Es gab dann auf Veranlassung einer einzelner Ratsfrau, die mittlerweile bei der FDP ist, ein Treffen aller planungspolitischen Sprecher und Fraktionsvorsitzenden der Flensburger Ratsfraktionen. Dabei waren FDP, CDU, SSW, SPD, Grüne, die Linke und auch die Bürgerinitiative. Wir haben uns damals besprochen, was wir wollen: Wollen wir eine neue Ausschreibung, oder wollen wir an den beiden Trägern festhalten, die in Flensburg tief verankert sind, und zwar sehr viel tiefer, als das in vielen anderen Orten der Fall ist, weil diese Träger seit den deutsch-dänischen Kriegen bei uns sind?
Diese Krankenhäuser sind seit den deutsch-dänischen Kriegen in Flensburg. Wir haben uns dann Gedanken gemacht, ob wir eine Ausschreibung oder an den beiden festhalten wollen. Es war einmütig von allen genannten Parteien, dass wir an diesen Trägern festhalten wollen. Das war von Anfang an klar, dass wir dort auch in den Konflikt mit den Schwangerschaftsabbrüchen kommen würden, denn was die Malteser davon halten, war von vornherein allen bewusst.
Aus diesem Grund haben sich von Anfang an alle darum bemüht, eine Lösung zu finden. Der Runde Tisch ist doch nicht vom Himmel gefallen. Es ist auch nicht so, dass eine einzelne engagierte Oberbürgermeisterin die Karre aus dem Dreck ziehen muss, weil die anderen zu blöd dafür sind, sondern es gab einen klaren Auftrag der Lokalpolitik an die Oberbürgermeisterin, das so zu machen.
Ganz ehrlich muss ich sagen: Wenn man erst ein Problem in Kauf nimmt und sich dann voller Empörung daranmacht, dieses Problem zu thematisieren und auszuschlachten, finde ich das sehr schwierig.
Die Lokalpolitik in Flensburg steht trotz allem Streit zwischen den Parteien und Bürgerinitiativen zu ihrer Verantwortung. Es wird auch in Zukunft sozial indizierte Schwangerschaftsabbrüche in Flensburg geben; das wird gewährleistet sein. Lassen Sie die Leute einfach ihre Arbeit tun, und hören Sie auf, Dinge zu problematisieren, die vielleicht der Sache nach ein Problem sind, aber in Flensburg nicht in der Umsetzung!
Für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, sehr geehrte Frau Raudies und sehr geehrte Frau Pauls. Ich war nicht bekannt dafür, dass ich als Oppositionsabgeordneter die Küstenkoalition geschont hätte. Ich hätte Ihnen aber nie vorgeworfen, Sie wären Ihrer Verantwortung nach § 13 Schwangerschaftskonfliktgesetz nicht nachgekommen. Ich sage das für mein Haus, für diese Landesregierung in aller Deutlichkeit: Ich weise diese Kritik, dass wir schulterzuckend dasäßen und uns die Problematik in Flensburg anguckten, für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für mich selbst zurück. Das möchte ich sehr, klar sagen.
Ich werde mich nach diesen Beiträgen auch nicht dazu hinreißen lassen, öffentlich kundzutun, wozu ich von Flensburger Politikerinnen und Politikern aufgefordert werde - aufgefordert werde! -, nämlich im Ergebnis dafür zu sorgen, dass auf keinen Fall das Klinikprojekt scheitert. Ich werde jetzt weder die Namen dieser Politikerinnen und Politiker nennen noch sagen, in welche Richtung diese Aufforderung geht. Eines sage ich Ihnen sehr deutlich, weil ich auch das nicht auf meinen Leuten sitzen lassen möchte, die sich seit zwei Jahren - seit zwei Jahren! - intensiv darum bemühen, eine Lösung herbeizuführen, die Versorgungssituation in Flensburg zu analysieren und dafür zu sorgen, dass sie so gut bleibt, wie sie ist. Das möchte ich ganz deutlich sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Abgeordnete Pauls, es hat im Sommer in meinem Haus - und zwar in Präsenz, nicht als Videokonferenz; da war das ja noch möglich - eine ausführliche Besprechung mit der Flensburger Oberbürgermeisterin und den Klinikträgern gegeben. Denen habe ich übrigens bereits Anfang 2018 - beiden Klinikträgern, insbesondere dem katholischen sehr deutlich gemacht, was ich von dieser Haltung halte. Bei allem Zutrauen in die Fähigkeit der Landesregierung darf man aber auch sagen, dass ich einen jahrhundertealten Orden nicht davon überzeugen werde, innerhalb von zwei Jahren seine religiöse Einstellung zu ändern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Problem ist richtig beschrieben. So wie der Abgeordnete Richert das gerade dargestellt hat, wird die Umsetzung vor Ort auch nach Errichtung eines fusionierten Klinikums weiterhin funktionieren. Das sage ich Ihnen hier in allem Ernst und aller Deutlichkeit.
