Protokoll der Sitzung vom 20.11.2020

„Rinder- und Schweinemäster streichen immer öfter wegen hoher Auflagen für Tierwohl, Umweltschutz und Haltungsbedingungen die Segel, kämpfen wie kleine Schlachtbetriebe mit mangelnder Akzeptanz ihrer Nachbarn. Denn trotz vollmundiger Verbraucherbekenntnisse zur Regionalität: Vor der eigenen Haustür möchte man weder die einen noch die anderen haben.“

An genau diesem Punkt ist aber die Politik gefragt; denn es ist keine Option, dem Sterben regionaler Schlachtstätten zuzusehen, es sei denn, den Landwirtschaftsminister interessiert es nicht, wenn in Zukunft Tausende von Rindern aus Schleswig-Holstein in andere Bundesländer zur Schlachtung transportiert werden müssen. Über das Thema Tiertransporte haben wir hier ja auch schon oft diskutiert.

Wenn es nach seinen Parteifreunden geht, soll unsere Landwirtschaft total umgekrempelt werden. Dabei wird vielleicht gelegentlich auch in Kauf genommen, dass Betriebe auf der Strecke bleiben; denn für diese Leute sind die Bauern sowieso an allem schuld. Über das Grundwasser und die Rolle, die die Bauern dabei spielen, haben wir erst gestern gesprochen. Hier hat sich gezeigt, dass sich die pauschalen Vorwürfe, die erhoben wurden, als falsch erwiesen haben.

Aber zurück zu den Schlachthöfen. Schlachthöfe vor Ort sind nur ein Pfeiler dezentraler Vermarktung und regionaler Wirtschaftskreisläufe. Für das Tierwohl, die Fleischqualität und damit für den Verbraucher, aber auch für die regionale Wertschöpfung ist die Schlachtung auf dem Haltungsbetrieb sinnvoll und zukunftsweisend, im besten Fall sogar mobil direkt auf der Weide. Wir begrüßen daher

ausdrücklich die Entschließung des Bundesrates vom 5. Juni 2020, mit der er sich für die Erweiterung der tierschutzgerechten Weideschlachtung einsetzt.

Wir fordern die Landesregierung heute darüber hinaus auf, soweit noch nicht geschehen - wir wissen, dass es da schon gute Ansätze gibt -, die Direktvermarktung von vor Ort geschlachteten Tieren verstärkt als Instrument der Wirtschafts- und Agrarpolitik zu fördern.

Lassen wir die Vieh- und Landwirte in SchleswigHolstein nicht allein. Machen wir gemeinsam den Bürgern klar, wie wichtig es ist, regional zu schlachten und direkt zu vermarkten; denn das kommt allen zugute. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unwürdige Zustände sind in der Fleischindustrie - wie übrigens in allen Beschäftigungsverhältnissen nicht hinnehmbar. Wir dulden keine schwarzen Schafe.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Frau Kollegin Midyatli, allerdings ist dieses Thema nicht für einen Auftritt geeignet, wie wir ihn von Ihnen gerade erlebt haben; das war nämlich billigste Parteipolitik.

(Beifall CDU und FDP)

Schleswig-Holstein handelt seit Jahren. Ihr Problem ist vielleicht, dass Sie seit einiger Zeit an Sitzungen des Sozialausschusses nicht mehr teilnehmen; so kann ich zumindest Ihr Informationsdefizit nachvollziehen.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Wir handeln seit Jahren. Wir haben seit Mai Kontrollen - mehr als 200.

(Beate Raudies [SPD]: Seit Mai? Aha!)

Sie sind abgearbeitet. Die betreffenden Unternehmen arbeiten mit. Ausdruck von Anstand wäre es gewesen, wenn Sie dies anerkannt hätten, Frau Kollegin, statt hier so eine billige Rede zu halten.

(Beifall CDU und FDP)

(Volker Schnurrbusch)

Meine Damen und Herren, der Sozialminister und die Landesregierung insgesamt haben ein Lob dafür verdient, dass sie sich nicht ausruhen, sondern mit der Überwachung weitermachen. Lob gebührt der Landesregierung auch dafür, dass Schleswig-Holstein auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November 2019 den entscheidenden Impuls gegeben hat, damit der Bund - konkret: Herr Heil endlich in die Hufe kommt. Das ist der Punkt, über den wir uns unterhalten sollten.

