Protokoll der Sitzung vom 29.06.2017

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Als Parlament müssen wir an dieser Frage noch viel arbeiten,

(Martin Habersaat)

bevor wir feiern dürfen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, SSW und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt die Fraktionsvorsitzende, Frau Eka von Kalben, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat, lieber Kollege Habersaat: Was die Feiertagsdebatte angeht, haben wir noch eine ganze Menge zu tun. Insofern vielen Dank, lieber SSW, für diesen erneuten Aufschlag hier in diesem Parlament.

Lieber Lars, das ist ein guter Vorschlag. Ein direkter Bezug zu unserem Land gefällt mir als Aufhänger für einen Feiertag.

(Beifall Lars Harms [SSW])

Die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte hatte in der Anhörung zum Antrag der PIRATEN, den wir in der letzten Legislaturperiode besprochen haben, diesen Tag ebenfalls als Feiertag vorgeschlagen.

Im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Gottesbezugs in die Verfassung gab es eine aufschlussreiche Umfrage des NDR zum Bekanntheitsgrad der Landesverfassung. Das Ergebnis war - sagen wir einmal - ausbaufähig. Dazu böte ein Feiertag, der nicht nur ein freier Tag für die Bürgerinnen und Bürger ist, sondern auch die Möglichkeit für entsprechende Festlichkeiten bietet, eine gute Gelegenheit. Denn wir haben eine so schöne, jetzt gerade frisch reformierte Verfassung. Darin haben wir einen vorbildlichen Schutz für Minderheiten verankert, den Schutz für pflegebedürftige Menschen aufgenommen, digitale Bürgerrechte sind stark verankert und - das ist für uns besonders wichtig - die Nachhaltigkeit in der Präambel verankert. Das ist fortschrittlich und modern für eine ehemalige Landessatzung. Wir sind seit 1949 weit gekommen.

Das, lieber SSW, bringt mich zu den Terminen des 13. Dezember und des 13. Juni, die alternativ vorgeschlagen werden. Tatsächlich finde ich die Idee zu sagen: „Es gab 1990 eine Reform; wir haben uns weiterentwickelt“, neben dem Aspekt, dass ich einen Feiertag im Juni angenehmer finde als in der Adventszeit, bemerkenswert. Aber, liebe Damen und Herren, es gibt einen wichtigen Punkt. Ich habe

ihn schon beim letzten Mal erwähnt. Wenn wir einen weiteren Feiertag einführen, dann ist es wichtig, dass dieser Tag nicht nur ein freier, sondern auch ein sinnstiftender Tag ist und dass es ein Tag ist, der vom Atheisten bis zum Zen-Buddhisten akzeptiert werden kann. Deswegen ist es uns wichtig, dass es ein weltlicher und nicht ein weiterer religiöser Feiertag ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die DEHOGA hat in der letzten Anhörung zum Feiertag einen für uns wichtigen Aspekt zum Ausdruck gebracht. Martin Habersaat hat dies eben noch einmal erwähnt. Unser aller Ziel sollte es sein, eine breite Unterstützung und Mehrheit für einen weiteren Feiertag zu finden. Erst eine Akzeptanz von Kirchen, Verbänden, Gewerkschaften und zuallererst der Bevölkerung insgesamt eröffnet überhaupt den Weg für die Einführung eines neuen Feiertags.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Wir werden das begleiten. Wichtig ist mir bei dieser Debatte: Ein weiterer freier Feiertag muss auch finanziert werden und ergibt sich nicht von selbst. Frau Nicolaisen hat darauf hingewiesen, dass manche Menschen trotzdem arbeiten müssten. Das müssen sie an Sonntagen und an anderen Tagen auch. Aber ein freier Tag, nur um zu sagen, wir als Politik hätten den Leuten einen Feiertag geschenkt, wäre mir zu billig. Man müsste schon einen ernsthaften Sinn darin sehen und Bürgerinnen und Bürgern damit wirklich Demokratie näherbringen.

Daran habe ich meine Zweifel, wenn ich daran denke, wer zu den Feierlichkeiten zum 3. Oktober geht. Meistens erscheinen wir selber und schütteln uns die Hände. Es müsste schon eine Idee sein, die dahintersteckt. Das ist tatsächlich noch sehr viel Arbeit. Wir müssen uns noch sehr viele Gedanken darüber machen. Ich freue mich darauf. - Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt zu seiner ersten Rede in diesem Hause der Abgeordnete Kay Richert das Wort.

