Aber, meine Damen und Herren, statt Straßenausbaubeiträge müsste es ja eigentlich Straßenbaubeiträge heißen; das ist inzwischen ein geflügeltes Wort geworden. Trotzdem - ich glaube, darüber sind wir uns alle einig - geht da Einiges durcheinander. Nicht bei denen, die hier im Raum diskutieren, aber zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung ist dabei einiges wirklich etwas verquer. Denn es geht um Beiträge insbesondere für Kosten, die den Umbau, die Erneuerung, die Erweiterung von Straßen betreffen, also um Kosten für wertsteigernde Maßnahmen an Straßen. Und es geht definitiv nicht - das wissen Sie hier sicherlich auch alle; aber manche Bürgerinnen und Bürger verkennen das - um die Kosten für notwendige Unterhaltungsmaßnahmen und nicht um notwendige Reparaturen von Frostschäden oder Löchern, die in den Straßendecken vorhanden sind. Das müssen die Kommunen auch heute schon zu 100 % bezahlen. Darüber sind wir uns hier einig. Das ist in der medialen Berichterstattung nur manchmal etwas unterschiedlich rübergekommen.
wohnerinnen und Anwohner und um möglichen Nutzen und Vorteile. Ich bin wieder einmal Herrn Harms sehr dankbar für seinen Beitrag. Straßen verursachen keine Wertsteigerung der daran anliegenden Immobilien.
Wir haben die Diskrepanz, dass wir in unseren Städten Kreisstraßen, Landesstraßen und Bundesstraßen haben, die unterschiedlich finanziert werden. Wenn wir über das FAG zu einer Generallösung kommen wollen, dann müssen wir umgekehrt eine Standardisierung einer durchschnittlichen Anwohnerstraße vornehmen. Wir würden also nicht nur vorschreiben, es müssen Kosten erhoben werden, sondern wir müssten auch vorschreiben - wenn wir es, wie jetzt geplant, über das FAG kompensieren wollen -, wie ein normaler Ausbau einer Straße vonstatten zu gehen hat; denn die Mehrwerte müssten ja dann die Kommunen zahlen.
Meine Damen und Herren, das Wahlrecht, das wir den Gemeinden jetzt an die Hand geben, ist doch die Flexibilität, die eine Gemeinde bei jeder anderen Haushaltsmaßnahme sonst auch hat.
Bei jeder einzelnen Maßnahme, ob nun ein Sportplatz gebaut wird, ob eine Schule in welcher Form auch immer gebaut wird, ob eine Kindertagesstätte gebaut wird, werden immer wieder Abwägungen in einem kommunalen Haushalt über die zur Verfügung stehenden Mittel getroffen, um diese sachgerecht und richtig einzusetzen.
Dann wird es doch sicherlich auch notwendig sein, zu sagen, welche Straßen wir ausbauen wollen, die wir in den Städten haben. Ich finde es nicht richtig, dass die Kosten dafür dann zwangsweise als ein Teil des Straßennetzes auf die Anliegerinnen und Anlieger umgelegt werden. Das kann nicht sein.
Was mich derzeit irritiert und was ich nicht gut finde, ist die Diskussion „alles oder nichts“. Es wird in der medialen Berichterstattung ja immer nur über „alles oder nichts“ diskutiert. Ich glaube, dass ganz viele Anliegerinnen und Anlieger sehr wohl bereit sind, einen Beitrag zum Ausbau der Straßen zu leisten, aber nicht einen Beitrag für eine von anderer Seite bestimmte - ich sage mal - Luxussanierung. Es gibt durchaus Kommunen, die sich darauf verständigt haben und einen bestimmten Standard für eine normale Anliegerstraße festlegen, um dann zu sagen: „Wenn Ihr es besser haben wollt, dann kann
Diese individuelle Wahlmöglichkeit, das ist sicherlich keine leichte Entscheidung. Das ist eine kommunalpolitische Entscheidung. Aber, meine Damen und Herren, ich brauche es Ihnen nicht zu sagen: Kommunalpolitisch gibt es keine leichten Entscheidungen. Es ist immer wieder ein Abwägungsprozess. Ich glaube, dieses Recht, aber umgekehrt auch diese Verantwortung, die wir den Kommunen an die Hand geben, das ist, glaube ich, das, was wir uns alle wünschen.
Eine Frage, die auch immer wieder in den Medien auftaucht, ist die nach der Finanzstärke, die es bei einer Gemeinde gibt. Meine Damen und Herren, die Frage nach der Finanzstärke einer Gemeinde und ob eine Gemeinde das auf die Bürger umlegen muss oder nicht, haben Sie bei jedem Investment in einer Gemeinde zu stellen. Es gibt Gemeinden, die bauen Sportplätze in einer Luxusart, weil sie es sich erlauben können. Es gibt Gemeinden, die bauen Schulen in einer Luxusart, wie sie es sich erlauben können. Zu sagen, die Finanzkraft einer Gemeinde sei nur entscheidend beim Bau von Erschließungsstraßen im Anliegerbereich, das ist zu kurz gesprungen.