Ich freue mich ausdrücklich darüber, dass dieses bundesweit wirklich vorbildliche Projekt einer großen Klinikfusion in Schleswig-Holstein mit zwei freigemeinnützigen Trägern gelingt. Das ist ein klares Signal, dass es auch anders geht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich deutlich sagen, dass natürlich ein ausreichendes ambulantes und stationäres Angebot an Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen ein absolut notwendiger und integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung ist. Dementsprechend sind die Länder nach § 13 Schwangerschaftskonfliktgesetz verpflichtet, ein solches Angebot sicherzustellen. Das tut diese Koalition, das hat die vorangegangene Koalition schon getan und das hat auch die Koalition - potz Blitz! davor schon getan.
Nach den Vorstellungen des Bundesgesetzgebers und einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1993 - wenn man Bundesverfassungsgerichtsureile zitiert, dann sollte man sie vielleicht auch in Gänze zitieren - ist ein ausreichendes Angebot bereits dann sichergestellt, wenn die betroffene Frau nicht länger als einen Tag von ihrem Wohnort abwesend sein muss, um einen Schwangerschaftsab
bruch vornehmen zu lassen. Das gilt auch, wenn sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln an- und abreist.
Ich sage sehr klar, meine Damen und Herren, dass das nicht unser Anspruch an ein ausreichendes Angebot ist, sondern dass wir weit darüber hinausgehen wollen und auch gehen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Schleswig-Holstein sind die Verhältnisse deutlich besser. Ärztinnen und Ärzte, OP-Zentren und Krankenhäuser, die in den vergangenen zwei Jahren Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt haben, sind gegenüber dem Statistischen Bundesamt meldepflichtig. Aus dem Grund wissen wir, dass es in Schleswig-Holstein im ersten Quartal 62 solcher Meldestellen gegeben hat. Das entspricht ungefähr einer Meldestelle pro knapp 47.000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich erkenne an, dass Ihr Ministerium daran arbeitet. Ich sehe aber auch die Zahlen, und ich sehe die Entwicklung. Noch vor wenigen Jahren gab es ein Angebot von zwölf Praxen in Flensburg, heute sind es vier. Wir wissen aus ganz sicheren Kreisen, dass es in naher Zukunft nur noch zwei Praxen sein werden. Nun sagen Sie, Sie arbeiten intensiv an einer Lösung. Darf ich fragen, wie diese Lösung dann aussieht?
- Frau Abgeordnete Pauls, Sie wissen doch mindestens so gut wie ich, dass die Zahl der Praxen allein noch gar nichts über die Versorgungssituation aussagt, noch gar nichts. Das wissen Sie ganz genau.
Jetzt kann man Konzentrationsprozesse - das möchte ich deutlich sagen - im niedergelassenen Bereich so und so bewerten. Ich finde, das ist grundsätzlich keine schöne Entwicklung. Sie sagt aber noch
nichts über die Zahl der Ärztinnen und Ärzte aus, die tatsächlich Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Vor diesem Hintergrund eine Versorgungssituation an die Wand zu malen, die die Frauen vor Ort eher verängstigt, finde ich, hat mit verantwortungsvoller Politik relativ wenig zu tun. Das möchte ich Ihnen sehr deutlich sagen.
(Beifall FDP, vereinzelt CDU, Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos]) - Zuruf SPD: Na ja!)