(Beifall CDU und FDP)

Es ist bezeichnend, dass Ihr Antrag kein Wort zu Schleswig-Holstein sagt. Ich habe in diesem Haus lange nicht mehr eine Rede gehört, die so weit weg von Schleswig-Holstein war wie Ihre.

(Beifall CDU und FDP - Beate Raudies [SPD]: Oh!)

Sie haben kein Wort zu Schleswig-Holstein gesagt, sondern nur die Aufforderung an den Bund gerichtet. Sie regieren doch in Berlin mit! Bringen Sie Ihren Minister in Berlin auf Trab! Dort wären Sie mit Ihrem Antrag an der richtigen Adresse. Sie können doch nicht uns diese Vorwürfe machen.

(Beifall CDU und FDP - Martin Habersaat [SPD]: Vielleicht hätten Sie besser zugehört, bevor Sie so etwas behaupten! Sie müssen ei- ne Rede doch erst gehört haben, bevor Sie sie kritisieren!)

Meine Damen und Herren, was ist in Bezug auf diese Frage wichtig?

(Serpil Midyatli [SPD]: Dass der Antrag wie- der auf die Tagesordnung kommt, das ist wichtig! - Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Wissen Sie, jeder Minister, jeder Teil einer Koalition kann jedes Thema jederzeit auf die Tagesordnung setzen. Voraussetzung ist natürlich, dass man es wirklich als wichtig ansieht; das ist doch wohl der entscheidende Punkt in dieser ganzen Angelegenheit.

(Beifall CDU und FDP)

Sie wissen genau, dass die Situation schon seit 2019 bekannt ist. Jetzt haben wir bald 2021. Das ist schon eine verdammt lange Zeit, in der vonseiten des Bundes wenig passiert ist. Das müssen Sie doch einfach zur Kenntnis nehmen. Das ist wichtig, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU und FDP)

Was ist wichtig? Erstens. Arbeitnehmer aus dem Ausland sind besonders zu schützen; ihnen ist auch

mit der Sprache zu helfen. Zweitens. Ihnen ist bei der Wohnungssuche, auch bei der Suche nach angemessenem Wohnraum, zu helfen. Allerdings sagt mancher, der aus dem Ausland kommt, dass er einfach nur Geld verdienen wolle; das muss man schon sehen. Drittens. Die korrekte Erfassung der Arbeitszeit ist sicherzustellen. Viertens. Der Gesundheitsschutz ist sicherzustellen. Dazu gehört die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln. Das Busfahren ist ein weiterer Punkt, den wir als wesentlich in Bad Bramstedt erkannt haben.

Dann kommt es darauf an, mit den Instrumenten sorgsam umzugehen. Leiharbeit darf natürlich kein Dauerarbeitsverhältnis sein.

(Beifall CDU und FDP)

Aber manchmal ist es nötig, um Arbeitsspitzen abzubauen. Daher können wir dieses Instrument nicht pauschal verbieten.

(Beifall CDU und FDP)

Wir sehen es im Augenblick bei der Schweineschlachtung. Dort gibt es große Probleme. Die Landwirte und ihre Familien machen sich große Sorgen, weil nicht genügend Kapazitäten vorhanden sind. Deswegen müssen wir sehr genau überlegen, mit welchen Instrumentarien wir arbeiten. Wir müssen differenziert vorgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU und FDP)

Wir haben auch Anhörungen durchgeführt; ich glaube, auch dort waren Sie nicht zu sehen.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Lassen Sie mich auf einen weiteren Punkt eingehen: Wir sprechen hier von der Fleischindustrie. Betriebe von der Größenordnung, wie es sie in anderen Bundesländern gibt, finden sich in Schleswig-Holstein nicht. Ich möchte hier ausdrücklich sagen -

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Sie waren ja auch nirgendwo dabei.

(Lachen SPD - Beate Raudies [SPD]: Sie wissen alles besser?)

Ich möchte hier ausdrücklich sagen: Wenn wir über diese Probleme sprechen, dann sprechen wir in aller Regel nicht über kleine und mittelständische Betriebe. Auch in dieser Branche macht das Handwerk in unserem Land eine ausgesprochen gute und sorgsame Arbeit. Das möchte ich hier ausdrücklich festhalten.

(Werner Kalinka)

(Beifall CDU und FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Tönnies ist jetzt Handwerk?)

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Wir wollen menschenwürdige Arbeitsverhältnisse; das ist überhaupt keine Frage. Dazu zählt für uns ausdrücklich die Wohnung. Wir werden genau schauen, dass die Vorgaben eingehalten werden.

(Beifall CDU und FDP)