- Frau Midyatli, Entschuldigung, aber ich habe Sie vorne an der Seite des Kollegen Dr. Stegner erwartet. Ich nehme es zur Kenntnis, dass Sie sich abgesetzt haben.
(Heiterkeit - Zuruf SPD: Das ist ein Alther- renwitz, so ein bisschen! - Serpil Midyatli [SPD]: Ach so, Entschuldigung!)
- Herr Dr. Stegner, ich weiß nicht, wo Sie Ihren Humor haben. Wahrscheinlich im Keller. Aber das ist auch egal, darauf will ich gar nicht eingehen.
Wir haben zusammen in Eckernförde gesessen, da haben Sie das für eine gute Idee gehalten. Wir setzen das jetzt um, und das müsste auch Sie begeistern, denn Sie haben den Menschen in Eckernförde versprochen, Sie würden sich dafür einsetzen, dass so etwas kommt.
- Doch, den Demografiefonds. Davon gibt es ja Aufzeichnungen. Aber das ist egal. Wir haben ihn jedenfalls geschaffen. Wir können jedenfalls sicherstellen, dass Kliniken in Eckernförde, in Niebüll und anderswo erhalten bleiben können, die
sonst momentan aus finanziellen Gründen geschlossen werden müssten, was für die Versorgung im ländlichen Bereich eine mittlere Katastrophe wäre.
Wir wollen unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten. Dafür wird es wegen des demografischen Wandels notwendig sein, verstärkt auf Zuwanderung zu setzen. Wir wollen gemeinsam mit der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen über den Bundesrat ein Einwanderungsgesetz auf den Weg bringen, dessen Kernbestandteil die Entwicklung einer konkreten und kohärenten Anwerbestrategie für ausländische Talente ist und das es auch möglich macht, Flüchtlingen in Deutschland eine langfristige Perspektive auch dann zu eröffnen, wenn sie ihr Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen verlieren. Was für eine Verschwendung wäre es, wenn wir Menschen gut ausgebildet, gut integriert und sprachlich begabt aus unserem Land wieder hinauskomplimentieren würden, wenn wir sie doch so dringend brauchen? Wir brauchen eine gesetzliche Regelung. Ich wäre froh - Tobias Koch, Herr Ministerpräsident -, wenn sich auch die schleswigholsteinische Union auf Bundesebene dafür einsetzen würde, nach der Ehe für alle vielleicht auch hier den Widerstand aufzugeben und eine vernünftige Lösung für ein Einwanderungsland Deutschland zu schaffen, die es uns erlaubt, mit den vielfältigen Problemen, die wir gerade haben, vernünftig umzugehen. Das wäre doch eine echte Leistung.
In der Energiepolitik werden wir einen Weg finden, die ehrgeizigen Ausbauziele mit den berechtigten Belangen der betroffenen Menschen in Einklang zu bringen und dies - Herr Kollege Dr. Stegner, warten Sie es einfach einmal ab - sehr intelligent. Es ist eine herausragende Leistung dieser Koalition, dass wir erklärt haben, wir wollen an den Ausbauzielen festhalten, was auch deshalb Sinn macht, weil es in anderen Ländern vielleicht gar nicht so viel Sinn macht, Windkraftanlagen aufzustellen, wo die Ausbeute deutlich geringer ist als in Schleswig-Holstein. Es ist deshalb richtig, sie bei uns aber zu errichten, aber gleichzeitig die Möglichkeit zu schaffen, unterhalb dieser Ziele durch Repowering - beispielsweise auch in küstennahen Gebieten - dafür Sorge zu tragen, dass die Distanz zu Siedlungsgebieten in der Fläche vergrößert werden kann, ohne die Ausbauziele zu gefährden. Da die Landesplanung jetzt beim Innenministerium ressortiert, Herr Grote, bin ich guter Hoffnung, dass es mit dem gan
zen juristischen Sachverstand Ihres Hauses möglich sein wird, die Bedenken, die bisher daran bestehen, zu beseitigen. Ich bin mir sicher, dass wir Mitte nächsten Jahres eine Planung vorlegen können, die beides vereinbart: größere Abstände zu Siedlungsgebieten und gleichzeitig Erhalt der Ausbauziele. Dann hat diese Koalition, die Jamaika-Koalition, schon sehr viel für dieses Land getan, denn dann haben wir mehr Frieden und mehr Akzeptanz in die Bevölkerung gebracht, als es gegenwärtig der Fall ist. Das ist eines der wesentlichen Elemente unserer Politik.
