Protokoll der Sitzung vom 17.07.2015

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Für uns als SSW steht fest: Menschen haben Anspruch auf bezahlbaren Wohnraum. In bestimmten Regionen Deutschlands ist dies aber mit einem normalen Gehalt nicht mehr machbar. Gerade in den boomenden Ballungsgebieten, den Mittel- und Universitätsstädten ist es zu Preissprüngen um 20, 30 oder sogar 40 % bei Neuvermietungen gekommen. Wir reden hier nicht über bundesweite Durchschnittswerte, sondern über problematische Teilmärkte. Dort haben Mietpreis-Explosionen dazu geführt, dass Gering- und Normalverdiener mittlerweile aus bestimmten Wohnlagen verdrängt werden.

Mit der von der Großen Koalition in Berlin beschlossenen Mietpreisbremse sollen derartige Preissprünge künftig gedeckelt werden. Bei Neuvermietungen darf der Mietpreis künftig höchstens 10 % über dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Es sind bestimmte Gebiete, in denen die Mietpreisbremse Anwendung finden soll. Das Gesetz ermächtigt die Bundesländer, hierfür solche Gebiete zunächst für fünf Jahre auszuweisen.

Übergeordnet können wir für Schleswig-Holstein feststellen, dass bezahlbarer Wohnraum bei uns im Lande noch keine Mangelware ist. Jedoch wissen wir nicht erst seit heute, dass es auch bei uns im Land bestimmte Regionen und Gebiete gibt, in denen sich die Situation schwierig darstellt. Bekanntestes Beispiel - hier schon oft erwähnt - ist die Insel Sylt. Aber auch im Hamburger Umland und in größeren Städten des Landes verzeichnen wir seit Jahren Probleme hinsichtlich erschwingbaren Wohnraumes. Mit der Mietpreisbremse wollen wir den Menschen hier im Land weiterhin Zugang zu bezahlbarem Wohnraum sichern, indem übermäßige Mietsteigerungen bei Neuvermietungen verhindert werden. Aus diesem Grund sprechen wir uns dafür aus, die Bremse auch bei uns im Land einzuführen. Für uns ist klar, dass wir für die Umsetzung die ent

sprechenden Beteiligten mit an den Tisch holen. Deshalb wollen wir, dass Kommunen, Wohnungswirtschaft und der Mieterbund bei der Umsetzung der Mietpreisbremse eng eingebunden werden. Es ist uns wichtig, dass wir die Belange der Beteiligten aufgreifen. Nur so schaffen wir eine rechtliche Grundlage mit nachvollziehbaren Kriterien.

Die Mietpreisbremse ist jedoch nicht das einzige Mittel, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Mit der Landesinitiative „Offensive für bezahlbares Wohnen“ gehen wir bereits einen wichtigen Schritt, um Probleme vor Ort zu beheben. Diese Initiative wurde vom schleswig-holsteinischen Innenministerium zusammen mit den Kommunen, den Verbänden der Wohnungswirtschaft und dem Mieterbund gemeinsam Anfang 2013 auf den Weg gebracht und richtet sich an die regionalen Bedarfsschwerpunkte.

Gerade den bedarfsorientierten Ansatz halte ich in diesem Zusammenhang für ausgesprochen wichtig, denn die Wohnungswirtschaft ist vergleichsweise dynamisch. Daher ist es sinnvoll, dass wir Maßnahmen und Zielregionen jederzeit den Bedarfen anpassen können.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass wir in die kommunale Familie hineinhören, denn vor Ort spürt man den Druck zuerst. Hierzu möchte ich darauf aufmerksam machen, dass das kommunale Planungsrecht bereits heute die Sozialbindung von Wohnungen zulässt. Das heißt, vor Ort gibt es durchaus Möglichkeiten, sozialen Wohnraum zu schaffen, und die sollte man dann auch durch die Kommunen nutzen. Es hat sich mehrfach gezeigt, dass gerade gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften ein optimaler Partner der Kommunen sein können, wenn es um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum geht.

Die Schaffung und Sicherung bezahlbaren Wohnraums ist eine komplexe Angelegenheit mit mehreren Akteuren. Ich denke, wir sind in weiten Teilen schon auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ende.

Herr Kollege, gestatten Sie -

Ich bin gleich am Ende.

Bitte? Sie sind gleich am Ende? Ich hoffe, nur mit Ihrer Rede.

(Dr. Patrick Breyer)

(Heiterkeit)

Die Frage ist, ob Sie noch eine Bemerkung des Abgeordneten Dr. Breyer zulassen.

Danke, Herr Kollege. - Sie haben ja gesagt, dass wir bei der Schaffung von Sozialwohnungen auf einem guten Weg seien. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn von ehemals 220.000 Sozialwohnungen in Schleswig-Holstein sind aktuell doch nur noch 50.000 übrig geblieben, so wenige wie überhaupt noch nie zuvor. Wieso sind wir da auf einem guten Weg?

- Ich sagte, wenn es darum geht, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sind wir auf einem guten Weg. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Wir nutzen einige, hier müssen wir aber noch sehr viel mehr machen. Das tun wir jetzt auch, indem wir zum Beispiel jetzt als ein Mittel die Mietpreisbremse einführen.

