Zu guter Letzt hat am 4. Oktober 2017 nicht nur das Digitalisierungskabinett zum ersten Mal getagt, sondern ab diesem Montag ist in allen obersten Landesbehörden ein freies WLAN-Netz für die Öffentlichkeit in Betrieb genommen worden.
Das alles kann sich für die ersten 100 Tage von Jamaika in Schleswig-Holstein richtig gut sehen lassen. Das ist gute Regierungspolitik so, wie wir sie uns vorstellen.
Wenn wir heute auf die ersten 100 Regierungstage zurückschauen, so will ich dennoch auch den Blick nach vorn richten, denn wir haben uns schließlich noch viel, viel mehr vorgenommen. Das zeigt sich schon in den Anträgen der Regierungsfraktionen für diese Plenartagung. Mit den Anträgen zur Sportentwicklungsplanung, zum Zukunftslabor soziale Sicherung, zur Landeslotterie biologische Vielfalt, zur Einführung einer Meistergründungsprämie und zur Schaffung eines Fonds für Barrierefreiheit nehmen wir die nächsten Projekte in Angriff.
Mit den gestern vorgelegten Haushaltseckwerten für 2018 handelt es sich zudem um viel mehr als um das übliche jährliche Haushaltsaufstellungsverfahren, Herr Dr. Stegner. Die Landesregierung hat den Eckwerteentwurf der Vorgängerregierung aus April dieses Jahres grundlegend überarbeitet, weil es natürlich darum geht, für das Jahr 2018 einen Haushalt zu verabschieden, der die inhaltlichen Vereinbarungen des Koalitionsvertrages von CDU, Grünen und FDP jetzt auch umsetzt. Anders als beim Regierungswechsel im Jahr 2012 lag in diesem Jahr kein fertiger Haushaltsentwurf der Vorgängerregierung vor. Insofern ist es schon ein beachtliches Ergebnis, dass es der neuen Landesregierung unmittelbar nach Amtsübernahme und innerhalb von nur drei Monaten gelungen ist, sich auf diese neuen Haushaltseckwerte zu verständigen.
Meine Damen und Herren, mit dieser Politik, mit diesem 100-Tage-Programm, mit den Anträgen der Regierungsfraktionen und den Haushaltseckwerten senden wir ein wichtiges Signal sowohl an alle Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner als auch nach Berlin. Wir zeigen: Jamaika in Schleswig-Holstein funktioniert richtig gut. Wir zeigen, dass die Differenzen zwischen drei verschiedenen Parteien für eine produktive Symbiose genutzt werden können und ein solches Bündnis tolle Chancen bietet, und wir zeigen, dass wir die Stärken der Partner miteinander vereinen. Die gemeinsame Arbeit mit Grünen und FDP macht richtig Spaß. Als Koalitionspartner arbeiten wir wirklich gut und vertrauensvoll zusammen. Dafür mein ganz herzliches Dankeschön.
Herr Dr. Stegner, deshalb haben Sie nur in einem einzigen Punkt recht, nämlich wenn Sie einräumen, dass es nicht möglich ist, alle Vorhaben einer Regierung in den ersten 100 Tagen umzusetzen. Deshalb sind diese ersten 100 Tage nur der Auftakt für unsere Arbeit. Für die Zukunft haben wir uns viele weitere wichtige Themen vorgenommen. Deshalb gilt jetzt umso mehr: Anpacken statt Rumschnacken! Lieber Herr Dr. Stegner, Sie schnacken, wir machen das. - Herzlichen Dank.
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Rede. Sie macht mir Mut, weil sie ein Gespür dafür beweist, vor welchen gesellschaftlichen Problemen wir im Land und in ganz Deutschland aktuell stehen. Ich wünsche mir sehr, dass Sie damit auch die Menschen im ganzen Land erreicht haben. Ihre Worte machen uns Grünen Mut, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben, uns diesem Bündnis in Schleswig-Holstein mit aller Ernsthaftigkeit zu stellen. Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, ehe ich auf unsere ersten 100 Tage komme, lassen Sie auch mich einmal auf die Jamaika-Diskussion im Bund kommen. Das ist nämlich etwas, womit wir im Land sehr häufig konfrontiert werden - gerade wir Grüne. Ja, wir können aus den Erfahrungen, die wir hier in Jamaika gemacht haben, sagen: Man kann es versuchen, man kann es zu etwas Gutem bringen, und es könnte auch mit der CDU gehen, wenn die Bundes-CDU nur ein bisschen mehr so wäre wie die CDU im Land,
offener, nicht so polterig, moderner und gesellschaftlichem Wandel gegenüber aufgeschlossen, aber insbesondere, wenn sie nicht diese Stiefschwester hätte.
