Protokoll der Sitzung vom 23.03.2018

Es muss ein praktikables Tarifmodell für das Beitrittsgebiet inklusive der konkreten Einnahmeaufteilung erarbeitet werden. Dazu müssen Ringe oder Zonen festgelegt werden, und es muss geklärt sein, welcher Ort welcher Zone zugeordnet wird. Wir brauchen Daten darüber, welche Fahrscheine und Gruppentickets heute in der Regel verkauft werden und wie groß die Differenz zum heutigen HVVTicket wäre, denn diese Differenz muss durch die Kommunen beziehungsweise das Land ausgeglichen werden.

Es müssen dann die genauen Kosten des Beitritts ermittelt werden, und es muss verbindlich dargestellt werden, wer welche Kosten zu finanzieren hat. Spätestens hier könnte es für den einen oder anderen - vorsichtig formuliert - zu Erkenntnisgewinnen kommen, denn den HVV-Beitritt wird ja irgendwer bezahlen müssen, und es geht dabei, lassen Sie mich das sagen, um eine große Menge an Geld.

Per Gutachten muss allerdings nicht nur berechnet werden, welche konkreten Mindereinnahmen beim Status quo auszugleichen sind, sondern es muss auch prognostiziert werden, welche weiteren Kosten entstehen könnten, wenn sich durch den günstigeren HVV-Tarif mehr Menschen entschließen würden, den ÖPNV zu nutzen, was ja grundsätzlich eine sehr schöne Sache ist. Es erhöht aber auch die Tarifdifferenz und entsprechend die Kosten für den Kreis und das Land.

Dann brauchen wir verbindliche Beschlüsse in den zuständigen Gremien zur Übernahme der Kosten. Möglicherweise brauchen wir auch Variantendarstellungen, falls die Finanzierbarkeit nicht gegeben ist. Erst dann können Verträge geschlossen werden. Danach kommen dann die technischen Anpassungen bei den Verkehrsunternehmen und natürlich bei der Infrastruktur, also neue Haltestellen, neues Haltestellendesign, entsprechende Fahrgastinfos und vieles mehr. Allein hierfür plant man beim HVV nach unseren Informationen rund ein Jahr Zeit für die Umsetzung ein.

Kurz und knapp: Es wird Geduld brauchen, bis Steinburg tatsächlich den HVV-Tarif hat.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: So kann man es auch machen!)

Sie sehen, meine Damen und Herren: Wir arbeiten daran. Wir wollen, dass Steinburg hineinkommt, aber ich sage auch mit aller Deutlichkeit: Wir sollten sehr genau überlegen, ob es tatsächlich so schlau ist, Forderungen zu erheben, weitere Gebiete Schleswig-Holsteins in den HVV zu bringen. Denn in Wahrheit gibt es in Richtung Westen durchaus noch weitere Gebiete. Wenn man sich die Tarifzonen ansieht, dann kann man das sehr gut sehen. Das endet im Westen bei der Tarifzone C; es gibt aber auch noch die Tarifzonen D und E, die wir nach Westen durchaus erschließen könnten. Aber die Tarifzonen D und E haben wir bereits in Richtung Norden und in Richtung Osten.

Wer also jetzt kommt und sagt, Lübeck, Neumünster und vielleicht noch viele weitere Regionen mehr wären doch auch gut im HVV untergebracht, der beginnt eine Diskussion, die mit der Frage fortgesetzt wird: Warum eigentlich sollten neben Lübeck nicht auch den Südteil Ostholsteins und damit ganz Ostholstein in den HVV rein? Dementsprechend ist der HVV dann am liebsten bis Puttgarden gültig.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, bitte, das kann man gerne wollen. Es würde aber den hier im Hause bestehenden Bestrebungen, einen Nordtarif auf die Reise zu schicken, deutlich entgegenwirken.

(Beifall FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Herdejürgen?

Selbstverständlich gern.

Herr Minister Buchholz, Sie haben hier beschrieben, dass der Beitritt des Kreises Steinburg zum HVV ein langfristiges Projekt sei. Das war auch immer meine Einschätzung im Gegensatz zu anderen Teilen dieses Hauses. Wenn Sie nun sagen, es dauere ungefähr vier bis fünf Jahre, bis man einen solchen Beitritt herbeiführen könnte, dann frage ich Sie: Welche Zeitplanung haben Sie denn für den Nordtarif? Wenn der HVV-Beitritt eine Zwischenlösung

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

sein soll, dann müsste es ja insoweit einen zeitlichen Vorteil geben.

