Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

- Wir sind doch gerade auf allen Ebenen in dem Findungsprozess, dieses auf den Weg zu bringen. Es gibt zwei zentrale Aussagen im Koalitionsvertrag: auf der einen Seite die Energieernte von 10 GW erneuerbarer Energien, die wir einfahren wollen, und auf der anderen Seite der Abstand zur Wohnbebauung. Dies bedarf einer Mindestfläche. Das ist aber nicht nur pauschal über die Aussage „2 % der Landesfläche“ und über Standardgeneratorenleistung zu betrachten. Vielmehr haben wir die Situation individuell zu betrachten, haben Radien um Wohnanlagen, um Orte zu schlagen. Wenn dies geschehen ist, wenn die harten und weichen Standortkriterien, die Einflussfaktoren auf unsere Fläche, bewertet und beurteilt sind, werden wir Ihnen die

(Minister Hans-Joachim Grote)

sen Plan vorlegen. Im Zeitplan haben wir dieses für Ende Mai/Anfang Juni versprochen, und dieser Zeitpunkt wird auch eingehalten werden.

Herr Minister, gestatten Sie eine Nachfrage des Abgeordneten Dr. Stegner?

Ja, gern.

Ich darf also schlussfolgern, lieber Herr Minister Grote, dass Sie diese Garantie den Bürgerinnen und Bürgern vor der Kommunalwahl nicht geben wollen? So interpretiere ich Ihre ausführliche Antwort.

- Herr Dr. Stegner, das ist Ihre Schlussfolgerung. Diese kann ich nicht unbedingt teilen. Ich habe Ihnen gesagt, wie unser Zeitplan ist und dass wir die Ziele, die wir vorgegeben haben, auch den Menschen im Kommunalwahlkampf weiterhin offen, klar und transparent vorlegen werden.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Der Herr Minister hat seine Redezeit um zweieinhalb Minuten überzogen. Diese zusätzliche Redezeit steht jetzt grundsätzlich auch allen Fraktionen zur Verfügung. - Ich sehe, der Bedarf ist nicht gegeben. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe somit die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es ist beantragt, den Gesetzentwurf Drucksache 19/581 (neu) dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf:

Drogenpräventionsprojekte an Schulen in Schleswig-Holstein / „Partyprojekt ODYSSEE“

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/595

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse somit zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist bei Enthaltung des SSW so beschlossen.

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie verwundern: Nachdem ich schon für Shisha-Bars in diesem Hohen Hause zuständig war, bin ich nun auch für die Drogenprävention zuständig.

(Heiterkeit - Beifall FDP und vereinzelt CDU - Zuruf Lars Harms [SSW] - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Das ist ein kohärentes Aufgabengebiet. Herr Stegner, das finde ich auch. Nein, in Vertretung des Kollegen Dr. Garg, der auf dem Weg zum Bundesrat ist, übernehme ich für die Landesregierung die Abgabe dieses Berichts sehr gern.

Mit dem vorliegenden Berichtsersuchen wird die Landesregierung aufgefordert, über Drogenpräventionsangebote zu berichten, die, durch das Sozialministerium finanziert, in schleswig-holsteinischen Schulen durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um ein Programm, das sogenannte Partyprojekt, des seit vielen Jahren mit einem breit gefächerten Angebot für unterschiedliche Zielgruppen aktiven Suchthilfeträgers ODYSSEE e.V.

Zum Hintergrund des Projekts ist zu sagen, dass dies eine Antwort von Suchthilfe und Suchtpräventionsarbeit auf einen seit mehreren Jahren zu beobachtenden Wandel der Drogenszene darstellt. Dieser Wandel lässt sich beschreiben als Trend weg von den Opiaten hin zu Amphetaminen und anderen Partydrogen, wobei die Bezeichnung „Partydroge“ darauf verweist, dass diese Substanzen schwerpunktmäßig auf Musikveranstaltungen, Festivals oder in Diskotheken konsumiert werden.

Schon vor Jahren, exakt im Jahr 2011, forderte deshalb die Bundesdrogenbeauftragte neue zielgruppenspezifische Präventionsangebote, um die Konsumenten über die Gefahren dieser neuen Drogen aufzuklären. Das im Jahr 2012 als Modellprojekt mit Unterstützung der Landesregierung gestartete

(Minister Hans-Joachim Grote)

Partyprojekt ODYSSEE setzt genau diese Forderung um, unter anderem mit aufsuchenden Präventionsangeboten an Veranstaltungsorten der Technound Partyszene oder allgemeiner mit Informationsvermittlung und Gesprächsangeboten direkt vor Ort.

