Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

funktionieren, nicht aber die einzelne Autobahn, die man immer ganz besonders hervorhebt. Es muss eine Netzwirkung da sein, und das muss funktionieren. Stau, meine Damen und Herren, ist umweltschädlich. Stau will niemand, auch das ist eine Belastung, die wir vermeiden müssen.

(Vereinzelter Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, deshalb sage ich Ihnen ganz klar: Wir beteiligen uns hier konstruktiv an der Lösung. Wir wollten diese Bundesautobahngesellschaft mit auf den Weg bringen, um professioneller im deutschen Autobahnbau wirken zu können. Wir haben mit der Übergabe geliefert und einen sehr guten Job gemacht. Jetzt liegt das Weitere daran, dass ein Bundesverkehrsminister vielleicht einmal ein bisschen weniger feiert, sich vielleicht ein bisschen mehr um seine Aufgabe kümmert, die er wirklich hat, und in Berlin ordentliche Regierungsarbeit abliefert. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Kai Vogel das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Muss man sich langsam Sorgen um die Koalition machen, wenn Sie sich ständig gegenseitig bekunden, wie viel Sie voneinander halten, und wenn Sie sich ständig gegenseitig auf die Schulter klopfen? Das ist häufig ein Zeichen dafür, dass irgendetwas im Busch ist. Sei es drum, wir sind gespannt.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Minister, für den Bericht. Wir haben als SPD auch etwas gebraucht, um von der Umstrukturierung in Sachen Autobahn GmbH in Deutschland überzeugt zu sein.

Wenn die Autobahn GmbH endlich richtig arbeiten kann, dann wird sie vermutlich auch erfolgreich sein. Doch: Geben Sie ein wichtiges Projekt in das Bundesverkehrsministerium - und es kommt zu Problemen. Scheitern bei der Pkw-Maut, Scheitern bei der Novellierung der Straßenverkehrsordnung, Dauerprobleme bei der Bahn - das alles sind Beispiele, warum Andreas Scheuer selbst in der eigenen Partei keinen Rückhalt mehr hat.

(Dr. Andreas Tietze)

Die Autobahn GmbH soll zum 1. Januar 2021 starten und plant mit 15.000 Beschäftigten; aktuell sind es knapp 10.000 Beschäftigte. Auch in SchleswigHolstein, insbesondere beim LBV.SH, wurde von der Autobahn GmbH massiv darum geworben, dass insbesondere Beschäftigte im Bereich Planung und aus den Straßenmeistereien in die neue Gesellschaft wechseln. Es muss schon eine unschöne Situation gewesen sein, als den betroffenen Beschäftigten verkündet wurde, dass man vonseiten der Autobahn GmbH mit einem Drittel an Beschäftigten rechne, die dorthin wechseln mögen. Zum Glück - das hat der Minister dargestellt - ist vonseiten der Vorgängerregierung auf der Freiwilligenregelung beharrt worden.

Schwierig war natürlich, dass deutschlandweit Planerinnen und Planer absolute Mangelware sind. Daher werden diese mit hohen Wechselprämien gelockt. Aktuell wird den tariflich Beschäftigten 1.500 € Wechselprämie angeboten. Die Tarife auf Bundesseite sind deutlich höher als die auf Landesseite. Es gibt ein 13. volles Monatsgehalt, und die Beschäftigten werden vielfach in deutlich bessere Tarifgruppen eingestuft, weil man sich nicht an der Ausbildung, sondern an der Aufgabe orientiert. Daher war klar, dass die Länder Sorge hatten, die Beschäftigten würden in Scharen zur neuen Gesellschaft laufen. Den Beamten wird zusätzlich eine Beförderung angeboten.

Die aktuell schwierige wirtschaftliche Situation mit der Sorge um Kurzarbeit bei vielen Firmen spielt dem öffentlichen Dienst allerdings in die Hände. Die krisensicheren Arbeitsbedingungen, die der öffentliche Dienst den Beschäftigten bietet, sind ein zusätzliches Argument. Davon profitiert insbesondere der LBV.SH. Viele Stellen, die neu ausgeschrieben wurden, konnten deutlich schneller besetzt werden, als dies noch vor einem Jahr absehbar war. Dass so viele Beschäftigte trotz der attraktiven Abwerbungsangebote beim LBV.SH bleiben wollen, spricht für die guten Arbeitsbedingungen. Ein gutes Arbeitsklima und ein sicherer Arbeitsplatz am jetzigen Standort sind für viele Beschäftigte wesentliche Faktoren, dort bleiben zu wollen. Herr Minister, den absoluten Dank von unserer Seite bitte an den LBV.SH weiterleiten!

