Notenzeugnisse, Schulübergangsempfehlungen für Viertklässler, die Möglichkeit, auch eine Klasse wiederholen zu können oder wiederholen zu müssen, sind kein Weltuntergang. Mir ist besonders der Erhalt von Förderzentren wichtig genauso wie die Möglichkeit getrennter Leistungsgruppen an den Gemeinschaftsschulen und nicht zuletzt das klare Bekenntnis zum Gymnasium und zum Meisterbrief. All dies, meine Damen und Herren, ist ohne Wenn und Aber gut für unsere Landeskinder und gut für Schleswig-Holstein. Bemerkenswert ist für mich als Neuling aber, dass sich fast - jetzt können Sie gleich wieder lachen - jeder Punkt, den ich gerade genannt habe, eins zu eins im AfD-Programm wiederfindet.
Drei Jahre lang hat sich der entsprechende Fachausschuss hingesetzt und Inhalte erarbeitet, die dann jetzt hören Sie bitte gut zu - auf basisdemokratischer Grundlage im Wahlprogramm verabschiedet worden sind.
Das ist gut und das bei „Antidemokraten“, das müssen Sie sich einmal vorstellen. Bei der CDU hingegen
wurden wir oftmals den Eindruck nicht los, dass hier die Fahne ein wenig in den Wind gehängt wird. Ich möchte das an dem Beispiel G 8/G 9 deutlich machen. Erst nachdem die CDU erkannt hatte, dass die Bevölkerungsmehrheit wohl nach wie vor gegen das Turbo-Abi ist, kam das Thema urplötzlich auf die Agenda. In der AfD haben sich außer den Eltern vor allen Dingen die Lehrer von Anfang an klar dahin gehend geäußert, dass ein gutes Abitur immer noch seine Zeit braucht, also klar pro G 9.
Und nur, weil uns von der AfD wichtig war, dass die Eigenverantwortung der Schulen gestärkt werden muss, haben wir an diesem Punkt entschieden, dass über G 8/G 9 von den einzelnen Schulen beziehungsweise von den Schulkonferenzen entschieden werden darf.
Die CDU lässt nun ebenfalls in den Schulen abstimmen, aber die Entscheidung wird dort nicht, was mutig und zu erwarten wäre, mit einfacher Mehrheit gefällt, sondern bei dem Verbleib zu G 8 müssen es dann schon 75 % der Stimmen sein.
Eine Schülerin, meine Damen und Herren, die in diesem Raum in der letzten Woche zu Besuch war, fragte mit einer Mischung aus Entrüstung und Unsicherheit, was denn daran bitte demokratisch sein solle. Wir haben es ihr erklärt, dass es sich um Wahlkampftaktik handele, und konnten am Beispiel des Saarlandes auch belegen, wo sich die CDUKollegen von Ihnen klar gegen eine Rückkehr aussprechen und sich die Kollegen der SPD genau andersherum verhalten.
Zurück nach Schleswig-Holstein. Es gibt einige Punkte, bei denen der geneigte Leser zunächst denken mag, er habe sich verlesen. So bin ich zugegebenermaßen sehr gespannt darauf, wie die Koalition die angekündigte Thematisierung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt umsetzen wird, und vor allem auf die entsprechenden Unterrichtsmaterialien. Denn die meisten von uns dürften hoffentlich wissen, warum der Methodenschatz für Grundschulen zu Lebens- und Liebesweisen seinerzeit so schnell
Einige Inhalte, die der AfD wirklich wichtig sind, weil sie sich bereits bewährt haben, sucht man dagegen vergeblich: Stichwort Reduzierung des Klassenteilers, um unverhältnismäßig große Klassen zu verhindern. Stichwort Wiedereinführung der Vorschule, um allen Schülern einen guten Schulbeginn von Anfang an zu ermöglichen, Stichwort Wiedereinführung des Kurssystems an unseren Gymnasien oder auch Stichwort Rückkehr zu weltweit anerkannten Hochschulabschlüssen wie Staatsexamen und Diplom.
Die Liste ließe sich noch fortführen, aber ich möchte an dieser Stelle, quasi beim ersten Kennenlernen, lieber auf unsere bildungspolitischen Grundüberzeugungen und Ziele hinweisen. Diese lassen sich in vier Sätzen zusammenfassen: Erstens. Unsere Bildungseinrichtungen sind Orte wissenschaftlicher Lehre und Forschung und keine Spielwiesen für die Experimente von Spät-68ern.
Zweitens. Im Mittelpunkt staatlicher Bildung und Erziehung steht, dass Kinder und junge Menschen Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten erlangen und keine ideologische Prägung.
