Protokoll der Sitzung vom 16.09.2015

Zudem wird alters- und lebensphasengerechtes Arbeiten gefördert und Arbeit zeitlich und örtlich zum Beispiel durch mobiles Arbeiten und Wohnraumarbeit flexibilisiert. Auch die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements ist ein wichtiger Baustein eines zeitgemäßen Beamtenrechts.

Als zuständige Fachsprecherin für den Bereich ehrenamtliches Engagement freue ich mich über die Berücksichtigung von Freiwilligendiensten bei

(Dr. Axel Bernstein)

laufbahnrechtlichen Nachteilsausgleichen und im Sonderurlaubs- sowie im Besoldungsrecht.

Aber nicht nur der rechtliche Rahmen, sondern auch die finanziellen Bedingungen müssen stimmen. Darauf hat der Kollege Bernstein zu Recht hingewiesen. Dazu enthält der Gesetzentwurf viele gute Vorschläge, vielleicht Kleinigkeiten, die in der Summe aber doch ein großes Plus ergeben. Da ist zum einen die Schaffung von Anreizen für die Weiterarbeit über die Antragsaltersgrenze von 63 Jahren hinaus durch eine neue, flexible Altersteilzeit, die durch eine besoldungsrechtliche Zuschlagsregelung flankiert wird. Im Bereich der Sonderzahlung wird eine auch vom Petitionsausschuss festgestellte Härte aus der Stichtagsregelung für Fälle der Elternzeit beseitigt. Da ist im Ergebnis dankenswerterweise aufgenommen worden.

Ganz wichtig finde ich, dass beim Dienstherrenwechsel von Bund oder anderen Ländern in den Geltungsbereich des Besoldungsgesetzes Schleswig-Holstein eine besondere Ausgleichsregelung geschaffen wird, damit sich die Höhe der Dienstbezüge aus Anlass des Wechsels nicht verringert, und dass die Zuschlagsregelung bei begrenzter Dienstfähigkeit infolge der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts modifiziert wird.

Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang die im Haushaltsbegleitgesetz vorgesehene Anhebung der Eingangsbesoldung für Polizisten, Justizvollzugs- und Finanzbeamte. Ja, das kostet uns Geld. Das wird uns die Opposition dann im nächsten Jahr wieder vorwerfen, aber uns ist es das wert.

Herr Bernstein, ich fand Ihren Hinweis auf die Tarifübernahme und das Verfahren interessant. Natürlich kann man im Nachhinein sagen, ein anderes Verfahren wäre wünschenswert gewesen. Ich finde es aber viel interessanter, dass die Opposition bei ihren Berechnungen, wieviel Geld die Koalition aus dem Fenster schmeißt, was wir heute Morgen wieder gehört haben, immer gern vergisst, dass zwei Tarifübernahmen für die Beamten darin enthalten sind. Wenn Sie allein diese Beträge herausrechnen, die Sie uns immer als Klientelpolitik unterstellen, kommen wir zu ganz anderen Zahlen. Die Finanzministerin hat das vor der Sommerpause einmal berechnet. Das Ergebnis gefiel Ihnen gar nicht.

Meine Damen und Herren, das öffentliche Dienstrecht muss immer wieder auf aktuelle Herausforderungen reagieren, damit der öffentliche Dienst als Arbeitgeber interessant bleibt. Diesem Anspruch wird der vorliegende Gesetzentwurf gerecht. Aber auch für diesen Gesetzentwurf gilt natürlich: Nichts

ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden kann. Ich bin gespannt auf die Anhörung und beantrage die Überweisung in den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Danke schön. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Kollegin Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Bernstein, ich hätte mir gewünscht, dass Sie zusätzlich zu Ihrer Kritik konkrete Vorschläge gemacht hätten, wie Sie das Beamtenrecht ausgestalten wollen. Ich komme zu einer deutlich anderen Bewertung: Ich finde den Gesetzentwurf gut, der uns hier vorliegt.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fachkräftemangel macht auch vor dem öffentlichen Dienst nicht halt. Bis 2020 gehen mehr als 8.600 Personen in den Ruhestand, etwa die gleiche Zahl bis zum Jahr 2026. Diese Zahlen liegen deutlich über dem mit dem Bund vereinbarten Stellenabbaupfad. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, Flüchtlinge in unser Land zu integrieren und ihnen Bildungs- und Qualifizierungsangebote zu machen. Dafür benötigen wir motiviertes und qualifiziertes Personal beim Land und in den Kommunen. Es besteht also Handlungsbedarf.