Das war dann auch das, was ich sagen wollte. Wir sind zwar auf einem guten Weg, teilweise, aber bei Weitem noch nicht am Ende. Deshalb halte ich die Mietpreisbremse für ein angebrachtes Mittel, um diese Zeit mit den problematischen Teilmärkten zu überbrücken, um dann später längerfristig zu sichern, dass überall bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist. - Jo tak.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Thomas Hölck von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Kollege Lehnert, Sie haben die Mietpreisbremse nicht begriffen. Niemand von der Koalition oder auch von der Regierung behauptet, dass Mietpreisbremsen über das ganze Land ausgeschüttet werden müssen. Das behauptet niemand. Es geht darum, Gemeinden zu bestimmen, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist. Dort, wo die größten Auswüchse sind, muss die Mietpreisbremse angewandt

werden. Das ist gut so, das dämpft die Mieten, und das ist richtig so.

Der VNW war auch gegen die Kappungsgrenzenverordnung. Hamburg hat die Kappungsgrenzenverordnung für das gesamte Stadtgebiet erlassen mit dem Effekt, dass erstens weiterhin viel neu gebaut wird und zweitens die Mieten erstmals gedämpft worden sind. Manchmal ist gute Politik auch besser als nur die Verbandsmeinung.

(Beifall SPD und Burkhard Peters [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie haben mit Ihrem Änderungsantrag fachliche Hinweise gegeben, die ich aber nicht nachvollziehen kann. Da schreiben Sie:

„Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass die Kosten im Wohnungsbau in den letzten Jahren stark angestiegen sind. Gründe hierfür sind vor allem gestiegene Qualitätsansprüche und ordnungsrechtliche Anforderungen.“

- Ja welche denn? Wollen wir weniger Barrierefreiheit? Wollen wir weniger Energieeffizienz?

Dann schreiben Sie:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass kostentreibende Anforderungssteigerungen nur dann rechtlich festgeschrieben werden, wenn dies unbedingt erforderlich ist.“

- Ja, mein Gott, es ist Aufgabe des Parlaments zu sagen, ob wir mehr oder weniger Barrierefreiheit wollen! Es ist Ihre Aufgabe, im Rahmen der Novellierung der LBO zu sagen: Wir wollen Veränderungen vornehmen. Das ist nicht Aufgabe der Landesregierung, sondern das ist Aufgabe des Parlaments.

(Vereinzelter Beifall SPD - Zuruf SPD: Das können sie aber nicht!)

- Vermutlich können oder wollen Sie das nicht definieren, denn damit macht man sich dann ja auch bei anderen angreifbar.

Ich stelle fest: Die Koalition steht zur Mietpreisbremse, CDU, FDP sind dagegen. Das ist schlecht für den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, schlecht für die Mieter. Aber die Mieter können sich auf eine soziale Wohnungspolitik der Koalition verlassen. - Danke schön.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt das Wort -

(Volker Dornquast [CDU]: Halt!)

- Oh, Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen. Herr Lehnert hat zu einem Kurzbeitrag für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, das ist nicht mein Dreiminutenbeitrag, sondern das ist das, was ich vorhin in der Zwischenfrage Kollegen Matthiessen gefragt habe. Es geht um das Gutachten der ARGE. Ich will noch einmal sagen: Das ist die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. Sie sitzt hier in Kiel. Das Land Schleswig-Holstein ist daran beteiligt, Herr Walberg ist der Geschäftsführer, der Vorsitzende ist Herr Scharbach. Die stehen also alle auch nicht im Verdacht, besonders CDU-nah zu sein.

Sie haben jetzt gerade ein umfangreiches Gutachten vorgelegt, das Ihnen auch zugänglich sein müsste. Es hat 109 Seiten. Ich gebe zu, das ist ein bisschen sehr umfangreich. Ich stelle Ihnen das gern zur Verfügung, wenn Sie das nicht haben sollten, Herr Kollege Hölck.

In dem Gutachten steht dezidiert das drin, was wir in unseren Antrag aufgenommen haben. 3 Minuten reichen nicht dafür aus, das im Einzelnen auszuführen. Ich habe aus diesem Gutachten nur einen Absatz zitiert. Ich könnte auch andere Absätze zitieren, die die Probleme aus fachlicher Sicht beurteilen und die darauf hinweisen, dass sich, wenn wir nicht politisch dagegenhalten, die Kostentreiber weiterhin negativ auswirken und dauerhaft dazu führen werden, dass die Rahmenbedingungen nicht besser werden und dass vor allen Dingen privates Kapital im Wohnungsbau, gerade im Mehrfamilienwohnungsbau, nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Darunter werden dann insbesondere finanziell schwächere Haushalte leiden. Das steht explizit in diesem Gutachten drin.

Hören Sie deshalb einfach auf, immer solche politischen Unterstellungen zu machen, sondern schauen Sie sich dieses Gutachten an. Das sind 109 Seiten. Ich stelle es Ihnen gern zur Verfügung.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Wir können gern im Fachausschuss noch einmal darüber reden. Aber fangen wir endlich an, auf die Fachleute, die versierten Fachleute der Wohnungs

wirtschaft zu hören, und hören wir auf, mit politischen Ideologien zu argumentieren.

(Beifall CDU)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Kollegen Detlef Matthiessen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Lehnert, wir reden heute über die Mietpreisbremse, wir reden nicht über die EnEV. Ich sage Ihnen noch einmal: Sie als maßgeblicher Koalitionspartner der Berliner Regierung haben natürlich das Heft des Handelns in der Hand, die EnEV zu ändern, wenn Sie dort Bedarf sehen.

(Beifall Christopher Vogt [FDP])

Wir in Schleswig-Holstein, die Landespolitik, haben damit zunächst einmal null zu tun. Die Mietpreisbremse hat aber sehr wohl etwas mit Landespolitik zu tun. - Danke schön.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)