Meine Damen und Herren, deshalb drei Sätze zur Obergrenze und der Einigung zwischen CDU und CSU. Die CSU erkennt die deutsche Verfassung an, nach der es keine Obergrenze für Menschen, die verfolgt werden, oder nach der Genfer Flüchtlingskonvention geben kann. Das ist gut, aber eigentlich selbstverständlich. Dass ich eine Selbstverständlichkeit loben muss, zeigt das ganze Drama.
Seehofer hat Merkels Politik „Herrschaft des Unrechts“ genannt. Das Ganze wurde jetzt ausgeräumt. Das war erst nach der Wahl möglich. Liebe CDU, es tut mir leid, das zu sagen, aber das ist sehr bedauerlich.
Lässt man das Grundgesetz unangetastet, bleiben als Stellschrauben nur der Familiennachzug und humanitäre Kontingente. Auf die aber haben wir Grüne immer gedrungen. Sie sind wichtig für eine gelingende Integration, um den Schleusern das Handwerk zu legen beziehungsweise den Tod im Mittelmeer durch Ertrinken zu reduzieren.
Das Unionspaket ist nicht unser Paket und wird nicht das letzte Wort sein. Meine Damen und Herren, das Unionspaket im Bund ist nicht der Koalitionsvertrag Jamaika. Das haben wir in der letzten Landtagstagung hier eindeutig festgelegt. Insofern ist das etwas anderes.
Wir brauchen im Bund eine neue Regierung, und wir brauchen sie bald. Deshalb ist es gut, dass es dort zu Sondierungen kommt.
Noch ein Wort zur Bundes-SPD. Ich finde es richtig, dass Sie sagen, dass Sie in die Opposition gehen. Die Große Koalition kann immer nur eine Ausnahmeregierung sein. Herr Kollege Stegner, allerdings passt Ihre Häme mit dem Verhalten der SPD nicht zusammen. Sich in die Opposition zu verabschieden, ist, wie gesagt, okay. Die Grünen aber und insbesondere den Kollegen Habeck dafür anzugehen, dass er offen für Sondierungen ist, dass wir bereit für Sondierungsverhandlungen sind, ist absurd.
- Wir können sehr gut Spott aushalten, aber ich finde, wir müssen uns sehr ernsthaft mit den Herausforderungen auseinandersetzen, vor denen wir ste
hen. Das war hier im Land so, wo wir uns zusammengesetzt haben, selbst als alle anderen alles ausgeschlossen haben, zum Beispiel auch Herr Kubicki eine Ampel-Koalition ausgeschlossen hat. Wir haben uns mit aller Ernsthaftigkeit und Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, zusammengesetzt. Das muss im Bund jetzt auch passieren. Die Fliehkräfte aus der Mitte werden immer größer. Genau deswegen hat die Mehrheit, haben die demokratischen Parteien die Verantwortung, zusammenzurücken. Die Erfahrung in Schleswig-Holstein zeigt, dass es gelingen kann, wenn jeder seinen Tanzbereich bekommt, seine Luft zum Atmen behält, denn die brauchen wir, damit wir nicht in Beliebigkeit und Austauschbarkeit verfallen. Bundes-SPD und Bundes-FDP können zum engen Tanz mit der Union ein Liedchen singen: zu wenig Platz zum Atmen und für meinen Geschmack zu lahmer Rhythmus in der Großen Koalition.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Parteien braucht es eine gemeinsame Story und einen gemeinsamen Rahmen. Da gebe ich allen Kritikerinnen und Kritikern recht: Es reicht eben nicht, ein bisschen etwas zur Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie aufzuschreiben, obwohl das natürlich wichtig ist. Die gemeinsame Story ist viel mehr, wenn wir jeden Tag aufs Neue einen Satz an den nächsten reihen, der irgendwann zu einer gemeinsamen Story wird. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist für uns nicht einfach. Natürlich sind wir aus verschiedenen Lagern gekommen. FDP und CDU waren in der Opposition. Wir waren in einer Regierung. Ich habe auch das Gefühl gehabt, dass wir in einer erfolgreichen Regierung waren.
