Wir kommen dann zur Vereidigung der stellvertretenden Mitglieder des Verfassungsgerichts. Ich bitte zunächst Frau Dr. Silke Reimer zu mir nach vorn.
Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen allen eine gute Arbeit zum Wohle des Landes Schleswig-Holstein. Herzlichen Glückwunsch!
(Beifall - Die Abgeordneten nehmen wieder Platz - Die vereidigten Mitglieder sowie Stellvertreterinnen und Stellvertreter des Landesverfassungsgerichts verlassen den Ple- narsaal)
b) Islamismus und religiös motivierter Extremismus haben keinen Platz in Schleswig-Holstein - Solidarität mit Dresden, Paris, Nizza und Wien
Ich eröffne die Aussprache, und das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Tobias von der Heide.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der religiös motivierte Extremismus hat in den vergangenen Wochen wieder seine ganze Brutalität unter Beweis gestellt. Mordanschläge in Dresden auf ein homosexuelles Paar, in der Nähe von Paris auf einen Lehrer, in einer Kirche in Nizza mit drei Toten und in der Wiener Innenstadt mit vier Opfern. Wir verurteilen diese Terroranschläge auf das Schärfste. Wir sind bestürzt über die Opfer, und wir sprechen den Familien und Angehörigen unsere Anteilnahme aus.
Aber auch bei uns in Schleswig-Holstein gibt es Anknüpfungspunkte an diese Ereignisse. Das ist auch der Grund, warum es so wichtig ist, dass wir diese Initiative für diesen Antrag ergriffen haben.
Es muss uns mit großer Sorge erfüllen, wenn nach Terroranschlägen Menschen bei uns in Kiel demonstrieren und sich nicht eindeutig von Terroristen abgrenzen, wenn Demonstranten Transparente zeigen, die sich gegen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron positionieren, weil er sich deutlich für Meinungsfreiheit ausgesprochen hat. Das kann nicht die richtige Antwort aus Schleswig-Holstein auf diese Terroranschläge sein. Diese Demonstration ist aus meiner Sicht ein verstörender Vorgang für unsere Landeshauptstadt und für Schleswig-Holstein.
Genauso muss es uns besorgen, wenn nach dem Anschlag in Wien eine Folge ist, dass im Kreis Pinneberg eine Hausdurchsuchung stattfindet, weil bei uns in Schleswig-Holstein ein Gefährder lebt, der mit dem Wiener Terroristen im Kontakt gestanden hat.
Also: Diese Terroranschläge sind keine fernen Ereignisse, die wir nur abstrakt aus dem Fernsehprogramm und den Medien wahrnehmen. Wir haben auch konkret hier in Schleswig-Holstein Anknüpfungspunkte und Gefahren. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in Schleswig-Holstein religiös motiviertem Extremismus entschieden entgegentreten, und dafür haben wir schon seit längerer Zeit Maßnahmen auf den Weg gebracht: Der Ausbau des Dezernats am LKA sowie die erhebliche finanzielle Stärkung des Präventionsprogramms PROvention in Trägerschaft der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein sind Beispiele dafür.
Unser Schwerpunkt bleibt eine wirksame Prävention. Wir haben die islamistische Szene in Schleswig-Holstein genau im Blick und werden ihr auch weiterhin sicherheitspolitisch wirksam begegnen. Das machen auch die jüngsten Äußerungen von Schleswig-Holsteins oberstem Verfassungsschützer Joachim Albrecht deutlich. Hass und Gewalt dürfen nicht unter dem Deckmantel der religiösen Auseinandersetzung in unsere Gesellschaft getragen werden. Da müssen wir wehrhaft sein.
(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, AfD, Dr. Frank Brodehl [fraktionslos] und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])
Ich will aber auch deutlich ansprechen, dass Menschen islamischen Glaubens zu Schleswig-Holstein gehören, selbstverständlich unsere Wertevorstellung teilen und sich in verschiedenster Art und Weise in unsere Gesellschaft einbringen. In der vergangenen Woche war der Vorsitzende der Schleswig-Holsteinischen Schura, Fatih Mutlu, bei uns in der Fraktion. Zusammen mit Tobias Koch haben wir ihn empfangen. Wir haben uns intensiv über die verschiedensten Themen ausgetauscht, ganz besonders natürlich auch über die Terroranschläge.
Ein Thema aber hat uns auch besonders bewegt, ihn vor allen Dingen bewegt: Das sind Angriffe auf Moscheen und auf Menschen, die sichtbar islamischen Glaubens sind. Gerade Frauen mit Kopftüchern werden regelmäßig Opfer von Anfeindungen. Es muss für uns klar sein, dass wir mit aller Härte Extremisten bekämpfen. Umgekehrt muss aber auch klar sein, dass wir eine offene und tolerante Gesellschaft sind, in der kein Christ, kein Jude und kein Muslim wegen seines Glaubens angegriffen wird. Deswegen sind wir gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und gegen Islamfeindlichkeit.