Zum Schluss würde ich noch ein paar Worte in Richtung der heutigen Opposition sagen wollen. Am gestrigen Mittwoch hat der scheidende Ministerpräsident Torsten Albig den „Lübecker Nachrichten“ ein bemerkenswertes Interview gegeben. Ich empfehle den Sozialdemokraten, das vielleicht doch noch einmal nachzulesen und auf sich wirken zu lassen. Hierbei gab er interessante Einblicke in das Innenleben der schleswig-holsteinischen Sozialdemokratie nach der verlorenen Wahl. Erstaunlich war, wie unverhohlen er Kritik an der Wahlkampfstrategie der SPD unter Führung von Ralf Stegner übte. Herr Albig erklärte zum Beispiel zur Kampagne „Mehr Gerechtigkeit für alle“ - ich zitiere -:
„Die Kampagne war so nicht ausreichend. Sie war zu widersprüchlich. Es irritierte die Menschen, dass der Regierungschef und sein Wahlkampf so wirkten, als gingen wir gegen Missstände an, die ein großer Teil der Menschen nicht als solche empfindet.“
So viel ehrliche Selbstkritik hätten die Wählerinnen und Wähler sicherlich auch vom sozialdemokratischen Landesvorsitzenden erwarten können. Dieser machte jedoch sehr schnell deutlich, dass jedenfalls aus seiner Sicht der sozialdemokratischen Führung nichts vorzuwerfen sei. Vielmehr beschimpfte er auch öffentlich innerparteiliche Kritiker als glatte Karrieristen oder Opportunisten. Das ist übrigens ein Sprachumgang, der für eine demokratische Partei schon beachtlich ist. Wenige Tage nach der verlorenen Wahl zeigte sich Herr Dr. Stegner im Übrigen noch vollkommen begeistert von der sozialdemokratischen Regierungskunst der letzten Legislaturperiode, übrigens heute auch noch.
Es war alles erfolgreich, alles toll, die Wählerinnen und Wähler waren schlicht und ergreifend nur zu
So erklärte er in einer Pressemitteilung am 16. Mai diesen Jahres, neun Tage nach der Wahl, seine spezielle Sicht der Dinge. Torsten Albig habe - so Stegner - als Regierungschef der Küstenkoalition im Stil der politischen Führung Maßstäbe gesetzt, er habe große sozialdemokratische Weichenstellungen in Schleswig-Holstein zu verantworten. In seiner ihm eigenen, nüchternen Art sagte Herr Dr. Stegner wörtlich - ich zitiere -:
„Wo andere von christlich-abendländischer Kultur geschwafelt haben, hat Torsten Albig das christliche Menschenbild zu seiner Maxime gemacht und mit ganzer Leidenschaft und mit Mut gegen viele Widerstände seine Überzeugung vertreten.“
Der Ministerpräsident, bei dem Herr Dr. Stegner am Tag nach der Wahl dem „Morgenmagazin“ auf die Frage, woran es lag, erklärt hat, es läge weder an den Inhalten noch an der Bundespartei noch an ihm. Wir haben dann alle feststellen können: Es lag an Torsten Albig. Wer es sich so einfach macht, den Wahlverlust der Sozialdemokraten auf ein Interview in der „Bunten“ zu reduzieren, der hat politische Prozesse nicht verstanden und hält die Wählerinnen und Wähler wirklich für dumm. Das sind sie nicht.