(Beifall SPD, Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Kay Richert [FDP])

Ein zusätzliches Problem von Herrn Scheuer ist die geplante Zusammenführung mit der DEGES. Was das angeht, so werden vermutlich noch Jahre ins Land gehen. Das Fusionieren beider Gesellschaften ist juristisch extrem schwierig. Der Bundesrech

nungshof mahnt - ich vermute, wir haben die gleiche Grundlage zur Recherche gehabt, Kollege Tietze; ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin -:

„Sämtliche Aufträge, die die Länder an die DEGES vergeben haben, wären somit neu auszuschreiben. Bei Verstößen gegen das Vergaberecht drohen Schadensersatzforderungen.“

Die Bauindustrie ist - begründet! - in großer Sorge, sollte es bei den Aufträgen zu Neuausschreibungen kommen, wenn bereits gewonnene Ausschreibungen keine Gültigkeit mehr hätten. Einige Aufträge, die im Rahmen von Ausschreibungen bereits an die DEGES vergeben worden sind, haben laut Vertrag Laufzeiten bis 2036. Angesichts des Baus der A 20, des Ausbaus der A 23 und des Ersatzbaus der Rader Hochbrücke, die alle über die DEGES laufen, haben wir hier in Schleswig-Holstein natürlich deutliches Interesse daran, dass dabei nichts schiefgeht. Man mag sich einmal vorstellen, wie es mit dem Projekt Rader Hochbrücke weiterginge - wir sind momentan zeitlich wirklich gut davor -, wenn mit einem Mal eine Neuausschreibung einzelner Abschnitte des Auftrags auf den Weg gebracht werden müsste. Wir hoffen Tag für Tag aufs Neue, dass diese Brücke noch eine Zeit lang durchhält. Eine Neuausschreibung hätte jedenfalls eine erhebliche Verzögerung zur Folge.

Die Straßenmeistereien sind bei der Umorganisation das nächste Problem. Der Minister hat zwar gesagt, wenigstens die Flächensituation sei geklärt. Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Feststellung, dass es in Schleswig-Holstein vielfach sogenannte gemischte Systeme gibt, das heißt, die Straßenmeistereien werden auf der einen Seite vom Bund und auf der anderen Seite vom Land betrieben und genutzt.

Für eine Übergangszeit hat man eine Kooperation vereinbart; doch mittelfristig erscheint eine räumliche Trennung erforderlich. Diese hielte ich aber nicht für vernünftig; denn die jetzigen Kooperationen haben sich sehr gut bewährt. Doch hier müssen wir leider den Vorgaben aus dem Hause Scheuer folgen. Die Neubauten der Straßenmeistereien schlagen daher in den kommenden Jahren mit einem deutlich zweistelligen Millionenbetrag in unserem Landeshaushalt zu Buche.

Eine Autobahn GmbH, die für alles, was die Bundesautobahnen umfasst, zuständig ist, aber auch regionale Niederlassungen hat, erscheint mir vom Gedanken her eine vernünftige Sache zu sein. Es werden aber noch mehrere Jahre ins Land gehen, bis das alles richtig läuft.

(Kai Vogel)

Am sichersten bin ich mir allerdings, dass Andreas Scheuer nach Abschluss dieses ganzen Prozesses nicht mehr Verkehrsminister sein wird. Zumindest das ist ein gutes Zeichen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Lukas Kilian das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Verkehrsminister Bernd Buchholz hat hier einen guten Bericht vorgetragen; vielen Dank. Der Kollege aus einer Koalitionsfraktion, Tietze, trat sofort ans Mikrofon und lobte ihn für den Optimismus - um dann eine Menge Pessimismus zu verbreiten.

(Heiterkeit Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dieser wurde natürlich von dem Kollegen Vogel aufgegriffen. Das ist aber vollkommen in Ordnung.

Ich würde nun gern zum Thema zurückkommen, dem Übergang von Zuständigkeiten auf die Autobahngesellschaft und wie dieser hier im Land vonstattengehen soll.