(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, AfD und Doris Fürs- tin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])
So wichtig es auch ist, gemeinsam gegen etwas zu sein, für einen wirklichen gesellschaftlichen Zusammenhalt wird das nicht reichen. Wir brauchen auch gemeinsame Vorstellungen von unserer Gesellschaft. Wie schwierig das ist, hat auch unsere Debatte zum Thema Vollverschleierung gezeigt. Helfen können dabei auch gemeinsame gesellschaftliche Projekte, hinter denen sich alle positiv versammeln. Ich finde, ein solches Projekt ist die Initiative für einen Gottesbezug in der Landesverfassung gewesen. Denkbar knapp ist dieses Anliegen trotz Mehrheit in diesem Haus gescheitert. Aber es hat Nichtgläubige, Christen, Juden und Muslime zusammengeführt und gemeinsam wirken lassen. Dabei sind Bindungen entstanden, die noch heute bestehen. Davon brauchen wir mehr. - Danke, dass Sie mir zugehört haben.
(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, Dr. Frank Brodehl [fraktionslos] und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])
Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die islamistischen Terroranschläge in Paris, Nizza und Wien haben uns in Erinnerung gerufen, dass die größte Bedrohung für eine friedliche und freie Gesellschaft noch immer von einer Ideologie ausgeht, die ihren Ursprung im Islam hat. Um hier eine differenzierte Betrachtung vornehmen zu können, die nicht zugleich dem reflexartigen Verharmlosen und Verneinen aus den Reihen der zumeist linken Islam-Appeaser folgt oder diesen gar eine Bühne bietet, spreche ich hier ganz bewusst vom politischen Islam. Dieser politische Islam gründet sich auf dem islamischen Fundamentalismus und erklärt einen umfassenden Geltungsanspruch des islamischen Rechts in einer totalitären Auslegung für alle Bereiche von Staat, Recht und Gesellschaft. Der politische Islam ist damit in all seinen Facetten nicht nur inkompatibel mit unserer Verfassung und unseren Werten, nein, er steht diesen sogar feindlich gegenüber.
Dass dies auch für unser Land eine ganz reale und konkrete Gefahr darstellt, haben nicht nur der isla
mistische Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin, sondern die erst im Oktober in Dresden erfolgte Tötung eines Homosexuellen durch einen amtsbekannten islamistischen Gefährder gezeigt. Auch Geheimdiensterkenntnisse und -ermittlungen in der europaweit vernetzten Islamistenszene führen immer wieder nach Schleswig-Holstein.
Was dabei gern übersehen wird: Der politische Islam richtet sich auch gegen diejenigen Muslime in unserem Land, die verfassungstreu und nicht selten sogar säkular in unserer Gesellschaft leben und selbstverständlich willkommen sind. Es sind auch eben deren Stimmen, die uns fragen, warum sie vor islamistischen Mördern aus ihrer Heimat geflohen sind, wenn sie diesen in unserem Land erneut begegnen müssen.
Was also können wir tun, um unsere Freiheit und unsere Sicherheit zu erhalten? Hier liegen erste Schritte klar auf der Hand. Laut Verfassungsschutz haben wir eine untere zweistellige Zahl an islamistischen Gefährdern in unserem Land. Schieben wird diese ab. Dann ist ein erster Schritt geschafft; denn auch das hat der Fall in Dresden gezeigt: Eine bloße Überwachung von islamistischen Gefährdern schützt niemanden. Hier schützt tatsächlich nur die konsequente Abschiebung. Wo Abschiebungen an rechtliche Hürden stoßen, müssen wir unser Recht anpassen, und zwar so, dass es unserer Sicherheit dient und nicht der von islamistischen Gefährdern.
Ein zweiter Schritt: Wir müssen den Einfluss islamistischer Hassprediger und somit des politischen Islam insgesamt verringern, ja sogar unterbinden. Hier müssen Vereine und Gruppierungen verstärkt in den staatlichen Fokus, die für die Verbreitung des fundamentalistischen Islam stehen.
Drittens. Wir dürfen unsere Kinder und Jugendlichen nicht an den politischen Islam verlieren. Wenn 13-Jährige die Enthauptung des französischen Lehrers Samuel Paty feiern, dann ist hier bereits viel zu viel verloren gegangen. Dem muss mit Aufklärung, mit Bildung und mit Deradikalisierung entgegengewirkt werden. Das sind genau unsere Forderungen.
Der jamaikanische Antrag erscheint in seiner Klarheit zunächst überraschend, wenn man bedenkt, dass man sich in Ihren Reihen seit vielen Jahren scheut, den Islamismus als Bedrohung auch genauso klar zu benennen und ebenso konsequent zu bekämpfen.
Aber - das, meine Damen und Herren, ist bedeutsam - Ihr Antrag will über die Initiative PROvention eine mittelbare Kooperation mit der aus der Türkei gesteuerten islamisch-nationalistischen DITIB mit Steuergeldern weiterhin unterstützen. Das, meine Damen und Herren, ist entweder Unkenntnis über die Zusammenhänge, oder Sie versuchen, uns hier mit Ihrem Antrag zu täuschen. Beides aber disqualifiziert Sie im Kampf gegen den islamistischen Terror. Daher werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können.- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.