Ich sage Ihnen: Es gibt eine feine Linie zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz. Wer weiß das besser als ich,
weil ich gelegentlich in der Vergangenheit dazu neigte, diese Linie auch zu überschreiten. Aber wer glaubt, er könne mit einer solchen Selbstgerechtigkeit auf eines der schlechtesten Wahlergebnisse für die SPD in der Geschichte des Landes reagieren, der hat sich die Oppositionsrolle wahrhaft verdient.
Liebe Genossinnen und Genossen, ich muss Ihnen keinen Rat erteilen, aber es muss Ihnen doch zu denken geben, dass die SPD in den letzten drei Landtagswahlen - 2009, 2012 und 2017 -, alle unter Führung von Herrn Dr. Stegner organisiert, die schlechtesten Ergebnisse seit 1950 eingefahren hat. In allen drei Landtagswahlen - 2009 war Albig nicht da, 2012 war Albig da - die schlechtesten Wahlergebnisse seit 1950. Wenn man da Kurs halten will, kann ich die Sozialdemokraten nur be
glückwünschen. Halten Sie Kurs, werden Sie feststellen, dass Sie auch bei der nächsten Wahl wieder ein schlechtestes Ergebnis seit 1950 einfahren werden - aus meiner Sicht vielleicht gar nicht so unverdient.
Die Reaktion des SPD-Landesvorsitzenden nährt den Verdacht, dass sich die schleswig-holsteinische Sozialdemokratie mittlerweile wunderbar im Sympathiekeller eingerichtet hat. Herr Dr. Stegner, ich verstehe, dass es Sie unglaublich schmerzt, dass mit dem Kollegen Habeck und mir, den beiden beliebtesten Kollegen des Landes Schleswig-Holstein,
jetzt Personen auf der gleichen Seite stehen und Ihnen dokumentieren, was man aus sich und seiner Persönlichkeit machen kann, wenn man mit den Menschen anders redet.
Um es mit den Worten eines ehemaligen Ministerpräsidenten zu sagen: Das Leben der SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner hat sich schneller entwickelt als die politischen Vorstellungen der Sozialdemokratie und die von Herrn Dr. Stegner. Mittlerweile gibt es nur noch wenige Momente, in denen Sie sich mit den Menschen in diesem Land wirklich auf Augenhöhe befinden. Wenn es so weitergeht, dann nicht einmal das.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Die Jamaika-Koalition ist mehr als ein Zweckbündnis. Jamaika ist die große Chance, wieder Zukunftsperspektiven für unser Land zu kreieren. Jamaika ist die große Chance, die Kreativität der Menschen dieses Landes zu nutzen und nicht immer zu sagen, wir wüssten ohnehin alles besser. Jamaika ist ein Modell für Schleswig-Holstein, das wir zum Erfolg führen wollen. Nicht nur Europa, sondern Deutschland schaut auf Schleswig-Holstein. Wenn dieses Modell bei uns funktioniert, könnte das auch Anregungen geben für andere in diesem Land. Wir sind fest entschlossen, dieses Bündnis zu einem großen Erfolg für unser Land zu machen.
Herr Dr. Stegner, Sie können sich entscheiden: Sie können weiter auf niedrigem Niveau nörgeln oder sich konstruktiv und sachorientiert in diesen Prozess einbringen. Wir jedenfalls reichen Sozialdemokraten und SSW - beim SSW haben wir das gemacht -, den beiden demokratischen Oppositionsfraktionen, die Hand, in diesem Prozess mitzuwirken. Wenn Sie schlau sind, was ich nicht vermute,
werden Sie sich auch entsprechend der Anregung der Kollegin von Kalben darauf einlassen, nicht nur alles schlechtzumachen und schlechtzureden, sondern dazu beizutragen, dass das Land besser wird. Das hat Schleswig-Holstein verdient. - Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen der Volkshochschule Leck und Schüler und Schülerinnen der Schule am Brook aus Kiel. Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sehr geehrte gewählte Vertreter des Volkes! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die AfD-Fraktion freut sich sehr darüber, dass es einige der AfD-Themen aus unserem Wahlprogramm in den Koalitionsvertrag geschafft haben.