Protokoll der Sitzung vom 18.06.2015

Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung wird beide Stufen begleiten und ist bereits jetzt intensiv eingebunden. Mein Dank - ich hatte das auch in der letzten Debatte gesagt - für seine Bereitschaft und seine Unterstützung, sich da so einzubringen. Danke, dass Sie das machen, Herr Dr. Hase.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Am Ende des Diskussionsprozesses wird ein Aktionsplan stehen, der der Politik für Menschen mit Behinderung eine ganz neue Qualität und eine neue Nachhaltigkeit in unserem Land geben wird. Das beginnt bereits jetzt im Verfahren der Erarbeitung. Ich finde, das ist eine richtig gute Perspektive. - Danke schön.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die im Ältestenrat vereinbarte Redezeit um 3 Minuten überzogen. Diese Zeit steht jetzt auch jeweils den Fraktionen zur Verfügung.

Begrüßen Sie mit mir den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Professor Dr. Ulrich Hase. - Herzlich willkommen, Herr Professor Dr. Hase!

(Ministerin Kristin Alheit)

(Beifall)

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, für den Bericht, den Sie uns gegeben haben, kann ich mich nicht bei Ihnen bedanken; denn Sie hatten noch in der letzten Sitzung des Sozialausschusses angekündigt, dass viele Fragen, die Sie im Rahmen der Großen Anfrage nicht beantwortet haben, wenigstens im Zwischenbericht angesprochen und geklärt würden. Das ist mitnichten der Fall.

In meinem Manuskript habe ich mir einen Satz von Pavel Kosorin notiert. Er sagte einmal über Schnecken, ihr größtes Problem sei ihr ungenügendes Tempo. Das fällt mir jetzt als Erstes ein.

Ich erinnere noch einmal daran: Im Sozialausschuss haben Sie uns gesagt, Sie wollten einen strikten Zeitplan einhalten. Nach diesem Zeitplan hängen wir jetzt seit 18 Monaten in der Luft. Wir wissen nichts und hören warme Worte. Heute lese ich dann auch noch in einer Pressemitteilung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, die Weichen seien richtig gestellt. Zumindest ist er zurückhaltender als beim letzten Mal. Es nützt nichts, wenn die Weichen gestellt sind, aber die Lok noch im Schuppen steht. Das hilft uns auch nicht weiter. Es ist einfach eine Katastrophe.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP - Zurufe SPD)

Schon auf Seite 4 dieses beeindruckend „umfänglichen“ Berichts von elf Seiten wird klargestellt, dass man sich hierzulande schon seit 2006 damit beschäftigt. Wir haben es eben schon gehört. Die Schlussfolgerung, die man im Hause Alheit daraus zieht, ist, dass man in fast zwei Jahren nicht mehr schaffen kann, als Arbeitsgruppen einzusetzen, seien sie nun interministeriell oder anders. Das ist nicht nur nicht beeindruckend, das ist einfach beschämend.

Während wir in Schleswig-Holstein Arbeitsgruppen einsetzen, sind andere Bundesländer viel schneller. Ich will Ihnen einmal sagen, was Brandenburg tut. Sie haben im Jahr 2012, nach weniger als zwei Jahren, einen 136 Punkte umfassenden und völlig korrekten Bericht verfasst. Er nennt sich: „Auf dem Weg zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung“. Daran haben 1.000 Menschen mit

gewirkt, er ist ohne Arbeitsgruppen von Ministerien zustande gekommen, sondern von jenen mitgestaltet worden, auf die es ankommt und die betroffen sind.

(Beifall PIRATEN und Heike Franzen [CDU])

Ein Aktionsplan ist etwas Einmaliges, ein Aktionsplan beinhaltet eine Situationsanalyse, die Aufstellung von Entwicklungszielen und ein darauf abgestelltes Handlungskonzept. Wir PIRATEN haben in den vorletzten Haushaltsberatungen die Einrichtung einer Stabsstelle für diese Arbeit gefordert und Finanzierungsmöglichkeiten aufgezeigt. Dies hatte übrigens der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung bereits in seinem Tätigkeitsbericht 2011/2012 gefordert. Mit einer Stabsstelle wären wir sicherlich schon viel weiter, als wir heute sind. Stattdessen dümpelt diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe unter der Federführung einer Ministerin dahin, die für vieles bekannt ist, aber nicht für ihre Schnelligkeit.

Was das alles noch viel schlimmer macht: Der Bericht ist ein Zeugnis inhaltlichen Versagens; denn ich sagte es eingangs - unsere Fragen aus der Großen Anfrage beantwortet er auch nicht. Darum, sehr geehrte Frau Ministerin, wäre es tatsächlich besser gewesen, diesen Bericht nicht der Antwort auf die Große Anfrage beizufügen; denn ganz gleich, wie viele Seiten er füllt, er sagt ganz deutlich das aus, was Sie bei der Großen Anfrage noch vermieden haben: Sie haben inhaltlich nichts zu bieten. Das wäre auch eine ehrliche Antwort auf die Große Anfrage gewesen. Dann hätten wir uns den Weg durch den Einigungsausschuss sparen können. - Danke schön.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt die Frau Abgeordnete Heike Franzen das Wort.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wutbürgerin Fran- zen! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das wissen Sie ja noch gar nicht! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ich habe sie schon ein paar Mal ge- hört!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.

(Präsident Klaus Schlie)

(Beifall SPD)

Sie haben uns heute ganz viel erzählt, aber kaum etwas von dem, was in Ihrem Zwischenbericht steht. Darüber war nichts zu hören.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Da steht ja auch nichts drin!)