Da ist es doch ganz klar, dass es nicht von einem Tag auf den anderen eine gemeinsame Story gibt. Aber wir beginnen zumindest, den Weg zu gehen. Der Weg nach Jamaika ist weit und beginnt - wie immer - mit einem ersten Schritt, nämlich damit, Gemeinsamkeiten zu finden.
Es ist zu Beginn eine Erzählung wie bei dem alten Kinderspiel, bei dem jeder einen Satz anfügt. Da gibt es die Dampfplauderer, die immer dazwischenquatschen, auch wenn sie nicht an der Reihe sind, und nicht jeder Satz führt die Geschichte stringent fort. Aufgabe von Ministerpräsidenten und möglicherweise der Kanzlerin ist es dann, den Horizont wieder in den Blick zu nehmen und den Kurs der Geschichte zu halten.
Für Jamaika gingen vor Kurzem die ersten 100 Tage Regierung zu Ende. Für uns Grüne waren es 1.825 bis Tag 1.925. In der Tat sehen wir uns in der Kontinuität dessen, was in der letzten Legislaturperiode gut gemacht wurde. Das war nicht alles gut. Wir setzen das also fort. Schade, dass die SPD das nicht so sieht. So ist Jamaika eben nicht die Rückkehr zur eher sozial unterkühlten Politik der Regierung vor 2012, wie es uns von SPD und SSW gern vorgeworfen wird. Lesen Sie doch einmal den Koalitionsvertrag aufmerksam. Ganz böse Zungen behaupten, mehr hätten Grüne mit der SPD auch nicht verhandeln können. Ich lasse das unkommentiert so stehen.
Wir haben für den Koalitionsvertrag jedenfalls viel Lob erhalten. Vergleichen Sie bitte einmal den Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein mit dem von Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen. Darin finden Sie nichts zur Biodiversität, nichts zu einem Fracking-Verbot, keinen Einstieg in die Verkehrswende. Das ist nur ein Politikfeld, das ich hier benenne. Wir Grüne brauchen uns mitnichten in die neoliberale Ecke stellen zu lassen. Herr Stegner, Sie haben vorhin Themen aufgeführt, zu denen Sie zu wenig gehört haben: Pflege, Gesundheit, Armut, also die Themen aus Ihrem Bundestagswahlkampf, die die Nöte der Menschen tatsächlich beschreiben; das streite ich gar nicht ab. Das war doch wie ein Spiegel. Das waren doch Fragen an die Große Koalition, die diese großen Zukunftsfragen im Bund nicht geregelt hat.
Sie kritisieren, dass Sie in den ersten 100 Tagen nichts zum sozialen Wohnungsbau oder zur Mietpreisgrenze gehört haben. Vielleicht waren Sie mit dem Bundestagswahlkampf zu beschäftigt. Anderenfalls hätten Sie mitbekommen müssen, dass sich Herr Grote am 27. September 2017 ganz deutlich zum sozialen Wohnungsbau geäußert hat, und zwar genauso, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir führen das 2015 aufgelegte Programm zum sozialen Wohnungsbau konsequent fort. Just in besagter Woche, der Woche nach der Bundestagswahl, gingen 4 Millionen € nach St. Peter-Ording für 30 geförderte Ein- und Zweizimmerwohnungen mit einer Mietpreisbindung von 5,65 € pro Quadratmeter. Wenn Sie jetzt sagen, das sei nichts Neues, dann frage ich mich: Ist es deshalb falsch?
Mit dem Koalitionsvertrag haben wir eine solide Leistung abgeliefert. Damit hat der Morphofalter, der vorn auf unserem Koalitionsvertrag zu sehen ist, sich nicht verpuppt und seine Larven gefressen wie spitze Zungen das behauptet haben -, sondern mit der Arbeit begonnen.