- Ja, das denkt man so, Frau Kollegin. Deshalb will ich Ihnen Folgendes sagen: Meine ersten Gespräche in Richtung Hamburg und die Vorbereitungsarbeiten, die in Richtung Nordtarif gemacht worden sind, sollten uns jetzt nicht zu euphorisch werden lassen. Über den Nordtarif, den wir wollen, besteht ja Übereinstimmung. Aber es gibt Regionen, die ebenfalls dazugehören wollen, und die wollen den eigentlich gar nicht. Deshalb geht es nun um Überzeugungsarbeit, insbesondere bei der Metropolstadt in der Mitte. Diese hat nämlich bisher nicht signalisiert, dass sie über das begeistert ist, was wir vorhaben und was wir mit ihr gemeinsam auf die Reise bringen wollen.

Deshalb sage ich: Wir würden uns einen Tort antun, wenn wir dem HVV jetzt noch weitere Gebiete zuschieben würden. Dies würde Hamburg das Argument liefern, mit uns über einen Nordtarif gar nicht mehr zu reden. Die würden sagen: „Dann kommt doch erst einmal mit den ganzen Regionen da rein, und dann brauchen wir nicht mehr über einen Nordtarif reden.“

Wir sind ja schon weiter als die Niedersachsen, weil wir wenigstens einen einheitlichen SchleswigHolstein-Tarif haben; das haben die dort im Süden ja gar nicht. Aber wenn wir wirklich das Ziel haben, einen Nordtarif zu beflügeln, dann müssen wir damit aufhören, mit jeder Kleckerregion in den HVV beitreten zu wollen.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an der Stelle noch etwas sehr klar sagen.

Herr Minister Buchholz, es gibt den Bedarf nach einer weiteren Zwischenfrage oder -bemerkung der Frau Abgeordneten Herdejürgen.

Ich sehe hier meine Zeit weglaufen.

Die wird erstens gestoppt, und zweitens sind Sie ja auch sonst nicht so zurückhaltend dabei, die Zeit auszunutzen, die Sie als Minister ja ohnehin fast unendlich zur Verfügung haben.

Im Interesse der Diskussion lasse ich das natürlich gerne zu.

Frau Herdejürgen.

Ich frage einfach noch einmal: Welche Zeitvorstellungen gibt es?

Es gibt die Zeitvorstellung, mit den Beteiligten - die aber noch nicht einmal feststehen - zu sprechen und denen zu sagen, wir könnten uns in die Richtung bewegen, die Verhandlungen so voranzutreiben, dass wir zunächst Überzeugungsarbeit geleistet haben, um dann über den Weg einer Tarifallianz einen Schritt dahin zu machen, letztlich zu einem Nordtarif zu kommen. Frau Kollegin, insoweit kann ich Ihnen sagen, ich würde das gerne morgen oder übermorgen machen. Ich sage Ihnen nur: Die Forderungen aus Ihrer Fraktion, Herr Vogel, auch noch Lübeck, Neumünster und weitere Gebiete in den HVV zu bringen, konterkarieren diese Bestrebungen, mit dem Nordtarif voranzukommen. Deshalb sind sie falsch, meine ich.

(Beifall FDP)

Lassen Sie mich noch eines sagen: Das ist natürlich auch eine Frage des Geldes. Der Beitritt des Kreises Steinburg zum HVV kostet das Land jährlich 2,5 Millionen € und den Kreis wahrscheinlich noch eine halbe Million extra. Ein Beitritt der gesamten Metropolregion würde im Land Kosten in Höhe von 15 Millionen € verursachen: 12 Millionen € würden auf das Land für den Schienenpersonennahverkehr zukommen. Allein Lübeck würde einen großen Batzen von 5 Millionen bis 6 Millionen € Landesanteil ausmachen, und Neumünster würde mit 1,5 Millionen bis 2 Millionen € Landesanteil hinzukommen. Das alles würde also mit insgesamt 6,5 Millionen bis 8 Millionen € Landesanteil zu Buche schlagen. Nicht nur diese Kosten, Herr Vogel, sprechen gegen eine weitere Ausweitung des HVV. Dieses Argument bitte ich hier einmal zu wägen.

Wer die weitere Ausweitung des HVV unbedingt betreibt, der sagt auch, dass die wesentlichen Teile Schleswig-Holsteins, was das Tarifgefüge angeht, nicht mehr in diesem Land und nicht mehr in diesem Haus entschieden werden. Die werden dann

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

von der Hamburgischen Bürgerschaft entschieden. Ich glaube, dass das langfristig für uns nicht rasend hilfreich sein würde, gerade dann nicht, wenn wir ein aufeinander abgestimmtes Nordtarifgefüge wollen.

