Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat am 20. März dieses Jahres eine Medieninformation mit der Überschrift herausgegeben: „Landesregierung legt aktuellen Zeitplan zur Windplanung fest“.
Sie bekennt sich in dieser Pressemitteilung zu den vereinbarten Energiewendezielen und zur Erhöhung der Abstände von Windkraftanlagen zu Siedlungen. Darin steht auch ein bemerkenswerter Satz.
„Die Landesregierung geht nach dem derzeitigen Stand der Regionalplanung davon aus, diese beiden Ziele miteinander vereinen zu können.“
Was heißt denn derzeit? Was gilt nächste Woche? Was gilt nach der Kommunalwahl? Das ist doch die große Frage. Sie müssen die Antwort darauf geben, inwieweit Sie dazu in der Lage sind, 10 GW onshore zuzubauen, 2 % Landesfläche für onshore zu ermöglichen und gleichzeitig die Abstände zur Wohnbebauung zu vergrößern. Diese Antwort müssen Sie geben, und zwar heute und nicht erst nach der Kommunalwahl.
Sie stellen Ausnahmegenehmigungen in Aussicht. Was heißt denn das? Fragen Sie einmal die Branche. Es sind rund 600 Anlagen geplant. Diese Anlagen sind auf der Grundlage der alten Kriterien geplant.
Das heißt doch, wenn es neue Kriterien gibt, sind all diese Planungen hinfällig, und es kommt zum Fadenabriss oder es gibt keine neuen Kriterien, und es bleibt alles beim Alten. Das müssen Sie nämlich den Leuten erklären. Deshalb befürchte ich, dass
Das hätten Sie auch einmal tun sollen. Wir haben gefragt: Ist dem Landesgesetzgeber eine weitere Verlängerung der bestehenden vorläufigen Unzulässigkeit der Errichtung von Windkraftanlagen, insbesondere mit Blick auf § 35 Baugesetzbuch, möglich? Welche Bedingungen und Begründungen müssen hier gegeben sein? Für welche Zeitdauer ist eine weitere Verlängerung möglich? Der Wissenschaftliche Dienst hat geantwortet: Die weitere Verlängerung müsste aufgrund voraussichtlich eintretender Verzögerungen des Planungsprozesses, die auf sachlich tragfähigen Gründen beruhen, erforderlich sein. Sachlich tragfähig ist kein Regierungswechsel, und sachlich tragfähig sind auch keine neuen Kriterien, die im Koalitionsvertrag vereinbart worden sind.
Deshalb steht das Moratorium, das Sie jetzt verlängern, auf wirklich wackeligen Füßen, und Sie werden dafür sorgen, dass in diesem Land Wildwuchs im Bereich onshore entsteht.
Für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote, das Wort.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich im Januar den Zeitplan für die Regionalplanung Wind erläutert habe, sprach ich davon, dass es die Chance gebe, die Verfahren durch Umstellung auf Online-Beteiligung deutlich zu verkürzen. Diese Chance haben nun die Regierungsfraktionen angesichts der Öffnung hierfür durch die Änderung im Bundesraumordnungsgesetz ergriffen. Das begrüße ich sehr; denn mit der vorliegenden Novellierung des Landesplanungsge
setzes modernisieren wir auch die Beteiligungsvorschriften und führen sie endlich in das Zeitalter digitaler Mitbestimmung. Die bisherigen Regelungen im Landesplanungsgesetz stammen erkennbar noch aus einer prädigitalen Ära, und unsere eigenen heutigen Ansprüche an eine maximal transparente Öffentlichkeitsarbeit sind damit nicht mehr sinnvoll zu erfüllen.
Ein Beispiel dazu aus der Praxis: Bisher sind sämtliche Planungsunterlagen notwendigerweise allen Beteiligten - dazu gehören auch die 1.110 Gemeinden in Schleswig-Holstein - in Papierform zu übersenden. Allein für den ersten Entwurf der Teilfortschreibung zum Thema Windenergie mussten wir ein Paket von 11 kg für jede Bürgermeisterin und jeden Bürgermeister schnüren, und für alle Träger öffentlicher Belange, also für alle am Planverfahren beteiligten und davon betroffenen Kommunen, Behörden, Ämter und Sonstigen brauchten wir insgesamt 1.700 Exemplare. Das sind knapp 19.000 kg Papier und gleichzeitig Kosten für die Produktion von 200.000 € - vom Verwaltungsaufwand für Produktion, Verteilung oder sonstiges nicht einmal zu reden. Bislang werden die Unterlagen für die Beteiligten der Öffentlichkeit bei den Kreisen und kreisfreien Städten, Ämtern und amtsfreien Gemeinden ausgelegt. Allerdings hat eine landesweite Umfrage der Landesplanungsbehörden ergeben, dass bislang praktisch niemand von der Möglichkeit der persönlichen Einsichtnahme in diese schriftlich vorliegenden Unterlagen Gebrauch gemacht hat.
Angesichts dessen, dass wir parallel ein in jeder Hinsicht funktional überlegenes Online-Beteiligungsportal angeboten haben, ist das eigentlich auch nicht weiter verwunderlich. Deshalb ist diese Änderung aus unserer Sicht durchaus sinnvoll und erstrebenswert.
