Sogar in den Reihen der antragstellenden Piratenfraktion gibt es Zweifel, ob das Gesetz zur Stärkung der inneren Pressefreiheit in der Realität überhaupt umsetzbar ist, also einen messbaren Nie
derschlag erwirken kann. Nachzulesen sind diese Zweifel des Pressesprechers der PIRATEN im Fraktionsprotokoll vom 30. Juni 2015. Kann der Gesetzgeber überhaupt in die Redaktionen hineinregieren? Er muss Rahmenbedingungen schaffen, meine Damen und Herren.
Letztlich weiß doch jeder Journalist, der beispielsweise bei der ,,Welt“, bei der ,,taz“ oder bei der „BILD“-Zeitung anheuert, auf was er sich da einlässt und wofür die entsprechende Zeitung steht.
Herr Kollege Harms, kann es sein, dass Pressefreiheit auch darin besteht, möglichst wenige gesetzliche Vorgaben zu machen, wie die Redaktionen ihre politische Meinung nach außen bringen, und dass das Bundesverfassungsgericht bei der Frage nach der Pressefreiheit davon ausgegangen ist, dass sie dadurch hergestellt wird, dass unterschiedliche Publikationsorgane sich mit unterschiedlicher Tendenz am Markt der Meinungen bewähren können?
Kollege Kubicki, das ist im Grundsatz genau richtig. Deshalb gehe ich gleich noch einmal darauf ein, dass die Pressekonzentration ein Problem ist und dass die Meinungsvielfalt darunter leidet - was das eigentliche Problem darstellt. Darüber müssten wir uns möglicherweise Gedanken machen. Aber ich werde das gleich entsprechend ausführen.
Herr Kollege Harms, da Sie gerade die Pressekonzentration ansprechen, frage ich Sie: Können Sie bestätigen oder sehen Sie es auch so, dass die Verantwortung des Staates zur Ermöglichung einer Freiheit auch darin bestehen kann, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass es überhaupt Pressefreiheit und eine Vielfalt an Wettbewerb im wirtschaftlichen Bereich geben kann?
Lieber Herr Kollege Breyer, das ist genau richtig. Sie können sich vielleicht erinnern: Vor einiger Zeit hatten wir hier das Thema Lokalradios. Wir haben uns darüber ausgetauscht. Andere Redner und ich haben gesagt, dass das ein Mittel darstelle, die regionale Meinungsvielfalt besser zu ermöglichen. Diese Gesetzesinitiative ist von der Piratenfraktion damals intensivst bekämpft worden.
Aber trotzdem ist beispielsweise ein solches Mittel natürlich gesetzlich festgelegt beziehungsweise gesetzlich bedingt, um Meinungsvielfalt - ich will nicht von Pressefreiheit sprechen, da sie in der Verfassung erwähnt ist und wir sie ohnehin haben wiederherzustellen, weil Konzentrationsprozesse im Zeitungsmarkt dazu geführt haben, dass man tatsächlich oft nur noch eine einzige Lokalzeitung vor Ort hat. Das ist entschieden zu wenig.
Das kann ich aber nicht innerhalb einer Zeitung lösen, indem ich sage: Ihr müsst jetzt zwei oder drei Redakteure zusammensetzen, damit sie sich eine gemeinsame Meinung bilden, sondern das kann ich nur regeln, indem ich Meinungsvielfalt möglicherweise über andere Medien zu generieren versuche. Das ist im klassischen Fall das Radio, das kann aber auch Lokalberichterstattung im Fernsehen sein. Das kann aber auch das Internet sein. Ich glaube, das sind die besseren Strategien. Aber wir können gern über Ihren Gesetzentwurf im Ausschuss reden.
Der Gesetzentwurf möchte etwas ausgleichen, was nach meinem Dafürhalten gar nicht gesetzlich geregelt werden kann. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass er das auch nicht regeln sollte. Die Landesregierung kann keine Pressevielfalt schaffen. Wenn die Leserzahlen sinken, kann eine Zeitung eben nicht mehr erscheinen. Da kann auch die Landesregierung nicht eingreifen.