Deshalb, meine Damen und Herren: Aus der Sicht der Landesregierung streben wir nach Steinburg keine weitere Aufnahme von Kreisgebieten in den HVV mehr an. Wir streben vielmehr an, die Bestrebungen zum Nordtarif voranzutreiben. Dies wird schon in der nächsten Woche im Rahmen eines Hausleitergesprächs mit der Freien und Hansestadt Hamburg Gesprächsthema sein. Unterstützen Sie uns bitte dabei! Das bringt das Land deutlich besser voran. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Der Herr Minister hat trotz gestoppter Redezeit für die Beantwortung von Zwischenfragen die vereinbarte Redezeit um 3 Minuten und 13 Sekunden überschritten. Diese Zeit steht den Rednern der Fraktionen nun natürlich zusätzlich zu den jeweils 5 Minuten Redezeit für jede Fraktion zur Verfügung.

Das Wort hat für die antragstellende SPD-Fraktion zunächst Herr Abgeordneter Kai Vogel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Herr Minister, für den mündlichen Bericht. Ich muss ganz ehrlich sagen: Euphorie geht anders.

Uns kam es insbesondere darauf an, das genauer zu beleuchten, was der Koalitionsvertrag den Bürgerinnen und Bürgern des Kreises Steinburg versprochen hat. Als Zwischenlösung bis hin zum Nordtarif haben Sie den Beitritt des Kreises Steinburg zum HVV unterstützt oder zumindest zugesichert. Warum jetzt allerdings alle anderen Kreise, die gegebenenfalls auch ein Interesse daran hätten, dem HVV beizutreten, einen Nordtarif konterkarieren, der Kreis Steinburg aber nicht, erschließt sich mir nicht.

Wenn Sie des Weiteren sagen, es wäre nicht hilfreich, wenn jede „Kleckerregion“ auch noch ein Interesse daran hätte, dem HVV beizutreten - Herr Kollege Arp, Sie sehen mir das nach -, dann ist der Kreis Steinburg leider auch eine „Kleckerregion“. Ich finde, wenn ein Kreis einen solchen Anspruch

erhebt, dann muss das für alle anderen Kreise genauso gelten. Ich finde das erstaunlich.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Die Überschriften der vergangenen Monate zeigen auch in der Koalition keine eindeutige Linie, unabhängig von Ihrem Bericht, Herr Minister. Bernd Buchholz äußerte sich zum Beispiel beim UV Unterelbe-Westküste zum vollständigen Beitritt des Kreises Steinburg - so konnte man lesen - skeptisch. Man konnte auch lesen: Der Minister bremst den HVV-Beitritt. Bernd Voß sagte, es iseist Zeit für eine Versachlichung der Diskussion. Hans-Jörn Arp meinte, der HVV-Beitritt sei auf einem guten Weg.

Nun haben wir aber gerade von einer Zeitspanne von vier bis fünf Jahren gehört. Herr Arp, ich weiß ja nicht, welchen „guten Weg“ Sie Ihren Wählerinnen und Wählern im Kreis versprochen haben. Aber ich glaube, ab heute sollten Sie einen großen Bogen um den eigenen Wahlkreis machen.

(Lachen Hans-Jörn Arp [CDU])

Denn Ihre Wählerinnen und Wähler haben definitiv eine andere Forderung als die an Sie gestellt, die Sie hier im Landtag immer erhoben haben, nämlich dass Sie sich dafür einsetzen werden. Und nun soll das Ganze vier bis fünf Jahre dauern. Ich muss ganz ehrlich sagen: Vor diesem Zeithorizont kann man doch nicht sagen, dass Sie da etwas auf einen „guten Weg“ gebracht hätten.

(Beifall SPD)

Laut Aussage des Ministeriums dauern die Gespräche über einen Beitrag mehrere Jahre. Für mich ist das ein großes Hin und Her. Der eine bremst, der andere treibt, der eine sieht sich auf einem guten Weg, der andere spricht von mehreren Jahren. Zuverlässige Regierungspolitik geht anders. Deshalb auch dieser Berichtsantrag. Stellen Sie endlich Klarheit über den aktuellen Planungs-, Realisierungs- und Finanzierungsstand her!

Die Kollegin Herdejürgen hat eben zum Thema Nordtarif nachgefragt. Die Verve kann ich da auch nicht so richtig erkennen. In der letzten Legislaturperiode, Kollege Vogt, hat es auch mit Ihrer Stimme bei einer namentlichen Abstimmung ein eindeutiges Votum für diesen Nordtarif gegeben. Drängen Sie doch den Minister wie in anderen Projekten auch einmal!

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach über das Thema HVV-Ausweitung ge