Damit treiben wir gleichzeitig die Nutzung elektronischer Informationstechnologien weiter voran und passen die Bürgerbeteiligung an die heutigen Möglichkeiten an: vom Vorrang Papier zum Vorrang für Online-Systeme. Mit dem neuen Bundesraumordnungsgesetz ist das problemlos vereinbar und machbar.
Meine Damen und Herren, nach Entscheidung der Landesregierung werden wir Planentwürfe genauso wie bisher unverzüglich weiterhin im Internet veröffentlichen. Bereits ab diesem Zeitpunkt kann sich
jede Bürgerin und jeder Bürger unseres Landes über sämtliche Inhalte dieser Entwürfe informieren. Es braucht aber niemand mehr in eine Amtsstube zu fahren und sich dort aufwendige Notizen aus Akten zu machen und Passagen abzuschreiben.
Doch wer will, meine Damen und Herren, kann es immer noch weiter machen; denn wir werden jeweils eine Papierauslegung in allen elf Kreisen und in den vier kreisfreien Städten auf den Weg bringen. Nur dann sprechen wir von 15 Exemplaren und nicht mehr von 19.000 kg Papier. Bürgerinnen und Bürger können also wie gewohnt auf zwei Wegen Stellung nehmen, sowohl elektronisch als auch unverändert in Papierform. Trotzdem wollen wir durch gute Angebote dafür sorgen, dass möglichst viele die Stellungnahmen über dieses Online-Tool abgeben. Ich bin fest davon überzeugt, dass darin die Zukunft liegt; denn allein beim ersten Anhörungsverfahren sind bereits jetzt schon über zwei Drittel der Stellungnahmen online eingegangen.
Meine Damen und Herren, die Gesetzesänderung gibt den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin ausreichend Zeit für eine Stellungnahme. Innerhalb einer Regelfrist von vier Monaten kann eine Stellungnahme erfolgen, und je nach Umfang und Größe des Verfahrens kann diese Frist angemessen verkürzt oder auch verlängert werden.
Dazu bedarf es jeweils einer einzelnen Entscheidung. Zukünftig werden dann die Träger öffentlicher Belange und die allgemeine Öffentlichkeit übrigens auch gleichbehandelt und nicht mehr mit unterschiedlichen Zeithorizonten ausgestattet.
Damit geht der Gesetzentwurf deutlich über die Mindestanforderungen des Bundesraumordnungsgesetzes hinaus. Danach wäre schon ein Monat Auslegung und parallel dazu ein Monat für Stellungnahmen mehr als ausreichend. So ist es im Bundesgesetz formuliert. Durch die Umstellung auf den Vorrang für Online-Verfahren sparen wir gerade beim Druck und bei der Auslegung erhebliche Zeit. Bei jeder Anhörungsrunde kann dies - nur im formalen Bereich des Offenlegens und Beteiligens mindestens zwei Monate gegenüber der zuvor papiergestützten Verfahrensweise ausmachen, ohne auch nur im Geringsten das Mitbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger einzugrenzen.
Auf diese Weise können wir die Regionalplanung Wind nochmals entscheidend verkürzen. Aber wir werden mit dem neuen Verfahren trotzdem nicht so schnell sein können, dass wir die Regionalplanung Wind in der derzeit laufenden Frist des Moratori
ums abschließen können. Die nun angedachte Verlängerung des Moratoriums bis Mitte kommenden Jahres begrüße ich daher. So können wir das Verfahren, wie bisher übrigens auch bekannt gegeben, weiter vorantreiben.
Meine Damen und Herren, unterm Strich bedeutet der Gesetzentwurf also eine Win-win-Situation für alle Beteiligten, eine bequemere und detaillierte Informationsbeschaffung für die Bürgerinnen und Bürger, Verwaltungsvereinfachung für die beteiligten Behörden und nicht zuletzt auch eine Kosteneinsparung für den Landeshaushalt.
Lieber Herr Minister Grote, da Sie von einer Win-win-Situation für die Bürgerinnen und Bürger gesprochen haben, wüsste ich gern, ob Sie dem Hohen Haus sagen können, ob Sie als Minister den Bürgerinnen und Bürgern vor der Kommunalwahl garantieren, dass es erstens bei den Ausbauzielen bleibt, die die Regierung angekündigt hat, und zweitens bei dem Versprechen bleibt, die Abstände durchgängig zu erhöhen und dass dafür wesentliche Kriterien nicht eingeschränkt werden. Können Sie das den Bürgerinnen und Bürgern des Landes garantieren?
- Wir sind doch gerade auf allen Ebenen in dem Findungsprozess, dieses auf den Weg zu bringen. Es gibt zwei zentrale Aussagen im Koalitionsvertrag: auf der einen Seite die Energieernte von 10 GW erneuerbarer Energien, die wir einfahren wollen, und auf der anderen Seite der Abstand zur Wohnbebauung. Dies bedarf einer Mindestfläche. Das ist aber nicht nur pauschal über die Aussage „2 % der Landesfläche“ und über Standardgeneratorenleistung zu betrachten. Vielmehr haben wir die Situation individuell zu betrachten, haben Radien um Wohnanlagen, um Orte zu schlagen. Wenn dies geschehen ist, wenn die harten und weichen Standortkriterien, die Einflussfaktoren auf unsere Fläche, bewertet und beurteilt sind, werden wir Ihnen die