Das, was mich hier wirklich ärgert, haben Sie, Kollege Martin Habersaat, eben erneut deutlich gemacht, indem Sie immer wieder diesen ideologischen Gegensatz zwischen den Gemeinschaftsschulen und den Gymnasien herstellen. Was soll denn das, dass Sie anfangen, hier irgendwelche Stellen gegeneinander aufzurechnen? Wir können doch feststellen, dass sowohl die Gemeinschaftsschulen als auch die Gymnasien funktionierende Schularten sind.
Wir sagen auch, wir haben Ganztagsangebote an den Gymnasien nötig; deswegen wollen wir dort drei Stunden schaffen. Wir sagen auch: Unser Bildungsbonus hilft insbesondere den Gemeinschaftsschulen, die Unterstützung brauchen. Was nützt dann dieses Aufrechnen und das ständige Vergleichen der verschiedenen Schularten?
Das ist falsch, weil das nicht nur die Schulart an sich betrachtet, sondern ein ideologischer Kampf dieser einzelnen Schularten ist.
Ich kann noch einen oben drauf setzen: Das sind 10 Millionen € und damit am Ende 200 Stellen, um auch das an dieser Stelle noch einmal so gesagt zu haben.
Wir sagen ganz bewusst nicht - das erkläre ich Ihnen auch gern noch einmal, Herr Habersaat -, dass das Stellen sind, weil wir eben sagen: Wahrscheinlich haben wir an sozialen Brennpunkten andere Bedarfe, als nur Lehrer einzustellen. Vielleicht sind es hier und da Sozialpädagogen - wir werden darüber auch noch sprechen -, Sozialarbeiter oder auch Sachkosten. Dann ist das am Ende eine sinnvolle Maßnahme, die man gar nicht mit null Komma irgendwas berechnen kann. - Danke.
Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Ja, die Regierung hat Wort gehalten. Heute ist der Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes mit dem Ziel der Einführung von G 9 an den schleswig-holsteinischen Gymnasien in die zweite Lesung gegangen. Wir werden in Schleswig-Holstein G 9 zum Schuljahr 2019/20 für die Klassen 5 und 6 flächendeckend einführen. Wir sind im Zeitplan. Wir schaffen Planungs- und Rechtssicherheit für Eltern, Schüler und Lehrer in Schleswig-Holstein.
Es ist mir an dieser Stelle zunächst wirklich ein großes Bedürfnis, mich zu bedanken, und zwar mich zu bedanken bei den Schulleitern, den Lehrkräften, den Eltern, den Schülern, den Verbänden, den Schulträgern und nicht zuletzt auch bei Ihnen als Abgeordnete für die intensive und sachliche Debatte in den Schulen, mit dem Ministerium und im Rahmen der Parlamentsanhörung. Das war wirklich ein sehr gelungener Beteiligungsprozess, meine Damen und Herren. Im Vordergrund dieses Beteiligungsprozesses stand immer die Qualität eines modernen G 9 in Schleswig-Holstein.
Tatsächlich glaube ich, dass genau dieser Beteiligungsprozess eine wirklich gute Grundlage für das ist, was Sie, Herr Habersaat, und Sie, Frau Waldinger-Thiering, dankenswerterweise heute hier angedeutet haben, nämlich dass Sie bereit sind, über einen Schulfrieden in Schleswig-Holstein zu sprechen. Ich habe das heute sehr gern gehört. Ich hoffe, dass es tatsächlich gelingt, zukünftig über Inhalte und Qualität sowohl in den Gemeinschaftsschulen als auch in den Gymnasien sowie in den beruflichen Schulen und vor allem in den Grundschulen, die uns besonders am Herzen liegen, zu sprechen. Wenn das das Ergebnis dieses Beratungsprozesses gewesen ist, dann ist es ein gutes Ergebnis für das Land.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf regeln wir rechtsverbindlich das Prozedere für die Umstellung und auch die Rechtsgrundlage für das abschließende Votum der Schulkonferenzen für eine mögliche Beibehaltung von G 8. Ja, das Votum der Schulkonferenz braucht tatsächlich eine Dreiviertelmehrheit. Sie können sich gern darüber lustig machen. Aber worum ging es denn bei dieser Frage der Dreiviertelmehrheit? Es ging darum, dass die Entscheidung an den einzelnen Schulen nicht gegen eine der beteiligten Gruppen gefällt werden kann. Das, meine Damen und Herren, war uns tatsächlich wichtig, und zu dieser Entscheidung stehen wir auch.