(Beifall)

(Martin Habersaat)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schleswig-Holsteinerinnen und SchleswigHolsteiner! Vielen Dank für das freundliche Willkommen. Ich lerne noch sehr viel. Heute habe ich zum Beispiel bei den Repliken auf die Regierungserklärung gelernt, dass sich eine Region benachteiligt fühlt oder fühlen soll, weil sie schlecht angebunden ist. Das wollte ich noch einmal kurz klarstellen. Lieber Lars Harms, unsere Region - ich komme auch aus Flensburg - braucht tatsächlich eine bessere Anbindung. Es ist nicht nur ein Anliegen der Grünen und namentlich des Kollegen Herrn Tietze, dass wir uns für eine bessere Anbindung einsetzen und die umweltfreundlichen Verkehrsmittel dazu fördern wollen.

(Martin Habersaat [SPD]: Fordern Sie jetzt HVV-Feiertage oder wie?)

Zur Sache:

„Es wäre ein tolles Zeichen, wenn die Politik einmal nicht allein für die Ökonomie, sondern für das Miteinander der Menschen neuen Freiraum schaffen könnte.“

Dieses prominente Zitat könnte die passende Zusammenfassung für Ihre Begründung liefern. Mit etwas mehr Freizeit könnten sich die Menschen endlich mehr ehrenamtlich engagieren oder ihre Freizeit einfach genießen. - Leider läuft diese Begründung frei nach dem Prinzip: Wozu Wirtschaft, das Geld kommt schließlich aus dem Automaten!

Spätestens seit 1995 weiß jeder Schleswig-Holsteiner, dass die Anzahl der Feiertage auch etwas mit der Produktivität in der Volkswirtschaft zu tun hat. 1995 wurde nämlich bei vollem Lohnausgleich ein Feiertag gestrichen, um den Arbeitnehmeranteil der Pflegeversicherung aufzubringen.

Eine hohe Produktivität der Unternehmen ist auch für die Arbeitnehmer wichtig, denn je höher die Produktivität ist, desto höher können auch die Löhne sein.

(Zuruf SPD: Ach! - Zuruf SPD: Das wäre schön!)

- Ja, ach. Wenn Sie also behaupten, Sie täten den Arbeitnehmern unterm Strich etwas Gutes, dann ist das Unsinn. Auch für das Land ist eine hohe Produktivität wichtig.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Denn je besser die Betriebsergebnisse und das Einkommen sind, desto höher ist auch das Steueraufkommen.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Spätestens hier sollten wir uns fragen, ob wir uns als eines der finanzschwächsten Bundesländer eine solche Diskussion überhaupt leisten wollen. Ich persönlich finde es jedenfalls unangenehm, einerseits Unterstützung von anderen Ländern zu bekommen und gleichzeitig die Produktivität zu verringern.

(Beifall FDP und CDU - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ich finde, der Unternehmensverband könnte auch so reden!)

Wo wir gerade schon einmal auf die Länder schauen, auf die hier so missgünstig gezeigt wird: Bayern - das wird als Beispiel immer gern herangezogen war zu Beginn der Bundesrepublik ebenfalls ein finanzschwaches Flächenland. Diese 13 Feiertage, auf die Sie hier immer schauen, hat Bayern allerdings erst seit 1980. Da waren sie schon Geberland. Ich denke, auf den Fahrplan könnten wir uns dann auch verständigen.

Eine Möglichkeit, einen zusätzlichen Feiertag einzuführen und dennoch die Produktivität zu erhalten, gäbe es übrigens. Wir könnten uns einmal über die Öffnungsmöglichkeiten für Geschäfte am Wochenende unterhalten. Dazu laden wir Sie gern ein.

(Zuruf SPD: Sie sind ja ein richtiger Arbeit- nehmerfreund!)

Noch eine ganz persönliche Bemerkung: Die Hiebe in Richtung Christentum empfinde ich persönlich als unangemessen. Ich persönlich bin froh, in einem Land leben zu dürfen, in dem die Gesellschaft christliche Nächstenliebe, christliche Solidarität und Rücksichtnahme als Werte begreift. Ich würde gerne meinen Teil dazu beitragen, dass das auch so bleibt. Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen. - Danke.

(Beifall FDP, CDU und Aminata Touré [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die AfD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Claus Schaffer das Wort.

Meine Damen und Herren! Ich finde es toll, dass im Grunde Konsens, zumindest überwiegender Konsens darüber besteht, dass eine Diskussion über einen zusätzlichen Feiertag dringend notwendig ist. Die AfD-Fraktion begrüßt die Idee, einen zusätzlichen Feiertag zu schaffen. Es ist nämlich nach unserer Ansicht auch allerhöchste Zeit, die im Bundesvergleich bestehende Benachteiligung der Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein auszugleichen. Mit einem zusätzlichen arbeitsfreien Feiertag würden wir sozusagen den Anschluss an die Schlusslichter wiederherstellen. Das ist immerhin etwas.