- Nee, nicht na ja. Ich finde, wir haben alle eine Verantwortung, die Versorgungssituation nicht schlechter darzustellen, als sie tatsächlich ist.
In Bayern und Rheinland-Pfalz kommen im Übrigen auf eine Meldestelle im Durchschnitt 140.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Dementsprechend ist auch die rechnerische Anzahl an Abbrüchen pro Meldestelle in Schleswig-Holstein geringer als in den meisten anderen Bundesländern. Im Vergleich zu anderen Bundesländern stehen wir in SchleswigHolstein also immer noch ordentlich da. Wirkliche Probleme bei der Sicherstellung eines ausreichenden Angebots werden wir weder jetzt noch auf absehbare Zeit bekommen.
Ich sage auch sehr deutlich, weil Sie gefragt haben, was wir eigentlich tun, dass wir in einem ständigen Austausch mit der Kassenärztlichen Vereinigung stehen. Obwohl für die Struktur der Sicherstellungsauftrag ganz klar beim Land liegt, wäre die Kassenärztliche Vereinigung auch bereit gewesen, einen Letter of Intent zwischen Stadt, Land und Kassenärztlicher Vereinigung mit zu unterzeichnen. Durch die neue Lösung, die in Flensburg selbst gefunden wurde, ist das nicht mehr nötig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sage ich auch einmal: Ich finde es großartig, was in Flensburg selbst an Lösungen auf den Weg gebracht wurde. Ich sage aber auch sehr deutlich: Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass sich irgendjemand der anderen Beteiligten hier rausziehen wollte oder rausgezogen hätte.
Um das Angebot - das war Teil der Debatte - insgesamt weiterzuentwickeln, ist die Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten ein ganz zentraler Punkt. Hier ist in den vergangenen Jahren er
freulicherweise auch eine ganze Menge Bewegung hineingekommen. Ich möchte dazu beispielhaft einige wichtige Projekte nennen.
Erstens wird die Bundesärztekammer einen Weiterbildungsplan für das Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe erarbeiten, um das bestehende Weiterbildungsangebot weiter auszubauen und zu verbessern.
Zweitens plant das Bundesgesundheitsministerium, eine geeignete Fachgesellschaft bei der Entwicklung einer Leitlinie zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen finanziell zu unterstützen. Eine solche Leitlinie gibt es bis heute in Deutschland nicht.
Drittens möchte das Bundesgesundheitsministerium Forschungsvorhaben zur psychosozialen Situation und zum Unterstützungsbedarf von Frauen mit ungewollter Schwangerschaft fördern. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse könnten zukünftig dabei helfen, die Beratungs- und Unterstützungsangebote für die betroffenen Frauen weiterzuentwickeln.
Viertens soll die Kommunikation zwischen Arzt und Patientin durch die Novellierung der Approbationsordnung ein deutlich größeres Gewicht im Studium erhalten. Auch im Hinblick auf die Beratung von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen möchten, könnte sich das entsprechend positiv auswirken. Das ist von hoher Bedeutung, weil der Aspekt der Beratung eine zentrale Rolle bei Schwangerschaftsabbrüchen spielt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Abgeordnete Raudies, mir ist das Titelblatt des „Stern“ - ich glaube, wir sind beide derselbe Jahrgang; das darf man sagen, man muss ja nicht sagen, welcher es ist - auch noch in besonderer Erinnerung, weil meine leider viel zu früh verstorbene Patentante begeisterter Romy-Schneider-Fan war. Eine dieser Frauen war Romy Schneider. Vor diesem Hintergrund haben Sie bei mir alte Erinnerungen geweckt.
Das ist - ehrlicherweise - eine bessere Art, miteinander umzugehen, als mit - lassen Sie mich das zum Abschluss sagen - an dieser Stelle absurden Schuldzuweisungen Richtung Landesregierung zu operieren. Wir tun wirklich alles dafür, dass im obersten Norden des Landes - also sozusagen im echtesten vom echten Norden; das war grammatikalisch gerade fürchterlich - ein modernes Zentralklinikum entsteht, von dem viele Patientinnen und Patienten profitieren werden, aber auch die zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die top Ar