Ich will in diesem Zusammenhang, damit hier keine Missverständnisse entstehen, unterstreichen, dass selbstverständlich im Umgang mit illegalen Drogen Repression ein gewichtiger Teil staatlichen Handelns ist, auch in Schleswig-Holstein. Nur ist es zugleich evident, dass eine ausschließlich auf Repression setzende Strategie noch in jedem Staat der Welt gescheitert ist. Wer zur Kenntnis nimmt, dass es trotz Repression und Prävention nicht immer gelingt, Suchtmittelkonsum zu verhindern, der muss auch fragen, wie die Risiken eines solchen Konsums jedenfalls reduziert werden können.

Genau das steckt hinter dem Begriff der sogenannten Akzeptanzorientierung. Dabei geht es nicht um Verharmlosung, und erst recht geht es nicht um das Ermuntern zum Konsum welcher Drogen auch immer. Dieser Ansatz prägt die Vor-Ort-Arbeit des Partyprojekts, die sich schwerpunktmäßig an Volljährige wendet und auch auf die Website des Projekts abgestimmt ist.

Die andere Seite ist die Schulung von Multiplikatoren vor allem in den Berufsfeldern Soziales und Gesundheit und im schulischen Rahmen, und es sind Präventionsangebote nicht zuletzt in den Schulen.

Im vergangenen Jahr wurden entsprechende Angebote an zwölf allgemeinbildenden Schulen im Land angeboten, an vier dieser Schulen gab es Angebote für das Lehrpersonal beziehungsweise die Eltern.

Während der Suchtpräventionsmaßnahmen in Schulklassen geht es darum, den Schülern zu vermitteln, wie man sich schützen kann, wie man Nein zu sagen lernt; denn Nein zu Drogen zu sagen, ist das zentrale Ziel jeder Präventionsarbeit.

(Vereinzelter Beifall FDP)

Regelmäßig wird aber auch darauf hingearbeitet, dass sich niemand zum Drogenkonsum überreden lassen sollte. Keiner der Mitarbeiter von ODYSSEE - das hat sich das Sozialministerium aus gegebenem Anlass vom Trägerverein noch einmal ausdrücklich bestätigen lassen - propagiert Drogenkonsum und hält ihn für erstrebenswert oder insgesamt für toll.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind aber konfrontiert mit der gesellschaftlichen Realität, nämlich, dass täglich und hunderttausendfach eben

doch illegale Drogen konsumiert werden - von Erwachsenen, aber eben leider auch von Jugendlichen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich im Gespräch zeigt, dass eben doch überlegt wird - oder man dies sogar praktiziert -, es einmal auszuprobieren. Um es ganz deutlich zu sagen: Dann genügt nicht der politisch korrekte Standpunkt, dass das aber verboten ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU, FDP und SSW)

Dann geht es vielmehr ganz konkret um den Schutz der Gesundheit von jungen Menschen, die sich nun einmal nicht vom Konsum bestimmter Substanzen abhalten lassen. Das sind leider Jahr für Jahr Hunderttausende von Jugendlichen, auch in SchleswigHolstein. Gerade solchen Jugendlichen müssen deshalb Fähigkeiten wie Risikokompetenz und Risikomanagement vermittelt werden. Wer meint, damit würde ein laxer Umgang mit Sucht in die Schulen hereingetragen und an die Jugendlichen herangetragen, der irrt. Fakt ist: Der Umgang mit Suchtstoffen ist Teil ihrer Lebensqualität, jedenfalls für einige übrigens gar nicht mal für so wenige.

Genau darauf gibt das Partyprojekt im Rahmen der Fortbildung und in der Suchtpräventionsveranstaltung in den Klassen eine Antwort. Dabei ist hervorzuheben, dass die in Schulklassen vermittelten Inhalte explizit nicht identisch sind mit denen des Partyprojekts und dass eine Differenzierung der Projekte nach Minder- und Volljährigkeit stattfindet. Beispielsweise wird bei Minderjährigen abgefragt, welche Substanzen sie kennen. Darauf liegt dann der Fokus, und dies dient dazu, keine weiteren Substanzen vorzustellen, die sie eben noch nicht kennen. Neugier auf neue, exotische Substanzen soll gerade nicht geweckt werden. Umgekehrt ist es aber so, dass Jugendliche eine Vielzahl von Fragen haben, die auch auf eine entwickelte und teilweise detaillierte Kenntnis der Thematik schließen lassen. Es wäre schlicht naiv, zu meinen, Minderjährige würden von der dargestellten Thematik durch das Partyprojekt zum ersten Mal hören.