Deshalb wollen wir als Land unsere Arbeitsplätze noch attraktiver gestalten. Wir wollen mehr junge Menschen für eine Ausbildung im öffentlichen Dienst gewinnen. Gleichzeitig brauchen wir die Kompetenz und das Wissen der älteren Beschäftigten und wollen auch für sie Angebote schaffen, länger im Dienst zu bleiben. Der vorliegende Gesetzentwurf macht dazu viele gute Vorschläge, von denen ich hier nur einige herausgreifen kann.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie allgemein und in besonderen persönlichen Lebenslagen wird gesteigert. Es wird eine Familienpflegezeit eingeführt. Der Teilzeitumfang wird von mindestens 30 % auf 25 % gesenkt und während der Elternzeit flexibilisiert. Die Möglichkeit für ein Arbeitszeitkonto wird ausgebaut. Das sind gute Angebote, die den planbaren und auch den plötzlich auf

(Beate Raudies)

tauchenden privaten und beruflichen Herausforderungen der Beschäftigten Rechnung tragen.

Mit dem Angebot „63 plus“ wird die Zeitspanne über die Altersgrenze hinaus in den Blick genommen und ein Altersteilzeitmodell geschaffen, mit dem Ziel, dass Beschäftigte länger im aktiven Dienst mit verringerter Stundenzahl bleiben.

Die Hinzuverdienstregelungen im Ruhestand werden ebenso ausgeweitet. Eine richtige Initiative, denn zwischen 1995 und 2013 trat nur etwas mehr als ein Drittel der Beamtinnen und Beamten in Schleswig-Holstein mit Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand. 41 % wurden auf eigenen Antrag vorzeitig in den Ruhestand versetzt, 24 % wegen Dienstunfähigkeit pensioniert.

Eine Voraussetzung zur Teilnahme an „63 plus“ ist eine Beurteilung, die der oder dem Beschäftigten bescheinigt, die Anforderungen deutlich zu übertreffen. So ist gewährleistet, dass keine Überforderung durch eine längere Erwerbstätigkeit entsteht. Das ist sowohl im Sinne des Arbeitgebers als auch der Beamtinnen und Beamten.

Eine dienstliche Beurteilung über das 55. Lebensjahr hinaus wird ebenfalls neu im Gesetz aufgenommen. Zur Qualifizierung für ein Beförderungsamt für Führungskräfte sind in Zukunft Fortbildungsmaßnahmen verpflichtend. Auch diese Änderungen unterstützen wir Grüne ausdrücklich. Um gute Arbeit zu leisten und Führungsaufgaben nicht zur Belastung werden zu lassen, sind Fortbildungen und eine professionelle Personalführung unerlässlich.

Die Einbeziehung der Freiwilligendienste in das Benachteiligungsverbot und die Möglichkeit, hierfür Sonderurlaub zu beantragen, sind ein sehr gutes Signal. Mit dem Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr und auch mit dem Bundesfreiwilligendienst kann man sich für das Allgemeinwohl engagieren. Sie geben jungen Menschen die Chance, sich zum Beispiel nach der Schule in einem neuen Umfeld auszuprobieren, Selbstbewusstsein zu entwickeln und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu reifen. Auch im fortgeschrittenen Alter schafft der Blick über den Tellerrand neue Perspektiven.

Es gibt weitere Punkte wie Sonderzuschläge für bestimmte Regionen, Verbesserung des Zusatzurlaubs für Nachtdienste, mehr Möglichkeiten für Arbeiten zu Hause, interkulturelle Öffnung und einige mehr, die das Paket abrunden. Wir werden sie im Ausschuss intensiv beraten.