In einer Kritik sind sie sich in der Opposition einig: mehr Dynamik! Das sind die üblichen Rituale. Ich zitiere: Die neue Landesregierung in Kiel hat in ihren ersten 100 Tagen Substanz- und Perspektivlosigkeit offenbart. - Wer hat das gesagt? - Das ist die „dpa“-Meldung vom 18. September 2012. Nahezu wortgleich zur Pressekonferenz von Herrn Dr. Stegner im Jahr 2017 führte Wolfgang Kubicki in seiner Presseerklärung gemeinsam mit Herrn Dr. Garg aus, dass man gar nicht erwarte, dass der gesamte Koalitionsvertrag abgearbeitet werde, aber man wenigstens Auskunft dazu erwarten dürfe, wo die Reise hingehe. Nachdem die damalige Opposition sich beschwerte, dass Politik nicht darin bestehen könne, alte Beschlüsse zurückzunehmen, ist es der Opposition heute nicht recht, wenn nicht der ganz große Aufriss erfolgt. - Freuen Sie sich doch! Wir finden es richtig und haben uns dafür eingesetzt, dass nicht alles auf null gesetzt wird. Ihre Kritik, Herr Harms und Herr Stegner, ist doch schizophren - einerseits mehr Dynamik fordern, andererseits zu viele Änderungen kritisieren. Aber bitte!
Zu der Politik gehören auch die Rituale. Man muss sich ihnen ja nicht vollends unterwerfen. Mir ist es zu retro, ich schaue lieber nach vorn. 100 Tage mögen rum sein, und wir haben zu Urlauben, sich neu einrichten, Arbeitspläne machen und allem, was dazu gehört, schon einiges gesagt. Uns bleiben noch vier Jahre und 265 Tage, um unser Land zu gestalten und unsere Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.
Wir Grüne werden unseren Beitrag dazu leisten. Wir werden die Chance der Energiewende zu einer neuen wirtschaftlichen Kraft und ökologischen Transformation nutzen. Wir werden den Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft weiter aussöhnen und in Schleswig-Holstein zum Wohl der Natur und Landwirte neue Wege entwickeln, durch Ökolandbau, Vertragsnaturschutz und Tierschutz: stabiles Einkommen für unsere Bäuerinnen und Bauern jenseits der Zwangsrealisierung. Wir werden Böden, Gewässer und Meer vor Nitrat und
Mikroplastik schützen, vor Hormonen und Medikamenten. Wir werden nach Krümmel und Brunsbüttel auch die Brennelementefreiheit von Brokdorf in Angriff nehmen. Wir werden den Stromnetzausbau mit Elan und Hochdruck zu Ende bringen. Und das, liebe Freundinnen und Freunde, sind nur Beispiele aus einem Politikbereich.
- Ich bin noch in der „Parteitagssprech“. Entschuldigen Sie bitte, „liebe Kolleginnen und Kollegen“ heißt es selbstverständlich.
Keine Angst, ich werde den Koalitionsvertrag jetzt nicht im Einzelnen aufzählen. Trotzdem zeigt allein die Vorstellung der Eckwerte des Haushalts in den letzten Tagen durch unsere Finanzministerin Monika Heinold, dass wir viel vorhaben und viel für dieses Land erreichen werden. Dass das nicht planlos geht, sondern mit Konzepten, finde ich richtig. Deshalb sind die vergangenen 100 Tage auch genau richtig genutzt worden. Sie kritisieren ja, dass die Unterrichtsversorgung im Haushalt abgebildet werden muss - das wird sie -, aber wie das dann verteilt wird, wie wir zukünftig die Lehrerausbildung planen, wie wir die Versorgung der einzelnen Schulen planen, das muss natürlich auf einer vernünftigen Grundlage passieren.
Ich teile an der Stelle nicht die Position der CDUFraktion, dass da nichts war, worauf man aufbauen kann, ich glaube, dass man sehr wohl auch auf die Vorgängerregierung aufbauen kann,
aber trotzdem ist es gut, wenn wir das genau analysieren. Warum das mit dem Konzept so lange dauerte, hatte auch den Hintergrund, dass uns das Bildungsministerium gesagt hat, dass es sehr viel Wert darauf legt, dass das gemeinsam mit den Gewerkschaften passiert, weil genau die wissen, was Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Arbeit wirklich belastet. Nehmen wir uns genau an dieser Stelle Zeit für den Dialog, um ein vernünftiges Konzept zu machen, dann ist das wieder zu lahm. Es ist also sehr inkonsequent, was Sie hier kritisieren.