Nun hat zu einer Veranstaltung von ODYSSEE in der Schule am Eiderwald in Flintbek das Sozialministerium am 1. März 2018 die schriftliche Beschwerde eines Elternpaars unter Berufung auf die Darstellung eines einzelnen Schülers - nämlich ihres Sohnes - erreicht. Diese Beschwerde hat das Sozialministerium zum Anlass genommen, den Trägerverein ODYSSEE unverzüglich um eine schriftliche Stellungnahme zu bitten. Diese Stellungnahme ist im Sozialministerium am 6. März 2018 eingegangen - damit übrigens lange vor dem hier ge

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

stellten Berichtsantrag. In dieser Stellungnahme erläutert der Verein umfassend das Konzept der Fortbildungsveranstaltung. Dem Sozialministerium ist vonseiten des Vereins ausdrücklich versichert worden, dass ein Teil des Ansatzes in dem unmissverständlichen Hinweis auf die negativen Auswirkungen, auf die Risiken und auf die Negativpotenziale von Sucht und von Suchtmitteln liegt.

Ferner wurde dargelegt, dass Fragen wie die nach der sogenannten Eigenverbrauchsmengen keineswegs vonseiten der Referenten aktiv in die Klasse hereingetragen werden, wohl aber häufig von Schülerinnen und Schülern thematisiert werden. - Wie gesagt, es ist eine Fehlvorstellung, dass Schüler der neunten und zehnten Klassen davon noch nie gehört haben.

Ebenso verhält es sich mit der Frage nach Hinweisen zur Vermeidung weiterer Infektionsrisiken beim Suchtmittelkonsum. Danach fragen Schülerinnen und Schüler, und zwar deshalb, weil es ihre Realität ist.

Ich will an dieser Stelle ganz klar sagen: Ich halte es für Unsinn zu glauben, dass Schüler zum Drogenkonsum verleitet werden, wenn sie lernen, dass sich Begleitrisiken wie das einer Hepatitisinfektion vermeiden lassen.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Aber umgekehrt gilt: Wenn es nicht gelingt, jemanden von einem Suchtmittel abzuhalten, ist es richtig und geboten, zumindest erschwerende Nebenfolgen vermeiden zu helfen. Im Übrigen liegt weder dem Sozialministerium noch dem Bildungsministerium über die eine genannte Beschwerde hinaus irgendein Hinweis auf weitere Beschwerden vor.

Demgegenüber stützt neben der aktuellen Stellungnahme von ODYSSEE auch eine Erklärung des Leiters sowie mehrerer Lehrerinnen und Lehrer der Schule am Eiderwald die Sichtweise, dass es sich bei dem Projekt um eine sach- und zielgruppengerechte Art der Drogenprävention handelt.

Für das Sozialministerium kann man deshalb feststellen, dass im Einklang mit der Bewertung der Fachebene gesagt werden kann, dass keine Zweifel an der hohen Fachlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder an der Seriosität des Angebots existieren.

Ich darf in Abstimmung mit der Kollegin Prien überdies mitteilen, dass auch in ihrem Haus, auch in der rückblickenden Bewertung, keinerlei Zweifel

an der Richtigkeit des Vorgehens der Schule bestehen, die das Projekt gebucht hat.

Wir haben die Kritik, das Angebot würde den Konsum von Suchtmitteln möglicherweise verharmlosen, wie ich dargestellt habe, sehr ernst genommen. Aber wir müssen nach Prüfung sagen, dass sich diese Kritik als nicht berechtigt erwiesen hat. Im Ergebnis sieht die Landesregierung deshalb nach Überprüfung keinen Anlass, das Projekt infrage zu stellen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und SSW)

Der Herr Minister hat die Redezeit um 4 Minuten erweitert. Das heißt, den Fraktionen stehen nun jeweils 9 Minuten Redezeit zur Verfügung.