Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal gestatten Sie mir eine Bemerkung in Richtung der Sozialdemokratie, weil sowohl der Kollege Stegner als auch der Kollege Baasch mit dieser latenten Kritik am Zukunftslabor bei mir etwas ausgelöst haben, und zwar schlicht und ergreifend Unverständnis. Der Kollege Stegner hat es gestern in der Haushaltsdebatte wie folgt formuliert: Man würde sich von anderen das Denken abnehmen lassen wollen. - Nein! Kollege Baasch, Sie haben ähnlich argumentiert, wir würden Dinge in ein imaginäres Labor verschieben. - Uns nimmt niemand das Denken ab. Es ist ausgesprochen wichtig, dass man nicht nur im eigenen Saft schmort, sondern dass man die Expertise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, von Wohlfahrtsverbänden, im Übrigen auch der Sozialdemokratie, also auch der parlamentarischen Opposition bei der zentralen Frage einbezieht, wie man die Alterssicherung und die sozialen Sicherungssysteme vor dem Hintergrund einer digitalisierten Gesellschaft zukunftsfest macht, vor dem Hintergrund einer sich komplett ändernden Arbeitswelt, welche Ideen es dazu gibt, die zukunftsfest zu machen.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich lege großen Wert auf die Expertise der Sozialdemokratie beispielsweise, weil ich mir schon wünsche, dass man sich dieser zentralen Zukunftsfragen gemeinsam - alle Demokraten - annimmt. Genau dazu bietet dieses Zukunftslabor einen wunderbaren Raum. Deswegen habe ich die Kritik daran wirklich nicht verstanden. Es ist eine explizite Einladung, gerade auch an Sie, hier Ihre Expertise mit einzubringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht um Lebensleistung. Es geht um Würde, es geht um Sicherheit, und es geht im Übrigen bei dem Thema auch um Freiheit. Wer Angst vor Altersarmut hat, kann kein freies Leben führen. Insofern ist mir die reine Fokussierung auf den ökonomischen Aspekt eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems viel zu kurz gesprungen.
Ich finde im Übrigen die umlagefinanzierte Rentenversicherung - das zum letzten Beitrag des Kollegen Meyer -, das musste ich auch erst in einem Vierteljahrhundert Politik nach und nach lernen, besser als ihren Ruf in den letzten Jahrzehnten. Sie ist nämlich bei allen Problemen, die es gibt, gut. Insbesondere die Demografie-Anfälligkeit ist ein
veritables Problem, dem wir uns stellen müssen; ich möchte aber gar nicht wissen, was wir für ein Alterssicherungssystem hätten, wenn wir beispielsweise ausschließlich private Altersvorsorge hätten und was jetzt in der Niedrigzinsphase daraus geworden wäre. Mir kommt es wirklich darauf an das sage ich im Zweifel auch den eigenen Leuten -: Ich glaube an den Dreiklang, die drei Säulen, sowohl die gesetzliche Rentenversicherung als nach wie vor zentrales Alterssicherungssystem, als auch die Betriebsrente - da bin ich übrigens für das Betriebsrentenstärkungsgesetz ausgesprochen dankbar, das ist ein richtiger und wichtiger Schritt aus der vergangenen Legislaturperiode gewesen, auch wenn es weitgehend erst zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist -, und drittens selbstverständlich die private Vorsorge als dritte Säule.
Um die beiden Punkte aufzugreifen, die der Kollege Baasch angesprochen hat: Ob Solidarrente oder Grundrente, ich glaube, die zentrale Frage, die wir uns stellen müssen, ist, wie wir eine solche Absicherung finanzieren wollen. Ich glaube, nicht das Ob, sondern vor allem die Finanzierungsfrage ist entscheidend. Wenn Sie mich fragen, muss eine solche Absicherung steuerfinanziert sein, um den Kern der beitragsfinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung mit all seinen Facetten dauerhaft stabilisieren zu können. Um beispielsweise auch die beiden Haltelinien, von denen Sie sehr häufig reden und die jetzt möglicherweise wieder in einem Koalitionsvertrag umgesetzt werden können, haben zu können, muss ich eine Grundabsicherung im Zweifel steuerfinanzieren, darüber mit den Leuten auch ins Gespräch kommen und das der Gesellschaft auch ganz offen sagen.
