Wenn man versucht, das, was zu leisten ist, zu beschreiben, muss man sich einmal überlegen, was Biodiversitätsstrategie heißt und wie sie definiert ist. Es ist ziemlich interessant. In der UN-Konvention für Biodiversitätsstrategie wird Biodiversität als die Variabilität allen organischen Lebens definiert. Das ist alles. Das ist alles, was nicht Stein, Beton oder Elektrizität ist.
Daraus eine Strategie zu machen, ist fast ein Widerspruch in sich, denn Strategie bedeutet Zielbeschreibung, Maßnahmen, Evaluation der Maßnahmen und Erfolgsevaluation. Alles in eine Strategie zu bringen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Heruntergebrochen auf die möglichen Zielkonflikte oder Lösungsmöglichkeiten wäre zu unterscheiden: Wollen wir den Genpool von Arten sichern? Wollen wir die Vielzahl von Individuen von Arten sichern? Wollen wir Flächen sichern, in denen sich möglicherweise die Arten entwickeln können - oder auch nicht? Das kam eben durch. Oder wollen wir die Funktionalität von Lebensbeziehungen sichern?
All das, kann man natürlich sagen, wollen wir gleichzeitig. In der Tat sind verschiedene Ansätze, verschiedene Maßnahmen, verschiedene Indikatoren daraus abzuleiten. Daraus folgt insgesamt, dass wir eine gemeinsame Strategie finden müssen, die die Nutzung im Land ermöglicht. Wir wollen ja nicht Schleswig-Holstein leer räumen und verlassen und gleichzeitig den wirklich dramatischen Verlust an Arten, an Singvögeln, an Insekten und daraus folgend an Biodiversität im Funktionszusammenhang für die Nutzung zu unterbinden versuchen.
Das kann, um es grob zu sagen, nicht gelingen, indem wir nur das beschreiben, was wir bisher schon gemacht haben. Insofern ist es richtig, auf die Maßnahmen der Vergangenheit zu verweisen. Die Strategie muss aber mehr leisten. Es wird nicht genügen, dass wir in einem Meer von zivilisatorischer Nutzung ein paar Inseln schaffen, in denen wir uns anders benehmen. Das wird nicht reichen. Wir müssen in der Tat einen Gesamtansatz finden, der die Nutzung der Natur, der Lebensumstände so bewerkstelligt, dass dabei möglichst wenig Schaden passiert. In der Tat ist das die Lösung mit Blick auf Landwirtschaft und den Zielkonflikt, den es dabei gibt.
Ich glaube, dass die Debatte, die wir in den letzten fünf Minuten kurz aufblitzen gesehen haben, eigentlich schon fast überwunden ist, jedenfalls in Schleswig-Holstein. Es ist in der Tat so, dass viele Landwirte selbst sagen: Wir würden gern die industrielle Landwirtschaft als System verlassen, allerdings wollen wir genügend Einkommen für unsere Familien erwirtschaften. Was sollen sie sonst sagen? Natürlich müssen sie das. Es sind aber die Bauern selbst, die inzwischen sagen: In einem System zu wirtschaften, in dem man entweder aufgeben muss, seinen Hof verkaufen muss oder ganz stark wachsen muss, also immer stärker auf Leistungsfähigkeit der Kühe oder Masse der Schweine setzen muss, macht weder Spaß, noch ist es ökonomisch erfolgreich.
An dieser Stelle, an der die Nutzer selbst sagen: „Wir müssen unser Prinzip ändern“, gibt es eine strategische Möglichkeit, zu einer anderen Nutzung im Raum zu kommen - und das ist zu übertragen auf Gewerbegebiete und Straßen. Wir werden sehen, wohin uns das führt. Die Aufgabe ist riesengroß, aber es ist dringend notwendig, sie anzugehen. - Vielen Dank.
Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 3 Minuten überschritten. Die Redezeit stünde jetzt allen Fraktionen zur Verfügung. Wird davon Gebrauch gemacht? - Das ist nicht Fall. Dann liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, und ich schließe die Beratung.
Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Insofern kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/270, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD gegen die Stimmen von SPD und SSW abgelehnt.
Ich lasse nun über den Antrag der Fraktion von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/227, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, AfD und SSW gegen die Stimmen der SPD angenommen.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! In den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der Geburten in Schleswig-Holstein gestiegen. Wenn Zeitungen „Babyboom“ titeln oder Politiker von „Trendwende“ sprechen, wird das der Realität nicht gerecht. So stehen den rund 24.500 Geburten im Jahr 2015 mehr als 34.000 Sterbefälle gegenüber. Wer angesichts dieser Zahlen weghört oder so tut, als gehe ihn das nichts an, der verhält sich unangemessen, verantwortungslos. Das Gleiche gilt für diejenigen, die zwar den vermeintlichen Babyboom begrüßen, gleichzeitig aber eine ganz andere Entwicklung als quasi unabänderlich hinnehmen.
Die Zahl der Kinder, die im Norden in Hartz-IVHaushalten aufwächst, steigt und steigt, und das selbst in Zeiten blühender Konjunkturdaten. Als ob dieser Umstand nicht schon beschämend genug wäre, kommt noch eines hinzu: Das Armutsrisiko steigt nämlich mit der Anzahl der Kinder. Bei DreiKind-Familien ist es mit 16 % schon doppelt so hoch wie bei Zwei-Kind-Familien, und bei Familien mit vier Kindern beläuft sich das Risiko, unter die Armutsschwelle zu geraten, auf rund 30 %.