Anscheinend sind Sie aufgrund der mageren Faktenlage selbst sprachlos, was Ihren Zwischenbericht zum Aktionsplan für Menschen mit Behinderung betrifft.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Bericht hat in der Tat mehr Seiten als die Große Anfrage von Herrn Dudda, er hat auch mehr Buchstaben, aber er beinhaltet leider nicht mehr Fakten. Sie hätten wirklich gut und gerne auf die Große Anfrage verweisen können. Darin haben Sie darauf verwiesen, dass es jetzt einen Zwischenbericht gebe, der alles kläre. Nur, von den Fragen, die Herr Dudda in seiner Großen Anfrage gestellt hat, sind kaum welche geklärt. Ihr Zwischenbericht ist diesbezüglich ausgesprochen mager. Die Hälfte der Seiten Ihres Berichts befasst sich mit der Ausgangslage der UN-Konvention. Ich denke, diese ist in diesem Haus hinlänglich bekannt.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Na ja! - Anita Klahn [FDP]: Nicht allen!)

Wir haben sie schon, ich weiß nicht, wie oft, diskutiert. Eine Frage von Herrn Dudda, die ja durchaus berechtigt ist, lautete ja: Wie sind denn die ministeriellen Arbeitsgruppen, wie sind die Arbeitsgruppen finanziell unterlegt? Dazu komplette Fehlanzeige!

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wahrscheinlich hat Schwarz-Gelb die Grundlagen dafür vernich- tet!)

- Dann wäre der Kollege Dr. Garg noch einmal zu fragen. Er müsste das aus Zeiten von Schwarz-Gelb besonders gut wissen.

Einige Dinge sind aber dennoch seit 2013, also seit über einem Jahr, dem Bericht zu entnehmen: Es gibt ein Konzept. Wie das aussehen soll, bleibt allerdings trotz des Zwischenberichts der Landesregierung deren Geheimnis. Es gibt eine interministerielle Arbeitsgruppe. Diese hat sich inzwischen fortgebildet. Das finde ich löblich. Außerdem gibt es zehn allgemein gefasste Handlungsfelder. Das sind genau dieselben Handlungsfelder, wie sie im Gesamtkonzept für Menschen mit Behinderung beschrieben sind. Aber was konkret hinter diesen

Handlungsfeldern steht, bleibt weiterhin Geheimnis dieser Landesregierung und dieser Ministerin.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Und dann sind die Ressorts beauftragt, die Auswirkungen der UN-Behindertenrechtskonvention zu überprüfen und Vorschläge zu machen. Sie ist ja auch komplett neu. Die UN-Konvention ist im Jahr 2009 ratifiziert worden, also ist es eine komplett neue Aufgabe, in den Ministerien zu prüfen, welche Auswirkungen sie eigentlich hat. Danach soll dann ein Maßnahmenkatalog erarbeitet werden, und es ist geplant, die Vorbereitungen lediglich in den Ministerien zu treffen.

Herr Dudda hat es gerade deutlich gemacht: Das war anders versprochen. Zugesagt war im Rahmen des Aktionsplans, dass die Verbände für Menschen mit Behinderung an der Vorbereitung mitarbeiten, der Beteiligungsprozess, Frau Ministerin, findet allerdings erst statt, wenn die Ressorts vorgelegt haben. Damit halten Sie nicht ein, was Sie den Menschen und den Menschen mit Behinderung in diesem Land versprochen haben.

(Wolfgang Dudda [PIRATEN]: 2025!)

- Das soll schon nächstes Jahr passieren. Aber man muss sagen: Der Erwartungshaltung, die Sie geweckt haben, werden Sie damit überhaupt nicht gerecht.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Bei Ihnen ist das nicht so?)

Es ist ja löblich, dass wenigstens der Landesbeauftragte noch mitarbeitet.

Frau Ministerin, vielleicht erinnern Sie sich. Im Jahr 2013 haben wir hier schon einmal darüber debattiert. Genauso habe ich mir das damals vorgestellt. Das finde ich schlimm. Ich habe gerne recht, aber an dieser Stelle finde ich es schade. Ich bleibe auch nach der Sitzung in der letzten Landtagswoche bei meiner Auffassung: Man hat den Eindruck, dass die Belange der Menschen mit Behinderung - wie so manch anderes Thema, zum Beispiel die Keimkrise oder der Friesenhof oder auch die Hochschulen - bei Ihnen weiß Gott nicht in den besten Händen sind. Sie haben uns ja im Sozialausschuss erklärt, wie bei Ihnen politische Relevanzen festgelegt werden. Ich habe das Gefühl, das geschieht bei Ihnen nur im Vorzimmer. Es wäre schön, wenn Sie irgendwann einmal deutlich machten, welche politische Relevanz Sie bei diesen Themen sehen, und wenn Sie sich wenigstens eines Themas einmal intensiv annähmen und es zur Chefsache machten. Das sollte das Thema Menschen mit Behinderung

(Heike Franzen)

sein. Das betrifft so viele Menschen in unserem Land. Damit könnten Sie wirklich einmal richtig punkten, Frau Ministerin.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Ihr Zwischenbericht macht deutlich: Die Politik für Menschen mit Behinderung wird unter Ihrer Leitung bis 2017 in diesem Land ausgesetzt. Ich finde das sehr bedauerlich. Hier könnte man wirklich gemeinsam viel tun. In diesem Haus gab es eine Zeit, in der wir uns zum Thema Inklusion sehr einig waren. Das haben Sie mit Ihrer Handhabung dieses Themas inzwischen aufgelöst. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Baasch das Wort.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Jetzt einmal zur Sa- che, Wolfgang! Das wäre etwas Neues! - Heike Franzen [CDU]: Es gibt ja nichts zur Sache! Es ist ja nichts da!)