„Attraktiv - demografiesicher - modern: Der öffentliche Dienst ist an den zukünftigen Anforderungen auszurichten und dementsprechend zu gestalten.... Gute und faire Beschäftigungsbedingungen besitzen positive Strahlkraft hinsichtlich der Berufsentscheidung von Nachwuchskräften.“

- So steht es im Gesetzentwurf der Landesregierung. Die angekündigten Maßnahmen sind gute Instrumente, um dieses Ziel zu erreichen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Vielen Dank. - Nun hat der Kollege Dr. Ekkehard Klug von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf kommt in einer Landtagsdrucksache mit 119 Seiten, ist also - das merkt man sofort - umfänglich und sehr detailreich. Er wird uns in den Beratungen sicher noch einigen Diskussionsstoff bieten.

Ist die Modernisierung des Landesbeamtenrechts mit dieser Vorlage vollumfänglich geglückt? - Das wird in den anstehenden Anhörungen im Einzelnen zu klären sein. Vorerst bleibt aus meiner Sicht festzustellen, dass in dem Gesetzentwurf manches Bedenkenswerte enthalten ist, dass einiges jedoch noch ergänzt werden sollte.

Ich nehme zwei Beispiele heraus. Ein Beispiel ist der aus unserer Sicht nachvollziehbare Wunsch nach einem Nachteilsausgleich für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die auf den Nordseeinseln tätig sind.

Mit diesen Einsatzorten ist durchweg ein in vielen Bereichen deutlich erhöhter Aufwand für die Betroffenen verbunden, der durch eine Inselzulage ausgeglichen werden könnte. Dazu hat es einmal vor nicht allzu langer Zeit auch eine Zusage des damaligen Innenministers, Andreas Breitner, gegeben, der den betroffenen Polizeibeamten eine Lösung in Aussicht gestellt hat. Leider hat dies jedoch im vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung keinen Niederschlag gefunden.

Jedem sollte klar sein, dass der öffentliche Dienst es infolge der demografischen Entwicklung zunehmend schwerer hat, qualifizierten Nachwuchs zu

(Ines Strehlau)

finden. Dies wird sich gewiss nicht ändern, wenn man nicht bereit ist, mit erschwerten Arbeitsbedingungen verbundene Belastungen in angemessener Weise auszugleichen. Private Arbeitgeber sind in solchen Fällen durchweg flexibler und damit dann auch attraktiver.

Ich greife ein zweites Beispiel heraus: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in der Endstufe des gehobenen Dienstes künftig mit A 13 Z als Besoldungsgruppe auch eine Zulage gezahlt werden kann, sofern die Stelleninhaber besonders anspruchsvolle Aufgaben übernehmen. Das ist völlig okay, aber dann stellt sich auch die Frage, warum man eine solche Zulage beispielsweise nicht auch für Amtsrichter einführt, die in ihrem Tätigkeitsbereich besondere mit erhöhten Belastungen verbundene Aufgaben übernehmen, zum Beispiel als Bereitschaftsrichter oder im Betreuungsbereich, die aber keine Chance auf eine Beförderung in ein höher besoldetes Richteramt haben. Das würde dann die Einführung einer Besoldungsgruppe R 1 mit Zulage bedeuten, also R 1 Z. Das sollte meines Erachtens als Parallelfall durchaus mit in die Überlegungen einbezogen werden. Über solche und weitere Punkte wird dann sicherlich in den Ausschussberatungen noch weiter zu diskutieren sein. Aus unserer Sicht ist vorrangiges Ziel, dass der öffentliche Dienst im Wettbewerb um Nachwuchskräfte attraktiver wird. Anderenfalls hätten wir bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern in immer größerem Umfang das Nachsehen.