Sie haben auf kommunaler Ebene genau wie hier im Landtag immer wieder eine Frage zu stellen: Wofür will ich das Geld ausgeben? Es ist eine politische Entscheidung zu sagen, für diese und für jene Maßnahme. Dies war bislang eingeschränkt. Ich empfehle, dass wir auch das den jeweiligen Kommunalverwaltungen überlassen und dieses Gesetz auf den Weg bringen. - Ich danke Ihnen.
Wir kommen zur Abstimmung zu a): Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Erhebungspflicht für Straßenausbaubeiträge, Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/ 150. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abge
ordneten des SSW, die Fraktionen von FDP, CDU und AfD. Wer ist dagegen? - Das ist niemand. Wer enthält sich? - Bei Enthaltung der SPD ist dieser Gesetzentwurf dann so angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung zu b): Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, Gesetzentwurf der Fraktion der AfD, Drucksache 19/159. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf abzulehnen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW sowie die Fraktionen von FDP und CDU.
Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten der AfD. Damit ist der Gesetzentwurf, Drucksache 19/159, abgelehnt.
Herr Präsident! Wer mit dem Recht umgeht, sollte alle maßgeblichen Vorschriften möglichst leicht finden und erkennen, welche Rechtsvorschriften für den jeweiligen Sachverhalt heranzuziehen sind. Der Zugang zum Recht wird bereits erheblich erleichtert, wenn das Landesrecht nur Rechtsvorschriften enthält, die für heutige und künftig entstehende Rechtsverhältnisse zu beachten sind, und wenn es zu sinnvollen, übersichtlichen Regelungskomplexen zusammengefasst ist. Im Interesse einer übersichtlichen effektiven Rechtsordnung ist die Rechtsbereinigung eine Daueraufgabe, die im Rahmen von Rechtsetzungsaktivitäten regelmäßig zu kontrollieren ist. In vielen Bundesländern existieren bereinigte Sammlungen des Landesrechts. Es ist richtig, wie von der Küstenkoalition angeschoben, mit Relikten aus der NS-Zeit in Gesetzen, Vorschriften und Verordnungen aufzuräumen. Hier haben sie unsere Zustimmung.
Ich erinnere an die Bundesratsinitiative, die in der letzten Legislaturperiode von der Küstenkoalition mit Justizministerin Anke Spoorendonk gestartet wurde, die §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuchs zu reformieren. Diese Paragrafen hatten für die Nationalsozialisten einen besonderen Symbolwert. Die tätertyporientierte Definition von Mord stammte aus einem Änderungsgesetz der NS-Justiz. Dieser Paragraf ist mit einer hohen historischen Hypothek belastet. Es muss das Ziel sein, alle anderen Paragrafen, die auf die NS-Justiz zurückzuführen sind, aufzuheben beziehungsweise zu reformieren.
Der ehemalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel bemerkte auf die Frage nach bereinigten Gesetzessammlungen, dass es eigentlich schwer begreiflich sei, dass ein Staat die Frage danach, wie die aktuell geltende Rechtsordnung eigentlich aussieht, an fast keiner Stelle zuverlässig beantworten kann.
Was gilt eigentlich von A bis Z in Schleswig-Holstein? Das kann heute wohl noch nicht einmal das Justizministerium beantworten, geschweige denn ir
gendeine andere Stelle. Die Gemeinden schon gar nicht. Landesrechtliche Rechtsbereinigung bedeutet die systematische übersichtliche verbindliche Veröffentlichung des aktuell geltenden Normenbestandes in Schleswig-Holstein. Grundsätzlich wird sich neuer Bereinigungsbedarf immer regelmäßig dann ergeben, wenn Vorschriften veralten oder an Bedeutung verlieren.
Aufpassen muss man aber auch, dass die Publikation des bereinigten Gesetzestextes dem Gesetzesbeschluss nicht nachhinken, weil sonst nie die volle Gewähr besteht, dass die eben kundgemachte Vorschriftensammlung den aktuell geltenden Rechtszustand wiedergibt.
Die Erstellung kann - ich betone, sie wird - auch Arbeit für die beteiligten Ministerien bedeuten, und auch die Aktualisierungen erfordern einen nicht zu vernachlässigenden Aufwand. Hier würde ich nicht wie im Gesetzentwurf vorgesehen davon ausgehen, dass eine Rechtsbereinigung landesrechtlicher Vorschriften ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand vonstattengehen kann.
