Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

„Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Landesverfassung und alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen.“

(Vereinzelter Beifall)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Sie alle kennen diesen Satz: Das ist der Amtseid, den alle Beamtinnen und Beamte zu Beginn ihrer Dienstzeit leisten müssen. Er verpflichtet alle, stets zum Wohle unserer frei

heitlich–demokratischen Grundordnung zu handeln, und er verpflichtet alle, unsere Verfassung jederzeit gegen ihre Feinde zu verteidigen. Das gilt selbstverständlich auch für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Sie verpflichten sich, jederzeit für unseren demokratischen Rechtsstaat einzutreten. Deswegen sage ich ganz klar: Extremisten haben in unserer Polizei oder in anderen öffentlichen Institutionen keinen Platz.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus tolerieren wir nicht. Das schadet nicht nur dem Ansehen unserer Landespolizei, nein, es schadet auch allen korrekt und hart arbeitenden Polizistinnen und Polizisten. Es stellt die Arbeit aller, die sich jeden Tag für unseren demokratischen Rechtsstaat einsetzen, in ein schlechtes Licht.

Aus Gesprächen mit Polizistinnen und Polizisten weiß ich: Wenn Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus oder Rechtsextremismus aus den eigenen Reihen kommen, ist das wie ein Schlag ins Gesicht. Gemeinsam verfolgen wir mit unserer Landespolizei bei fremdenfeindlichen, rassistischen, antisemitischen oder rechtsextremistischen Vorfällen eine Null-Toleranz-Strategie. Wir gehen allen Verdachtsfällen konsequent nach.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Schon im Einstellungsverfahren fühlen wir den Bewerberinnen und Bewerbern ganz genau auf den Zahn, um zu vermeiden, dass rechter Hass und Hetze in die Landespolizei kommen. Das geschieht zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger und für alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die jeden Tag für unsere Freiheit und demokratische Ordnung eintreten.

Als Handwerkszeug haben wir gemeinsam mit unserer Landespolizei unterschiedliche Strategien und Maßnahmen entwickelt. Hierzu gehören das polizei-interne Frühwarnsystem „Radar“, ebenso die „Zentrale Auskunfts- und Ansprechstelle“, die direkt an mein Büro angebunden ist. Sie steht allen Polizistinnen und Polizisten unabhängig von Dienstgrad oder Behörde außerhalb des Dienstweges jederzeit zur Verfügung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

(Claus Schaffer)

Zusätzlich haben wir das Thema Aus- und Fortbildung stärker in den Blick genommen. Unsere Polizeischule in Eutin hat zum Beispiel eine Partnerschaft mit Yad Vashem. Seit Anfang 2020 ist sie auch Mitglied bei „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das verdanken wir auch dem besonderen Engagement unserer Auszubildenden und Studierenden. Sie haben sich intensiv mit Themen wie Rassismus oder Rechtsextremismus auseinandergesetzt und das Bild einer weltoffenen Bürgerpolizei verinnerlicht.

Meine Damen und Herren, die Innenministerkonferenz steht unmittelbar vor der Tür. Noch heute starte ich mit meinen Länderkollegen und dem Bundesinnenminister in die Beratungen. Natürlich beschäftigen wir uns auch mit Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus in den Reihen der Sicherheitsbehörden. Hierzu hat der Bundesinnenminister eine Studie vorgeschlagen, die den Polizeialltag näher beleuchten soll. Es geht darum, welche Motivlage angehende Polizistinnen und Polizisten mitbringen, um die Gründe für die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte und um den allgemeinen Berufsalltag.

Die Studie wird sehr umfangreich sein, denn sie deckt viele Fragestellungen ab. Gerade das macht sie so wertvoll. Deswegen werden wir die Studie auch aktiv unterstützen, um am Ende von den Ergebnissen profitieren zu können.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jörg Hansen [FDP])

Darüber hinaus plant unsere Landespolizei im kommenden Jahr unabhängig von der zwischen Bund und Ländern vereinbarten wissenschaftlichen Studie, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ihre Werte und Einstellungen zu befragen. Das ist eine Folge der ständigen und auch kritischen Reflexion, die im Rahmen der Aus- und Fortbildung und der Analyse von Führungsstrukturen und Leitbildern innerhalb der Polizei stattfindet. Das ist ein Vorgehen, bei dem ich unsere Landespolizei besonders unterstütze und ihr den Rücken stärke.

Meine Damen und Herren, ich sage es zum Schluss noch einmal ganz deutlich: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus dulden wir nicht, auch vor dem Hintergrund unserer Geschichte. Es ist das erklärte Ziel dieser Landesregierung, alles zu tun, um Missstände aufzudecken und alle

latent vorhandenen rassistischen oder rechtsextremen Strömungen frühzeitig zu entlarven und im Keim zu ersticken.

Eines ist mir noch ganz wichtig zu erklären: Wir stellen niemanden unter Generalverdacht, denn das haben unsere Polizeibeamtinnen und -beamten erst recht nicht verdient.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgen- stein [fraktionslos])

Sie leisten jeden Tag hervorragende Arbeit. Dafür danke ich allen Polizistinnen und Polizisten. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgen- stein [fraktionslos])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/2630, sowie den Alternativantrag, Drucksache 19/2641, dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Nein! - Serpil Midyatli [SPD]: Das haben wir beantragt!)