Den Hinweis des Herrn Ministerpräsidenten, dass die Regelungen, die die Reaktivierung von Pensionären betreffen, möglichst bald verabschiedet werden sollen, kann ich nachvollziehen. Aber wie Kollege Bernstein bin ich der Auffassung, dass wir deshalb nicht das gesamte Paket im Hauruck-Verfahren durchziehen sollten. Das wäre eher ein klassischer Fall, um die entsprechenden Regelungen vorzuziehen und separat so früh wie möglich zu verabschieden - natürlich nach einer Prüfung der Vorschläge.

Das muss dann aber für die potenziell Betroffenen, also für die, die das in Anspruch nehmen könnten, so attraktiv sein, dass es auch in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen wird. Wer wollte schon für einen relativ geringen finanziellen Ausgleich wieder voll arbeiten? - Das würde nicht so vielen gefallen, dass es in nennenswertem Umfang die personellen Probleme, die wir haben, bereinigen könnte. Wir sollten hier keine Placebo-Regelung vorsehen, das muss man bedenken. - Vielen Dank für die freundliche Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und Hans-Jörn Arp [CDU])

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne meine Rede mit einem ausdrücklichen Lob an den Ministerpräsidenten. Ich finde es ausgezeichnet, dass dieser wichtige Gesetzentwurf von ihm zur Chefsache gemacht wurde und er selber den Gesetzentwurf hier in die Debatte eingebracht hat. Das zeigt nämlich, wie wichtig das Problem ist, das mit diesem Gesetzentwurf angegangen wird. Wer die gleichen oder mehr Aufgaben künftig von weniger Leuten erledigen lassen will, der braucht dafür sehr gute und hoch motivierte Leute. Da ist das gute alte Wort von Bismarck aus dem Jahr 1850 nach wie vor zeitlos gültig:

„Mit schlechten Gesetzen und guten Beamten lässt sich immer noch regieren. Bei schlechten Beamten helfen uns die besten Gesetze nichts.“

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Der Ministerpräsident hat die Zahlen genannt. Wir sind im Land wahrlich nicht so aufgestellt, dass wir einen üppig ausgestatteten Dienst haben. Dennoch ist der funktionierende öffentliche Dienst, den wir hier haben, ein wesentlicher Standortvorteil unseres Landes. Unsere Verwaltung ist in ihren Grenzen modern aufgestellt und so bürger- und wirtschaftsfreundlich tätig, wie es die jeweilige Gesetzeslage zulässt. Das Klischee - auch das muss einmal hier gesagt werden - vom eine ruhige Kugel schiebenden Beamten ist etwas, das sich maximal als Sommerlochfüller oder für Neiddebatten eignet. Mit der Wirklichkeit hat das schon lange nichts mehr zu tun. Die gerade in den letzten Jahren zahlreich zu beobachtenden und immer weiter zunehmenden Stresserkrankungen im öffentlichen Dienst sprechen da Bände.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Der erste Satz zur Lösung der Problematik in dem Entwurf lautet:

„Attraktiv - demografiesicher - modern: Der öffentliche Dienst ist an den zukünftigen Anforderungen auszurichten und dementsprechend zu gestalten.“

(Dr. Ekkehard Klug)

Das ist richtig und genau die richtige Reihenfolge. Attraktiv muss unser öffentlicher Dienst sein, wenn wir für ihn tatsächlich die Besten wollen und wir um diese Besten zunehmend mit der Wirtschaft in starker Konkurrenz stehen.

Das Problem beginnt also tatsächlich mit dem Anwerben junger Kräfte, um die sich künftig und auch heute schon viele Arbeitgeber bemühen. Doch erst heute beklagt die Wirtschaft den großen Fachkräftemangel und den schlechten Bildungsstand von Bewerberinnen und Bewerbern. Wenn wir die schulisch Guten, die tatsächlich Besten, für den öffentlichen Dienst haben wollen, müssen wir diesen Leuten etwas anbieten, was konkurrenzfähig zu dem ist, was die Wirtschaft anbietet. Und genau an dieser Stelle sehe ich in dem Entwurf erheblichen Nachbesserungsbedarf.