Klingt ja schön im Gesetzesentwurf unter dem Gliederungspunkt D: im Ergebnis keinen zusätzlichen finanziellen Aufwand oder Verwaltungsaufwand. Das werden wir genau beobachten, wie dies mit den vorhandenen Ressourcen klappen soll.
Die bereinigte Sammlung des Landesrechts soll im Idealfall das gesamte geltende Landesrecht Schleswig-Holsteins zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung enthalten. Warten wir es ab. Wir werden gespannt sein. Immerhin hat dieses Gesetz für die Koalition so hohen Stellenwert, dass es Eingang in das 100-Tage-Programm der neuen Landesregierung gefunden hat. Ich hoffe, das liegt nicht nur daran, dass der Entwurf möglicherweise schon halb fertig war. Wir hätten hier allerdings andere Prioritäten gesetzt, zum Beispiel beim kommunalen Finanzausgleich oder dem Sonderzahlungsgesetz.
Herr Präsident! „Drei berichtigende Worte des Gesetzgebers und ganze Bibliotheken werden zu Makulatur“. Das sagte 1848 der Rechtsphilosoph Julius von Kirchmann, um das Verhältnis des geltenden, sich ständig ändernden Gesetzesrechts zu den ehernen Grundprinzipien des Naturrechtes zu kennzeichnen.
Diese Worte passen auch zu dem heute vorliegenden Gesetz: 27 verstreute Justizgesetze und Justizverordnungen mit Hunderten von Seiten und Paragraphen werden durch das schlanke und handliche neue Gesetz überflüssig gemacht und in den Altpapiercontainer des Landesrechts entsorgt.
Der Entwurf ist nicht spektakulär, er enthält nur wenig Neues. Seine Inhalte sind überwiegend staubtrocken und bieten nicht den geringsten Anlass für parteipolitischen Streit. Dennoch ist er eine gesetzgeberische Wohltat! Vor allem für die betroffenen Gesetzesanwenderinnen und Gesetzesanwender, also die vielen Menschen, die in unseren Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizbehörden in den unterschiedlichsten Funktionen arbeiten, aber auch für das rechtssuchende Publikum. Denn die Rechtspflege im Land ist bisher extrem disparat und in manchen Teilen veraltet und überholt geregelt.
Das neue Gesetz bewirkt, dass die jeweils relevanten Vorschriften leichter aufgefunden werden können. Transparenz und Anwenderinnen- und Anwenderfreundlichkeit werden deutlich erhöht, unzeitgemäße Begriffe - teilweise noch aus der Nazi-Zeit werden entrümpelt. So verschwindet zum Beispiel der „Vorsteher der Gefangenenanstalten“, wie die Leiterinnen und Leiter unserer Justizvollzugsanstalten in § 13 in der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 bis heute noch genannt werden.
Es gibt auch etwas Neues: Das Hausrecht in den Gerichtsgebäuden und den Gebäuden der Staatsanwaltschaften des Landes wird erstmalig auf eigene gesetzliche Füße gestellt. Bislang galt für die Leitungen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften nur eine gewohnheitsrechtliche Übertragung der privatrechtlich abgeleiteten Prinzipien des Hausrechts. Das ist problematisch, weil unsere Gerichte ihrem Sinn und Zweck nach öffentliche Orte sein sollen, zugleich aber auch - es liegt in der Natur der Sache - konfliktträchtige Orte sind.
Anders als in der gerichtlichen Verhandlung selbst, in der die sitzungspolizeilichen Befugnisse der vorsitzenden Richterinnen und Richter nach dem (Bun- des-)Gerichtsverfassungsgesetz gelten, gab es in Schleswig-Holstein bislang keine expliziten Vorschriften, die zum Beispiel generelle Einlasskontrollen, das Durchsuchen von Personen nach Waffen, ihre Identitätsfeststellung und das Sicherstellen von bedenklichen Gegenständen außerhalb eines konkreten Verhandlungstermins regeln.
Nun gibt es auch für die jeweilige Gerichtsleitung und für Justizwachtmeis-terinnen- und Justizwachtmeisterdienste klar geregelte Befugnisse. Das ist sehr zu begrüßen, weil die Maßnahmen gegenüber Gerichtsbesucherinnen und Gerichtsbesucher von der Durchsuchung bis zur Gewahrsamnahme eine hohe Grundrechtsintensität haben können und daher entsprechend klar geregelt sein sollten.
Sehr sinnvoll ist auch, dass das neue Gesetz bei den Eingriffen und Befugnissen auf die bewährten Gefahrenabwehrvorschriften unseres Landesverwaltungsgesetzes verweist. Diese Vorschriften sind lang eingeübte Rechtspraxis und ohne Abstriche auf die spezifischen Verhältnisse in unseren Gerichtsgebäuden zu übertragen.