Viertens. Hören wir bei all dem wieder ein wenig mehr auf diejenigen, die ihre Kinder am besten kennen: Das sind die Eltern.
Meine Damen und Herren, ich bin schon fast am Ende meiner Jungfernrede, und ich muss Ihnen sagen, dass ich mich immer noch nicht als Politiker fühle. Aber als angehender Politiker möchte ich meine 20-jährige Berufserfahrung in Schule und Hochschule einbringen, einbringen in das parlamentarische Ringen um die besten Lösungen für unsere Kinder, einbringen in kontroverse, sachliche Debatten, einbringen in immer notwendige kritische, konstruktive und faire Oppositionsarbeit.
Erlauben Sie mir zum Ende ausnahmsweise einmal, dass ich in der Art schließe, wie ich es meist bislang bei meinen hörgeschädigten Schülern gemacht habe, in der Gebärdensprache.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit erkläre ich den Tagesordnungspunkt 1 A, Regierungserklärung zu Beginn der neuen Wahlperiode, für beendet.
Meine Damen und Herren, die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt, Tagesordnungspunkt 4 vorzuziehen. Deswegen rufe ich jetzt diesen Tagesordnungspunkt auf:
Damit eröffne ich die Grundsatzberatung. Ich erteile für die Abgeordneten des SSW dem Vorsitzenden, Lars Harms, das Wort.
Es kann nur einen geben. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 13. Dezember 1949 wurde im Schleswig-Holsteinischen Landtag die damalige Landessatzung, der Vorläufer der Landesverfassung, beschlossen. Die Landesverfassung bildete und bildet die Grundlage für das gesellschaftliche Zusammenleben in Schleswig-Holstein, für seine demokratische Verfasstheit und für die Rechtsstaatlichkeit als Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Land Schleswig-Holstein. Darüber hinaus werden neben einer Vielzahl an landesspezifischen Grundlagen auch die Grundrechte aus dem deutschen Grundgesetz in der Landesverfassung explizit bestätigt. Die Landesverfassung ist somit das prägende Dokument allen gesellschaftlichen Zusammenlebens in unserem Bundesland.
Einen ähnlichen Feiertag findet man übrigens in Dänemark; dort ist es der Grundlovsdag. Wir haben uns also wiederum vom dänischen Modell inspirieren lassen.
Insbesondere in Zeiten, in denen manche Werte verschwinden, in denen Rechtsstaatlichkeit für den einen oder anderen nicht mehr die große Rolle spielt, in denen die Demokratie von Demokratiefeinden angefeindet wird, geht es uns darum, unsere Landesverfassung zumindest zu begehen; von „feiern“ will ich gar nicht sprechen.
Meine Damen und Herren, in unserer Landesverfassung finden sich, wie ich schon sagte, die Grundrechte wieder, die auch im Grundgesetz niedergelegt sind. Das sind Rechte, auf die wir alle stolz sein können. In unserer Landesverfassung steht auch etwas, das zumindest für uns, den SSW, besondere Bedeutung hat - die Eigenstaatlichkeit des Landes Schleswig-Holstein. Diese wird durch unsere Landesverfassung dokumentiert. Das ist der Grund, dass wir überhaupt alle hier in diesem Hohen Haus sitzen.
- Ihr wärt lieber in Hamburg? Wir nicht. Wir sind gern etwas Eigenes und sind stolz darauf, dass wir ein eigenes Bundesland haben.
Ich bin mir nicht sicher, ob wir, wenn SchleswigHolstein kein eigenständiges Land wäre, so spezifische Regelungen wie die zu den Minderheitenrechten in die Verfassung hätten aufnehmen können.
Wir haben unsere Landesverfassung in einem wirklich großen Prozess im Jahr 2014 überarbeitet. Sie ist hochmodern; insoweit unterscheidet sie sich von anderen Landesverfassungen. In unserer Landesverfassung finden sich übrigens nicht nur Minderheitenrechte wieder. Auch Schutz und Förderung der Kultur sind als Ziel festgeschrieben. Gleiches gilt für den Schutz der Natur. All das wird als schützenswert angesehen. In anderen Verfassungen sind entsprechende Regelungen nicht oder nicht in dieser Deutlichkeit enthalten.
Wenn ich daran denke, wie lange wir im Verfassungsausschuss darüber debattiert haben, wie wir die offene Verwaltung - etwas Nigelnagelneues im demokratischen Prozess - und generell mehr Transparenz als Verpflichtung in die Landesverfassung aufnehmen können, dann ist das durchaus etwas, das wir feiern können. Wenn wir den 13. Dezember