Den weiteren Punkt will ich auch gern aufgreifen, das ist die Frage der bisher nicht versicherten Selbstständigen. Der Kollege Bornhöft hat das Bundestagswahlprogram der Freien Demokraten angesprochen. Ich will auf ein wirklich beachtenswertes, weil sehr vorurteilsfreies Rentenpapier meiner Partei hinweisen, in dem man findet, dass im Zweifel, bevor ein Selbstständiger nicht abgesichert ist, er dann in der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert werden muss. Mir ist es lieber, Selbstständige entscheiden sich für ein Modell ihrer Wahl. Aber keine Absicherung ist keine Option und darf in Zukunft auch keine Option sein.
Lassen Sie mich ganz kurz noch auf die dankenswerterweise gestartete Initiative der Koalitionsfraktionen eingehen. Da werden aus meiner Sicht wichtige, zentrale Punkte, die man gleich - auch ohne Zukunftslabor, Kollege Baasch - lösen kann, aufgegriffen. Der Kollege Kalinka hat das sehr deutlich herausgearbeitet: Das beinhaltet beispielsweise -
- Ach, das war nur Hans-Jörn. - Das beinhaltet beispielsweise aus meiner Sicht die zentrale Forderung nach Abschaffung der bisher vollständigen Anrechnung von eigenverantwortlicher Vorsorge. Es ist ja ein Hohn, dass wir den Menschen sagen, dass 48 % im Zweifel nicht ausreichen und man müsse vorsorgen, und die, die es dann tun, bekommen es im Zweifel voll angerechnet. Insofern ist da genau die richtige Initiative herausgegriffen worden.
(Vereinzelter Beifall FDP, CDU, Wolfgang Baasch [SPD], Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Frank Brodehl [AfD])
Die hoffentlich positiven Effekte des Betriebsrentenstärkungsgesetzes habe ich angesprochen. Vor diesem Hintergrund freue auch ich mich auf die notwendige Auseinandersetzung im Sozialausschuss. Ich glaube, dass die Koalitionsfraktionen zentrale und wichtige Punkte aufgegriffen haben, die man angehen kann, die ich, wenn der Landtag dann nach der Ausschussbefassung entsprechend beschließt, mit großer Freude in einer Bundesratsinitiative vertreten würde, weil sie zumindest einen Beitrag dazu leistet, ein Problem, das definitiv vorhanden ist, etwas zu verkleinern.
Das ist ein guter Anfang. Vielleicht gelingt es tatsächlich, Herr Kollege Baasch, mit der schleswigholsteinischen Einrichtung Zukunftslabor noch deutlich weiter darüber hinauszudenken, auch zusammen mit den Sozialdemokraten. Noch mal: Die Einladung gilt.
Der Herr Minister hat die Redezeit um 2 Minuten überzogen. Diese Zeit stünde jetzt den Fraktionen zur Verfügung. - Ich sehe nicht, dass davon Ge
Bevor wir zur Abstimmung kommen, begrüßen Sie bitte mit mir neue Gäste auf unserer Tribüne. Wir begrüßen herzlich Mitglieder der Jungen Union Kiel. - Herzlichen willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/510 sowie den Änderungsantrag Drucksache 19/549 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer in Deutschland legal angeln möchte, muss erfolgreich einen Fischereilehrgang absolvieren. Der Fischereischein ist der Sachkundenachweis als Angler. Wer in Binnengewässern fischen möchte, muss darüber hinaus im Regelfall noch einem Angelverein beitreten. Er erhält dann einen Fischerpass. Darin steht:
Wichtig für die jetzige Debatte sind vor allem die Hege und die Pflege der Bestände. Die meisten Angelvereine sind Pächter von Gewässern und erhalten Pachtauflagen. So sollen die Angelvereine für einen gesunden, nachhaltigen Fischbestand sorgen. Dieses eherne Ziel ist nur zu erfüllen, wenn man sorgsam mit seinem Gewässer und der Flora und Fauna umgeht.
Es werden unzählige Stunden und Tage damit verbracht, ehrenamtlich ein Auge auf den Gewässerzustand und dessen Bewohner zu haben - sei es bei
Gewässerreinigung, Wasseranalysen oder der Unterstützung des Laichens und der Aufzucht. Viele Arten, die eigentlich in Schleswig-Holstein heimisch sind wie Meerforelle oder Lachs, sind ohne Zutun der Angler und Vereine nicht mehr in der Lage, in unserem Land für Nachwuchs zu sorgen. Zum Teil gibt es bauliche Hindernisse, die den Laichaufstieg beeinträchtigen, so wie die neue, vor vier Jahren gebaute Wasserkraftanlage, die man von hier aus sehen kann, wenn man rüberguckt.
