppositionsjahren, gerade Monika Heinold als finanzpolitische Sprecherin unserer Fraktion, ein sehr starkes Interesse an Aufklärungsarbeit und ein kritisch-konstruktives Verhältnis gegenüber der Bank gehabt. Ich glaube - das ist mein Eindruck der letzten Monate -, dass die Lage vom Finanzministerium sehr gut und ernsthaft eingeschätzt und das Parlament umfassend beteiligt wird.
Der Aspekt, wer von der Hausspitze an Sitzungen des Beteiligungsausschusses teilnimmt, ist ein bisschen eine vorgeschobene Debatte, Herr Koch, weil wir mit Thomas Losse-Müller als Staatssekretär jemanden haben, der sich im Bankenbereich
Nicht im Widerspruch zur Landesregierung, aber im Interesse einer guten parlamentarischen Beteiligung erkläre ich hier für die grüne Fraktion, dass wir erwarten, dass das so weitergeht und das Parlament umfangreich informiert wird, dass gemeinsam mit dem Parlament an Lösungen gearbeitet wird, natürlich - da haben Sie vollkommen recht, Herr Kubicki - nicht nur im Beteiligungsausschuss, sondern gern auch im Finanzausschuss. Ich hoffe, dass wir konstruktiv in den zuständigen Gremien beraten werden.