Wir wären allerdings nicht die Alternative für Deutschland, wenn wir nicht auch im protestantisch geprägten Schleswig-Holstein einen alternativen Vorschlag unterbreiten könnten. Wir sind im Luther-Jahr, wir befinden uns in der Luther-Dekade, und wir feiern 500 Jahre christliche Revolution und Reformation. Darüber bestand bei der Ausrufung des diesjährigen Reformationstags bundesweit Konsens. Martin Luther hat es wie kein Zweiter vermocht, Eigenverantwortlichkeit und Gewissensentscheidung des Einzelnen in den Mittelpunkt der Weltanschauung zu stellen. Luther legte den Grundstein für unsere heutige Auffassung von demokratischen Werten wie Meinungsfreiheit, Redefreiheit und auch Freiheit des Glaubens - Werte, die in unserer Kultur unverhandelbare Eckpfeiler darstellen und in unserem Grundgesetz auch unveränderlich verankert wurden.

Zum Ende der Luther-Dekade stünde es dem Schleswig-Holsteinischen Landtag gut zu Gesicht, den Bürgern in Schleswig-Holstein einen kulturgeschichtlichen und religiös bedeutsamen Feiertag als gesetzlichen Feiertag dauerhaft zurückzugeben. Ich bitte Sie daher, dass Sie gemeinsam mit uns ein klares Signal zu einem Bekenntnis zu christlich-humanistischen Werten aussenden. Es sind eben jene Werte, die in Schleswig-Holstein letztlich auch sinnstiftend für den Schutz von Minderheiten waren, wie wir sie auch in der Landesverfassung niedergeschrieben haben. Insofern kann ich auch dem Ansinnen des SSW hier gern folgen.

Es gibt zudem auch wirtschaftliche Gründe, die klar für eine dauerhafte Einführung des Reformationstags als gesetzlichen Feiertag sprechen. Als Brückentag kann und wird der Reformationstag im Land zwischen den Meeren Besucher nach Schleswig-Holstein führen und so weiteren Auftrieb für den Tourismus bedeuten. Ein gesetzlicher Feiertag inmitten der Adventszeit hingegen, wie es jetzt auch vorgeschlagen wird, dürfte sich unter diesem

Aspekt eher negativ auswirken. Auch die bundesweiten Vergleiche lassen keine signifikante Verschlechterung in wirtschaftlicher Hinsicht erkennen, die auf den Reformationstag dort zurückzuführen sind.

An die CDU-Fraktion möchte ich an dieser Stelle kurz eine Anmerkung richten: Unser Vorschlag deckt sich übrigens mit einem Dringlichkeitsantrag der deutschlandpolitischen Vereinigung der CDU Schleswig-Holstein von März dieses Jahres. Er entspricht ebenso der übereinstimmenden Ansicht von Kirchenvertretern, Gewerkschaften und auch der CDU bundesweit. Sie sehen also: Es gibt gute Gründe, unseren Antrag zu unterstützen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Landesregierung spricht jetzt zum ersten Mal der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.

(Beifall)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits zum Ende der letzten Wahlperiode wurde hier im Landtag eine Diskussion über einen zusätzlichen Feiertag geführt. Insofern sind die jetzigen Ausführungen sicherlich ergänzend zu den damaligen Debatten und Erörterungen zu sehen. Auf den ersten Blick ist die Einführung eines solchen zusätzlichen Feiertags sicherlich ein interessanter Ansatz, eine interessante neue Idee. Das war es aber auch schon vor ein paar Wochen und ist daher an dieser Stelle für Sie nicht unbedingt etwas ganz Neues.

Wichtig ist, dass wir durch eine solche Entscheidung nicht den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein gefährden dürfen. Wir sind als Wirtschaftsraum und als Metropolregion eng mit unseren Nachbarn verbunden. Bei einer derartig tiefgreifenden Umstellung ist es also wichtig, auch das Gespräch mit den Wirtschaftsverbänden und anderen Partnern zu suchen. Auf den hier vorliegenden Vorschlag hin sollten wir uns schon die Frage stellen, wie sinnvoll ein solcher zusätzlicher Feiertag dann im Dezember überhaupt sein kann. Beispielsweise für den Einzelhandel ist gerade der Dezember ein sehr entscheidender, umsatzträchtiger Monat. Sol