- Ja, dieses Gerät, das ja eine bauliche Barriere ist, erbringt zum Beispiel ein Drittel einer Windkraftanlage. - Die Fischtreppe wird leider kaum angenommen, sodass Vereinskollegen dauerhaft den Fischen beim Umsetzen helfen müssen. Darüber hinaus sind unsere Fließgewässer leider zu sedimentreich, sodass der Laich häufig verschlammt und abstirbt. Daher müssen die Fische zum Abstreichen gefangen und die Fischbrut vorgestreckt werden.
Ich frage mich: Wem würde auffallen, dass die Wasserbelastung aufgrund einer Leckage in einer Kläranlage oder die Wasserbelastung zu hoch ist, weil beim Düngen etwas schiefgelaufen ist? Oder wem würde auffallen, dass sich fremde, invasive Arten wie Signalkrebs oder Regenbogenforelle massiv ausbreiten oder dass eine heimische Art massiv auf dem Rückzug ist? - Das können nur Angler, und sie nehmen ihre Verantwortung ernst. Die Angelvereine sind gelebter Umweltschutz in unserem Land.
Der vorliegende Antrag greift eine große Verunsicherung in der Anglerschaft auf, insbesondere in Schleswig-Holstein. Denn bei jedem gefangenen Fisch müssen das Tierschutzgesetz und das Landesfischereigesetz beachtet werden. Das heißt Tierschutz, also Schutz des einzelnen Tieres, und Artenschutz, also Schutz der gefangenen Gattung, beziehungsweise dessen Wechselwirkungen auf andere Arten werden miteinander abgewogen. In anderen Bundesländern wird seitens der Fischereiverbände, vieler Naturschutzverbände und auch der meisten Gerichte den Anglern ein pflichtgemäßes Ermessen zugesprochen. In Fachliteraturzeitschriften ist zu lesen: Das Zurücksetzen von maßigen Fischen, sogenanntes Catch and Release, ist nach pflichtigem Ermessen in ganz Deutschland zulässig, außer in Schleswig-Holstein, wo dies explizit verboten wurde.
Der vorliegenden Norm wird in Schleswig-Holstein allgemein vorgeworfen, dass das Rücksetzen eines Fisches dem triftigen Grund des Verzehrs widerspreche und somit keine gesetzeskonforme Grundlage des Angelns mehr vorliege - Konjunktiv. Fischereiaufseher sowie Prüfer des Lehrgangs verweisen auf das Tötungsgebot, welches durch § 39 Absatz 1 Nummer 3 Landesfischereigesetz verankert wurde. Ein rechtskräftiges Urteil gegen einen Angler wegen des Rücksetzens eines Fisches haben wir in Schleswig-Holstein noch nicht. Das liegt aber wohl daran, dass es schwierig ist, dies festzustellen.
Wichtig bei der Debatte ist: Catch and Release ist nicht mit Trophäenfischerei gleichzusetzen, bei der Fische häufig minutenlang außerhalb des Wassers verbracht werden, schöne Videos und Fotos nach dem Motto gemacht werden, was man doch für ein toller Hecht ist, während man die Kreatur draußen leiden lässt.
- Ja, auch der Fisch leidet, aber vermeintlich auch der eine oder andere Angler, der das nicht richtig macht. Diese Unterscheidung fehlt im Gesetzestext, wodurch Rechtsunsicherheit bei vielen Beteiligten entsteht. Das gilt erst recht, als schon vor der Novellierung in unserem Landesfischereigesetz das Trophäenfischen bundesweit zu Recht verboten gewesen ist.
Als Angelverein ist man verpflichtet, Fangberichte zu erstellen, um die Artentwicklung des Gewässers zu dokumentieren. Hierfür werden auch Gemeinschaftsangeln angesetzt. Die Jugendgruppe meines Vereins verweigert die Teilnahme, weil die Kinder es nicht mehr akzeptieren, ohne Not maßige Fische wie Brassen tot zu knüppeln, weil sie diese Hege gefangen haben, anstatt sie wieder zurückzusetzen. Der verantwortungsvollen Aufgabe des Artenschutzes wird es nicht gerecht, wenn einem, zum Beispiel von der Fischereiaufsicht oder von Tierschutzverbänden, das Gefühl gegeben wird, eine Straftat zu begehen, wenn man einen maßigen Fisch zurücksetzt, anstatt ihn zu töten. Das ist die Unsicherheit, die es in der Anglerschaft gibt, die wir hiermit aufgreifen.
Von dem Runden Tisch erhoffen wir uns konkrete Handlungsempfehlungen, was man als verständiger und pflichtbewusster Angler in unserem Land entscheiden darf und was nicht. Am besten wäre natürlich eine klarstellende Formulierung im Gesetz oder in einer Verordnung. - Ich bedanke mich für Ihre