- Frau Abgeordnete Bohn.

Frau Präsidentin, wir würden dem Antrag gern zustimmen und den anderen Antrag überweisen. Deswegen bitte ich darum, dass Sie die beiden Anträge einzeln aufrufen, damit wir einzeln über sie abstimmen können.

Danke für den Hinweis. Dann wollen wir das tun.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/2630 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist die Überweisung mit Mehrheit abgelehnt.

Jetzt kommen wir zum Antrag, den Alternativantrag, Drucksache 19/2641, dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

(Zuruf: Abstimmung in der Sache!)

(Ministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack)

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dann ist das mit einigen wenigen Gegenstimmen so beschlossen.

(Zurufe)

Wir kommen dann zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2630, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dann ist der Antrag bei Enthaltung der SPD mit vier Gegenstimmen angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Finanztransaktionssteuer einführen

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2609

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Antragsinhalt kurz eingehe, möchte ich die Bedeutung der Finanztransaktionssteuer hervorheben. Es geht hier darum, eine Steuer auf spekulative Finanzgeschäfte zu erheben. Bisher ist die Steuerlast für Geschäfte mit Aktien oder Derivaten oft geringer als die Belastung anderer Geschäfte oder auch der Lohnarbeit. Deshalb muss hier eine Gerechtigkeitslücke geschlossen werden, zumal diese Geschäfte im großen Stil von eher bessergestellten Steuerbürgern durchgeführt werden.

Eine umfassende Finanztransaktionssteuer würde in Deutschland nach Schätzungen zwischen 17 Milliarden € und 36 Milliarden € Steuereinnahmen zusätzlich ergeben. Das würde jedoch nur unter der Maßgabe eintreten, dass nicht nur Aktiengeschäfte, sondern auch hochspekulative Finanzgeschäfte und der Devisen- und Derivatehandel mit einbezogen würden.

Genau hier liegt schon das erste Problem: Bundesfinanzminister Scholz plant derzeit, nur den Aktienhandel mit einer Finanztransaktionssteuer zu belegen. So würden dann je nach Umsetzung nur zwischen 1 % und 10 % des gesamten Handelsvolumens besteuert werden, was an sich schon eine Un

gerechtigkeit darstellen würde. Selbst das ist noch nicht einmal sicher. Die Bundesregierung verschleppt hier eine Entscheidung und verweist immer wieder auf die EU. Wenn wir aber auf die EU warten, warten wir ewig, und dann bleibt es bei der derzeitigen Ungerechtigkeit. Deshalb brauchen wir jetzt eine nationale Lösung, wie wir sie auch in anderen Ländern innerhalb und außerhalb der EU finden.

Niemand muss sich Sorgen machen, dass dann sämtliche Geschäfte ins Ausland verlagert würden. Man kann es so regeln, dass die Steuer immer bei demjenigen entsteht, der hier ansässig ist. Auch die deutschen Banken im Ausland können verpflichtet werden, hier entsprechend mitzuarbeiten. Das ist kein Problem; andere Länder machen das vor.

Das einzige Problem, das wir haben, ist, dass die Große Koalition im Bund auf Zeit spielt und das Ganze verschleppt. Deshalb wollen wir, dass die Landesregierung hier handelt und einen entsprechenden Anstoß gibt.

Dabei sind uns folgende Dinge wichtig: Im Gegensatz zur Großen Koalition und zur Bundesregierung wollen wir, dass die Steuer auf alle Transaktionen erhoben wird. Damit fällt niemand mehr durch das Raster, und alle Steuerbürger zahlen gleichermaßen diese Steuer auf Transaktionen. Damit erhalten wir eine für alle gerechte Steuer, die vor allem die starken Schultern verpflichtet.

Für Kleinsparer wollen wir eine Bagatellgrenze von 250 € monatlich beziehungsweise 3.000 € jährlich einführen, wie es sie auch in anderen Ländern gibt. Damit entlasten wir weiterhin den normalen Bürger, der beispielsweise in einen aktienbasierten Fonds zur Ergänzung seiner Rente einzahlt. Durch einen solchen Freibetrag wäre es weiterhin möglich, ganz normale Leute Vermögen aufbauen zu lassen, ohne dass ihnen der Staat unangemessen in die Tasche greift.

Natürlich wollen wir nicht auf die EU warten, sondern eine nationale Lösung finden. Das machen andere uns schon vor, und das wäre somit kein Neuland. Natürlich kann es dann später immer noch eine EU-weite Lösung geben, und die sollte man auch anstreben, und der sollte sich Deutschland später auch anschließen. Aber erst einmal sollten wir die Ungerechtigkeit hier abstellen und mangelndes politisches Handeln nicht auf die EU schieben. Dort wird man sich wahrscheinlich in den nächsten Jahren nicht einig werden, und deshalb müssen wir hier, wie schon andere, vorangehen.