Tatsache ist auch, keine Schule hat uns bis heute signalisiert, dass sie bei G 8 bleiben will. Die Wahrheit ist auch: Ich habe weder von Ihnen, meine Damen und Herren vom SSW, noch von Ihnen,
Herr Habersaat, für die SPD irgendwelche inhaltlichen Bedenken gegen unsere Entscheidungen gehört. Verfahrenskritik zu äußern, ist das Einzige, was Sie tun. Letztlich, wenn Sie mal ehrlich sind, könnten Sie dem Gesetz heute auch zustimmen.
- Ja, es ist uns ein zentrales Anliegen. Ich will noch einmal wiederholen, worum es eigentlich geht.
- Ich habe Ihnen heute so lange zugehört. Jetzt dürfen Sie mir auch zuhören. Dann können Sie sich gern wieder zu Wort melden.
Ich habe Ihnen in der Debatte im Rahmen der ersten Lesung erläutert, dass es uns wichtig ist, dass Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein mehr Zeit zum Lernen, mehr Zeit zum Vertiefen, mehr Zeit für Sport, für Musik und für gesellschaftliches Engagement erhalten. Das wollen die Schüler, das wollen die Eltern, und das wollen übrigens auch die meisten Lehrkräfte in Schleswig-Holstein. Deshalb wird G 9 im Schuljahr 2019/20 wieder der Regelfall werden.
Wir bereiten diese Gesetzesänderung und deren Umsetzung mit sehr viel Verantwortung und sehr großer Sorgfalt vor. Das gilt auch im Hinblick auf die kommunalen Landesverbände, für die Sie sich, Herr Habersaat, im Augenblick so engagiert einsetzen. Ich weiß, es gibt einzelne Schulträger, die sich Sorgen machen. Sie machen sich Sorgen wegen der möglichen zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit der Umstellung. Ich kann das gut nachvollziehen. Das ist auch der Grund, warum wir die intensiven Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden führen. Ich halte aber nichts von Zahlenspekulationen und von Panikmache. Deshalb sind wir im Moment dabei, die Fakten zu ermitteln, um eine sachliche Grundlage für weitere Gespräche zu schaffen. Eines ist doch auch klar: Nicht alle Raumprobleme an manchen Gymnasien, besonders in den großen Städten, haben etwas mit G 9 zu tun.
Die Zustände, die Sie beschrieben haben, dass die Kinder und Jugendlichen in Kiel heute schon in den Kellern sitzen, haben doch bitte mit der Einführung von G 9 zum Schuljahr 2019/20 nichts zu tun, sondern das hat offensichtlich andere Ursachen. Ich will Ihnen nur einmal ein Zahlenbeispiel vor Augen führen: Die Gymnasien hatten im Jahre 2008/09 bei der Einführung von G 8 rund 85.000 Schüler. Beim Doppeljahrgang 2015/16 waren es noch gut 83.600,
und 2016/17 sind es noch 76.000. Also, irgendetwas muss ja in der Zeit passiert sein. Was ist passiert? Es gibt andere Anliegen schulpolitischer Natur, die zwischenzeitlich realisiert worden sind, zum Beispiel die Erweiterung des Ganztages. Ja, das ist richtig. Es hat auch andere Reformen gegeben, die zu mehr Raumbedarf führen. Aber das, meine Damen und Herren, hat mit der Einführung von G 9 zum Jahre 2019 nun wirklich nichts zu tun. Insofern müssen wir uns mit der Angelegenheit in Ruhe und sachlich beschäftigen.