Die Landesregierung - das habe ich eben schon gesagt - kann via Medienrat Privatsender bei der Lizenzvergabe zur regionalen Berichterstattung verpflichten, aber natürlich nicht in die inhaltliche Ausrichtung eingreifen. Der Staat hat sich aus den Redaktionen herauszuhalten. Und - darauf lege ich Wert -: Das ist auch ganz gut so.
Natürlich rege auch ich mich auf, wenn ein Journalist bereits beim Pressegespräch seine Voreingenommenheit erkennen lässt oder wenn Berichte tendenziös sind. Aber das kann ich nicht per Gesetz verhindern. Das ist auch Kern der Pressefreiheit, meine Damen und Herren.
Deshalb glaube ich, dass es ganz wichtig ist, dass wir uns in Ruhe mit dem Gesetzentwurf befassen. Ich will ihn gar nicht in Bausch und Bogen verurteilen, aber ich glaube, dass man neben dem Gesetzentwurf auch das Thema der inneren Pressefreiheit ganz allgemein diskutieren und überlegen sollte, ob eine solche Gesetzesinitiative der richtige Weg ist oder ob wir uns auch auf andere Wege einigen können. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf will die Fraktion der PIRATEN die Zusammenarbeit zwischen Verlegern und Redakteuren konkretisieren. Insgesamt zielt der Entwurf - das haben wir bereits mehrfach gehört - auf die Stärkung der sogenannten inneren Pressefreiheit ab. Insbesondere geht es um die Äußerungsfreiheit und den Gesinnungsschutz der Redakteure.
Die Presse hat einen herausragenden Stellenwert im staatlichen und gesellschaftlichen Bereich; das haben wir mehrfach hier gehört. Die besondere Situa
tion der Entwicklung der Printmedien in SchleswigHolstein ist, denke ich, auch hinreichend dargestellt.
Die grundgesetzliche Bestimmung vermittelt dazu nicht nur ein Abwehrrecht der Presse gegen staatliche Eingriffe, sie enthält auch eine institutionelle Garantie des Staates für ein freies Pressewesen. Eine freie Presse ist damit ein elementares Wesenselement einer freiheitlichen Demokratie. Die staatliche Verpflichtung zum Schutz des Pressewesens umfasst damit auch die freie Entfaltung der Verleger und der Redakteure als Träger der Pressefreiheit im Dienste der Meinungsbildung.
Innerhalb des Presseunternehmens kommt dem Verleger die Leitungsbefugnis zur Wahrung der publizistischen Einheit und Einheitlichkeit zu. Im Hinblick auf die essenziell notwendige und von den Lesern erwartete Wahrung der publizistischen Einheitlichkeit hat der Verleger insoweit eine wichtige Integrationsfunktion.
Daneben steht aber auch, dass den Redakteuren als Trägern der Pressefreiheit ein bestimmtes Maß an Unabhängigkeit und geistiger Eigenständigkeit zugestanden werden muss.
Der vorliegende Gesetzentwurf will diese Kernaufgaben der Träger der Pressefreiheit von Verlegern und Redakteuren stärken, ohne dass durch den Staat in die Ausübung der Pressefreiheit eingegriffen wird.
Kritisch allerdings - lassen Sie mich das bitte auch an dieser Stelle anmerken - ist aus Sicht der Regierung zu fragen, ob in Zeiten von Deregulierung und Bürokratieabbau eine solche Regelung tatsächlich erforderlich ist. So hat zum Beispiel eine vergleich
bare Teilregelung aus Brandenburg auch 20 Jahre nach Inkrafttreten bisher keine Nachahmer in anderen Ländern gefunden, obwohl die Landespressegesetze grundsätzlich ähnliche Vorschriften enthalten. Im Übrigen sind bereits heute Verleger und Redakteure im Rahmen der Privatautonomie frei, entsprechende Vereinbarungen miteinander zu treffen.
Insgesamt sollten wir aus meiner Sicht diese Diskussion in den Ausschüssen fortsetzen. Ich freue mich auf die dortige Diskussion. - Danke.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 18/3162 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieses einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, die Tagesordnung für heute ist abgearbeitet. Ich beende die Beratung für heute, wünsche Ihnen allen einen guten Abend und freue mich, Sie morgen früh um 10 Uhr hier wieder begrüßen zu dürfen.