Dass Kinder ein Armutsrisiko darstellen, dass wir gleichzeitig eine Armut an Kindern haben, stellt unserer Gesellschaft ein gleich zweifaches Armutszeugnis aus.
Wir möchten deswegen eine alte Idee neu beleben, die des Familiendarlehens. Zur Geburt eines Kindes können Kinder ein zinsloses Darlehen beantragen, die Rückzahlungsverpflichtung wird durch die Geburt eines zweiten Kindes reduziert, und bei der Geburt eines dritten Kindes entfällt die Rückzahlung völlig.
Wir sind davon überzeugt, dass dieses Modell zweierlei bewirkt. Erstens ist es für junge Eltern eine erhebliche direkte finanzielle Entlastung, und
dadurch sinkt das Armutsrisiko. Zweitens ist die Wiederbelebung des Familiendarlehens unzweifelhaft ein weithin sichtbares Zeichen, und zwar ein Zeichen der Willkommenskultur beziehungsweise dafür, wie familienfreundlich der echte Norden in Wirklichkeit ist.
Ich weiß natürlich um die verschiedenen Auffassungen darüber, welche familienpolitischen Maßnahmen effektiver sind: direkte Zuwendungen oder indirekte Familienhilfen. Aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, bei der schier unüberschaubaren Anzahl von staatlichen Maßnahmen können selbst Experten nicht korrekt ausloten, welche Maßnahmen im Einzelnen wie wirken. Natürlich entscheidet sich kein Pärchen für Kinder, nur weil es das Familiendarlehen geben wird oder mehr Kindergeld oder weil es die Krippenprämie gibt. Wahr ist aber auch, dass sich kein Paar für Kinder entscheidet, nur weil es mehr Betreuungsangebote oder mehr Familienzentren oder mehr Sozialarbeiter an Schulen gibt.
Lassen Sie mich in Klammern nur kurz anmerken, was die Gründung von Familien tatsächlich beeinflusst: Wenn junge Paare wissen, dass sie auch morgen noch einen oder gegebenenfalls auch beide ihre Arbeitsplätze haben werden, wenn sie Planungssicherheit in der Frage haben, wo sie morgen wohnen werden, dann sind sie in der Lage und auch bereit, Verantwortung für Kinder zu übernehmen. Anders ausgedrückt: Wenn Paare zuversichtlich in die Zukunft blicken, dann möchten sie auch Kinder haben, und meistens sogar mehr als 1,4.
In den letzten Jahren haben sich in der Frage nach den wirkungsvollsten Familienförderungen immer mehr indirekte Hilfen durchgesetzt. Oft sprachen gute Gründe dafür. Die Ergebnisse müssen wir aber angesichts der eingangs genannten Zahlen und Fakten deutlich kritischer betrachten als bisher. Ist unser Land tatsächlich kinderfreundlicher geworden? Haben sich mehr junge Paare für Kinder entschieden? Wollen wir uns damit abfinden, dass Kinder ein Armutsrisiko darstellen?
Auch der Rat zu der letztgenannten Frage von Ministerin Barley, nach dem auch künftig vor allem in Kitas, Ganztagsschulen und Horte zu investieren sei, denn - ich zitiere hier mit Ihrer Erlaubnis -:
ist hier wenig hilfreich. Wer so denkt, meine Damen und Herren, und heute einseitig in das Geldverdienen beziehungsweise in die volle Erwerbstätigkeit beider Elternteile investieren möchte, darf morgen nicht beklagen, dass es immer weniger Menschen geben wird, die Familien auch wirklich mit Leben erfüllen.
Anders formuliert: Die Familienpolitik muss wieder kinderfreundlicher werden, sonst ist es nämlich keine Familienpolitik.
Fassen wir zusammen: Erstens. In Schleswig-Holstein werden deutlich zu wenig Kinder geboren. Zweitens. Die Kinder, die wir noch haben, bedeuten ein Armutsrisiko - und das erst recht in Mehrkindfamilien. Drittens. Einseitig auf indirekte Unterstützungsmaßnahmen zu setzen, hat sich als nicht wirkungsvoll erwiesen. In der Frage direkter oder indirekter Hilfen für Familien sollten wir wieder mehr zu einem Sowohl-als-auch als zu einem Entweder-oder kommen.
Ich beantrage deshalb, im Sozialausschuss über die Einführung eines Familiendarlehen zu beraten. Lassen Sie uns ein Zeichen für die Kinder in unserem Land setzen. - Vielen Dank.
sondern eine Gesellschaft, in der Kinder willkommen sind, und eine Familienpolitik, in der Menschen füreinander Verantwortung tragen.
der den Hartz-IV-Bezug bei Kindern beklagt und zugleich eine Geburtsprämie auslobt, und das auch noch unabhängig vom Einkommen, also auch für
- Nein, es handelt sich um kein Darlehen, denn die Rückzahlungspflicht entfällt ja völlig. Ich habe aber nicht die Absicht, mich mit dem Antrag weiter auseinanderzusetzen.
Für uns ist es wichtig, dass die Rahmenbedingungen für Familien gestärkt werden. Da sind zum Beispiel die 180 Millionen € für Kindertageseinrichtungen, die in den nächsten Jahren ins System gehen werden. Das ist gelebte und kinderfreundliche Familienpolitik, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Heute ist das Wichtigste für junge Familien doch, dass sie einen möglichst unbefristeten Arbeitsplatz haben,