Lassen Sie mich, weil die Zeit so weit fortgeschritten ist, nur noch ein oder zwei Sätze zu der Debatte sagen, die Sie, Herr Habersaat, heute wieder losgetreten haben. Sie versuchen wieder, die Gemeinschaftsschulen und die Gymnasien gegeneinander auszuspielen. Ich halte das wirklich für einen gefährlichen Weg, den Sie da gehen. Wir müssen beide, nein, genau genommen alle drei Säulen unseres weiterführenden Bildungssystems stärken. Wir dürfen Sie nicht gegeneinander ausspielen. Sie tun das, und Sie tun das um des kurzfristigen billigen Erfolges willen. Es ist nicht in Ordnung, was Sie hier tun. Wir müssen die Gemeinschaftsschulen stärken und dürfen sie nicht schwächen. Wir sollten nicht im Sinne einer Self Fulfilling Prophecy jetzt schon dafür sorgen, dass sich Eltern gegen die Gemeinschaftsschulen entscheiden. Das wäre der falsche Weg.
Ich halte es auch für fahrlässig, jetzt so zu tun, als würde durch G 9 eine Kostenlawine ausgelöst werden. Sie sagen das in den blauen oder - besser - in den roten Dunst hinein. Auch das ist nicht redlich. Lassen Sie das nach. Sie reden die Gemeinschaftsschulen hier schlecht, und das ist nicht richtig. Wir werden die Entwicklung genau beobachten. Wir sind mit den Schulträgern und den Schulen in engem Dialog dazu. Wir werden durch verschiedene Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass sich die Schülerströme nicht so entwickeln, wie Sie das schwarz an die Wand malen. Wir werden durch die schriftliche Schulartempfehlung den Eltern wieder einen besseren Orientierungsrahmen an die Hand geben und sie besser als bisher beraten. Wir werden eben nicht nur die beruflichen Schulen und die Gymnasien stärken, sondern eben auch die Gemeinschaftsschulen. Die Zahlen sind genannt worden, meine Damen und Herren. Der Bildungsbonus wird ein Meilenstein in der schleswig-holsteinischen Schulpolitik sein. Das können Sie auch nicht kleinreden.
Ich bedanke mich noch einmal für die Beratungen und freue mich darauf, dass Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein ab 2019/20 wieder in G 9 lernen können. - Vielen Dank.
Die Landesregierung hat die im Ältestenrat vereinbarte Redezeit um 3 Minuten überschritten. Theoretisch würde diese Redezeit nun auch allen Fraktionen wieder zur Verfügung stehen. Der Abgeordnete Martin Habersaat von der SPD nimmt sie in Anspruch und hat damit das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, zum wiederholten Male begründen Sie Ihre 75-%-Hürde allein mit dem Argument, es solle nicht möglich sein, dass eine Gruppe von den anderen beiden Gruppen überstimmt werde.
Wir haben schon zur ersten Lesung alternativ einen Gesetzesentwurf vorgelegt, in dem wir eine andere Möglichkeit beschreiben, nach der es aber eben nicht möglich ist, dass eine Gruppe von den anderen Gruppen überstimmt wird.
Sie haben im „Schleswig-Holstein-Magazin“ einmal netterweise die Aufgabe übernommen, den SPD-Gesetzesentwurf zusammenzufassen. Da haben Sie ihn falsch zusammengefasst.
Wir haben Sie daraufhin in einer Kleinen Anfrage gefragt: Warum haben Sie das falsch zusammengefasst? Da lautete die Antwort, die es verdient, hier vorgelesen zu werden:
„In der komprimierten Form eines Interviews ist es offensichtlich nicht ausreichend gelungen, diesen komplizierten Sachverhalt deutlich zu machen.“
Wir stimmen zunächst ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/200. Der Ausschuss empfiehlt, den Änderungsantrag Drucksache 19/200 abzulehnen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.