Dass es bei der Ausgestaltung der Autobahngesellschaft und der Verschmelzung mit der DEGES tatsächlich einige Risiken gibt - die wir im Auge behalten sollten und die insbesondere die SPD-Fraktion und die CDU-Fraktion an ihre jeweiligen Bundestagsfraktionen melden müssen, damit dort mit Argusaugen darauf geachtet wird, dass sie sich nicht realisieren -, sollten wir nicht außer Acht lassen.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Aber das Thema heute ist der Übergang. An dieser Stelle muss man ausdrücklich unsere Landesregierung, insbesondere das Verkehrsministerium mit Dr. Bernd Buchholz an der Spitze, loben, weil der Übergang hier in Schleswig-Holstein durch die Abschichtung super funktioniert.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Es war der richtige Schritt, nicht etwa übereilt und per Knopfdruck den Schalter umzulegen, sondern

stattdessen stückweise und mit Kooperationsvereinbarungen in die Zukunft schauend ein Klima der Zusammenarbeit zu prägen. Denn genau das wird extrem wichtig sein, wenn wir in den nächsten Jahren Ansprechpartner und Einflussnehmer für Autobahnen in unserem Land bleiben wollen. Deshalb ist der Schritt der Abschichtung richtig.

Dass die Autobahngesellschaft funktioniert, hat sie bei der A-1-Sanierung gezeigt. Diese verlief schnell und blieb im Budget. Man kann sagen: Die Bewährungsprobe ist bestanden.

(Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Die A-1-Sanierung wurde über die Autobahngesellschaft gemacht.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die A 1?)

- Die A 1, Herr Tietze. Kein Problem!

Die Unkenrufe, dass der LBV.SH ausbluten und keinerlei Mitarbeiter mehr haben werde, weil die Bezahlung bei der Autobahngesellschaft so viel besser sei, und dass die Umstrukturierung des LBV.SH, die die Landesregierung vor hatte, zu weiterer Verunsicherung führe, haben sich nicht bestätigt. Ganz im Gegenteil, der LBV.SH ist weiterhin als attraktiver Arbeitgeber im Land bekannt. Viele Mitarbeiter sind geblieben. Das ist das Potenzial; insoweit können wir aus dem Vollen schöpfen.

Herr Kollege Tietze, ich habe mit Begeisterung wahrgenommen, dass Sie einen Schwerpunkt darauf legen wollen, öffentliches Eigentum in Zukunft in einem solchen Zustand zu erhalten, dass es auf keinen Fall verrottet. Wir sollten also unseren Kurs konsequent verfolgen und weiterhin ordentlich Geld in unsere Landesstraßen und Radwege investieren, damit ein guter Zustand dauerhaft erreicht werden kann.

(Beifall CDU, FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich gehe fest davon aus - auch insoweit danke ich dem Minister -, dass die Kooperationen und die Einflussnahme auf die Autobahnen nicht komplett aus der Hand gegeben werden. Es ist nicht richtig, wenn einzig und allein Berlin plant, was in Schleswig-Holstein passiert; denn wir in Schleswig-Holstein wissen natürlich genau, wo Autobahnen fehlen. Wenn wir uns daran erinnern, wie viele Stunden dieser Landtag allein mit der A 20 verbracht hat, dann sollten wir diese Expertise durchaus mit nach Berlin geben; denn ich glaube, jeder einzelne

(Kai Vogel)

Abgeordnete hier - auch jeder fachfremde - könnte mehr dazu sagen als der eine oder andere Profipolitiker aus dem Verkehrsbereich in Berlin.

(Beifall CDU und FDP)

Auch deswegen sind die Abschichtung und die Kooperationsvereinbarungen der richtige Weg. Es ist auch sehr gut, dass unser Verkehrsminister auf der Verkehrsministerkonferenz einen Antrag eingebracht hat, um in einem gemeinsamen Beratungsgremium auch zukünftig Einfluss nehmen zu können. Es ist schön, dass Berlin diese Signale aufgegriffen hat.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf einen künftig guten Unterhaltungs- und Ausbauzustand unserer Autobahnen.

(Beifall CDU und FDP - Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für Unter- haltung haben Sie hier schon gesorgt! - Zuruf CDU: Einer muss es ja tun!)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Kay Richert das Wort.